Cassius Dio als Überlieferer älterer Quellen - seine Glaubwürdigkeit

Sie litten weniger an herabstürzenden Baumkronen?
Nein, sie litten weniger, weil sie leicht bewaffnet waren. Sie konnten wahrscheinlich leichter einer herabstürzenden Baumkrone ausweichen, die zudem im dichten Wald eher an Ästen anderer Bäume hängegeblieben sind als über dem Weg, auf dem sich die Römer bewegen mussten, und wo zumindest auf dessen Breite keine Bäume wuchsen.

Dass hier drei ganze Legionen, mit all ihren erfahrenen Offizieren, nahezu blind in ein undurchdringliches Waldgebiet marschieren, von dem sie wissen, dass sie dort kaum kämpfen können, wäre absolut hanebüchen.
Nein, Varus glaubte sich im befreundeten Gebiet – Cassius Dio schreibt:

Daraufhin kam es zu einem Aufstand, zuerst von Seiten derer, die in einiger Entfernung von ihm lebten, was absichtlich so arrangiert worden war, damit Varus gegen sie marschieren und so leichter überwältigt werden konnte, während er durch ein vermeintlich befreundetes Land zog, anstatt auf der Hut zu sein, wie er es tun würde, wenn ihm alle auf einmal feindlich gesinnt wären.
 
Nein, sie litten weniger, weil sie leicht bewaffnet waren. Sie konnten wahrscheinlich leichter einer herabstürzenden Baumkrone ausweichen, die zudem im dichten Wald eher an Ästen anderer Bäume hängegeblieben sind als über dem Weg, auf dem sich die Römer bewegen mussten, und wo zumindest auf dessen Breite keine Bäume wuchsen.
Letzte Tage hast du in einem anderen Thread noch Steuers Idee vertreten, dass die an der Schlacht beteiligten Germanen sich ausrüstungsmäßig nicht wesentlich von den Römern unterschieden.

Ich würde bei Sturm, egal, wie ich ausgestattet bin, den Wald meiden.
 
Letzte Tage hast du in einem anderen Thread noch Steuers Idee vertreten, dass die an der Schlacht beteiligten Germanen sich ausrüstungsmäßig nicht wesentlich von den Römern unterschieden.
Nein, ich fand die Steuers These lediglich neu und daher interessant. Aber selbst wenn die Germanen gleich ausgerüstet gewesen wären, wären sie im dichten Wald sicherer vor abstürzenden Baumkronen (die sind dein liebstes Argument, nicht wahr?) als auf dem Weg.

Und selbst wenn wir annehmen, der Sturm wäre für beide Parteien gleich schwer gewesen, das Entscheidende ist immer noch die bis zu 20 km lange Kolonne, die durch Wägen, die nicht über die umgestürzten Bäume fahren konnten, auseinander gerissen war, so dass sich auf einem Abschnitt nur wenige Legionäre einem, aus dem Hinterhalt angreifenden Germanen entgegenstellen konnten. Die Überzahl an einem Abschnitt war in diesem Fall entscheidend, ebenso die Möglichkeit, sich in den Wald zurückzuziehen, bevor die Hilfe von anderen römischen Truppenteilen kommen konnte. Wenn die Römer von beiden Seiten des Weges angegriffen wurden, wovon auszugehen ist, konnten sie keine Abwehrformation bilden, für die 6 Reihen nötig gewesen wäre (zu jeder Seite 3), denn der Weg war wahrscheinlich nur etwas mehr als wagenbreit, also genug vielleicht für max. 4 Reihen, eher weniger.
 
Nein, ich fand die Steuers These lediglich neu und daher interessant. Aber selbst wenn die Germanen gleich ausgerüstet gewesen wären, wären sie im dichten Wald sicherer vor abstürzenden Baumkronen (die sind dein liebstes Argument, nicht wahr?) als auf dem Weg.
Es ist einfach so, dass was Cassius Dio uns auftischt, dass die Römer von herabstürzenden Baumkronen erschlagen werden und die Germanen aus dem dichtesten Dickicht hervorstürzen, nicht stimmig ist. Dass du das Problem wegdiskutieren willst, indem du allen Ernstes behauptest, dass die Bäume dort, wo die Germanen aufhielten durch andere Bäume aufgehalten worden seien, macht das Problem nicht wett.

