Computerspiele mit historischem Inhalt

Historische Computespiele mit Lerneffekt

[…]
Natürlich gibt es viele Spiele die geschichtliche Themen behandeln.
Allerdings muss ich sagen, dass ich Spiele meinte, bei denen auch ein Lerneffekt zutage tritt.
also Spiele mit vielen Informationen über die Zeit etc.

Vielleicht könnt Ihr ja bei den nächsten Nennungen eine kurze Übersicht zu dem jeweiligen Spiel mit dessen historischem Wert/Informatinsgehalt liefern.

Im Juli diesen Jahres haben die Institute für klassische Archäologie und Islamwissenschaft der Uni Tübingen ein Handygame Anna Lauf! Craveler – CoinTraveler vorgestellt. Der Spieler wird in die Rolle der jungen Archäologin Anna versetzt, welche die Aufgabe hat, die numismatische Abteilung eines Museums mit Münzen zu bestücken. Da Anna aus der Zukunft kommt, kann sie durch die Zeit reisen, der Spieler lernt etwas über die Münzen und die emittierenden Gesellschaften.
 
'Kingdom Come Deliverance' ist hier wohl zu nennen. Das per Crowdfunding finanzierte Rollenspiel von 2018 spielt im Jahr 1400 in Böhmen während der bürgerkriegsähnlichen Zustände nach der Absetzung König Wenzels durch Sigismund. Technisch etwa auf dem Stand der Zeit, wies das mit Historikern gestaltete Spiel eine große Detailtiefe auf und war schön anzusehen. Inhaltlich kritikwürdig war aus meiner Sicht nur die Überspitzung des damals noch keimenden Nationalgedankens, im Spiel geht es im Prinzip um böse Deutsche versus wackere Tschechen. Die Lernkurve ist aber ziemlich steil und das Spiel schwer.
 
"Last train home" ist ein "Realtime"-Strategiespiel (RTS), das den mühsamen Rückweg der Tschechoslowakischen Legion durch das Bürgerkrieg geschüttelte Russland nachspielt. Man versucht per Transsibirischen Eisenbahn nach Wladiwistok zu kommen, um von dort den Rückweg nach Europa zu nehmen. Neben den RTS-Elementen (à la Commandos ab den 90ern, wer es noch kennt), spielt auch Ressourcenmanagement eine Rolle. Es wurde von einem tschechischen Studio entwickelt. Etwa 5 Stunden sind als Demo kostenlos spielbar. Die Vollversion des Spiels wird morgen, am 28.11.2023, veröffentlicht.
 
Wer historische Computerspiele mag ist sicher bei Europa Universalis erstmal gut aufgehoben.

Ja und nein. (Ich rede jetzt explizit von Europa Universalis IV)

Das ist sicherlich ein Spiel, in dem man so einiges über historische Ereignisse und auch die Komplexität von Regierungsmechaniken, Entscheidungsfindungen und Problemen und Entwicklungsschüben und Prozessen lernen kann.

Auf der anderen Seite, wartet es dann aber auch wieder mit eher ahistorischen Modellen, wie z.B. stehenden Heeren ab dem Spätmittelalter auf, die an den historischen Verhältnissen doch sehr vorbei sind.
(völlig unnötig im Übrigen, da das Spiel ja durchaus ein Modell für das Söldnerwesen kennt).


Insofern bin ich da etwas zwiegespalten.
Man kann daraus wirklich einiges lernen, insbesondere dass Entscheidungsträger allzuoft Getriebene zufälliger Ereignisse waren und sind, auf der anderen Seite hat es das Problem, dass es einige Dinge in eine Epoche einbaut, die noch nicht vorhanden waren und erst in späterer Zeit aufkamen, was natürlich die Gefahr birgt, die Vorstellung so wie sie sich darbiten zu übernehmen.
 
