7.300 BC: gab es eine ‘soziale revolution’ in cayönü (anatolien)?

"Leviathan-Theorien" a la Hobbes
schreckliche theorie ... aber über den bin ich zu rousseaus vorstellung vom 'edlen wilden' gekommen, dem er diese eigenschaften zuschreibt:

Ein Leben im Einklang mit der Natur
Eine Gesellschaft ohne Verbrechen
vollständige Autonomie
Unschuld und Idylle
Abwesenheit des Lügens
Gesundheit
Ethische Integrität
Sexuelle Freizügigkeit

ist natürlich so nicht ganz zutreffend, aber da ich auf der suche nach dem friedlichen zusammenleben im paradies bin, ist es eine schöne beschreibung desselben


danke für den link, für mich sehr zielführend

lg
 
Ein Leben im Einklang mit der Natur
Eine Gesellschaft ohne Verbrechen
vollständige Autonomie
Unschuld und Idylle
Abwesenheit des Lügens
Gesundheit
Ethische Integrität
Sexuelle Freizügigkeit

Bedauerlicherweise hat die Forschung gezeigt, dass es dieses Märchenland nicht gibt - und auch nie gegeben hat. Angesichts der mentalen und genetischen Verfasstheit des Menschen, wird es das auch künftig nie geben.
 
In diesem Zeitraum gab es noch keine differenzierte Gesellschaft, sondern die Menschen lebten immer noch in egalitären Gemeinschaften.
Ich glaube nicht daran, dass es in der Menschheitsgeschichte einen Übergang von "friedlich" zu "kriegerisch" gegeben hat, wohl aber, dass es einen von "egalitär" zu "hierarchisch" (man kann auch sagen "differenziert") gab.

Ich habe bereits in Beitrag #16 versucht (wen mein "philosophischer" Ansatz nervt, bitte diesen Beitrag überspringen), den Zusammenhang zwischen "Wie ticken die Leute ?" einerseits und "Wie funktioniert die Gesellschaft ?" andererseits zu beleuchten. Die Frage lautet demnach hier : "Was hat sich am Verhalten der Leute verändert, als/damit die egalitäre in eine hierarchische Gesellschaft überging ?" ... wodurch der Übergang von Jäger-Sammler- und Nomaden-Kulturen zu Ackerbauern, später zu Städtern und schließlich zur Industriegesellschaft möglich wurde.

Ich sehe in diesem Zusammenhang einen Wechsel vom "Neid" zu "Aggression" als leitende Emotion des Individuums. Vielleicht sollte man statt "Aggression" - weil das Wort schon zur Hinreiche anderweitig belegt ist - lieber "Wettberwerb" sagen.

Neid ist bei Jägern&Sammlern ein Leitmotiv. Durch genaues Beobachten der anderen Gruppenmitglieder sorgt man dafür, dass die Jagdbeute gerecht geteilt wird. Sonst könnte ja der beste Jäger die Nahrungsmittel monopolisieren und dadurch eine dominante Stellung erlangen. Dies würde die Gesellschaftsstruktur der Gruppe destabilisieren. Der Neid des Individuums (Mikro-Ebene) übersetzt sich also in eine egalitäre Gesellschaft (Makro-Ebene).

In der landwirtschaftlichen und der industriellen Gesellschaft müssen viel größere Gruppen organisiert werden. Das geht nur, wenn einzelne Personen anderen gegenüber weisungsbefugt sind und/oder Verantwortung an sie delegiert wird. Diese erhöhte Wichtigkeit der priviligierten Personen wurde dann prompt bei ihnen selbst und bei den "Untertanen" als höhere Wertigkeit des betreffenden ("blaublütigen") Menschen wahrgenommen.
Hier übersetzt sich eine wettbewerbsorientierte /nicht-egalitäre Grundhaltung des Individuums auf der Makro-Ebene in eine hierarchische Gesellschaft.

Dies drückt sich, wie zutreffend bemerkt, auch in der Stadtarchitektur aus.

Ein Gedanke noch für den - auch hier auftauchenden - geschlechtsorientierten Geschichtsansatz :
Der Hauptunterschied zwischen Frauen und Männern bezüglich ihrer Gruppendynamik ist der, dass die Frau danach strebt, von der Gruppe akzeptiert zu werden, wohingegen der Mann versucht, die Gruppe zu dominieren (eigentlich versuchen ja beide, die Gruppe zu dominieren, aber die eine mit "egalitären", der andere mit "wettbewerbsorientierten" Mitteln).
Hier sehe ich eine gewisse Parallele zum oben beschriebenen Übergang von der Neid- zur Wettbewerbsgesellschaft. Sollte dieser tatsächlich mit einem Übergang von weiblicher zu männlicher Gruppendynamik zusammnehängen ?
 