Und selbst wenn wir annehmen, der Sturm wäre für beide Parteien gleich schwer gewesen
Nur das ist logisch. Es sei denn, du glaubst an die Macht der antiken Götter.

das Entscheidende ist immer noch die bis zu 20 km lange Kolonne, die durch Wägen, die nicht über die umgestürzten Bäume fahren konnten, auseinander gerissen war, so dass sich auf einem Abschnitt nur wenige Legionäre einem, aus dem Hinterhalt angreifenden Germanen entgegenstellen konnten.
Wenn es denn so ablief.

Die Überzahl an einem Abschnitt war in diesem Fall entscheidend, ebenso die Möglichkeit, sich in den Wald zurückzuziehen, bevor die Hilfe von anderen römischen Truppenteilen kommen konnte. Wenn die Römer von beiden Seiten des Weges angegriffen wurden, wovon auszugehen ist, konnten sie keine Abwehrformation bilden, für die 6 Reihen nötig gewesen wäre (zu jeder Seite 3), denn der Weg war wahrscheinlich nur etwas mehr als wagenbreit, also genug vielleicht für max. 4 Reihen, eher weniger.
Wieso zu jeder Seite drei Reihen? Wieso weißt du, wie breit der Weg war?

Laut Cassius Dio hatten die Römer die meisten der Wagen zwischen dem ersten und dem zweiten Tag verbrannt. Danach ging der Marsch „in besserer Ordnung weiter“. Die Legionen waren noch intakt, sie funktionierten noch, es konnte ein Lager errichtet werden. Und dann geraden die Römer wieder in den Wald und bouncen herum.

Was immerhin plausibel ist: Die Römer erschöpften allmählich und die Germanen bekamen frische Reserven.
 
Nein, Varus glaubte sich im befreundeten Gebiet

Das ist bekannt. Trotzdem ist es unglaubwürdig, dass nicht die üblichen Vorausabteilungen losgeschickt wurden.
Es ist ja unabhängig von Freund/Feind, dass man erkundet, wie der Weg beschaffen ist, wo sich Quellen befinden usw..

Außerdem wäre zu erwarten , dass spätestens beim ersten Anzeichen von Sturm die ganze Abteilung halt macht und die Pioniere vorausschickt.

Dazu verweise ich wieder einmal auf die vergleichbare Schlacht...

Deine Beispiele sind insoweit nicht vergleichbar, als sie alle aus einer Zeit stammen, als die Römer noch keine Berufsarmee hatten. Es hatte sich etwas verändert zwischen 215v. Chr. und 9 n.
 
Nur Berufsarmeen betreiben Aufklärung?

Es ist doch nicht so, als wären immer, wenn die Römer zur Zeit der frühen und mittleren Republik Krieg führten, Armeen ins Feld gezogen, in denen vom Feldherrn bis zum Legionär noch niemand jemals zuvor irgendetwas mit Krieg zu tun hatte. Kriege wurden fast jährlich geführt, und mit der zunehmenden Expansion kam es auch immer öfter vor, dass Armeen jahrelang im Feld blieben. Die militärische Expertise war also durchaus vorhanden. Es ist somit nicht so, als wären damals stets nur Laien durchs Feld gestolpert.

Aber, um noch ein Beispiel aus der Zeit der Berufsarmee zu bringen: 54 v. Chr. geriet in Gallien eine römische Armee in einem Tal in einen Hinterhalt des Ambiorix.

Aber du gibst zu, dass dieses Histörchen in der überlieferten unplausibel ist?
Das will ich als Landratte nicht beurteilen.

Der für unsere Diskussion springende Punkt ist ohnehin, dass in diesem Fall Cassius keineswegs selbst etwas dazu erfunden hat und keineswegs 250 Jahre nach dem Alexandrinischen Krieg bei ihm erstmals Details auftauchen, die in keiner früheren Quelle zu finden waren. Das können wir in diesem Fall beurteilen, weil wir glücklicherweise ältere erhaltene Quellen haben. Zum Ablauf der Varusschlacht haben wir (abgesehen von Florus) leider keine. Man kann aber auch in diesem Fall nicht einfach davon ausgehen, dass, nur weil wir keine älteren erhaltenen Quellen haben, die von Cassius gebrachten Details erstmals bei ihm auftauchten. (Das Gegenteil lässt sich natürlich ebensowenig belegen.)

