Darstellung aus der Goldenen Haggadah

Mfelix

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Ich wusste nicht wohin ich diesen Thread stellen sollte.
@Mfelix du hast da keine Besonderheit oder gar "Erfindung" kanarischer Musikpraxis oder heutiger Popularmusik entdeckt,
Beim Surfen ist mir eine quadratische Trommel bzw. eine Squaredrum aufgefallen,bei Wiki habe ich nichts darüber gefunden.Als ich damals schon eine Squaredrum gesehen (in Nnwestafrika )habe ich mir nicht viel dabei gedacht(besseres handling vlt.) aber dann habe ich das Bild "der Mariam und ihre Begleiterinnnen" Golden Haggah,Spanien,1320
qudrat.jpg


Da die anderen Damen alle Instrumente nutzen,hält die Dame in der Mitte, kein Bild sondern diese sogenannte quadratische Trommel.Wenn es eine Trommel ist ,erkennt man eine Arabesque als Muster ;es konnte auch das Symbol der Almorahden sein.

@ElQuijote kann bestimmt näheres dazu schreiben.
 
Zuletzt bearbeitet:
Beim Surfen ist mir eine quadratische Trommel bzw. eine Squaredrum aufgefallen,bei Wiki habe ich nichts darüber gefunden.
Ich bin mir nicht sicher, dass das eine Trommel darstellen soll. Ich beginne von rechts, weil die Frauen von links nach recht zu ziehen scheinen und somit rechts vorne ist.
Zwei Frauen (rechts, rotes und blaues Kleid) tanzen. Dann kommt im rosa Kleid die erste Musikantin. Sie trägt eine runde Trommel (bzw. vermutlich ein Tamburin (im Körper sind entweder Verzierungen oder wahrscheinlicher Schellen zu sehen)). Es folgt im blauen Kleid eine Kithara-Spielerin. Dahinter stehen zwei Frauen im lila und roten Kleid, wobei die Frau im roten Kleid von der Frau im lila Kleid verdeckt wird. Die verdeckte Frau scheint eine Klapper in der Hand zu haben (nach hinten herausgestreckt). Die Frau ganz hinten, im rosa Kleid, trägt Becken oder Zimbeln.

Kommen wir nun zur vorderen der beiden vorletzten Frauen, der im lila Kleid. Mfelix interpretiert was sie in der Hand hält als Quadrattrommel.
Ich würde das ablehnen. Bei dem mutmaßlichen Tamburin/der Rundtrommel, sieht man den Körper. Hier nichts dergleichen. Vergleichen wir die Fingerhaltung der Tamburinspielerin, so sehen wir, dass nur eine Hand zu sehen ist (die linke hält das Tamburin) und dass sie mit den Fingern der rechten Hand trommelt.
Schauen wir nun auf die Hände der Dame im lila Kleid: Sie hält das Objekt mit beiden Händen fest, ihre Daumen sind jeweils hinter dem Objekt.
Schauen wir auf die Gesichter der Musikantinnen - eines können wir nicht sehen, weil es durch das fragliche Objekt verdeckt ist - so sehen wir, dass sie scheinbar auf das Objekt blicken, besonders auffällig ist das bei der Tamburinspielerin, die sich fast den Hals verrenkt.
Daraus dürfte zu folgern sein, dass es sich um ein Pergament handelt, auf dem Noten und ggf. auch Text abgebildet sind.

erkennt man eine Arabesque als Muster, es könnte auch das Symbol der xxxx sein.

Die Almohaden habe ich wg. der Korrektur in Folgebeitrag „ausgeixt“.
Ich wüsste nicht, warum katalanische Juden das Wappen irgendeiner marokkanischen Dynastie verwenden sollten. Der Stern aus zwei Quadraten ist eine der einfachsten geometrischen Sternfiguren und bedarf keiner Entlehnung. Dass er hier irgendetwas symbolisiert, halte ich für möglich, aber nicht sehr wahrscheinlich. Vielleicht hätten solche Notenblätter Verzierungen, vielleicht ist das hier auch nur die Beruhigung des horror vacui des Künstlers. (Horror vacui ist die Angst vor der Leere, etwa, wenn man eine Schreibaufgabe bekommt und keinen Einstieg findet, die Angst vorm leeren Blatt).
 
