Torsionsgeschütze sind gemeint.
und wie der Spiegel-Artikel erklärt, machte Nässe (Regen) den "Scorpiones" (Torsionsgeschützen) nichts aus - - entweder die Varus-Legionen setzten ihre skorpionische Artillerie nicht ein, oder das Gelände machte den Einsatz unwirksam (dicht stehende Bäume sollen im Wald, sofern einer vorhanden, gelegentlich vorkommen) ;)
 
"Es begann mit den Bolzenfunden von Kalkriese", erzählt Historiker Christoph Schäfer von der Universität Trier im Gespräch mit SPIEGEL ONLINE. Das Gebiet im Osnabrücker Land gilt als möglicher Schauplatz der Varusschlacht, in der drei römische Legionen mit rund 20.000 Mann von den Germanen unter Arminius aufgerieben wurden. An den dort entdeckten Geschossen konnten die Wissenschaftler erkennen, welch schreckliche Waffen die Römer aufgefahren hatten: Torsionsgeschütze, auch "Scorpiones" genannt."
Torsionsgeschütze sind gemeint.

Du gehst davon aus, dass Cassius Dio korrekt die Waffen der Römer in der Varusschlacht beschrieb. Er schrieb aber im dritten Jhdt. Damals hat man sehr viel Bogenschützen eingsetzt, ob da die komplizierteren Torsionsgeschütze, die viel langsamer zu bedienen waren, noch nutzte, weiß ich, um ehrlich zu sein, nicht. Cassius Dio spricht jedenfalls von οὔτε γὰρ τοῖς τοξεύμασιν οὔτε τοῖς ἀκοντίοις.
τόξευμα - toxeuma bedeutet 'Pfeil'
ἀκόντιον - akontion bedeutet 'Wurflanze' (ἀκοντίζω 'schleudern')
Also, was auch immer sich hinter Pfeil verbirgt - der Pfeil des Bogens oder der Bolzen des Torsionsgeschosses, die Wurflanzen (also die pila von denen unser Pfeil seinen Namen hat), sind immer noch im Text und es ist immer noch zu fragen, warum die Römer die nicht schleudern konnten, während den Germanen das mit ihren Hasten gelang.
 
Der Punkt ist m.E. der dass die angreifenden Germanen in diesem Gelände nur wenige Krieger einsetzen mussten. Die Wahrscheinlichkeit mit einem Speerwurf einen römischen Soldaten in der infolge des Weges schmalen Kolonne zu treffen war sehr hoch. Die Römer hatten keine Deckung, sie blieben auf dem Weg zwischen Wald und Sumpf, sie waren ein ballistisch leicht zu treffendes Ziel.

Die Römer wiederum mussten ihre Waffen gegen punktuelle Ziele einsetzen, also mit wesentlich geringerer Trefferwahrscheinlichkeit, gegen lockere Trupps von körperlich erholten Angreifern, die jederzeit nach Belieben die Deckung ausnutzen konnten.

Noch etwas anderes: Der Tross bestimmte die Geschwindigkeit, wurde immer langsamer, die Zugtiere wurden angegriffen und verletzt, und in diesem Gelände mussten Soldaten selber Hand anlegen, waren körperlich stärker beansprucht und gleichzeitig mehr abgelenkt im Eigenschutz.

Alle Einsatztaktik der Römer war auf offene Feldschlacht ausgelegt, dort waren Schleuderer und Ballisten hoch wirksam: ein Hagel von Geschossen auf einen geschlossen angreifenden Feind. Der Tross war im Idealfall beim Kampf im Lager, die Truppen waren in Schlachtordnung und sowohl im Angriff als auch im Selbstschutz optimal aufgestellt.

Ganz anders hier: erschöpft vom tagelangen Marsch unter immer widrigeren Bedingungen. Strapaziert vom Wetter und vor allem im Bewusstsein dass das Ganze aller Einsatzdoktrin widersprach. "Das geht nicht gut aus", wusste jeder Soldat ab dem ersten Tag des Angriffs.
 