Es ist einfach so, dass was Cassius Dio uns auftischt, dass die Römer von herabstürzenden Baumkronen erschlagen werden und die Germanen aus dem dichtesten Dickicht hervorstürzen, nicht stimmig ist.
Cassius behauptet nicht, dass die Römer von herabstürzenden Baumkronen erschlagen wurden. Schon gar nicht behauptet er, dass nur die Römer von ihnen erschlagen wurden und die Germanen nicht.
Die Baumkronen bringt er lediglich in Zusammenhang mit den Schwierigkeiten eines geordneten Marsches ins Spiel, weil sie im Zug Verwirrung anrichten.
 
Das will ich als Landratte nicht beurteilen.
Du bist nie geschwommen? Oder mal vom Beckenrand (verbotenerweise) ins Wasser gesprungen?


behauptet nicht, dass die Römer von herabstürzenden Baumkronen erschlagen wurden. Schon gar nicht behauptet er, dass nur die Römer von ihnen erschlagen wurden und die Germanen nicht.
Die Römer, behauptet Cassius Dio, irrten durch den Wald. Währenddessen ein Sturm, der Bäume zersplittern ließ, dass die Baumkronen niedergingen - was die Römer arg bedrängte. Muss er da wirklich noch ausdrücklich schreiben, dass Römer von Baumkronen erschlagen wurden?
In dieser Situation, die schon aufgrund der wetterlichen Unbilden schwierig genug für die Römer ist, greifen auch noch die Germanen an. Offensichtlich sind diese also von den Wirkungen der Elemente auf wundersame Weise ausgenommen.
 
Laut Cassius Dio hatten die Römer die meisten der Wagen zwischen dem ersten und dem zweiten Tag verbrannt.
Das heißt: Römer haben das Problem erkannt und versucht, es zu beseitigen.

Danach ging der Marsch „in besserer Ordnung weiter“. Die Legionen waren noch intakt, sie funktionierten noch, es konnte ein Lager errichtet werden. Und dann geraden die Römer wieder in den Wald und bouncen herum.
Dass sie nicht in diesem Notlager blieben, wo sie sich besser verteidigen könnten, war wohl ein Fehler des Varus. Die Entscheidung war wohl gefallen, als er den Befehl gab, die meisten Wägen zu verbrennen. Danach gab es keine andere Wahl, als weiter zu gehen.

Wieso zu jeder Seite drei Reihen?
In der ersten Reihe stehen oder knien die jungen, wenig erfahrenen Legionäre (Hastaten), in der zweiten die schon etwas erfahrenen und besser ausgerüsteten (Principes), und in der dritten die erfahrensten (Triarier). Aber das scheint es zur Zeit des Augustus nicht mehr geläufig zu sein – deshalb halte ich meine Aussage nicht mehr aufrecht.

Wieso weißt du, wie breit der Weg war?
Das weiß ich nicht, ich nehme es nur an – die Begründung: Wenn der Weg breiter gewesen wäre, wäre es für die vorausgehenden und nachfolgenden Einheiten leichter den Angegriffenen zur Hilfe zu kommen. Dies geschah aber offensichtlich nicht, denn – Zitat Cassius Dio:

Denn die Römer bewegten sich nicht in geordneten Bahnen, sondern waren mit den Wagen und den Unbewaffneten durcheinander, und da sie sich nirgends leicht zu einem Haufen formieren konnten und überall weniger waren als ihre Angreifer, litten sie sehr und konnten keinen Widerstand leisten.


Cassius behauptet nicht, dass die Römer von herabstürzenden Baumkronen erschlagen wurden. Schon gar nicht behauptet er, dass nur die Römer von ihnen erschlagen wurden und die Germanen nicht.
Das ist wahr – Zitat Cassius Dio:

… die Wipfel der Bäume brachen immer wieder ab und stürzten um, was zu großer Verwirrung führte.

