Tatsächlich wurde Jesus ja noch nicht einmal begraben!
Am Abend des Kreuzigungstages bat Josef von Arimathäa, den Toten abnehmen zu dürfen und kaufte für ihn ein Grabtuch. Dann legte er ihn in das für sich selbst angelegte Grab. Das Tuch legte er vermutlich nur über die Leiche, in etwa so wie es auch in der Pathologie gemacht wird.
Jeder scheint hier zu übersehen, daß abends die Sonne untergeht und mit dem Sonnenuntergang für die Juden der neue Tag beginnt. Dies ist der Sabbat, und an einem Sabbat bestatten Juden ihre Toten nicht. Heute nicht und auch nicht vor 2000 Jahren.
Dann lies noch mal nach: Der Überlieferung nach wurde er nämlich noch am Freitag bestattet, der Stein wurde vor das Grab gewälzt. Damit war die Bestattung vollzogen. Selbst bei Lukas und Johannes, wo der Schließungsakt des Grabes nicht extra aufgeführt ist - offenbar hielten sie dies nicht für notwendig - wird bei der Auffindung des Grabes betont, dass der Stein weg war; die vollzogene Bestattung ist also vorausgesetzt. Bei Johannes wird sogar betont, bei den Synoptikern "nur" impliziert, dass es bei der Beisetzung Jesu schnell vonstatten gehen musste, eben damit der über das Pessachfest nicht unbestattet bliebe.
Josef hat ihn also nur abgelegt und die Totenwaschung und -salbung sollte nach dem Sabbat erfolgen.
Hierzu äußern sich drei der vier Evangelisten, nämlich Markus, Lukas und Johannes und bezeichnenderweise stehen die beiden Synoptiker mit Johannes Widerspruch. Matthäus wiederum lässt dies aus, weil es seinem Narrativ vom durch den Sanhedrin bewachten und versiegelten Grab nicht entspricht.
Wir können diesen Widerspruch nicht auflösen, aber zumindest bei Lukas und Markus, bei denen die Totensalbung noch aussteht, können wir wiederum einen Narrativ ausmachen: Die ausstehende Salbung ist der Anlass für die Frauen zum Grab zu gehen und bringt sie damit in die Situation das aufgesprengte Grab zu finden.
Jetzt könnte man natürlich sagen: Nun ja 2:1:1. Wenn zwei etwas behaupten und einer dazu im Widerspruch dreht und ein dritter sich unklar äußert, dann werden wohl die zwei nach dem Mehrheitsprinzip recht haben. Unser Problem ist aber leider, dass wir nicht umsonst von den drei Synoptikern sprechen, eben weil das Matthäus- und das Lukasevangelium auf dem Markusevangelium aufbauen. Wir haben hier also keine voneinander unabhängigen Quellen vorliegen sondern voneinander hochgradig abhängige, was zur Folge hat, dass Lukas nicht als Bestätigung des Markus herangezogen werden kann und wir also zwei konkurrierende austauschbare Narrative haben, die beide letztendlich nur verschiedene historische Situationen der Textabfassung widerspiegeln, eine nämlich im Konflikt mit antichristlicher jüdischer Polemik (in etwa "ihr Christen habt den Leichnam doch selbst entfernt", Matthäus) während die andere historische Situation (vielleicht weil die Juden der Gegend den Konflikt mit den Christen nicht austrugen und man sich gegenseitig tolerierte), nämlich die des Markus und des Lukas eben keine Verteidigung gegen antichristliche Polemik benötigte und deshalb einen anderen Narrativ wählen konnte.
Weshalb fotochemische Prozesse ausgeschlossen werden erschließt sich mir auch nicht.
Z. B.
Dr. Enzmanns Versuche von 1839 zeigen, daß es durchaus möglich ist, nicht nur mit Licht sondern auch mit Wärme Stoffe auszubleichen. Er macht es zwar mit Papier, da er mit der Fotografie experimentiert, aber dies sollte auch mit Stoff möglich sein. Wenn das Tuch also mit entsprechenden Substanzen, oder anderen die eine ähnliche Wirkung haben, behandelt wurde, kann es sich hierbei um eine natürliche Reaktion gehandelt haben.
Wegen der Ermangelung von Sonnenlicht. Wir sprechen hier von einer Grabhöhle.
Abgesehen davon, dass es ziemlich albern wäre, selbst wenn man das nachgesetzte Szenarium Rolladenschlitz gelten ließe, einen durch das Tuch ja gerade vom Sonnenlicht verborgenen Gegenstand zu belichten. Zum Thema der benötigten reaktiven Stoffe für photochemische Verfahren hat Ilhuicama schon das Notwendige geschrieben.
Vielleicht weil er "von den Toten wiederauferstanden ist" oder weil er gar nicht tot war? Auch heute gibt es dokumentierte Fälle von Menschen die, bereits für tot erklärt, in der Pathologie wieder aufwachten. Möglicherweise war Jesus ebenfalls noch nicht tot was man nur nicht erkannte. Nach 36 Stunden in der kühlen Gruft regten sich seine Lebensgeister wieder und er erlangte die Besinnung zurück. Tage später (vielleicht 40?) erlag er dann doch seinen Verletzungen.
Wie gesagt, angesichts der Quellengattung (mir wird langsam schlecht vom vielen Drehen [an die Jüngeren: dies ist ein Witz für die älteren unter uns, die noch eine Ahnung haben, was der Sprung in der Schallplatte bedeutet]) ist dies der Versuch einer Harmonisierung eines Wunderberichts mit der historisch erfahrbaren Wirklichkeit, der fehlgeht, schon weil er den Quellentypus nicht berücksichtigt.
Mal abgesehen davon, dass es bei den Verletzungen beinahe ein Ding der Unmöglichkeit ist, dass der arme Mann noch wieder lebte (und zudem ohne weitere Hilfe dem Grab alleine entwich).
PS: Ein Fälscher der Touristen vom "Reisebüro Kreuzritter" ausnehmen möchte, fälscht nicht mühsam und aufwendig ein Grabtuch. Er nimmt ein Stück Holz, schnitzt daraus kleine Splitter und sagt sie wären vom Kreuz Christi. Entweder sie glauben daran und kaufen oder eben nicht, die Qualifikation die Echtheit zu untersuchen indes dürfte ihnen fehlen. Einfach und gewinnbringend, sowie auch in größeren Stückzahlen herstellbar.
Wieso haben wir denn dann mehr als ein Grabtuch?