Auf der anderen Seite, wartet es dann aber auch wieder mit eher ahistorischen Modellen, wie z.B. stehenden Heeren ab dem Spätmittelalter auf, die an den historischen Verhältnissen doch sehr vorbei sind.
EUIV beginnt 1444 und endet 1823. Der Fokus liegt also eher auf der Frühen Neuzeit, in der ja das System eines stehenden Heeres eingeführt wurde. Sicherlich ist es ahistorisch, wenn Ostfriesland im Jahr 1450 mit einem stehenden Heer spielbar ist.
"Crusader Kings3", der zeitliche Vorgänger von Europa Universalis aus dem selben Entwicklerstudio Paradox Interactive, versucht das Lehnswesen zu simulieren. Neben Söldnern kann man auch auf temporäre Heeresaufgebote der Vasallen zurückgreifen. Allerdings weist Crusader Kings manchmal auch starke Fantasy-Elemente auf - von Zwergen über Riesen zu Hexen.

Edit: Das schwedische Entwicklerstudio Paradox Interactive versucht sich schon seit Jahren an ähnlichen Spielen wie Crusader Kings und Europa Universalis - und ich finde alles in allem nicht so schlecht, wenn auch noch viel Luft nach oben ist. Victoria (angelehnt an die britische Königin) spielt von 1836 bis 1936; Hearts of Iron deckt die Zeit 30er und 40er Jahre ab. In all diesen Strategiespielen spielt man ein Land, bzw. eine Dynastie. Außer bei Crusader Kings ist der gesamte Erdball die Spielfläche. Bei Crusader Kings fehlt Amerika, Australien, Afrika etwa südlich des Äquators und Ostasien.
 
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EUIV beginnt 1444 und endet 1823. Der Fokus liegt also eher auf der Frühen Neuzeit, in der ja das System eines stehenden Heeres eingeführt wurde. Sicherlich ist es ahistorisch, wenn Ostfriesland im Jahr 1450 mit einem stehenden Heer spielbar ist.

Der Fokus liegt auf der frühen Neuzeit, aber das ganze beginnt im Spätmittelalter.

Und wenn dann eben im Spätmittelalter bei Spielbeginn schonmal stehende Heere im Stärke von einigen 10.000 Mann herumlaufen, dann ist das schon durchaus etwas neben den historischen Realitäten.

Das wäre jetzt ein Kritikpunkt, den ich daran hätte.

Ein weiterer wäre, wenn man im Bereich des Militärs bleiben wollte der Umstand, dass es zu Spielbeginn 1444 keine Belagerungswaffen gibt, jedenfalls nicht bei Landeinheiten.
Geschütze für Belagerungen gib es erst ab der militärischen Technologiestufe 7, die erreicht man wenn man nicht gerade das Osmanische Reich mit sehr starkem Militärfokus spielt, in der Regel erst im ausgehenden 15. Jahrhundert und damit viel zu spät.

Das mag im Sinne des balancing des Spiels sein, um Festungen nicht zu früh zu entwerten, vermittelt aber durchaus auf historischer Ebene einen falschen Eindruck.

Auch bei anderen Dingen hätte ich das Eine oder andere zu meckern, z.B. den Umstand, dass es in dem Spiel binnen kürzester Frist möglich ist in eigenen Provinzen eine neue Religion durchzupeitschen (geht bei entsprechender Schwerpunktsetzung in 7 oder 8 Monaten) oder mal eben auf Knopfdruck die Änderung einer Kultur einer bestimmten Provinz innerhalb weniger Jahre zu veranlassen, finde ich schwierig.

Da sind wir dann im Bereich von nicht ganz unproblematischen Herrschafts- und Verwaltungsutopien (oder Dystopien), die vielleicht als Mechaniken im Spiel einen gewissen Sinn ergeben und Möglichkeiten eröffnen (z.B. lässt sich, wenn dem Spieler per "Burgundischer Erbfolgekrise" Burgund zufällt, die Option "Kulturänderung" anwenden um später das Event des Aufstands der Niederlande zu blockieren), die allerdings im Hinblick auf historische Authentizität in meinen Augen problematisch sind, sowohl in dem Umstand, dass das so einfach auf Knopfdruck durchführbar ist, als auch in dem Umstand, dass das teilweise die Möglichkeit kultureller Umerziehungsprogramme, die eher in die Herrschaftsphantasien des 19. und 20. Jahrhunderts gehören bis ins Mittelalter rückprojiziert werden.