Eine Landschaft zwischen Hügel und Sumpf, in der sich der Weg parallel zum Wasser zieht.
Ob es zur Linken ein Hutewald war, wie El_Quijote glaubhaft dargelegt hatte, oder ein lockerer Bruchwald wie ich es eher annehme, sei dahingestellt.
So oder so war diese Landschaft um Kalkriese für die Angreifer günstig und für die Römer fatal.
 
welches Gelände? Kennen wir es denn?
Dio hat das Gelände des ersten Angriffs doch genau beschrieben: Ein von Schluchten durchzogenes Gebirge... ;)

So oder so war diese Landschaft um Kalkriese für die Angreifer günstig und für die Römer fatal.
Ich halte es zwar für wahrscheinlich, dass wir hier einen der Schauplätze der Kämpfe haben, aber gibt es denn irgendeinen Grund zu der Annahme, dass hier der erste Angriff erfolgte?
Wir haben jedenfalls mit einem mehrtägigen Geschehen zu rechnen - Tacitus spricht von mehreren Lagern, bei Dio sind es vier Tage.
 
Ich meine nicht dass hier der erste Angriff erfolgte. Aber ich glaube dass die Topographie keine breite Marschordnung zugelassen hatte, und das vielleicht schon vor dem ersten Angriff.
 
Ich halte Kalkriese ja eher für die Endphase des Schlachtgeschehens. Aber egal ob Anfang, Mitte oder Ende: da machen dann Kalkriesegegner einen Punkt, wenn sie fragen, wo denn die archäologischen Überreste der übrigen Tage seien, die Fundspur von Kalkriese ist gerade mal knapp 15 km lang, wobei es nach Osten hin nur Einzelfunde sind. Gerade dort, wo das Relieph des Wiehengebirges aber etwas „interessanter“ ist - also was noch am ehesten den alpinen oder karstigen Beschreibungen Dios entsprechen würde - haben wir kaum etwas. Naja... ein paar endneolithische und bronzezeitliche Großsteingräber.
 
Dann wäre die Frage welchen Weg die römischen Truppen genommen haben. Es muss ja ein - wenn auch nicht so stark begangener - Fernhandelsweg gewesen sein, ein Weg der den römischen Truppen als Abkürzung in die Region des vermeintlichen Aufstands geeignet erschien.
 
Naja, eine römische Legion tapst ja nicht gerade auf einen Trampelpfad.
Wir haben doch einige Beschreibungen, wo die Legionen auf ihren Germanienfeldzügen so hingetapst sind. Beim Feldzug gegen die Marser wurde ein beschwerlicher Umweg gewählt, eben weil man damit rechnete, dass die Marser die gut gangbare direkte Route zu sichern versuchen würden.
Etwas später heißt es, man habe einen Vortrupp geschickt, um die Geheimnisse der Wälder auszukundschaften und Dämme und Brücken durch Sümpfe anzulegen - jetzt rate mal, wohin unterwegs die Legionen da gerade waren...

Und wohin hättest Du an Arminius' Stelle den Varus gelotst? Auf einen Fernhandelsweg oder in eine Sackgasse?
 
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Ich bin ja kein Archäologe und kein Historiker, sondern nur Mediziner, Fahrradfahrer, Hobby-Ornithologe und Ex-Segelflieger.
Ich betrachte Landschaften immer mit der Frage nach dem topographischen Relief, der jetzigen Landschaftsstruktur und, oft aufgrund der Naturschutzgebiete und der mir bekannten archäologischen Fundorte, mit der Frage wie eine historische Landschaft beschaffen war.

Wenn ich zur Zeit des Drusus oder des Germanicus ins Edergebiet gemusst hätte, hätte ich die ersten 100 bis 150 km durch die offenen Gunstlandschaften Mittelhessens, über die auch damals breiten und waldarmen Höhenwege und unter strikter Vermeidung der Sumpfgebiete zurückgelegt. Geschwindigkeit und offene Landschaft zählen.

Das heute noch schrecklich sumpfige Edergebiet wäre nur mit "Pontes longi" sicher zu beherrschen, und das gesamte Gebiet der Marser ist nicht ideal für römische Truppen.

Ich unterstelle den römischen Truppen viele Fehler, aber nicht dass sie eine völlig ungeeignete Strecke genommen hätten.
Und das gilt für Drusus, Germanicus und auch Varus. Man fährt nicht mit dem Auto quer durch ein Rotenburg o.d.T., voller japanischer Touristen, und man lässt nicht den Tatzelwurm von 20.000 römischen Soldaten auf einen sich verengenden Weg im Sumpfgebiet abbiegen.
 
Diese Diskuission sollte veilleicht in einem anderen Thread geführt werden, hier geht es ja eigentlich um die Miniserie Barbaren bei Netflix.
 