Ich sehe in diesem Zusammenhang einen Wechsel vom "Neid" zu "Aggression" als leitende Emotion des Individuums. Vielleicht sollte man statt "Aggression" - weil das Wort schon zur Hinreiche anderweitig belegt ist - lieber "Wettberwerb" sagen.

Neid und Aggression hat es sowohl bei Jägern und Sammlerinnen als auch bei sesshaften Bauern gegeben. Und in feudalen hierarchischen Gesellschaften wie die der Bronzezeit ohnehin. Ob sich der Neid nun auf das Haus eines neolithischen Bauern richtet oder auf den Reichtum eines bronzezeitlichen Fürsten, ist letztlich unerheblich. Allerdings sei zugegeben, dsss bei letzterem Beispiel der mutmaßliche Schaden einer Aggression größer ist,
 
ich glaube nicht, dass es in der Menschheitsgeschichte einen Übergang von "friedlich" zu "kriegerisch" gegeben hat, wohl aber, dass es einen von "egalitär" zu "hierarchisch" [...] gab.
und ich glaube (oder habe den traum), dass 'egalitär' mit 'friedlich' einherging, und mit 'hirarchisch' dann das 'kriegerisch' - aber es ist eben glauben und nicht wissen

Neid ist bei Jägern&Sammlern ein Leitmotiv.
das verstehe ich nicht, wie kommst du da drauf? hunger war sicher ein leitmotiv, aber ob es beim menschen auch einen fressneid gab, den man (zu jeder zeit) mit brutalen methoden befriedigt hat?

Es gibt keine seriösen Quellen, die ein solches "Märchenland" belegen.

auch wenn es nervt, ich zitiere nochmals brosius:

"Denn es gibt kein einziges Individuum, das Anzeichen eines gewaltsamen Todes zeigt; kein Knochenfund verweist auf Gewalteinwirkung durch Mitmenschen als Todesursache (explizit erwähnt von Mellaart [1967: 270], implizit bestätigt durch Angel [1971] und Hamilton [1996: 255/1]). Kein Mensch ist gestorben, weil ein anderer ihn tötete oder tödlich verletzte!

Entscheidend aber ist, dass die Menschen im Bewusstsein ihrer gegenseitigen Abhängigkeit fürsorglich und friedfertig miteinander umgingen. Nur durch Kooperation konnten sie überleben, und tagtäglich machten sie aufs Neue die Erfahrung, dass viele gemeinsam etwas leisten konnten, was vielen Vereinzelten nicht gelang: Catal Hüyük, - oder, wie es heute verallgemeinert genannt wird: "The Neolithic Way of Life" (für Anatolien: Özdogan 1997: 27, für Europa: Whittle 1996: 355). "

aus unkenntnis frage ich: die von brosius angeführten quellen mellart/angel/hamilton/özdogan/whittle sind alle unseriös?

lg
 
Neid und Aggression hat es sowohl bei Jägern und Sammlerinnen als auch bei sesshaften Bauern gegeben.
immer und überall?

Ob sich der Neid nun auf das Haus eines neolithischen Bauern richtet ...
wie erklärst du dir dann, dass in catal höyük 1.000e von menschen in (ca.) 1.000 nahezu gleichen (!) häusern wand an wand über (ca.) 1.000 jahre offensichtlich friedlich zusammengelebt haben?

versteh mich bitte richtig: kann es sein, dass diese gemeinschft ein beleg dafür ist, dass es auch ohne neid und aggression geht?

lg
 
Klaus schrieb:
Neid ist bei Jägern&Sammlern ein Leitmotiv.
das verstehe ich nicht, wie kommst du da drauf? hunger war sicher ein leitmotiv, aber ob es beim menschen auch einen fressneid gab, den man (zu jeder zeit) mit brutalen methoden befriedigt hat?
Ich meinte das so, wie ich es in meinem - in #16 verlinkten - Beitrag zum Neid geschrieben hatte :
Klaus schrieb:
Ich habe noch was zu dem Thema gefunden (Johan S. Malan "Die Völker Namibias"):

"... Mit dem Führungsamt in einer Jagdschar sind, außer dem Privileg der Wahl des besten Wohnplatzes, keine besonderen Vorrechte verbunden. Der Führer hat außerdem die Ehre, bei der Gründung eines neuen Lagers das erste Feuer anzuzünden. In der egalitären !Xu-Gemeinschaft zögern die Menschen, in der sozialen Rangordnung aufzusteigen, weil sie den Neid der übrigen Mitgliedern der Jagdschar fürchten."

