Arminius

Das wissen wir nicht, das hat irgendwer mal in die Welt gesetzt und wird in populären Darstellungen gerne ad nauseam wiederholt, aber das steht in keiner Quelle. So etwas nennt man ein Faktoid, also eine sich verselbständigt habende Annahme.


Auch das ist umstritten. Das Arminius im Pannonienkrieg mitgekämpft habe, ist eine Deutung einer interpretationsoffenen Stelle bei Velleius Paterculus, die da lautet:

adsiduus militiae nostrae prioris comes,​

Gegen diese Deutung spricht, dass der Pannonienkrieg gerade fünf Tage beendet war, als die Nachricht von der Varusniederlage kam:

Tantum quod ultimam imposuerat Pannonico ac Delmatico bello Caesar manum, cum intra quinque consummati tanti operis dies funesta ex Germaniae epistulae nuntium attulere caesi Vari trucidatarumque legionum trium todidemque alarum et sex cohortium, velut in hoc slatem tantummodo indulgente nobis fortuna, ne occupato duce tanta clades inferretur.​

Es ist möglich, dass Velleius den Pannonienfeldzug meint.

Es heißt lediglich dass Arminius Latein sprach, da er im römischen Heerlager gedient hat. Damit ist lediglich klar dass er mal für Rom als Soldat tätig war, mehr nicht. Man weiß nicht einmal wie gut er Latein konnte, daher kann von fließend auch nicht zwingend die Rede sein. Wir wissen weder wie lange er für die Römer gedient hat, noch was für einen militärischen Rang er hatte. Er mag das Bürgerrecht besessen haben, das bedeutet aber nicht dass er auch Offizier gewesen sein muss. Auch ob er Rom je mit eigenen Augen gesehen hat weiß niemand mit Gewissheit. Es kann auch gut sein dass er sein ganzes Leben ausschließlich in Germanien verbracht hat und dort von Römern für die germanischen Hilfstruppen militärisch ausgebildet wurde.
Genauso wenig weiß man über seine Motive für den Kampf gegen die Römer und wie lange er schon gegen die Römer war bevor er sie das erste Mal angriff. Auch wie er das zu Stande gebracht hat verraten uns die Quellen nicht explizit. Sie deuten m.M.n aber an dass er wohl mit psychologische Kreigsführung und Spaltung gearbeitet haben könnte. Denn immer wieder ist die Rede von Situationen, wo Truppenteile vom Rest abgetrennt werden, die Umgebung und matschige Bodenverhältnisse ausgenutzt wurden um die Römer in die schwächere Position zu stellen.

Es wird fast jedem der Protagonisten etwas angedichtet was sich so wissenschaftlich nicht halten lässt: Arminius der einst romtreue Soldat und Offizier welcher den Römern dann plötzlich in den Rücken fällt, Thusnelda welche (wie im Film Barbaren) sich das Gesicht zerkratzt, rumbrüllt und mitkämpft wie ein Kerl, Varus welcher sich wie einfauler Machtmensch im Richtersessel zurücklehnt und Befehle gibt und von dumpfen Charakter und Gemüt sein soll und sich daher auf seine Macht verlässt und treudoof in den Untergang marschiert, usw...
 
Es heißt lediglich dass Arminius Latein sprach, da er im römischen Heerlager gedient hat. Damit ist lediglich klar dass er mal für Rom als Soldat tätig war, mehr nicht. Man weiß nicht einmal wie gut er Latein konnte, daher kann von fließend auch nicht zwingend die Rede sein. Wir wissen weder wie lange er für die Römer gedient hat, noch was für einen militärischen Rang er hatte. Er mag das Bürgerrecht besessen haben, das bedeutet aber nicht dass er auch Offizier gewesen sein muss. Auch ob er Rom je mit eigenen Augen gesehen hat weiß niemand mit Gewissheit. Es kann auch gut sein dass er sein ganzes Leben ausschließlich in Germanien verbracht hat und dort von Römern für die germanischen Hilfstruppen militärisch ausgebildet wurde.