[…] ,erkennt man eine Arabesque als Muster ;es konnte auch das Symbol der Almorahden sein.
Sehe da keine »Arabesque«, d.h. keine kurvig lineare, sich mal s-förmig, mal spiralförmig ringelnde Struktur als Ornament, das zahlreiche Kulturen verwendet hatten, sondern die falsche Verwendung des Begriffs, um islamische Symbolik weiszumachen (Rub al-hizb).
Bin da der gleichen Meinung wie El Quijote: einfache Konstruktionen aus simplen geometrischen Figuren waren insbesondere in der Gotik weit verbreitet und gehörten bspw. zum Know-how von Kirchenarchitekten.

[…] Daraus dürfte zu folgern sein, dass es sich um ein Pergament handelt, auf dem Noten und ggf. auch Text abgebildet sind.
V.a. aus dem Blick der trommelnden Frau zu folgern. Dagegen spricht aber die linke Hand der die ›Tafel‹ haltenden Frau, die mit ihrem Arm die Seite verdecken würde. Habe den Verdacht, dass es sich beim sichtbaren Bild um eine Art musikalische Anweisung handeln könnte, welche die Rhythmik vorgibt.

Zwei Frauen (rechts, rotes und blaues Kleid) tanzen.
Wikipedia zur Goldenen Haggada beschreibt die beiden Frauen zwar als tanzend, die sich angeblich an den Händen halten und verweist auf: Katrin Kogman-Appel: Die Modelle des Exoduszyklus der Goldenen Haggada (London, British Library, Add. 27210), Frankfurt am Main 1993, S. 291. Sehe da aber keinen Tanz, zumal einander beim Tanzen an einem Finger festzuhalten, zu Verstauchungen führen kann. Aus meiner Sicht wirkt die Darstellung eher wie ein Spiel oder ein Zählen. Vielleicht zählen die Beiden die Trommelschläge.

Möglicherweise geht es also bei diesem Bild um den Viervierteltakt.
 
Wikipedia zur Goldenen Haggada beschreibt die beiden Frauen zwar als tanzend, die sich angeblich an den Händen halten und verweist auf: Katrin Kogman-Appel: Die Modelle des Exoduszyklus der Goldenen Haggada (London, British Library, Add. 27210), Frankfurt am Main 1993, S. 291. Sehe da aber keinen Tanz, zumal einander beim Tanzen an einem Finger festzuhalten, zu Verstauchungen führen kann. Aus meiner Sicht wirkt die Darstellung eher wie ein Spiel oder ein Zählen. Vielleicht zählen die Beiden die Trommelschläge.

Die Darstellung bezieht sich ja auf Exodus 15, 20 f.

Ex 15,20 Die Prophetin Mirjam, die Schwester Aarons, nahm die Pauke in die Hand und alle Frauen zogen mit Paukenschlag und Tanz hinter ihr her.
Ex 15,21 Mirjam sang ihnen vor: Singt dem Herrn ein Lied, / denn er ist hoch und erhaben! / Rosse und Wagen warf er ins Meer.

Heinrich Heine hat das daraus gemacht:

Als König Pharao ins rothe Meer
Hineinfiel mit seinem großen Heer,
Da kamen die Töchter Israel
Und wollten ihn ziehn aus der rothen Well
Und zogen und zogen und schrien und schrien nicht wenig:
Wir haben ihn, wir haben ihn, wir haben den rothen König.​
 
Dance_of_Marian._Full_F15_from_Golden_Haggadah.jpg


Das Bild ist überschrieben mit
20וַתִּקַּח֩ מִרְיָ֨ם הַנְּבִיאָ֜ה אֲחֹ֧ות אַהֲרֹ֛ן אֶת־הַתֹּ֖ף בְּיָדָ֑הּ וַתֵּצֶ֤אןָ כָֽל־הַנָּשִׁים֙ אַחֲרֶ֔יהָ בְּתֻפִּ֖ים וּבִמְחֹלֹֽת׃

21
וַתַּ֥עַן לָהֶ֖ם מִרְיָ֑ם שִׁ֤ירוּ לַֽיהוָה֙ כִּֽי־גָאֹ֣ה גָּאָ֔ה ס֥וּס וְרֹכְבֹ֖ו רָמָ֥ה בַיָּֽם׃ ס
Der schwarze Text ist der, der oben drüber steht, der ausgegraute die Fortsetzung in der hebräischen Fassung von Exodus.

und-nahm
Mariam
die-Prophetin
Schwester
Aaron (Aharon)
die-Trommel
in-Hand-ihre

Und Mariam, die Prophetin und Schwester Aarons nahm die Trommel in ihre Hand.
 