Das und einige andere Dinge, sind Sachen, da bin ich ein Bisschen skeptisch was Historizität und generell auch die Möglichkeit über Computerspiele etwas über die Geschichte zu lernen, angeht.


Soll von meiner Seite her keine Generalkritik an Europa Universalis IV sein, ich persönlich spiele es zu Zeitvertreib sehr gerne und bin im Allgemeinen durchaus der Meinung, dass man aus Spielen dieser Art so einiges, im Besonderen über Geschichte und Geographie lernen kann.
Man muss eben nur auch in der Lage sein die Augen offen zu halten, wo einen diese Spiele auf die falsche Fährte führen.
 
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Moin

Im Hundertjährigen Krieg wurde Artillerie eingesetzt, um die Städte zur Übergabe zu bringen. Das war in dem Maße erst durch selbige Möglich, würde also ins Spiel gehören.
 
Letztlich ist es auch ein Spiel (darum geht's hier ja auch) und nicht um eine historische oder archäologische Wahrheit. Die, wenn man Ehrlich ist, aus heutiger Sicht auch gar nicht mehr so unzwrifelhaft und absolut beurteilen kann und sollte.
 
Richtig, es handelt sich „nur“ um ein Spiel und aufgeklärte Menschen werden dem nicht allzu viel Bedeutung beimessen. In den bald 30 Jahren, die ich im Internet aktiv bin, davon 19 Jahre im Geschichtsforum, habe ich aber immer wieder die Erfahrung machen müssen, dass Historische Romane und Verfilmungen aber eben auch Computerspiele von Menschen als Infomationsquelle für historische „Expertisen“ ins Feld geführt werden. Es gibt also Menschen, die halten das, was ihnen in Roman/Verfilmung/Computerspiel als historisch vorgeführt wird, auch genau dafür. Insofern haben natürlich die Computerspielemacher zwar keine Verantwortung dafür, was die Leute nach dem Konsum ihres Spiels glauben an historischem Wissen zu haben, verantwortungsbewusste Programmierer können aber - wie das etwa die Macher von Age of Empires vor ca. 20 Jahren mit kurzen Input-Texten gemacht haben - zumindest eine historische Orientierung zur Verfügung stellen. Das ist, wenn’s gut gemacht ist, auch ein Mehrwert.

Zum Thema Dekonstruktivismus und Relativierung: Der Wahrheitsbegriff ist ja nun eher ein theosophischer. Aber deshalb muss man nicht alles beinahe-nihilistisch relativieren. Es ist richtig, dass vorliegende Fakten unterschiedlich gewertet und interpretiert werden. Diese Fakten (und was für und gegen sie spricht) kann man aber darstellen und werten. Das machen Historiker u.a.
 
Letztlich ist es auch ein Spiel (darum geht's hier ja auch) und nicht um eine historische oder archäologische Wahrheit. Die, wenn man Ehrlich ist, aus heutiger Sicht auch gar nicht mehr so unzwrifelhaft und absolut beurteilen kann und sollte.

Natürlich ist es in erster Line ein Spiel.

Was mir dabei allerdings historisch-didaktisch etwas gegen den Strich geht, ist der Umstand, dass das Spiel sich in diversen Bereichen wirklich sehr stark verschidenen Aspekten der Geschichte nähert von der Rezeption historischer Ereignisse über Events, über doch recht gennaue geographische Angaben, Grenzen usw, bis hin zu einzelnen Handelsknotenpunkten, Warenströmen, entsprechenden Spzialisierungen der einzelnen Regionen etc. in denen wirklich unheimlich viel Detailwissen und akribissche Recherche und Rezeption steckt, dass Ganze dann aber auch mit Elementen und Kunstgriffen vermengt wird, die freundlich ausgedrückt eher "fantasy" sind.

Um da nicht falsch verstanden zu werden, ich habe nichts gegen fantasy.

