Demokratie und Kommunismus [un]vereinbar?

Moin

Ja, ich dachte da eher an Indigene in Amazonien und eventuell an das vorbäuerliche Neolithikum.
Ob das dann dem "demokratischen Kommunismus" ähnelt kann ich natürlich nicht beantworten, aber rein subjektiv!!
geht das für mich in die Richtung. Vielleicht kann hier im Forum jemand zu diesen Gesellschaftsformen mehr sagen,
insofern das überhaupt noch in dieses Thema passt/gehört.

Das mit dem "Urkommunismus" ist mir bekannt.
 
(1) Engels hat die Idee eines Urkommunismus entwickelt, die in Teilen bestechend ist, (2) der aber vorgehalten wird, dass sie etwas eurozentrisch ist. (3) De facto wissen wir zu wenig über diese frühen Gesellschaften.
(1) ist korrekt bemerkt
(3) auch daran gibt es keinen Zweifel
...aber was soll (2)??? Mit Verlaub: was an geistesgeschichtlichen Angelegenheiten des 18. & 19. Jh. ist nicht "eurozentristisch"? Und was wussten die Autoren dieser Zeit von "Eurozentrismus"??
Saperlot: Hegel, Schopenhauer, Kierkegaard, Schiller, ja auch Mozart, Beethoven, Turner, Semper - alle eurozentristisch. Streng genommen ist sogar der Titel dieses Fadens eurozentristisch ;):D
Deswegen erinnere ich an folgendes:
Ich hatte doch ausdrücklich darum gebeten, dass die ideologische Brille auf der einen und die ideologischen Scheuklappen auf der anderen Seite bitte zuhause gelassen werden.
und stelle erneut meine Frage: Soll hier allerlei, was mit "Kommunismus" assoziiert wird, herbeigezogen werden, oder soll man - da du Marx und Engels erwähnt hast - im Kontext des 19. Jh. die Ideen dieser beiden im Hinblick auf (genuin eurozentristische) Demokratie diskutieren?
 
War denn der amerikanische Bürgerkrieg eine Demokratie-Krise?
Insofern die Sezessionisten sich inn Reaktion auf den Sieg Lincolns bei der vorangegangenen Präsidentschaftswahl abspalteten und damit klar zu verstehen gaben, dass sie nicht gewillt waren das Ergebnis der Wahl zu akzeptieren, kann man ihn, denke ich durchaus so auffassen.
Letztendlich verließen die Sezessionisten ja die Union weil sie befürchteten, dass auf legalem Wege Verfassungsänderungen vorgenommen werden könnten, die ihnen so nicht schmeckten.

Natürlich ohnehin unter dem Vorbehalt, dass man diese Gesellschaft überhaupt als Demokratie verstehen möchte, da weiter vorne ja explizit auf eine moderne Demokratie inklusive Minderheitenschutz abgestellt wurde, von der bei einer Sklavenhaltergesellschaft, ohne Frauenwahlrecht etc. nicht die Rede sein kann.

Letztendlich lief die Sezession auf etwas hinaus, was vorher im Hinblick auf Teile der Rätebewegung monieert worden ist, nämlich die Verengung des politischen Spektrums.
Die Sezession hatte den Zweck die Vorrechte der Sklavenhalter gegen demokratische Entscheidungen dadurch abzusichern, die Abolitionisten, die vor allem im Norden ihre Schwerpunkte hatten, vom politischen Prozess von vorn herein in ihrer großen Masse auszuschließen.
Nur dass es hier nicht über eine Gesetzgebung versucht wurde, die besanspruchte bestimmte Richtungen auszuschließen, sondern dass der Ausschluss hier physisch erfolgte, dadurch, dass man versuchte eine Landesgrenze als Schutzzaun dazwischn zu legen.

Um wieder auf das Thema Kommunismus und Demokratie zurück zu kommen:

Ich denke die Frage ob eine Gesellschaft bereit sein könnte in so etwas dauerhaft einen Vorteil zu sehen und es von sich aus zu akzeptieren, hängt von den Gesamtumständen ab.