Wenn wir Velleius Paterculus folgen, wissen wir deutlich mehr

Tum iuvenis genere nobilis, manu fortis, sensu celer, ultra barbarum promptus ingenio, nomine Arminius, Sigimeri principis gentis eius filius, ardorem animi vultu ocullisque praeferens, adsiduus militiae nostrae prioris comes, iure etiam civitatis Romanae decus equestris consecutus gradus, segnitia ducis in occasionem sceleris usus est, haud imprudenter speculatus neminem celerius opprimi, quam qui nihil timeret, et frequentissimum initium esse calamitatis securitatem. Primo igitur paucos, mox pluris in societatem consilii recepti; opprimi posse Romanos et dicit et persuadet, decretis facta iungit, tempus insidiarum constituit.

Aus dem RECLAM HEFT Varus, Varus

Es gab damals einen jungen Mann aus vornehmem Geschlecht, , der tüchtig im Kampf und rasch in seinem Denken war, ein beweglicherer Geist, als es die Germanen gewöhnlich sind. Er hieß Arminius und war der Sohn des Segimer, eines Fürsten jenes Volkes . In seiner Miene und in seinen Augen spiegelte sich sein feuriger Geist. Im letzten Feldzug hatte er beständig auf unserer Seite gekämpft und hatte mit dem römischen Bürgerrecht auch den Rang eines römischen Ritters erlangt.

Velleius Paterculus sollte das gewusst haben, dass

  • Arminius das römische Bürgerrecht hatte
  • Arminius ein römischer Ritter war
Ein römischer Ritter ( = eques Romanus ) war kein militärischer Dienstgrad. Das ist richtig. Aber aufgrund der Zeitstellung der Varusschlacht können wir davon ausgehen, dass er der Befehlshaber eines germanischen Aufgebotes war. Dies war wohl keine Ala oder ein Auxiliar-Kohorte, wie wir sie aus der flavischen oder hohen Kaiserzeit kennen. Ich persönlich vermute, dass wir hier eine Truppe wie die Bataver des Iulius Civilis vor uns haben, die von eigenen Landsleuten geführt wurden - die jedoch mit römischen Bürgerrecht ausgestattet waren oder gar wie Arminius mit der gesellschaftlichen Stellung eines Eques.

Man kann natürlich darüber spekulieren, was an dem EQUES Verdienst und was Korrumpieren war.
 
Wenn wir Velleius Paterculus folgen, wissen wir deutlich mehr

Tum iuvenis genere nobilis, manu fortis, sensu celer, ultra barbarum promptus ingenio, nomine Arminius, Sigimeri principis gentis eius filius, ardorem animi vultu ocullisque praeferens, adsiduus militiae nostrae prioris comes, iure etiam civitatis Romanae decus equestris consecutus gradus, segnitia ducis in occasionem sceleris usus est, haud imprudenter speculatus neminem celerius opprimi, quam qui nihil timeret, et frequentissimum initium esse calamitatis securitatem. Primo igitur paucos, mox pluris in societatem consilii recepti; opprimi posse Romanos et dicit et persuadet, decretis facta iungit, tempus insidiarum constituit.

Aus dem RECLAM HEFT Varus, Varus

Es gab damals einen jungen Mann aus vornehmem Geschlecht, , der tüchtig im Kampf und rasch in seinem Denken war, ein beweglicherer Geist, als es die Germanen gewöhnlich sind. Er hieß Arminius und war der Sohn des Segimer, eines Fürsten jenes Volkes . In seiner Miene und in seinen Augen spiegelte sich sein feuriger Geist. Im letzten Feldzug hatte er beständig auf unserer Seite gekämpft und hatte mit dem römischen Bürgerrecht auch den Rang eines römischen Ritters erlangt.