Auf einen Fernhandelsweg oder in eine Sackgasse?
Ob Fernhandelsweg oder Sackgasse, das scheint doch Wurscht zu sein, wenn ich mir einen, die ominösen rechtsrheinischen Waldlandschaften in suebenknotenverflochtener schnurpilumsstracksgerader Bahn durchschwebenden Bogenschlag zur Serie (Threadtitel) erlaube.
Hauptsache in eine für das Einhalten römischer Marschordnung brauchbare baumfreie schlauchartige Senke, damit sich mittels im Fischgrätenmuster angelegter Feuergräben die Legionen in wohlbekömmliche Filethäppchen zerlegen lassen. Als Zutat braucht's natürlich noch ne Prise guter Draht zu den Wettergottheiten, damit's keinesfalls garstig pläddert, wenn die germanischen Pyrotechniker ihr vorbereitetes Spektakel starten - und die Sache funzt.
:D

Edit: Wie's halt so ist, während sich mein Gedanke durchs Synapsen-Gestrüpp wurschtelte, fand EQs Projektil die schnellere Bahn.
 
Zuletzt bearbeitet:
Ich bin ja kein Archäologe und kein Historiker, sondern nur Mediziner, Fahrradfahrer, Hobby-Ornithologe und Ex-Segelflieger.
Ich betrachte Landschaften immer mit der Frage nach dem topographischen Relief
[...]

Wenn ich zur Zeit des Drusus oder des Germanicus ins Edergebiet gemusst hätte
... hättest Du keine topographische Karte zur Verfügung gehabt.
Du hättest drei Möglichkeiten:
- Du benutzt nur die Wege, die Du selber schon erkundet hast (in dem Fall hätte z. B. ein Drusus keinen Fuß auf germanischen Territorium gesetzt)
- Du schickst eine Pioniereinheit voraus, die das Gelände erkundet und ggf. gangbar macht
- Du verlässt Dich auf ortskundige Führer (z. B. Varus auf die verbündeten Cherusker)

Mit einer guten topographischen Karte in der Hand hätte Varus (möglicherweise!) Verdacht geschöpft und sich anders entschieden...


Das heute noch schrecklich sumpfige Edergebiet wäre nur mit "Pontes longi" sicher zu beherrschen, und das gesamte Gebiet der Marser ist nicht ideal

Ich unterstelle den römischen Truppen viele Fehler, aber nicht dass sie eine völlig ungeeignete Strecke genommen hätten.
 
Ich unterstelle den römischen Truppen viele Fehler, aber nicht dass sie eine völlig ungeeignete Strecke genommen hätten.
daraus resultiert, dass die "Falle", welche Arminius den Varus-Legionen stellte, sehr geschickt gewesen sein muss (bis heute, denn so ganz gefunden hat man sie wohl noch nicht (?!)) - sieht man in der hier besprochenen Netflix-Serie eine ungemein gewitzte Falle? (ich frage, weil ich mich noch nicht dazu durchringen kann, die Serie anzuschauen)
 
Wetterau, Taunus, der rätische Limes, oder die Lippe als einziger Fluss in Ost-West-Richtung: das Verständnis des römischen Militärs für Landschaft und Strategie erstaunt mich immer wieder.
Sepiola hat natürlich recht: ich selber, als zivilisationsverwöhnter Leser, hätte als Römer eine topographische Karte gebraucht.
Das römische Militär hingegen hatte eine genaue Vorstellung von den Landschaftsräumen.
Ich weiß noch wie erstaunt ich war an einem schönen Tag vom rätischen Limes fast bis ins Saalegebiet schauen zu können, den weiten Raum des Mains dazwischen.
Wenn Varus auf dem Rückweg vom Sommerlager in eine so abenteuerliche Lage geriet, dann in der irrigen Annahme, westlich der Weser einen militärisch und in der Infrastruktur erschlossenen, d.h. sicheren und von Verbündeten gesicherten Raum vor sich zu haben.

Welcher wäre aber der geplante und erschlossene Rückweg gewesen, von dem er dann abwich? Es muss ja ein breiter Weg üblicher Art gewesen sein der eine breite Marschordnung ermöglichte. Und es wird ja nicht der erste Rückweg von diesem oder einem ähnlichen Sommerlager gewesen sein.
Der irrwitzig hohe logistische Aufwand bei Germanicus und Caecina lässt ja den Schluss zu, dass eine mindestens gleichwertige Infrastruktur im Gebiet der Marser, Cherusker und Brukterer verloren gegangen war.
Kein Triumphzug wischt die Tatsache beiseite dass Germanicus militärisch, taktisch, strategisch und politisch in Germanien auf ganzer Linie gescheitert war.
 
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