Es ist in diesem Zusammenhang das Beispiel mit dem hypothetischen "Urkommunismus" eines Friedrich Engels erwähnt worden.
Ich persönlich würde es etwas interessanter finden, einmal etwas an die andere Richtung zu denken:

Jede Form von Kapitalismus, kann nur so lange konsens- und demokratiefähig sein, wie Wachstum im Bereich des Möglichen liegt und ein Akteur innerhalb des Systems seinen eigenen Status ohne Umverteilung in größerem Stil durch eigene Anstrengung verbessern kann.
Was aber würde passieren, wenn wir an eine Grenze kämen, die uns realiter oder de facto kein Waschtum mehr erlauben würde, sei es weil dem Planeten langsam bestimmte Rohstoffe ausgehen, sei es, weil es sich aus Gründen der Umweltproblematik verbietet?
Wenn auf diesem Wege die Möglichkeit den eigenen Status materiell zu verbessern ohne dass das unmittelbar auf Kosten anderer ginge entfiele und in bestimmten Breichen Marktmechanismen möglicherweise dauerhaft außer Kraft gesetzt würden und zwar nichtauf Grund des Dekrets irgendeiner Regierung sondern durch Sachzwänge und höhere Gewalt, halte ich es durchaus für möglich, dass eine solche Situation sich gravierend auf das Mindset einer Gesellschaft auswirken könnte und dass es dazu führen könnte, dass diese Gesellschaft im Sinne der friedelichen Regelung ihrer Probleme zu ganz anderen Kompromissen dauerhaft bereit sein könnte, als frühere Gesellschaften.
 
Zuletzt bearbeitet:
Ich möchte einmal grundsätzlich festhalten, das es einen kleine Menge in der Bevölkerung gibt, die nicht der großen Masse "angepasst" ist und eigene Vorstellungen für ihre Lebensperspektive sehen. Das sind meiner Meinung nach die
Gruppen, die der "Menschheit" zu weiterem "Fortschritt" verhelfen, die aber auch Diktaturen errichten, Kriege anzetteln oder auch neue gesellschaftliche Perspektiven eröffnen.
Diese Personenkreis wird sich im Kommunismus sicherlich nicht voll entfalten können. In Demokratien scheint mir das eher möglich.
 
(1) ist korrekt bemerkt
(3) auch daran gibt es keinen Zweifel
...aber was soll (2)??? Mit Verlaub: was an geistesgeschichtlichen Angelegenheiten des 18. & 19. Jh. ist nicht "eurozentristisch"? Und was wussten die Autoren dieser Zeit von "Eurozentrismus"??
Ich referiere nur, dass es diesen Vorwurf gibt. Nothing else. Nada más. Nichts weiter.

Soll hier allerlei, was mit "Kommunismus" assoziiert wird, herbeigezogen werden, oder soll man - da du Marx und Engels erwähnt hast - im Kontext des 19. Jh. die Ideen dieser beiden im Hinblick auf (genuin eurozentristische) Demokratie diskutieren?
Es geht um die Frage, ob Kommunismus - nicht Sozialismus, nicht das, was in den vergangenen 105 Jahren unter dem Lemma Kommunismus in die Wirklichkeit umgesetzt wurde, sondern das, was Marx und Engels sich als Kommunismus vorstellten - mit Demokratie vereinbar ist oder eben nicht.
Nun wurde angemerkt, dass Demokratie ja nicht definiert sei. Demokratie ist Mehrheitsentscheidung bei Berücksichtigung der Minderheiten und ihrer Rechte.
 
Es geht um die Frage, ob Kommunismus - nicht Sozialismus, nicht das, was in den vergangenen 105 Jahren unter dem Lemma Kommunismus in die Wirklichkeit umgesetzt wurde, sondern das, was Marx und Engels sich als Kommunismus vorstellten - mit Demokratie vereinbar ist oder eben nicht.
Das leuchtet mir ein - kleine Schikane: hätte man von Anfang an klarstellen können!

