Clemens64
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Seit jeher ein Lieblingsthema für historisch Interessierte ist die Frage danach, wie der Baiernstamm auf die Welt gekommen ist. Darstellungen des Themas beginnen meist mit dem Hinweis, dass die früheste gelehrte Spekulation dazu schon im 7. Jahrhundert vom Mönch Jonas von Bobbio in seiner vita Columbani angestellt wurde (so etwa Deutinger im ersten Band des Handbuchs der Bayerischen Geschichte, S.125), und dass es dort heißt, die Baiern seien einst die Boier gewesen (Jonas von Bobbio, Vita Columbani II, 8). Meiner Meinung nach wird regelmäßig (etwa bei Deutinger) verschwiegen, dass es sich dabei möglicherweise nicht um die Meinung eines Gelehrten, sondern um das Selbstverständnis der Baiern selbst unter ihrem ersten gesicherten Herzog Garibald handelt. Und zwar deswegen:
Jonas war im Jahr 618 in die vier Jahr zuvor gegründete Abtei Bobbio eingetreten, wo er wohl eine Art Sekretär der Äbte Atall (gestorben 626) und Bertulf wurde, der ihn 627 auf einen Papstbesuch nach Rom mitnahm und mit der Abfassung der vita Columbani beauftragte. Dass der König ein katholisches Kloster gegründet hatte, war außergewöhnlich, denn die Langobarden waren überwiegend Arianer (oder Homöer). Die Gründung geht mit Sicherheit auf den Einfluss der katholischen Frau Agilulfs Theodelinde zurück, die lange Zeit als Briefpartnerin des Papstes und auch nach Agilulfs Tod als Mutter des unmündigen Sohns bis zu dessen Tod 626 die Politik im Langobardenreich mitbestimmte. Theodelinde hatte ihren Glauben von ihrem Vater, dem Baiernherzog Garibald, der Gefolgsmann der katholischen Frankenkönige gewesen war („unus ex suis“, Paulus Diaconus I 21). Garibald regierte wohl etwa ab 540, und gegen Ende seiner Herrschaftszeit kam seine Tochter im Jahr 589 nach Italien, um Königin der Langobarden zu werden.
Jonas war also zu Lebzeiten der mächtigen Freundin des Klosters Bobbio dort eine wichtige Figur. Mir scheint es wahrscheinlich, dass die Königin über die wichtigsten Grundtatsachen, welche ihr über ihre Heimat in der Kindheit vermittelt wurden, unter ihren Anhängern gesprochen hat. Dass dazu irgendeine Vorstellung von der Herkunft der Baiern gehörte, ist auch deswegen plausibel, weil das Vorliegen von origines gentium für etliche Stämme der Völkerwanderungszeit ein grundsätzliches Interesse für ein solches Thema beweist.
Worauf ich jetzt nicht eingehen möchte, ist die Frage, was es für die Gründungsgeschichte des Baiernstamms hieße, wenn die These akzeptiert würde, dass sich die ersten Baiern (sicher fälschlich) als Nachfahren der Boier gesehen haben.
Jonas war im Jahr 618 in die vier Jahr zuvor gegründete Abtei Bobbio eingetreten, wo er wohl eine Art Sekretär der Äbte Atall (gestorben 626) und Bertulf wurde, der ihn 627 auf einen Papstbesuch nach Rom mitnahm und mit der Abfassung der vita Columbani beauftragte. Dass der König ein katholisches Kloster gegründet hatte, war außergewöhnlich, denn die Langobarden waren überwiegend Arianer (oder Homöer). Die Gründung geht mit Sicherheit auf den Einfluss der katholischen Frau Agilulfs Theodelinde zurück, die lange Zeit als Briefpartnerin des Papstes und auch nach Agilulfs Tod als Mutter des unmündigen Sohns bis zu dessen Tod 626 die Politik im Langobardenreich mitbestimmte. Theodelinde hatte ihren Glauben von ihrem Vater, dem Baiernherzog Garibald, der Gefolgsmann der katholischen Frankenkönige gewesen war („unus ex suis“, Paulus Diaconus I 21). Garibald regierte wohl etwa ab 540, und gegen Ende seiner Herrschaftszeit kam seine Tochter im Jahr 589 nach Italien, um Königin der Langobarden zu werden.
Jonas war also zu Lebzeiten der mächtigen Freundin des Klosters Bobbio dort eine wichtige Figur. Mir scheint es wahrscheinlich, dass die Königin über die wichtigsten Grundtatsachen, welche ihr über ihre Heimat in der Kindheit vermittelt wurden, unter ihren Anhängern gesprochen hat. Dass dazu irgendeine Vorstellung von der Herkunft der Baiern gehörte, ist auch deswegen plausibel, weil das Vorliegen von origines gentium für etliche Stämme der Völkerwanderungszeit ein grundsätzliches Interesse für ein solches Thema beweist.
Worauf ich jetzt nicht eingehen möchte, ist die Frage, was es für die Gründungsgeschichte des Baiernstamms hieße, wenn die These akzeptiert würde, dass sich die ersten Baiern (sicher fälschlich) als Nachfahren der Boier gesehen haben.