Velleius Paterculus sollte das gewusst haben, dass

  • Arminius das römische Bürgerrecht hatte
  • Arminius ein römischer Ritter war
Ein römischer Ritter ( = eques Romanus ) war kein militärischer Dienstgrad. Das ist richtig. Aber aufgrund der Zeitstellung der Varusschlacht können wir davon ausgehen, dass er der Befehlshaber eines germanischen Aufgebotes war. Dies war wohl keine Ala oder ein Auxiliar-Kohorte, wie wir sie aus der flavischen oder hohen Kaiserzeit kennen. Ich persönlich vermute, dass wir hier eine Truppe wie die Bataver des Iulius Civilis vor uns haben, die von eigenen Landsleuten geführt wurden - die jedoch mit römischen Bürgerrecht ausgestattet waren oder gar wie Arminius mit der gesellschaftlichen Stellung eines Eques.

Man kann natürlich darüber spekulieren, was an dem EQUES Verdienst und was Korrumpieren war.

Und was davon ist jetzt „mehr“?
 
Er mag das Bürgerrecht besessen haben, das bedeutet aber nicht dass er auch Offizier gewesen sein muss.

Wie war die römische Gesellschaft zur Zeit der Varus-Schlacht aufgeteilt:

  • ganz oben die Senatoren und ihre Familien
  • danach die Equites (von uns heute als Ritter übersetzt)
  • es folgten die Männer ab 16 Jahre mit dem civitas Romana - dem römischen Bürgerrecht
  • darunter sortierten sich die Freigelassenen ein
  • ganz unten standen rechtlich die Sklaven
Das bezieht sich auf Männer. Bei Frauen gibt es auch Abstufungen, sie waren aber überwiegend an der politischen Ordnung der römischen Gesellschaft nicht beteiligt.

Dazu kommen noch die Peregrini, die "Ausländer". Besonders in den Provinzen außerhalb Italiens stellten diese die Masse der Bevölkerung, hatten aber keine Teilhabe an der Macht.

Und was davon ist jetzt „mehr“?

Arminius hatte nicht eventuell das römische Bürgerrecht ( "mag das Bürgerrecht besessen haben" ), er gehörte gesichert zu einer sehr kleinen Elite des römischen Reiches. Vergleichbar wäre die Aussage "XY war vielleicht adelig", wobei wir eine Quelle haben, dass XY Kurfürst war und bei einer Kaiserwahl mitgewirkt hatte. Das würde ich als mehr bezeichnen.
 
Zuletzt bearbeitet:
Wie war die römische Gesellschaft zur Zeit der Varus-Schlacht aufgeteilt:

  • ganz oben die Senatoren und ihre Familien
  • danach die Equites (von uns heute als Ritter übersetzt)
  • es folgten die Männer ab 16 Jahre mit dem civitas Romana - dem römischen Bürgerrecht
  • darunter sortierten sich die Freigelassenen ein
  • ganz unten standen rechtlich die Sklaven
Das bezieht sich auf Männer. Bei Frauen gibt es auch Abstufungen, sie waren aber überwiegend an der politischen Ordnung der römischen Gesellschaft nicht beteiligt.

Dazu kommen noch die Peregrini, die "Ausländer". Besonders in den Provinzen außerhalb Italiens stellten diese die Masse der Bevölkerung, hatten aber keine Teilhabe an der Macht.



Arminius hatte nicht eventuell das römische Bürgerrecht ( "mag das Bürgerrecht besessen haben" ), er gehörte gesichert zu einer sehr kleinen Elite des römischen Reiches. Vergleichbar wäre die Aussage "XY war vielleicht adelig", wobei wir eine Quelle haben, dass XY Kurfürst war und bei einer Kaiserwahl mitgewirkt hatte. Das würde ich als mehr bezeichnen.
Dann hast du meine Aussage nicht verstanden. Ich habe nicht behauptet dass Arminius kein Ritter war. Mir geht es ausschließlich darum dass eine Zugehörigkeit zum Ritterstand keinen Beleg dafür liefert dass Arminius Offizier gewesen ist. Genausowenig ist es ein Beleg dafür dass sich Varus und Arminius besser gekannt haben müssen, oder eventuell sogar persönlich befreundet waren. Er muss auch kein Zögling einer römischen Familie gewesen sein. Er muss nicht einmal für einen einzigen Tag in Italien gewesen sein! Er muss auch nicht den Kaiser persönlich gekannt haben, noch in irgendeiner Weise an irgendwelchen politischen Entscheidungen direkt oder indirekt teilgenommen haben. Latein wird er nicht unbedingt fließend, sondern eher nur mäßig gut gesprochen haben, wenn man Tacitus glauben darf, zumal die lateinische Sprache eine völlig andere Struktur und Aussprache hatte als die germanischen Sprachen jener Zeit. Aber auch das ist nur reine Spekulation. Es muss kein besonderes Ergeignis gegeben haben welches ihn dazu bewogen hat sich aus heiterem Himmel plötzlich gegen die Römer zu entscheiden. Vielleicht war es auch schon lange geplant. Er muss weder ein guter Mensch noch ein Held, oder sonstwas gewesen sein. All das sind Interpretationen welche natürlich entstehen, deren Ursprung man sich aber bewusst sein sollte.
Darum geht es mir eben. Wir wissen über Arminius praktisch so gut wie nichts und sollten auch nicht zu viele Schlussfolgerungen ziehen die ins Leere gehen.
 