Meine Bemerkung über konstruktive und destruktive Wirkung von Neid muss man wohl im Zusammenhang mit der Gesellschaftsordnung sehen. Offenbar hat bei den !Xu der Neid eine positive soziale Funktion, die die dortige Gesellschaftsordnung stabilisiert, während unsere nicht-egalitäre Gesellschaft durch Neid blockiert werden kann.
...
 
"Denn es gibt kein einziges Individuum, das Anzeichen eines gewaltsamen Todes zeigt; kein Knochenfund verweist auf Gewalteinwirkung durch Mitmenschen als Todesursache (explizit erwähnt von Mellaart [1967: 270], implizit bestätigt durch Angel [1971] und Hamilton [1996: 255/1]). Kein Mensch ist gestorben, weil ein anderer ihn tötete oder tödlich verletzte!
Dann dürfte auch nie ein Mensch durch einen Unfall ,wie Sturz oder beim Bau eines Hauses ums Leben gekommen sein, wenn man nur unversehrte Skelette fand. Einem gebrochenen Knochen kann man nicht ansehen ob er durch einen herabgefallenen oder durch einen Menschen geworfenen Stein ums Leben kam.
Neid hat auch nicht prinzipiell nur mit materiellem Besitz zu tun. Der Hässliche, der keine Chancen bei Frauen hat wrd auch in früheren Zeiten neidisch auf den Schönen gewesen sein, der Schwache auf den Starken, die Unfruchtbare auf die Kinderreiche etc. All das ist besitzunabhängig.
 
Ich meinte das so, wie ich es in meinem - in #16 verlinkten - Beitrag zum Neid geschrieben hatte :
ohne mich jetzt gründlich in deine beiträge in anderen threads eingelesen zu haben schnappte ich eben im brutpflege-thread diese aussage von dir auf:

"Ein Beispiel von den Himba, einem Hirtenvolk aus Namibia
Zitat:
Rinder sind begehrter Besitz, und man muss sie verteidigen können..."

es handelt sich also bei den vor dir genannten völkern namibias bereits um rinderZÜCHTER und nicht mehr um die anfänge der rinderDOMESTIKATION

beim besitz von ganzen herden gab es sicherlich schon neid, aber mich interessiert die zeit davor

zu genau dem thema werde ich anderntags noch einen thread eröffnen

...wenn man nur unversehrte Skelette fand.
das schrieb glaub ich niemand - man fand z.b. die skelette einer frau und ihres kindes, welche durch ein einstürzendes dach gestorben sind

für mich (fast) ein wunder, zu welch differenzierten ergebnissen forschung führen kann

lg
 
beim besitz von ganzen herden gab es sicherlich schon neid
Neid gab es immer, es ist eine Eigenschaft des Homo Sapiens. Eine von vielen. Manche kommen im Laufe seines Lebens häufig zum Einsatz, manche seltener. Wenn er mit anderen zusammenlebt, sollte man sich überlegen, welchem seiner Impulse man freien Lauf lässt und welchen man besser zurückhält.

Meine Überlegung geht dahin, dass von dem Bündel an Eigenschaften, die der Mensch hat - und schon immer hatte - in jeder Gesellschaftsform ein (jeweils anderes) Set von Eigenschaften durch die Gesellschaft positiv bewertet und gefördert wird, weil sie für ein gutes Funktionieren eben dieser Gesellschaft sorgen.

Eine Gesellschaft besteht aus Interaktionen zwischen Individuen. Und das, was in der Gesellschaft passiert, hängt davon ab, wie diese Interaktionen ablaufen.

Beispiel :

A kommt zu B (und C, D, und E) und sagt : "Kommt mit, wir bauen eine Kirche."

Fall 1 - B antwortet : Du meinst wohl, Du wärst was Besseres ?! Hilf' uns lieber, das Gnu zu zerteilen !

Fall 2 - B antwortet : Super, Erhabener Herr, ich mach' mit !"