Unschön ist halt, dass die meisten Beiträge in diesem Faden nichts mit der jetzt erst deutlich formulierten Fragestellung zu tun haben.

Demokratie ist Mehrheitsentscheidung bei Berücksichtigung der Minderheiten und ihrer Rechte.
Hier muss ich nachfragen, weil ich es wirklich nicht weiß (und das ist auch keine polemisch Fangfrage) : gab es mit exakt diesen ausformulierten Nuancen im 19. Jh. diesen Demokratiebegriff?

Wenn nicht, dann wird die Fragestellung schief bzw. unhistorisch (denn Autoren des 19. Jhs. können nicht an einem ihnen unbekannten Kenntnisstand gemessen werden)

Wenn ja, wüsste ich gerne, wo und von wem das so formuliert wurde. Allerdings sehe ich die Publikationen von Marx und Engels eher im Kontext der revolutionären bis anarchistischen "Schreibtischtheorien", also in Bezug auf und in Kontroverse mit Büchner, Herwegh, Proudhon, Herzen, Bakunin.

Mal ins Blaue hinein:
Rein theoretisch, auf dem ästhetischen Salonteetisch, kann Demokratie in einer idealen egalitären "klassenlosen" und nicht kapitalistischen Gesellschaft praktiziert werden, was auch für Kommunismus gilt. Rein theoretisch (und wie unsere Gegenwart zeigt auch praktisch) kann Demokratie in einer kapitalistischen Gesellschaft mit freier Marktwirtschaft praktiziert werden, mit welcher Kommunismus nicht vereinbar ist. Demokratie ist also variabler bezüglich der Wirtschaftsform (salopp gesagt: auch Wirtschaftsbosse - "Bonzen" - können Demokraten sein. Allerdings ist eine kapitalistische Gesellschaft mit freier Marktwirtschaft auch in undemokratischen Gesellschaften möglich.

Laut Marx & Engels soll die kommunistische Gesellschaftsform die ideale sein, freilich nicht ohne die Bedingungen klassenlos und nicht kapitalistisch. Und sie wäre, wenn man dieses Ideal teilt, der Demokratie überlegen, denn diese könnte jederzeit wieder per Mehrheitsentscheid in Kapitalismus "zurückfallen". Auf dem theoretischen Reissbrett wäre Kommunismus mit Demokratie unvereinbar, aber umgekehrt wäre Demokratie mit Kommunismus vereinbar, denn sie könnte diesen mehrheitlich beschließen.

Das Problem besteht also darin, dass sich die Sozialutopie von Marx/Engels sich selber als ideal und allem anderen überlegen postuliert. ---- Aber bevor das zerpflückt wird: das sind Gedankenspiele auf dem Salonteetisch :)
 
Es gibt nicht 'die' Jäger- und Sammlergesellschaftsorganisation.

Und es gibt auch keine Urgesellschaftsorganisation.

Es gibt verschiedene politische Organisationsformen, vereinfacht gesagt, von Sippen über Stämme hin zu primitiven Staaten. Stamm meint dabei keine Ethnie, sondern eine Organisationsform. Diese werden immer wieder durch Beobacchtung festgestellt. Es sind die typisch menschlichen Organisationsformen im Sinne des Strukturalismus. Es handelt sich dabei nicht um fortschreitende Entwicklungsstufen im Sinne einer Evolution, auch wenn sie als Merkhilfe meist in passender Reihenfolge vorgestellt werden. Gesellschaften wechseln bunt zwischen diesen Organisationsformen nach der scheinbaren oder tatsächlichen Praktikabilität.

Welche Gesellschaften? Vormoderne, vorrationale, primitive, schriftlose? Nein, das kann alles kritisiert werden, was hier zu weit führen würde. Es sind Gesellschaften, die anders reflektieren. Bei uns hat der Logos den Mythos abgelöst. Nicht zu 100% natürlich, aber unsere Weltsicht und unsere Gesellschaften sind von der Ratio geprägt. Das gilt selbst für den Iran, denn auch in der Religion kam es zu diesem Wandel.