Um das Ganze besser zu verstehen, hier die Marschordnung eines Heeres, wie sie Flavius Josephus in seinem Jüdischen Krieg beschrieb - Das Heer auf dem Marsch – Zitat:

[240] 115 (2.) Nunmehr aber brachte Vespasian, der selbst einen Einfall in Galiläa schon fest im Sinne hatte, sein eigenes Heer in die bei den Römern übliche Marschordnung und rückte von Ptolemais ab. 116 Dem eigentlichen Zuge ließ er die leicht bewaffneten Hilfstruppen und Bogenschützen vorausschwärmen, um plötzliche Ueberfälle von Seite der Feinde zurückzuweisen und verdächtige Waldgründe, die leicht einen Hinterhalt bergen konnten, zu durchstöbern. Hinter diesen kam dann auch ein römisches Detachement von Schwerbewaffneten zu Fuß und zu Pferde, 117 gefolgt von zehn Soldaten aus jeder Centurie, die außer dem eigenen Gepäck auch noch die Messinstrumente zur Herstellung des Lagers mit sich führten. 118 An diese reihten sich die Wegmacher, welche die Aufgabe hatten, die Windungen der Heeresstraße abzukürzen und rauhe Stellen zu ebnen, wie auch hinderliches Strauchwerk zuvor abzuhauen, damit das Heer vom schlechten Wege nicht zu leiden hätte. 119 Hinter ihnen ließ Vespasian sein eigenes Gepäck und das seiner Unterfeldherren, welches eine starke Reiterabtheilung bewachen musste, transportieren. 120 Dann kam er selbst geritten, umgeben von seinen Elite-Garden zu Fuß und zu Ross und den Lanzenträgern. Ihm folgte die jeder Legion zugetheilte römische Reiterei, die da für eine Legion stets 120 Mann beträgt. 121 An diese schlossen sich die Maulthiere, welche die Helepolen und die sonstigen Kriegsgeschütze trugen. 122 Hierauf kamen die Legionscommandanten und die Präfecten der Cohorten mit den Tribunen, umschlossen von einer auserlesenen Kriegerschar; 123 dann die Standarten mit dem Adler in ihrer Mitte, welcher als König und Gewaltigster unter den Vögeln bei den Römern einer jeden Legion vorauszieht, da er ihnen ebensowohl als Zeichen der Herrschaft, wie auch als glückliche Vorbedeutung des Sieges gilt, mag der Feind, den sie angreifen wollen, sein, wer immer. 124 Hinter den heiligen Zeichen schritten die Trompeter, und dann marschierten die Schlachtreihen auf, die Colonne sechs Mann hoch und, wie üblich, von je einem Hauptmann zur Ueberwachung der Ordnung begleitet. 125 Nach dem Fußvolk kam der ganze Tross von Knechten, der den einzelnen Legionen angehörte und die Bestimmung hatte, das Gepäck der Soldaten auf Maulthieren und anderen Lastthieren dem Heere nachzuführen. 126 Diesem Zug der Legionen folgten dann noch die Miettruppen, an die sich als Nachtrab zur Deckung der ganzen Marschlinie theils leicht, theils schwer bewaffnetes Fußvolk und eine zahlreiche Reiterschar anschloss.
 
Um das Ganze besser zu verstehen, hier die Marschordnung eines Heeres, wie sie Flavius Josephus in seinem Jüdischen Krieg beschrieb - Das Heer auf dem Marsch – Zitat:

[240] 115 (2.) Nunmehr aber brachte Vespasian, der selbst einen Einfall in Galiläa schon fest im Sinne hatte, sein eigenes Heer in die bei den Römern übliche Marschordnung und rückte von Ptolemais ab. 116 Dem eigentlichen Zuge ließ er die leicht bewaffneten Hilfstruppen und Bogenschützen vorausschwärmen, um plötzliche Ueberfälle von Seite der Feinde zurückzuweisen und verdächtige Waldgründe, die leicht einen Hinterhalt bergen konnten, zu durchstöbern. Hinter diesen kam dann auch ein römisches Detachement von Schwerbewaffneten zu Fuß und zu Pferde, 117 gefolgt von zehn Soldaten aus jeder Centurie, die außer dem eigenen Gepäck auch noch die Messinstrumente zur Herstellung des Lagers mit sich führten. 118 An diese reihten sich die Wegmacher, welche die Aufgabe hatten, die Windungen der Heeresstraße abzukürzen und rauhe Stellen zu ebnen, wie auch hinderliches Strauchwerk zuvor abzuhauen, damit das Heer vom schlechten Wege nicht zu leiden hätte. 119 Hinter ihnen ließ Vespasian sein eigenes Gepäck und das seiner Unterfeldherren, welches eine starke Reiterabtheilung bewachen musste, transportieren. 120 Dann kam er selbst geritten, umgeben von seinen Elite-Garden zu Fuß und zu Ross und den Lanzenträgern. Ihm folgte die jeder Legion zugetheilte römische Reiterei, die da für eine Legion stets 120 Mann beträgt. 121 An diese schlossen sich die Maulthiere, welche die Helepolen und die sonstigen Kriegsgeschütze trugen. 122 Hierauf kamen die Legionscommandanten und die Präfecten der Cohorten mit den Tribunen, umschlossen von einer auserlesenen Kriegerschar; 123 dann die Standarten mit dem Adler in ihrer Mitte, welcher als König und Gewaltigster unter den Vögeln bei den Römern einer jeden Legion vorauszieht, da er ihnen ebensowohl als Zeichen der Herrschaft, wie auch als glückliche Vorbedeutung des Sieges gilt, mag der Feind, den sie angreifen wollen, sein, wer immer. 124 Hinter den heiligen Zeichen schritten die Trompeter, und dann marschierten die Schlachtreihen auf, die Colonne sechs Mann hoch und, wie üblich, von je einem Hauptmann zur Ueberwachung der Ordnung begleitet. 125 Nach dem Fußvolk kam der ganze Tross von Knechten, der den einzelnen Legionen angehörte und die Bestimmung hatte, das Gepäck der Soldaten auf Maulthieren und anderen Lastthieren dem Heere nachzuführen. 126 Diesem Zug der Legionen folgten dann noch die Miettruppen, an die sich als Nachtrab zur Deckung der ganzen Marschlinie theils leicht, theils schwer bewaffnetes Fußvolk und eine zahlreiche Reiterschar anschloss.
Dann üben wir mal ein bisschen Quellenkritik.
Wer, Dion, war der Adressat des Ἰουδαϊκοῦ πολέμου / bello Iudaico?
 
Dass sie nicht in diesem Notlager blieben, wo sie sich besser verteidigen könnten, war wohl ein Fehler des Varus. Die Entscheidung war wohl gefallen, als er den Befehl gab, die meisten Wägen zu verbrennen. Danach gab es keine andere Wahl, als weiter zu gehen.

Da hätte ich von dir gerne einmal gewusst, warum es deiner Meinung nach sinnvoller gewsen wäre, in einem improvisierten Lager, abgeschnitten von jeglicher Versorgung zu verbleiben.
Das hätte nur dann Sinn ergeben, wenn binnen kurzer Zeit im signifikanten Maße Verstärkung zu erwarten gewesen wäre, ohnedem hätte sich das eher zur Falle entwickelt.

Das weiß ich nicht, ich nehme es nur an
Es wäre allerdings wünschenswert, wenn du deine Annahmen hin und wieder untermauern und nicht beliebig auswechseln würdest.
Es ist noch gar nicht lange her, da hast du angenommen, dass der Weg so schmal gewesen sein müsse, dass höchstens 2 Legionäre nebeneinander hätten gehen können.
Da bist du darauf hingewiesen worden, dass sich das mit deiner Annahme hinsichtlich der Wagen beißt, weil die sich auf einem so schmalen Weg überhaupt nicht hätten bewegen können.

Jetzt nimmst du eine Breite von 4 Mann nebeneinander an, auf Grund deiner Interpretation einer Literaturstelle, die sich dazu überhaupt nicht näher einlässt und lediglich bemerkt, dass die Bildung von Formationen nicht möglich war.

Wenn der Weg breiter gewesen wäre, wäre es für die vorausgehenden und nachfolgenden Einheiten leichter den Angegriffenen zur Hilfe zu kommen.

Andere Erklärungen dafür, dass das vielleicht nicht in diesem Maße passierte wären, z.B. dass man es für wichtiger hielt den Gesamtverband zusammen zu halten und keinee großen Lücken in der Marschkolonne auftreten zu lassen, die von germanischer Seite her genutzt hätten werden können, um die römischen Truppen von einander zu trennen und sie sich einzeln vorzunehmen.
Hätte eine unmittelbar vorausgehende Truppe kehrt gemacht um zur Hilfe zu eilen, wäre genau so eine Lücke entstanden, weil es seine Zeit gedauert hätte das Manöver den vorausgehenden Truppenteeilen mitzuteilen (ganz davon abgesehen die Erlaubnis dafür einzuholen) und es dementsprechend auch seine Zeit gedauert hätte die ganze Kolonne anzuhalten.
Auch wissen wir nicht so genau, wie die Verteilung des Trosses innerhalb der Marschkolonne war.
Es kann da nämlich auch sein, dass Maultiere, noch vorhandene Wagen und zu schützende, nicht bewaffnete Mitglider des Trosses den Weg für weiter vorne oder hinten marschierende Legionäre einfach verstopften und demnach fehlende Veerstärkung nich an einem an sich zu schmalen Weg scheiterte, sondern an einer dem entgegenstehenden Marschordnung, im Besonderen, wenn ohnehin anzunehmen ist, dass da einiges in Unordnung geraten war.
 