dass eine Zugehörigkeit zum Ritterstand keinen Beleg dafür liefert, dass Arminius Offizier gewesen ist.
Eigentlich schon.

Latein wird er nicht unbedingt fließend, sondern eher nur mäßig gut gesprochen haben, wenn man Tacitus glauben darf,
Ich weiß nicht, auf welche Stelle du dich da beziehst. Mir fällt da adhoc nur Tac. ann. II, 10 ein, wo es heißt:

nam pleraque Latino sermone interiaciebat, ut qui Romanis in castris ductor popularium meruisset.

...denn er warf viel lateinische Rede ein, da er in den Römerlagern als Anführer der [germanischen] Volksaufgebote gedient hatte.
Daraus geht nicht hervor, wie gut Arminius Latein sprach, nur, dass er es gut genug sprach, um in der Unterhaltung mit seinem Bruder (so diese denn überhaupt historisch und keine Erfindung Tacitus‘ ist), die vermutlich in der gemeinsamen Muttersprache geführt wurde, mit lateinischen Drohungen um sich zu werfen; Tacitus erklärt, dass er diese Fähigkeit im Militärdienst erworben habe, was gewissermaßen darauf hinweist, dass Arminius nie in Italien war, wie oft behauptet wird. Zumindest steht diese Stelle aber im Widerspruch zur populären Darstellung Arminius‘, der als Kind als Geisel in römische Obhut gekommen sei.

zumal die lateinische Sprache eine völlig andere Struktur und Aussprache hatte als die germanischen Sprachen jener Zeit.
Über das Germanische dieser Zeit wissen wir so gut wie nichts. Insbesondere nicht über seine Grammatik. Der älteste vorliegende (ost)germanische Text ist die Bibelübersetzung von Ulfilas/Wulfila. Vorher haben wir nur verstreute Wortzeugnisse.
Ob die Struktur des Lateinischen also völlig anders war, können wir gar nicht mit absoluter Bestimmtheit sagen.
Du solltest auch nicht nicht das elaborierte literarische Latein der goldenen und silbernen Latinitas mit dem Sprechlatein (Vulgärlatein) verwechseln.

Natürlich ist die Zugehörigkeit zum Ritterstand „kein Beleg dafür, dass Varus und Arminius sich besser gekannt haben müssen“. Dass Arminius aber als ductor popularium bis unmittelbar vor dem Aufstand unter Varus diente, spricht schon dafür, dass die beiden recht viel Kontakt miteinander hatten. Die historiographische Tradition will ja sogar, dass sie häufig miteinander speisten und einigermaßen vertrauten Umgang miteinander pflegten. Daraus kann man natürlich keine „Freundschaft“ ableiten.
 
Eigentlich schon.
Eigentlich nicht.