Zuletzt bearbeitet:
Ich würde das ablehnen. Bei dem mutmaßlichen Tamburin/der Rundtrommel, sieht man den Körper. Hier nichts dergleichen.
Bei der Squaredrum sieht man deshalb keinen Klangkörper weil sie vom Fell komplett umschlossen ist.Ich habe mir jetzt mehre Versionen angeschaut ,bei denen die Profis benutzen sieht man in Aktion schon einen Klangkörper über einem kleinerem Quadrat wird dies erzeugt.

Schaut man genauer auf die Lila Frau mit der Trommel(!) sieht man einen leichten ,durch den Maler bläulich angehaucht,diesen quadratischen Rand des Klangkörpers.Im Vergleich ist das Fell der Tamburin komplett Weiss , da die Oberfläche eben ist nicht so die Squaredrum mit Ecken und Kanten die so einen leichten Schatten wirft.

Wenn es ein Heft wäre hätte die Dame es so gehalten das auch die anderen es lesen können aber mit ihrem linken Arm würde sie den anderen die Sicht darauf auf dieser Weise erschweren.
 
Bei der Squaredrum sieht man deshalb keinen Klangkörper weil sie vom Fell komplett umschlossen ist.
Selbst wenn dem so wäre, müsste ein Rahmen zu erkennen sein, wie bei Miriams Tamburin:

Rahmen deutlich abgehoben2.png


Miriams Daumen kann man sehen. Bei der Dame in lila dagegen ist er hinter dem Pergament, beide Hände greifen danach, so kann man keine "Trommel" spielen.

Hände.png


Die Blicke der Musikantinnen sind alle auf das Pergament gerichtet:

Blicke.png



Wenn es ein Heft wäre hätte die Dame es so gehalten das auch die anderen es lesen können aber mit ihrem linken Arm würde sie den anderen die Sicht darauf auf dieser Weise erschweren.
Der Arm - auch der linke, den wir nicht sehenist doch viel tiefer.

BlickeundArm.png


Es gibt reichlich Gründe dafür, das Blatt auf beiden Seiten gespannt zu halten (Wind, Verhalten von Pergament - ob dem Zeichner klar war, dass er in Buchrollen und nicht in gebundenen Büchern denken musste, weiß ich nicht, aber wenn es ihm klar war, dann würde das Pergament ja in seinen Ruhezuustand zurückrollen...). Was man auf jeden Fall nicht kann, ist eine Trommel mit beiden Händen festzuhalten und gleichzeitig zu trommeln. Das und die Daumen sind hier das Entscheidende!

Ganz ausschließen, dass es sich um eine Daff handeln soll, kann ich nicht, aber ich sehe drei Argumente dagegen und höchstens eines dafür.
 
Zuletzt bearbeitet:
Auch in deinem Video (du solltest mittlerweile längst mitbekommen haben, dass YT-Links hier nicht erlaubt sind!!!) sieht man die Daumen der Spieler, sie krallen sich eben nicht an den Daffs fest, sondern balancieren es an den Ecken und Kanten zwischen ihren Handflächen.
Ich kann nachvollziehen, warum du es für eine Daff hältst, aber ich wiederhole mich, ich sehe drei Argumente gegen eine Daff und nur eines dafür.
 
Lassen wir uns mal auf deine These ein, dass es eine Daff ist: Warum schauen dann alle auf die Daff? Die Anführerin ist Miriam mit ihrem Tamborin. Aber selbst die verrenkt sich den Hals.
 
...ach... @El Quijote zwar hast du erläuternde Markierungen in die Abbildung eingefügt, aber du übersiehst den typisch kanarisch-guanchischen Hintergrund, die stilisierte typisch kanarisch-guanchische Tracht, du blendest aus, dass alles (schnelle Tempi, uralte Schriftzeichen, Musikinstrumente etc) kanarisch-guanchischer Herkunft ist... :D
 
Die Darstellung bezieht sich ja auf Exodus 15, 20 f.