Dann üben wir mal ein bisschen Quellenkritik.
Warum willst du, El Quijote, jetzt auch diese Quelle anzweifeln?

Flavius Josephus wurde bisher (weil es um Christentum ging?) als zuverlässig bezeichnet – Zitat aus Wikipedia: "Bei Josephus fand der Leser des Neuen Testaments nützliche Hintergrundinformationen: Er war der einzige zeitgenössische Autor, der sich detailliert und mit eigener Ortskenntnis über Galiläa äußerte."

Die von mir zitierte Stelle aus Bellum über die Marschordnung des Vespasian-Heeres ist auch eine solche Hintergrundinformation – ich wüsste nicht, warum ich ihr nicht vertrauen sollte. Nur weil sein Auftragsgeber Vespasian war?

Josephus war auch Soldat, zuerst in jüdischen, dann in römischen Diensten. Und als solcher hatte er sicher genaue Kenntnis von dem Aufbau einer Legion und ihrer Marschordnung in Kriegszeiten. Und er lebte zeitlich nicht sehr weit von den Ereignissen der Varusschlacht.
 
Bei Caesars Schlacht gegen die Nervier manipuliert Cassius Dio den caesarischen Text. Bei Caesar greift Caesar in die Schlacht ein (BG II, 25, 2 – 3) und Labienus erobert das Lager der Nervier (BG II, 26, 4). Bei Cassius Dio erobern die Nervier das Lager der Römer und Caesar erobert es zurück (39, 2, 2). Caesar, der sonst so gut wie alle Erfolge auf sein eigenes Konto schreibt, gesteht Labienus diesen Sieg zu. Cassius Dio dagegen macht diesen Sieg des Labienus gegen die Darstellung Caesars zu einem persönlichen Erfolg Caesars.
So groß ist der Widerspruch nicht:

Auch in Caesars Darstellung wird das römische Lager zumindest zu einem erheblichen Teil vom Feind erobert (BG II 24). Labienus erobert das feindliche Lager und schickt dann dem eigenen Lager, wo die Kämpfe noch andauern, die 10. Legion zur Hilfe (BG II 26, 4).
Bei Cassius erobern die Feinde ebenfalls das römische Lager. Er unterschlägt lediglich, dass Labienus das feindliche Lage erobert und den Anstoß zur Befreiung des eigenen gibt. Dazu muss man freilich bedenken, dass er in zwei Sätzen abhandelt, wofür Caesar ein paar Kapitel braucht.

Man muss Cassius aber ohnehin nicht zwingend Verfälschungsabsicht unterstellen: In anderen Quellen zur Schlacht wird vor allem Caesars persönliches Eingreifen hervorgehoben, mit dem er die Schlacht wiederherstellte. Caesar schildert das selbst (BG II 25, 2-3). Spätere Quellen (Valerius Maximus 3, 2, 19; Plutarch, Caesar 20, 8-9; Florus 1, 45) konzentrieren sich ganz darauf, bei ihnen rettet Caesar als großer Held die Schlacht quasi im Alleingang. Da braucht man sich nicht wundern, wenn auch in Cassius' knapper Darstellung Caesar als der große Retter auftritt.
 
Der amerikanische Althistoriker Meyer Reinhold schrieb ein "Lob auf Cassius Dio" (In Praise of Cassius Dio, in; L'Antiquité Classique, Bd. 55 (1986), pp. 213-222).