In Fall 1 ist die bestimmende Größe auf der Ebene der Interaktion zwischen den Individuen die gegenseitige Kontrolle, dass keiner zu viel kriegt oder zu dominant wird (Neid). Dadurch bleibt die Jagdgesellschaft intakt. Wäre es anders, würde sich A das ganze Fleisch unter den Nagel reißen und die anderen müssten nach seiner Pfeife tanzen. Das wäre das Ende der Jagdgesellschaft in dieser Form. Eine Kirche würde diese Gesellschaft allerdings nicht zu Stande kriegen.

In Fall 2 ist das bereits geschehen.
 
Diese totale Friedfertigkeit setzte Menschen ohne individuellen Eigenschaften voraus. Alle sind vollkommen gleich und verhalten sich absolut konform. Es dürfte keinerlei Antipathien gegenüber anderen noch krankheitsbedingte Aggressivität geben. Ein Dasein langweiliger als in einer Schafherde.
Jeder Mensch hat in seiner Umgebung Andere, die er einfach nicht ausstehen kann, vollkommen besitzunabhängig. Das ist schon in der Kindheit so.
Unsere nächsten Verwanden, die Schimpansen sind in ihrem Zusammenleben äußerst brutal, neidisch und arglistig gegenüber ihren Artgenossen veranlagt. Trotzdem gelingt es ihnen in Gemeinschaften zusammenzuleben.
 
und ich glaube (oder habe den traum), dass 'egalitär' mit 'friedlich' einherging, und mit 'hirarchisch' dann das 'kriegerisch' - aber es ist eben glauben und nicht wissen

das verstehe ich nicht, wie kommst du da drauf? hunger war sicher ein leitmotiv, aber ob es beim menschen auch einen fressneid gab, den man (zu jeder zeit) mit brutalen methoden befriedigt hat?



auch wenn es nervt, ich zitiere nochmals brosius:

"Denn es gibt kein einziges Individuum, das Anzeichen eines gewaltsamen Todes zeigt; kein Knochenfund verweist auf Gewalteinwirkung durch Mitmenschen als Todesursache (explizit erwähnt von Mellaart [1967: 270], implizit bestätigt durch Angel [1971] und Hamilton [1996: 255/1]). Kein Mensch ist gestorben, weil ein anderer ihn tötete oder tödlich verletzte!

Entscheidend aber ist, dass die Menschen im Bewusstsein ihrer gegenseitigen Abhängigkeit fürsorglich und friedfertig miteinander umgingen. Nur durch Kooperation konnten sie überleben, und tagtäglich machten sie aufs Neue die Erfahrung, dass viele gemeinsam etwas leisten konnten, was vielen Vereinzelten nicht gelang: Catal Hüyük, - oder, wie es heute verallgemeinert genannt wird: "The Neolithic Way of Life" (für Anatolien: Özdogan 1997: 27, für Europa: Whittle 1996: 355). "

aus unkenntnis frage ich: die von brosius angeführten quellen mellart/angel/hamilton/özdogan/whittle sind alle unseriös?

lg

Hallo, Anneliese!

Wenn alles, was gejagt/gesammelt oder produziert wurde, an alle Gemeinschaftsmitglieder gerecht aufgeteilt wurde, dann gab es sicher keinen "Futterneid".
Ich habe mal eine Doku gesehen über einen Urwald-Stamm. Dort waren alle "nett und freundlich" zueinander, bis zu dem Tag, an dem jemand einem der Leute eine stählerne Axt (oder Machete?) schenkte.
Als sich herumgesprochen hatte, das man damit viel schneller und müheloser einen Baum fällen konnte, gab es plötzlich Neid und Aggression.
Wäre die Axt dem gesamten Stamm geschenkt worden, wäre das sicher zu vermeiden gewesen. SO hatte jemand plötzlich eine "ungerechtfertigte" herausragende Stellung inne.
Und das wird wohl der springende Punkt sein: Sobald jemand ungerechtfertigt eine Sonderstellung einnimmt, sei es durch Besitz oder was auch immer, führt das zu Neid, Streit und Gewalt.

Meine Bemerkung über konstruktive und destruktive Wirkung von Neid muss man wohl im Zusammenhang mit der Gesellschaftsordnung sehen. Offenbar hat bei den !Xu der Neid eine positive soziale Funktion, die die dortige Gesellschaftsordnung stabilisiert, während unsere nicht-egalitäre Gesellschaft durch Neid blockiert werden kann.