Erstens: Was ist überhaupt ein „Offizier“? „Offiziere“ gibt es primär in regulären Armeen. Daneben schmücken sich auch gerne Anführer in Freiwilligenverbänden, Söldnertruppen oder Rebellenarmeen selbst mit Offiziersrängen, ohne dass sie ihnen jemals von einer regulären Armee oder sonstigen staatlichen Autorität verliehen worden wären. Ob man sie als „Offiziere“ durchgehen lässt, ist Geschmackssache.
Zweitens: Unsere Vorstellung von „Offizieren“ ist auf die römische Armee nur sehr eingeschränkt übertragbar. Vor allem gilt das für die höheren „Offiziere“. Legaten und Militärtribunen waren keine Offiziere nach unserem Verständnis.

Von Arminius wissen wir nicht, was genau er eigentlich kommandiert hat. Die Bezeichnung „ductor popularium“ ist wenig aussagekräftig; man muss sich darunter nicht gleich eine Auxiliarkohorte oder –ala vorstellen. Wenn das irgendein irregulärer Haufen Germanen war, der zeitweilig für die Römer kämpfte, macht das den Anführer nicht zum „Offizier“.
Wir wissen auch nicht, ob die Verleihung des römischen Bürgerrechts und der Ritterwürde überhaupt in direktem Zusammenhang mit Arminius‘ Kriegsdiensten (und seiner Rolle als „ductor popularium“) stand oder ob er damit bloß geehrt wurde, um ihn als wichtiges Mitglied der cheruskischen Führungsschicht zu ehren und an Rom zu binden. (Es war schließlich auch nicht jeder original-römische Ritter tatsächlich ein militärischer Anführer.)
 
Was ist überhaupt ein „Offizier“? „Offiziere“ gibt es primär in regulären Armeen. Daneben schmücken sich auch gerne Anführer in Freiwilligenverbänden, Söldnertruppen oder Rebellenarmeen selbst mit Offiziersrängen, ohne dass sie ihnen jemals von einer regulären Armee oder sonstigen staatlichen Autorität verliehen worden wären. Ob man sie als „Offiziere“ durchgehen lässt, ist Geschmackssache.
Ich würde Offizier als militärischen Befehlshaber innerhalb einer bestimmten Struktur definieren.
Wir haben ja auch das Phänomen, dass Mannschaften sich ihre eigenen Offiziere wählten.

Gruß, muheijo
 
Von Arminius wissen wir nicht, was genau er eigentlich kommandiert hat. Die Bezeichnung „ductor popularium“ ist wenig aussagekräftig; man muss sich darunter nicht gleich eine Auxiliarkohorte oder –ala vorstellen. Wenn das irgendein irregulärer Haufen Germanen war, der zeitweilig für die Römer kämpfte, macht das den Anführer nicht zum „Offizier“.
Wir wissen auch nicht, ob die Verleihung des römischen Bürgerrechts und der Ritterwürde überhaupt in direktem Zusammenhang mit Arminius‘ Kriegsdiensten (und seiner Rolle als „ductor popularium“) stand oder ob er damit bloß geehrt wurde, um ihn als wichtiges Mitglied der cheruskischen Führungsschicht zu ehren und an Rom zu binden. (Es war schließlich auch nicht jeder original-römische Ritter tatsächlich ein militärischer Anführer.)

Wenn ein Eques der Kaiserzeit im Militärdienst eingesetzt war, dann hatte er i.d.R. einen höheren militärischen Rang. Ob du das nun als Offizier oder als Anführer bewertet sehen möchtest, ist mir in diesem Fall wumpe.
 
Eigentlich schon.


Ich weiß nicht, auf welche Stelle du dich da beziehst. Mir fällt da adhoc nur Tac. ann. II, 10 ein, wo es heißt:

nam pleraque Latino sermone interiaciebat, ut qui Romanis in castris ductor popularium meruisset.

...denn er warf viel lateinische Rede ein, da er in den Römerlagern als Anführer der [germanischen] Volksaufgebote gedient hatte.
Daraus geht nicht hervor, wie gut Arminius Latein sprach, nur, dass er es gut genug sprach, um in der Unterhaltung mit seinem Bruder (so diese denn überhaupt historisch und keine Erfindung Tacitus‘ ist), die vermutlich in der gemeinsamen Muttersprache geführt wurde, mit lateinischen Drohungen um sich zu werfen; Tacitus erklärt, dass er diese Fähigkeit im Militärdienst erworben habe, was gewissermaßen darauf hinweist, dass Arminius nie in Italien war, wie oft behauptet wird.