Ich finde nur diese Mischung aus in Teilen erstaunlich gennauer Umsetzung tatsächlicher historischer Verhältnisse und fantasy etwas schwierig, weil für den einzelnen Konsumenten da die Grenzen sehr stark verschwinnem können und dabei dann, wenn man den Anspruch hat spielerisch etwas zu lernen, nicht so ganz klar ist, welchen Aspekten dabei man vertrauen kann und welchen nicht.

Z.B. die Verteilung einzelner Handelswaren kommt wie gesagt den historischen Umständen jedenfalls grob ziemlich nahe, so dass sich mitunter durchaus etwas über die wirtschaftliche Bedeugung historischer Regionen und ihre Zusammenhänge lernen lässt.
Da ist das Spiel so gut gemacht, dass man daraus tatsächlich etwas lernen kann.

Anders bei anderen Aspekten, wie z.B. den Technologiestufen, die mitunter so gar nicht zu den historischen Abläufen passen, das verbreitet mitunter mehr falsche Vorstellungen (z.B. aufkommen von Bombarden erst im ausgehenden 15. Jahrhundert u.ä.), als dass sich da sinnvolles lernen ließe.
Das Problem was ich dabei sehe ist, dass der Umstand, dass andere Bereiche so gut recherchiert und ausgearbeitet sind, dass es wirklich sehr gut ist, dann möglicherweise dazu verleitet die Annahme auch auf andere Bereiche zu übertragen, in denen das so unbedingt der Fall ist.

:)
 
Ich habe gestern beim Geschichtsfenster-Livestream zugeguckt und da hat einer im Chat ein Spiel namens Kinstrife erwähnt. Ich hab dann sogleich bei Steam danach gegoogelt und Folgendes dazu gefunden:
Kinstrife ist ein nicht-lineares mittelalterliches Einzelspieler-Rollenspiel mit physisch simulierten Kämpfen - werden Sie zum fahrenden Ritter im turbulenten Deutschland des 13. Jahrhunderts!

Reisen Sie durch beeindruckende Landschaften voller Burgen, Klöster, Dörfer und Wälder. Reist mit eurem Schwert an eurer Seite und eurem zuverlässigen Gefolge im Rücken, während ihr euer Können, euer Ansehen und euren Reichtum ausbaut. Kämpfen Sie sich durch realistische mittelalterliche Schlachten, Duelle und Belagerungen, steigen Sie zu den Herren des Landes auf und nehmen Sie an Turnieren teil, um Ruhm und Reichtum zu erlangen.

Unser hochmodernes, physikalisch simuliertes Kampfsystem sorgt dafür, dass die Wirkung jedes Schwungs zählt - Waffen schlagen nicht einfach durch, sondern führen taumelnde Schläge aus, Charaktere stürzen, wenn sie das Gleichgewicht verlieren, und Pferdeangriffe werfen Ihre Gegner um. Fühlen Sie sich, als ob Sie selbst ein Schwert schwingen würden, und beherrschen Sie Ihre Bewegungen mit verschiedenen historischen Waffen: Jeder Angriff, jede Finte und jede Parade schafft einzigartige, interessante und natürliche Situationen, die das Experimentieren, verschiedene Spielstile und den Wiederspielwert belohnen.
https://www.kinstrife.com/
Kinstrife on Steam
https://twitter.com/KinstrifeGame
 
Danke für den Tipp @Fulcher

Das sieht mir etwas aus wie Mount&Blade. Dort wird aber eine fiktive Mittelalterliche Welt bespielt.

Vielleicht für unsere Reenactor ganz interessant ist wohl Hellish Quart

Dort wird sehr detailgetreu der Zweikampf mit Blankwaffen simuliert, wirklich einen Blick wert, gerade wenn man etwas Ahnung von Fechtbüchern & Co.
 
Wieder ein ähnliches Spiel, auch ist der Zeitraum ebenfalls das 13. Jahrhundert: Voor de Kroon. Es befindet sich gerade im sogen. early access Zustand. Ich glaube, dass Spiel hat lediglich einen Entwickler. Dafür sieht es aber ganz gut aus.
Voor De Kroon on Steam
 
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