Diesem schließe ich mich an. Ich würde sogar sagen, das sie nicht nur blockiert, sondern letzten Endes zerstört werden kann.
Der Mensch hat "eingebaute" instinktive, aber auch kulturelle Mechanismen, die dafür sorgen, die Gemeinschaft nicht zu schädigen und sie stabil zu halten.
Werden diese außer Kraft gesetzt, hat das negative Auswirkungen.
 
Diese totale Friedfertigkeit setzte Menschen ohne individuellen Eigenschaften voraus. Alle sind vollkommen gleich und verhalten sich absolut konform.
keinesfalls - unterschiede in körperbau sowie talent und auch erfahrung gab es sicher schon immer, und jedes gemeinschaftsmitglied hat wohl das ihm mögliche zum gemeinwohl beigetragen (z.b. konnte einer gut speerwerfen und der andere viel tragen)

Unsere nächsten Verwanden, die Schimpansen sind in ihrem Zusammenleben äußerst brutal, neidisch und arglistig gegenüber ihren Artgenossen veranlagt. Trotzdem gelingt es ihnen in Gemeinschaften zusammenzuleben.
die stammesgeschichtliche trennung der entwicklungslinien menschenaffe (schimpanse) und mensch (hominini) vollzog sich vor sechs millionen jahren!

angesichts solcher zeiträume halte ich persönlich nicht viel von rückschlüssen aus vergleichen zwischen uns und heutigen affenhorden, denn evolution fand statt - u.a. haben wir inzwischen mehr als das dreifache gehirnvolumen wie unsere damaligen 'geschwister'

Wenn alles, was gejagt/gesammelt oder produziert wurde, an alle Gemeinschaftsmitglieder gerecht aufgeteilt wurde, dann gab es sicher keinen "Futterneid".
Ich habe mal eine Doku gesehen über einen Urwald-Stamm. Dort waren alle "nett und freundlich" zueinander, bis zu dem Tag, an dem jemand einem der Leute eine stählerne Axt (oder Machete?) schenkte.
Als sich herumgesprochen hatte, das man damit viel schneller und müheloser einen Baum fällen konnte, gab es plötzlich Neid und Aggression.
Wäre die Axt dem gesamten Stamm geschenkt worden, wäre das sicher zu vermeiden gewesen. SO hatte jemand plötzlich eine "ungerechtfertigte" herausragende Stellung inne.
Und das wird wohl der springende Punkt sein: Sobald jemand ungerechtfertigt eine Sonderstellung einnimmt, sei es durch Besitz oder was auch immer, führt das zu Neid, Streit und Gewalt.
interessantes beispiel!

ich meine sogar, dass es in der gemeinschaft von catal höyük nicht nur keine menschen mit 'ungerechtfertigter' herausragender stellung gegeben hat, sondern gar keine solche positionen

diese menschen müssen ein (ungeschriebenes) komplexes regelwerk gemeinsamer absprachen gehabt haben, wo jeder jeden umgehend auf gemeinschafts- oder menschenschädigendes fehlverhalten aufmerksam gemacht hat - es gab keine hinweise auf übergeordnete instanzen, rechstsprechung oder gar strafvollzug

und das wäre auch die antwort darauf:

Neid gab es immer, es ist eine Eigenschaft des Homo Sapiens. Eine von vielen. Manche kommen im Laufe seines Lebens häufig zum Einsatz, manche seltener. Wenn er mit anderen zusammenlebt, sollte man sich überlegen, welchem seiner Impulse man freien Lauf lässt und welchen man besser zurückhält.

eigenschaften wie neid, wut und hass scheinen (neben vielen positiven) dem menschen schon seit anbeginn eigen zu sein - interessant ist eben, wie diese spezielle gemeinschaft in der frühzeit den umgang damit geregelt hat

(vielleicht hatten sie ja einen gemeinschaft-boxsack, wo man sich dran austoben konnte, wenn man nicht-regelkonforme anwandlungen hatte :grübel:- auf jeden falls scheinen sie keinen dorfrat gehabt zu haben, der verfügt hat, ein mädchen zu bestrafen durch massenvergewaltigung ...)

lg
 
Zuletzt bearbeitet:
....
die stammesgeschichtliche trennung der entwicklungslinien menschenaffe (schimpanse) und mensch (hominini) vollzog sich vor sechs millionen jahren!
Eine durchaus kurze Zeit. Außerdem sollte man irgendwann mal von der trennung in menschen und menschenaffen abgehen, schließlich stehen sich Schimpansen und menschen wesentlich näher, als einem Gorilla und alle drei sich näher als einem Orang.