Darin schreibt er:

The magnum opus of Cassius Dio is singularly "prodigue en renseignments, vulnérable aux critiques" We are indeed constantly vigilant ab​
his many faults and limitations : his bookishness, limited understanding of military strategy and tactics, proneness to describe stereotypical land and sea battles, derivative imitation of the works of his predecessors, especial Thucydides, his simplistic economics, wilful compression of sources chronological displacements, rhetorical extravagances, anachronisms retrojected into the Roman past to construct paradigms and parallels applicable to his own perilous times, and his patterned antithetic method. He was no military, administrative or legal expert, and no
brilliant stylist. Call him, if you will, a Graeco-Roman Colonel Blimp. But for all that he was relatively well-informed, literate, sophisticated. He ha​
after all, the standard training of most Roman officials : a curriculum in the humanities, in literature and oratory.​
In using his Roman History to help us reconstruct the course of events we are so much on the qui vive to single out defects, and to point the finger at him when he nods, misinterprets, or distorts that we tend to slight or pass by the solid contributions he often makes to our knowledge. Greater altertness to his virtues as an historian, to the valuable, sometimes unique interpretations and data he provides is needed to achieve a more balanced perception of Cassius Dio's work.​
Also Meyer Reinhold sagt, dass Cassius Dio im Prinzip eine wertvolle Quelle sei, weil er viele Dinge berichtet, wo wir sonst keine Überlieferung mehr haben. Aber er macht eben auch auf Cassius viele Fehler und Beschränkungen aufmerksam, seine Anachronismen und chronologischen Fehler, Mssinterpretationen und Verdrehungen. Meyer Reinhold sagt also, wir müssen nicht nur seine Fehler betrachten, sondern auch berücksichtigen, dass Cassius Dio eben für manche Sachverhalten (etwa den Übergang von der Republik zum Prinzipat) die einzige Quelle ist.
 
Warum willst du, El Quijote, jetzt auch diese Quelle anzweifeln?
Deine Frage ist offensichtlich damals an mir vorbei gegangen. Ich hatte dich gefragt, wer der Adressat des Ἰουδαϊκοῦ πολέμου / bello Iudaico? sei. Das ist aus guten Gründen eine übliche - im Grunde bei Traditionsquellen zwingende - Frage bei der Q-Kritik.
 
Deine Frage ist offensichtlich damals an mir vorbei gegangen. Ich hatte dich gefragt, wer der Adressat des Ἰουδαϊκοῦ πολέμου / bello Iudaico? sei. Das ist aus guten Gründen eine übliche - im Grunde bei Traditionsquellen zwingende - Frage bei der Q-Kritik.
Da @Dion ja nun seit 5 Monaten nicht mehr online war, ein paar erklärende Worte. Dion wollte mit einer Beschreibung der Marschordnung des Vespasian bei Flavius Josephus etwas beweisen. Ich fragte daher nach dem Adressaten der Quelle. Dion interpretierte das in der Richtung, dass ich Flavius Josephus anzweifeln wollte. Das war aber nicht der Gedanke, der meiner Frage zugrundelag.

Worauf ich mit meiner Frage hinweisen wollte, ist folgendes: Josephus' Adressaten waren nicht historisch interessierte Menschen des Digitalzeitalters, sondern die römische Oberschicht. Die römische Oberschicht hatte idealerweise im cursus honorum auch militärische Posten innegehabt und wusste, wie die römische Marschordnung aussieht. Zudem handelt es sich bei Josephus' Werk nicht um ein Militärhandbuch, sondern um Historiographie. Wenn hier die Marschordnung beschrieben wird, dann also nicht, weil die Adressaten die normale Marschordnung nicht kannten, sondern weil sie aus irgendwelchen Gründen von der normalen Marschordnung abwich. Und genau in die Richtung ging @Dions Argumentation, dass die bei Josephus beschrieben Marschordnung die übliche gewesen sei. Also meinerseits keineswegs Zweifel an Josephus, sondern eher die Bemerkung, dass die bei Josephus beschriebene Marschordnung keineswegs als die übliche Marschordnung "nach Lehrbuch" herangezogen werden kann, denn die hätte Josephus als bekannt voraussetzen können.
 
Warum schreibt Flavius Iosephus dann aber einleitend, dass Vespasian sein Heer in die bei den Römern übliche Marschordnung brachte? (So in der von Dion zitierten Übersetzung.)

Der griechische Text lautet: Οὐεσπασιανὸς δὲ ὡρμημένος αὐτὸς ἐμβαλεῖν εἰς τὴν Γαλιλαίαν ἐξελαύνει τῆς Πτολεμαί̈δος διατάξας τὴν στρατιὰν ὁδεύειν καθὰ Ῥωμαίοις ἔθος.
= „Vespasianus aber, der selbst in Galiläa einfallen wollte, brach von Ptolemais auf, wobei er das Heer ordnete, nach der Römern (üblichen) Weise zu marschieren.“

Anm.: Warum die Römer im Dativ stehen, verstehe ich nicht, und das „üblich“ steht nicht im Text, aber die Aussage erscheint dennoch klar: Das Heer marschierte nach der Weise.
 