Der Dialog enthält übrigens noch einen interessanten Hinweis:

Flavus aucta stipendia, torquem et coronam aliaque militaria dona memorat, inridente Arminio vilia servitii pretia.
=
Flavus zählt Solderhöhung, Halskette, Ehrenkranz und andere militärische Auszeichnungen auf, während Arminius über solch schnöden Lohn für Sklavendienst spottet.
Dieter Timpe schreibt dazu:
"Erhöhung des Soldes setzt regelmäßigen Sold voraus, der nur in regulären Truppen gezahlt wurde, die Aufgebote hatten sich selbst zu tragen. Tacitus muß also in Flavus den Angehörigen einer ständigen Auxiliareinheit gesehen haben. Weiter wurden die römischen Orden grundsätzlich nur an römische Bürger verliehen. Flavus muß demnach das Bürgerrecht besessen haben, und zwar schon, bevor er die erste Auszeichnung erhielt."

Man kann davon ausgehen, dass die Karrieren der beiden Brüder zumindest ähnlich verlaufen sind. Timpes Schlussfolgerung lautet:
"Arminius war demnach ein berufsmäßiger Offizier und kein Aufgebotsführer, aber donnoch kein regulärer ritterlicher Tribun und Präfekt wie Velleius, sondern der Führer einer jenen irregulären germanischen Auxilien, wie sie Tacitus in den Historien vor allem bei dem Stamm der Bataver erwähnt."

Römisch-germanische Begegnung in der späten Republik und frühen Kaiserzeit
 
Mal eine Frage:
Was war eigentlich der übliche Aufenthalstsort für Kinder-Geiseln wie Flavus/Arminius?

Hat man sie grundsätzlich durchs halbe Reich verschleppt?

Oder eher im sicheren Nahbereich zu den zu "erpressenden" Herrschenden gelassen?


Gibt es da Quellen zu?

Falls nein, welche Variante erscheint sinninger?
 
Es gibt keinen Beleg dafür, dass Arminius und Flavus als Geiseln im Römischen Reich aufwuchsen. Das ist lediglich eine Spekulation, die leider häufig als "Tatsache" wiedergegeben wird.
Hingegen ist bei Marbod tatsächlich belegt, dass er seine Jugend in Rom verbrachte. Warum er dort war, ist nicht näher bekannt, er muss also nicht zwingend eine "Geisel" gewesen sein.

Dass junge Angehörige ausländischer Würdenträger im Römischen Reich lebten und erzogen wurden (oft tatsächlich als Geiseln), hatte aber durchaus Tradition, die bis weit in republikanische Zeit zurückreichte. Zu nennen wären etwa Demetrios, der Sohn des Makedonenkönigs Philipp V., sowie die Seleukidenprinzen Antiochos (IV.) und Demetrios (I.). Ihr Aufenthaltsort war tatsächlich Rom. Sie sollten schließlich nicht nur fern der Heimat verwahrt werden (um nicht so leicht entspringen zu können), sondern auch in gewisser Weise "romanisiert" werden und Kontakte zu vornehmen jungen Römern (= künftigen römischen Spitzenpolitikern) und generell der römischen Führungsschicht knüpfen, um nach ihrer Heimkehr eine möglichst romfreundliche Politik zu vertreten.

Mitunter wurden solche Personen aber durchaus auch mehr oder weniger freiwillig nach Rom geschickt, um dort eine römische Erziehung zu erhalten und als künftige Herrscher gute Beziehungen (und Einfluss) zur römischen Führung zu haben. Zu nennen wären etwa verschiedene jüdische Prinzen wie Alexandros und Aristobulos, die Söhne von Herodes I. Auch Herodes Agrippa I. und Herodes Agrippa II. wuchsen in Rom auf. Vor allem Herodes Agrippa I. profitierte später enorm von seiner früheren Bekanntschaft mit dem späteren Kaiser Claudius.
 
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