angesichts solcher zeiträume halte ich persönlich nicht viel von rückschlüssen aus vergleichen zwischen uns und heutigen affenhorden, denn evolution fand statt - u.a. haben wir inzwischen mehr als das dreifache gehirnvolumen wie unsere damaligen 'geschwister'

......
Wenn man schaut, wann das Hirn der Gattung Homo anwuchs, dann hat man sich nur sehr langsam und auch recht spät von seiner "äffischen" Herkunft entfernt.
Rückschlüsse sind natürlich immer problematisch, man sollte sie aber nicht unbedingt vorschnell von der Hand weisen. Was zu den Schimpansen gesagt wurde ist durchaus richtig, was zu denken geben sollte. Doch ein Blick auf das Zusammenleben der Bonobos zeigt, daß es auch friedlicher geht.
 
Eine durchaus kurze Zeit.
alles ist relativ - in diesem thread geht es um eine gemeinschaft, die vor 10.000 jahren gelebt hat ... eine relativ kurze zeit - die erde/unser sonnensystem enstand vor 4,6 milliarden jahren, eine relativ lange zeit ...

Außerdem sollte man irgendwann mal von der trennung in menschen und menschenaffen abgehen, schließlich stehen sich Schimpansen und menschen wesentlich näher, als einem Gorilla und alle drei sich näher als einem Orang.

Wenn man schaut, wann das Hirn der Gattung Homo anwuchs, dann hat man sich nur sehr langsam und auch recht spät von seiner "äffischen" Herkunft entfernt.
zu beidem (affengeschwister/gehirnvolumen) kopiere ich hier meine ganz private und laienhafte zeittafel, bei der sicher so manchem fachmann/frau die haare zu berge stehen, aber so hab ich es mir aus dem net zusammengeschrieben ...:

16 mio - langhium - die linie der menschenartigen (hominoiden) spaltet sich auf in: proconsul, gibbon, orang-utan ('ponginae'/asien) und den grossen menschenaffen (hominiden/afrika): gorilla, schimpanse, mensch (homininen)

7,2 mio - messinium - aufspaltung der afrikanischen menschenaffen in gorillas und schimpansen (gehirnvolumen 400 cm³)

6 mio - afrika: menschwerdung beginnt ('tier-mensch-übergangsfeld') - stammesgeschichtliche trennung der entwicklungslinien menschenaffe (schimpanse) und mensch (hominini) - tschad, kenia/afrika: australopithecus ('südlicher menschenaffe', gehirnvolumen 500 cm³) sind früheste aufrecht gehende homininen

2,6 mio - afrika: die ersten menschen entwickeln sich aus dem australopithecus: die ersten vertreter der gattung homo sind homo rudolfensis /kenia, homo habilis (der 'geschickte' mensch, gehirnvolumen 650 cm³) und als etwas jüngere art homo ergaster - ungeklärt sind verwandtschaftsbeziehungen dieser arten - er ernährt sich größtenteils von pflanzen, gelegentlich auch von aas und ist ständig bedroht durch raubtiere wie z.b. säbelzahntiger und hyänen, so groß wie bären (abdrücke von raubtierzähnen und krallen in knochenfunden) - ohne werkzeuge und waffen kann er nur durch seine wendigkeit, seine intelligenz und die soziale stärke seiner gruppe überleben

2 mio - calabrium (altpleistozän) - afrika, asien und europa: homo-erectus ('aufgerichteter' mensch - bis 40.000 - gehirnvolumen 1.000 cm³) entwickelt sich aus dem homo ergaster (zweifelhaft) - erstes exemplar der gattung homo mit aufrechtem gang und 'modernen' gliedmaßen - lebt in festen gemeinschaften -
höhlen und felsüberhänge dienen als wohnungen - roh behauene steinwerkzeuge - untergattungen: javamensch (homo erectus javaensis) /indonesien; pekingmensch (homo pekinensis) /peking; heidelbergmensch (homo heidelbergensis) /deutschland

250.000 - mittelpaläolithikum (mittlere altsteinzeit) - hütten von mammutjägern aus knochen und stoßzähnen in verbindung mit stangen und fellen, mit feuerstellen im inneren - grotte du lazaret/nizza/frankreich (190.000): hüttengrundriss mit 35 m², zwei feuerstellen, reichte als unterkunft für 10 personen