Ex 15,20 Die Prophetin Mirjam, die Schwester Aarons, nahm die Pauke in die Hand und alle Frauen zogen mit Paukenschlag und Tanz hinter ihr her.
Vielleicht machen die beiden Frauen rechts einen ›Fingertanz‹, mehr lässt sich da bzgl. Tanzen nicht hineininterpretieren. Wie dem auch sei, die erzählte Story schließt nicht aus, dass der Bildautor den Viervierteltakt betonen wollte.
Die Perspektive ist sehr flach (man war ja noch ungeübt mit räumlichen Darstellungen). Insofern wäre zwar (rein theoretisch) möglich, dass die Frauen auf die Rückseite der ›Tafel‹ gucken (alle hinteren Frauen kann man hierbei ausklammern, da sie nicht dorthin schauen), darstellerisch aber höchstwahrscheinlich nicht der Fall. Die ›Tafel‹ und die Grafik darauf ist aufgrund der Positionierung im Bild zweifellos von zentraler Bedeutung.

Zurück also zu meiner Annahme. Die Frauen müssen offenbar beim Trommeln auf die ›Tafel‹ schauen, die sie zur Regelmäßigkeit des Rhythmus mahnt, was sie sich beim Musizieren offenbar nicht gewohnt waren (im Gegensatz zu uns). Zur Verdeutlichung des Taktes hält sogar die eine Frau der beiden hinteren Damen rechts den vierten Finger der anderen. Es geht also definitiv um die Vier.

EDIT: Und dass gerade die ›Lautenspielerin‹ hinter die Tafel positioniert wurde (deren Blickwinkel verborgen bleibt, d.h. unwichtig ist), wäre ein weiterer Hinweis auf eine Rhythmus-Notation.
 
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In der Maciejowski-Bibel gibt es eine ähnliche Darstellung und auch dort sieht es nicht aus, als ob die Frau das quadratische Etwas in ihren Händen bespielt, sondern nur hochhält.
Crusader.PNG

Es geht dort um 1. Samuel 18.6:
Wenn die Soldaten siegreich heimkehrten,verließen die Frauen die Städte Israels und zogen dem König Saul entgegen. Dazu sangen und tanzten sie voller Freude nach dem Takt von Handtrommeln und Zimbeln.

Mit dem Gedanken, dass es sich um etwas anderes als ein Instrument handelt, kann ich mich anfreunden. So wie die Frau das Quadrat hält, müsste allenfalls vorhandener Text oder Bilder darauf ersichtlich sein, vielleicht wurde es einfach weggelassen oder es gab da nichts.

MS M.638, fol. 29r

EDIT: Möglich wäre ein hohler Rahmen, in dem Material wie Sand oder Kieselsteine enthalten war, dann sähe das Musizieren vermutlich doch so aus. Gab es so etwas?
 
Zuletzt bearbeitet:
Die Perspektive ist sehr flach (man war ja noch ungeübt mit räumlichen Darstellungen). Insofern wäre zwar (rein theoretisch) möglich, dass die Frauen auf die Rückseite der ›Tafel‹ gucken (alle hinteren Frauen kann man hierbei ausklammern, da sie nicht dorthin schauen), darstellerisch aber höchstwahrscheinlich nicht der Fall.
Wir schauen auf die Rückseite, die Frauen schauen auf die Vorderseite. Bis auf die beiden Tänzerinnen (ich bleibe vorerst dabei, ignoriere deine andere Sichtweise nicht, schließe mich ihr nur noch nicht an) schauen alle auf das Pergament. Bei der Kithara-Spielerin kann man halt bloß den Scheitel sehen, nicht die Augen.

Die ›Tafel‹ und die Grafik darauf ist aufgrund der Positionierung im Bild zweifellos von zentraler Bedeutung.
Ich wüsste nicht, wieso. Wir haben hier eine Illustration einer Bibelszene vor uns.

EDIT: Und dass gerade die ›Lautenspielerin‹ hinter die Tafel positioniert wurde (deren Blickwinkel verborgen bleibt, d.h. unwichtig ist), wäre ein weiterer Hinweis auf eine Rhythmus-Notation.
Wir sehen ihren Scheitel, damit ist auch klar, in welche Richtung ihr Blick gerichtet ist: In Richtung des Notenblatts.
 