Besonders schön ist auch eine Stelle bei Cassius Dio, bei der Caesar erst ins Wasser fällt, sich dann seines schweren Purpurmantels entledigen muss, während die Ägypter ihn beschossen, er aber einhändig schwimmend in der linken Hand mehrere Dokumente, die er nicht nass werden ließ. Da muss Caesar wohl ins Tote Meer, statt in den Hafen von Alexandria gefallen sein, wenn er so gar nicht untergehen wollte... :fs:


Schulz meint dazu nur süffisant: "Dio hätte es einmal versuchen sollen; aber vielleicht war er ja Nicht-Schwimmer und wäre ertrunken..." (394)

Diese Episode überliefert auch Sueton. (Sueton, Caesar 64)
Sueton berichtet, Caesar wäre in Alexandria durch einen Ausfall der Feinde genötigt gewesen, einen Kahn zu besteigen, in den sich auch einige andere seiner Leute hineinstürzten.

Caesar sei daraufhin ins Meer gesprungen und habe sich durch Schwimmen auf ein Schiff gerettet, das 200 Schritte entfernt war. "Dabei hielt er die Linke hoch über Wasser, um Papiere, die er bei sich hatte, nicht nass werden zu lassen. Seinen Feldherrnmantel schleppte er mit den Zähnen nach, damit er nicht als Siegeszeichen in die Hände der Feinde fiel."

Von Beschuss weiß Sueton nichts, und anders als bei Cassius Dio, gelingt es Caesar nicht nur die Staatspapiere, sondern auch den Feldherren-Mantel mitzunehmen.

200 Schritte einhändig zu schwimmen und dabei die Akten zu retten, darf man einem halbwegs geübten Schwimmer durchaus zutrauen, und Cassius Dio berichtet eine Episode, die recht ähnlich auch Sueton berichtet. (Sueton, Caesar 64).

Ich muss sagen, dass ich die Süffisanz gegenüber Cassius Dio nicht so recht nachvollziehen kann. Ja, er erreicht nicht die Qualität seines Vorbildes Thukydides, auch nicht die epische Breite und Dichte eines Tacitus.

Das Militär war nicht seine Welt, und das merkt man ihm an. Anders als Thukydides, Josephus, Velleius Paterculus oder Ammianus Marcellinus hat Cassius Dio wohl nie Truppen ins Feld geführt.
Er verwendet viele Latinismen, wodurch stellenweise die Verständlichkeit leidet. Cassius Dio projiziert gelegentlich Entwicklungen und Phänomene seiner eigenen Zeit in eine frühere Vergangenheit, wo sie anachronistisch wirken.

Dennoch schreibt Cassius Dio einen klaren, verständlichen Stil. Trotz einiger Schwächen und Anachronismen ist Cassius Dios Geschichtswerk als Quelle von hohem Wert, für die Zeit der späten antoninischen Dynastie und die Zeit der Severer ist er eine wertvolle Quelle, eine unschätzbare Quelle, und wenn Cassius Dio auch nicht Thukydides, sein Vorbild erreicht, so hat sein Werk doch eine hohe Qualität verglichen mit Herodian oder der Historia Augusta.

Das Militär war nicht seine Welt, er besaß wohl keine eigene militärische Erfahrung, hat niemals Truppen im Feld kommandiert. Er hatte ein Faible für Ausschmückungen und theatralische Szenen. Trotz all der Kritik, die man gegen Cassius Dio anführen kann, ist der Quellenwert seines Geschichtswerks dennoch recht groß. Dass er Ereignisse herbeiphantasiert kann man ihm nicht vorwerfen, und für die Zeit der späten Antonine und der Severer ist er sogar eine wertvolle Quelle.

Eigentlich kann man als Historiker nur dankbar dafür sein, dass uns Teile von Cassius Dios Geschichtswerk erhalten blieben.

Er mag nicht die Qualität eines Tacitus, Thukydides, Josephus oder Ammianus Marcellinus erreicht haben, aber er überragt doch Herodian, Zosimos und die Autoren der Historia Augusta.
 
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