200.000 - es existieren auf der erde nur wenige zehntausende individuen - bis auf den homo floresiensis (bis 17.000) in asien stirbt der homo erectus aus - aus ihm entstehen:
- in europa über den homo heidelbergensis der neandertaler (bis 30.000, gehirnvolumen 1.400 cm³) - totenbestattung mit schmuck- und blumenbeigaben, gebrauch des feuers
- in afrika über die mosaikform 'archaischer homo sapiens' der homo sapiens ('vernunftbegabter' mensch, gehirnvolumen 1.400 cm³) - erst er wird australien und amerika besiedeln und als einzige art der gattung homo übrigbleiben: alle anderen zweige der menschentwicklung wie ergaster, georgicus, habilis, erectus, rhodesiensis, antecessor, heidelbergensis, neanderthalensis, floresiensis u.v.m. sterben später wieder aus

lg
 
Zuletzt bearbeitet:
Bedauerlicherweise hat die Forschung gezeigt, dass es dieses Märchenland nicht gibt - und auch nie gegeben hat. Angesichts der mentalen und genetischen Verfasstheit des Menschen, wird es das auch künftig nie geben.

So ist es, Homo sapiens hat sich ethisch nicht zum Besseren entwickelt, und man wird wohl davon ausgehen dürfen, dass das in kommenden Jahrhunderten auch nicht der Fall sein wird. Selbst im Märchen ist der Mensch nicht vollkommen und ist die menschliche Ordnung weit davon entfernt, einem Idealzustand zu entsprechen, auch wenn am Ende das Gute meistens siegt. Eine große Stärke des Menschen ist aber seine Fähigkeit, abstrakt zu denken, und so alt wie die menschliche Kultur ist vermutlich auch die Sehnsucht nach einem Idealzustand, nach Utopia, Caucania, den Inseln der Seligen dem Paradies. U topos heißt bekanntlich kein Ort, Nirgendwo, und selbst wenn es diesen Ort gäbe, ist fraglich, ob Homo sapiens dafür die Eintrittskarte bekäme.

Im Buch Genesis (Gen 3, 5) wird der Mensch aus dem Paradies vertrieben, weil er vom Baum der Erkenntnis genascht hat und damit gottähnlich geworden ist. (...und ihr werdet sein wie Gott und wissen, was Gut und Böse ist)
Wie Adam und Eva ergeht es schließlich auch Jonathan Swifts Protagonisten Lemuel Gulliver, der aus der Republik der vernunftbegabten Pferde vertrieben wird, eben weil er vernunftbegabt und ein Mensch ist, als solcher zu Gut und Böse fähig ist und damit für die Republik der Pferde eine viel größere Gefahr darstellt, als die Yahoos, das Zerrbild des Menschen. Gulliver endet als Misanthrop, der seine Familie meidet und ihr den Kontakt mit seinen Pferden vorzieht.
 
Ich empfehle das Buch von Bernbeck "Die Auflösung der häuslichen Produktionsweise am Beispiel Mesopotamiens".
Hier Das Gelbe Forum - Bernbeck "Die Auflösung der häuslichen Produktionsweise" hat mal jemand den Inhalt des Buches auf das Wesentliche zusammengefaßt.

hallo taurus, nochmals danke für den link - solche extrakte ersparen einem das lesen ganzer bücher

ich habe diese zusammenfassung vom empfohlenen buch mal so zusammengefasst:

die häusliche produktionsweise (HPw) (regenfeldbau) (hassuna-kultur)
chronologische einordnung: neolithikum (jungsteinzeit), ca. 9000 – 7000 BC (vorkeramische epoche) bis ca. 5000 – 4500 BC (keramisches neolithikum)

die auf der HPw basierende gesellschaft stellt keinen mehrwert her, sondern die produktion richtet sich nach dem verbrauchsbedarf („chayanov’s rule“) - größe der dörfer ca. 0,8 ha. mit ca. 6-8 stammfamilien pro dorf und pro haushalt max. 20 personen (= gruppen von ca. 100 personen) - in solchen häuptlingstümern gibt es noch keine zentralen institutionen, die sanktionen und strafen verhängen – bewässerungsfeldbau lag diesen menschen noch fern, da er für die deckung ihrer bedürfnisse viel zu aufwändig war

die tributäre produktionsweise (TPw) (bewässerungsfeldbau) (samarra-kultur)
chronologische einordnung: chalkolithikum (kupfersteinzeit), ca. 4500 – 3300 BC (kupferverhüttung und –verarbeitung)