András Borgó, Die Musikinstrumente Mirjams in spätmittelalterlichen hebräischen Darstellungen, in: Music in Art 31 (2006) interpretiert den Grgenstand auf diesem Bild als quadratische Rahmentrommel:

upload_2023-7-11_17-42-44.png


Der Text zum Bild lautet "Cantate domino canticum novum" - "Singt dem Herrn ein neues Lied", demnach
Die Musikinstrumente Mirjams in spätmittelalterlichen hebräischen Darstellungen on JSTOR

Falls es sich um ein Musikinstrument handelt, war es jedenfalls in im frühen 13. Jahrhundert im christlichen Frankreich und in Spanien in Gebrauch.

Viviane Lièvre, Die Tänze des Maghreb, Frankfurt/Main 2008 schreibt zum Deff:

"Einst in Spanien verbreitet, wurde es in die maghrebinischen Küstenstädte durch die 'maurischen Tänzerinnen' mit dem Rückzug der Andalusier im 13., 14. und 15. Jahrhundert eingeführt. Die Musikwissenschaftler schreiben dem Deff eine jüdische Herkunft zu und machen darauf aufmerksam, dass das Instrument auf zahlreichen ägyptischen Denkmälern zu sehen ist."

Leider erfährt man hier nicht, wer "die Musikwissenschaftler" sind.
 
Ich wüsste nicht, wieso [die Grafik aufgrund der Positionierung im Bild von zentraler Bedeutung sei]. Wir haben hier eine Illustration einer Bibelszene vor uns.
Auch eine Bibelillustration hat eine Bildkomposition.(unabhängig vom Seitenlayout) Wird ein Sujet derart offensichtlich ins Zentrum platziert, dann ist es nun mal wichtigster Bestandteil der Aussage des Bildautors (nicht zwingend der illustrierten Geschichte). Daran lässt sich rein bildnerisch nicht rütteln. Warum sollte der Bildautor den Rücken eines Papyrusbogens so zentral abbilden?

Falls es sich um ein Musikinstrument handelt, war es jedenfalls in im frühen 13. Jahrhundert im christlichen Frankreich und in Spanien in Gebrauch.
Habe darüber auch auf div. Websites gelesen.(bspw. {@ eshkolhakofer.blogspot.com}: “The drums shown [auf dieser Illumination] are handheld frame drums, known as adufes or panderos in Spanish (tympana in Latin, tof in Hebrew, and duff in Arabic).”) Dass aber auf der »Palmillustration« der British Library ebenfalls alle zu diesem quadratischen Ding blicken, lässt m.M.n. an dessen Identifikation als Musikinstrument stark zweifeln.
 
András Borgó, Die Musikinstrumente Mirjams in spätmittelalterlichen hebräischen Darstellungen, in: Music in Art 31 (2006) interpretiert den Grgenstand auf diesem Bild als quadratische Rahmentrommel:

Anhang anzeigen 22154
Dem würde ich hier auch sofort zustimmen. Auf der Darstellung ist ja deutlich zu sehen, dass das Ding an einer Rcke gehalten wird, wohingegen die andere Hand zu Trommel frei ist. Anders als bei der Dame im violetten Kleid auf der Mirjams-Darstellung in der Goldenen Haggadah.

Auch eine Bibelillustration hat eine Bildkomposition.(unabhängig vom Seitenlayout) Wird ein Sujet derart offensichtlich ins Zentrum platziert, dann ist es nun mal wichtigster Bestandteil der Aussage des Bildautors (nicht zwingend der illustrierten Geschichte). Daran lässt sich rein bildnerisch nicht rütteln. Warum sollte der Bildautor den Rücken eines Papyrusbogens so zentral abbilden?
Wegen des horror vacui.
 