in schritten: erst unterhäuptlinge … soziale schichten, kasten … tribut an übergeordnete institution … die tributeintreibenden kasten wachsen beständig … privilegien werden verteilt (adlige, vasallen, ritter, unterhäuptlinge) … tributeintreibung und -verteilung sowie organisation und kontrolle der güterproduktion bedingen eine politische kontrolle und politische strukturen … politische macht, die das wirtschaftliche system auch mit gewalt aufrechterhalten kann … staat … ein haushalt, der den tribut nicht leisten kann, nimmt schulden auf, das zinssystem entsteht

produktivitätssteigerung sind grenzen gesetzt, also: territoriale expansion mit dem ziel der vereinnahmung anderer haushalte bzw. ganzer dörfer (überfall und raub) – wehrhafter charakter der dörfer (gräben, grosse mauern, befestigte häuser) in der samarra-kultur

ungeklärt bleibt dabei der mechanismus, der die tributerhebung und somit erstmalige überschußproduktion überhaupt erst möglich macht

b. sieht das aufkommen von zwischendörflicher gewalt als folge der sich wandelnden produktionsweise
umgekehrt: die ökonomischen hintergründe (unterproduktion im risikofall bei steigender bevölkerungszahl) sind für die (anfangs offene, später strukturelle) gewalt als ursache für die entstehung der TPw zu sehen

solche änderungen der ökonomischen struktur und damit des gesellschaftlichen systems geschehen nur nach dem eintreten von externen einflüssen (überregionale katastrophen oder anhaltende konkurrenz), da die menschliche gesellschaft auf den erhalt des gegenwärtigen systemzustandes bedacht ist

am ende seines werkes schreibt b.: „antworten darauf, warum die HPw in die TPw überging, sind nur schwer zu finden.”

er meint: bevölkerungsdruck oder klimaverschlechterungen sind nicht der auslöser für veränderungen sondern das zufällige zusammentreffen von drei faktoren:

1. eine für bewässerung günstige topographie und hydrographie
2. erfindung der technologie des bewässerungsfeldbaus (incl. pflug/rinderzucht)
3. eine aus großfamilien bestehende sozialstruktur

(dazu marx these: er nennt 3 produktivkräfte (Pk) und 1+2 produktionsverhältnisse (Pv) und meint: da sich die Pk schneller entwickeln als die Pv ensteht die TPw)

der verfasser der zusammenfassung kommt zu dem schluss, die auflösung der HPw aus ihrem inneren heraus (inkl. einer "höherentwicklung" der Pk und Pv in einem evolutionärem prozess) sei nicht möglich, sondern die plötzlich erscheinende, von aussen kommende pflicht zur tributlieferung!)

----------------
(nebenbei interessant ist, dass man b. heftig kritisiert hat wegen seiner marxistischen und evolutionstheoretischen ansätze, obwohl er gegenteilig argumentiert wie marx (s.o.))
[FONT=&quot] [/FONT]
mein fazit: dass es erst gegen ende des neolithikums zu der entstehung von gewaltorientierten gesellschaften kam, scheint dieses buch zu belegen, aber das WARUM konnte nicht geklärt werden

lg
 
Zuletzt bearbeitet:
Homo sapiens hat sich ethisch nicht zum Besseren entwickelt ...
also war er 'früher' mal besser drauf - meine frage ist, wie der urzustand aussah, ob es den gab und warum wir den verloren haben

und man wird wohl davon ausgehen dürfen, dass das in kommenden Jahrhunderten auch nicht der Fall sein wird.
man soll die hoffnung nicht aufgeben, und wie in der aktuellen forschung immer klarer wird, ist es allein unser geist (hier als mens, die macht der gedanken, und nicht als gottgeist ...), mit dem wir unsere realität erschaffen

die Sehnsucht nach einem Idealzustand, nach Utopia, Caucania, den Inseln der Seligen dem Paradies. ... Gulliver endet als Misanthrop, der seine Familie meidet und ihr den Kontakt mit seinen Pferden vorzieht.
da musste ich dann doch grinsen - vor etlichen jahren habe ich d-land verlassen und lebe seitdem im urwald auf einer insel in den tropen

dieses einfache leben (mit ein bisschen luxus) ganzjährig (nahezu) ohne kleidung in absoluter ruhe und intakter natur ist wirklich paradiesisch - die kehrseite sind die menschen, die sich (u.a.!) durch nicht-ethisches verhalten mit stark gesenkter hemmschwelle zur brutalität gegen natur und mitmensch auszeichnen

somit bin ich also eine misanthropin ... aha

lg
 
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