Golden Haggah,Spanien,1320
Die Frauen müssen offenbar beim Trommeln auf die ›Tafel‹ schauen, die sie zur Regelmäßigkeit des Rhythmus mahnt, was sie sich beim Musizieren offenbar nicht gewohnt waren (im Gegensatz zu uns). Zur Verdeutlichung des Taktes hält sogar die eine Frau der beiden hinteren Damen rechts den vierten Finger der anderen. Es geht also definitiv um die Vier.
@Mashenka das ist aus heutiger Perspektive sozusagen automatisch richtig gedacht (drei Rhythmusinstrumente, zwei Tänzerinnen*) (?), eine Laute), aber gemessen an dem, was man sicher über die Geschichte der Notation weiß, wird es fragwürdig: im 11. Jh. mit Guido von Arrezzo beginnt eine systematische Notation der Tonhöhen der "Stammtonreihe" (mit farblicher Fixierung der Halbtonschritte h-c und e-f), dazu als praktische Handhabung die Solmisation, ab Mitte des 12. Jhs. kam eine rudimentäre Notationsweise für gerade mal sechs Rhythmen (orientiert an griech. Vermaßen) hinzu, die Modalnotation, und im 13. Jh. dann Franco von Köln (1280) mit der rhythmisch komplexeren Mensuralnotation (nun mit Notenwerten & -aufteilungen) Letztere wurde erst deutlich später für Instrumentalmusik, zunächst nur für kirchliche Vokalmusik - Ars Nova - grundlegend. Wenn wir jetzt die Jahreszahl 1320 unreflektiert betrachten, dann könnten wir schlußfolgern: die Damen haben da womöglich eine Modalnotation, damit sie halbwegs im Takt bleiben :) oder wenn wir uns vorstellen, sie seien ultra up to date, dann könnten sie schon ein Mensuralnotation a la Franco von Köln verwenden und besser im Takt bleiben :)
...die Sache hat nur leider ein paar Haken:
- wir haben fast nichts über die weltliche Musik des Mittelalters, wissen nur aus Analogieschlüssen, dass sie improvisatorisch funktionierte, wofür Guidos Tonhöhen/Notenlinien und Francos Tondauern (Ganze, Halbe als
Maxima, Longa, Brevis, Semibrevis, Minima, Semiminima) weniger hilfreich waren: es gibt vor der Ars Nova - und die kaprizierte sich auf mehrstimmige Motetten (kirchliche Vokalmusik!) - keine Tonhöhen- und Tondauernnotationen rein instrumentaler Musik - aber genau das bildet die Illustration ab...
- die Innovationen der Notationsweisen betrafen leider nur die "Kirchenmusik", also befanden sich in klerikalem Kontext: schmucklos (kein weltliches Instrumenten-tschingbum), kunstvoll (mehrstimmig), ad gloriam dei nur im liturgischen Brimborium (Mönchschöre), kurzum in der Kirche. Ohne Laute, Kastagnette, Tamburin und schon gar nicht von der Damenwelt aufgeführt ;)

Das ist ein Dilemma!
Zunächst ein Dilemma des sicherlich klerikalen Illustrators, der vor dem Problem stand, etwas eigentlich ungehöriges (tanzende, singende, musizierende Frauen) darzustellen, weil es nun mal in der Heiligen Schrift so stand (Gottes Wort). In diesem Sinn, also vor dem Hintergrund dessen, was man über die Musik und Musizierpraxis des frühen 14. Jhs. wissen kann, ist die Illustration natürlich hochinteressant, weil der klerikale Illustrator das abbildet, was er für religiös vertretbar und quasi realistisch für weltliches Musizieren hält. Deswegen sind die abgebildeten Instrumente natürlich eine spannende Quelle**) - - - und was ist das viereckige Ding?
Da bin ich unentschieden:
(1) - einerseits beschleichen mich Zweifel, dass es sich da um eine eigentlich nur der kirchlichen Vokalmusik vorbehaltene Notation handeln könnte, die 1320 sozusagen hochmodern war***)
(2) - andererseits weiß ich, dass die mittelalterlichen klerikalen Illustratoren oft genug raffiniert, frech, überraschend, humorig, hochgelehrt und in Sachen Ornamentik brillant sein konnten, und es würde mich auch nicht wundern, wenn die heiligen Damen aus der Bibel da aus der Reihe tanzend für weltliches Tschingbum ein eigentlich dem Kirchengesang vorbehaltenes "Notenheft" haben dürfen :)
für (2) spricht das, was @El Quijote sehr richtig über die Blickrichtungen der musizierenden Damen demonstriert hat!
gegen (2) spricht, dass die fein gekleideten Damen eigentlich keine Ausbildung in Mensuralnotation haben konnten...

Ein tolles Bild!

______________
*) dass die beiden "Fingerhaklerinnen" da gerade Solmisation a la https://de.wikipedia.org/wiki/Guidonische_Hand abfummeln, glaube ich nicht :)
**) wobei ich gestehen muss, dass ich diese Kombination lieber nicht hören möchte...
***) wo ist diese Illustration gefertigt worden?
 
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