Genauso wie keine Gesellschaft rein vom Logos geprägt ist, ist auch keine Gesellschaft rein vom Mythos geprägt. Andere Sichtweisen verweigern dem Forschungsgegenstand der Ethnologie den Respekt und die Würde als vernunftbegabte Menschen. Diese Sichtweise hingegen stellt neutral auf die prinzipiell unterschiedlichen Methoden der Weltsicht ab. Und es wurde und wird immer wieder von Angehörigen solcher Gesellschaften gefordert, auch ihrer Weltsicht Raum zu geben, wenn auch natürlich nicht mit den hier benutzten Begrifflichkeiten.

Aber Demokratie ist eine vorwiegend vom Logos geprägte Organisationsform, die nicht in anders reflektierenden Gesellschaften vorkommt. Die Annahme einer Art Urdemokratie widerspricht ganz einfach der Beobachtung.

Wenn das näher interessiert, brauchen wir einen eigenen Thread, denn hier sprengt es das Thema.
 
Womöglich könnte man anhand der Artefakte eine soziale Hierarchie feststellen.
Womöglich gab es auch in den ältesten menschlichen Gesellschaften eine soziale Hierarchie wie sie sie auch bei anderen Primaten gibt: Eine(r) kommandiert und bekommt das Beste von allem, die anderen folgen. Dass es dem so war bzw. ist, muss Vorteile gehabt haben, sonst könnten wir das nicht beobachten.

Die Demokratie ist also eine Gesellschaftsform, die erst spät in der Geschichte der Menschheit auftritt, um größeres Engagement des Einzelnen für das Gemeinsame zu fördern. Gemeint ist: Statt Dienst nach Vorschrift, gibt es Eigeninitiativen, die belohnt werden können. Die Entscheidungen werden nicht mehr von einer Person gefällt, sondern von vielen, was zur Folge hat, dass auch die Verantwortung für die Handlungen des Gemeinwesens verteilt wird. Das alles aber funktioniert nur mit Sprache.

Mit Sprache fing vermutlich alles an. Weil man über Alternativen sprechen muss, bevor eine Gemeinschaft sich für oder gegen etwas entscheidet. Und natürlich – @dekumatland sagte es schon – kann sich eine demokratische Gesellschaft per Mehrheitsbeschluss auch für Kommunismus entscheiden, d.h. für die Herrschaft der Proletarier, statt für die Herrschaft des Volkes, was das Wort „Demokratie“ ja bedeutet, wobei auch diese Herrschaft nie die des ganzen Volkes ist.

Egal, ob in der Herrschaft der Arbeiterklasse (über die Kapitalisten) oder in der Demokratie – es gibt immer Minderheiten, die Nachteile erleiden (müssen), weil immer überstimmt werden können. So ist es z.B. mit den Frauenrechten geschehen, die zwar in der Grundlage unserer Demokratie von Anfang an niedergeschrieben worden sind, aber die Mehrheit hat sich einfach geweigert, die ihnen daraus resultierende Rechte zu geben. Im Gegensatz dazu hat die hier viel gescholtene, von Kommunisten regierte DDR, die Rechte der Frauen von Anfang an respektiert.
 
Du meinst, wir sollen in diesem Faden nur mit angezogener Handbremse fahren?
Nein @Dion ich meine, wir sollten lesen und das, was wir lesen, auch verstehen - nicht dass in diesem Faden am Ende über DDR, böse Kirche und altnord/bische Transgender schwadroniert wird :D
Es geht um die Frage, ob Kommunismus - nicht Sozialismus, nicht das, was in den vergangenen 105 Jahren unter dem Lemma Kommunismus in die Wirklichkeit umgesetzt wurde, sondern das, was Marx und Engels sich als Kommunismus vorstellten - mit Demokratie vereinbar ist oder eben nicht.
 
Zuletzt bearbeitet:
Womöglich gab es auch in den ältesten menschlichen Gesellschaften eine soziale Hierarchie wie sie sie auch bei anderen Primaten gibt: Eine(r) kommandiert und bekommt das Beste von allem, die anderen folgen. Dass es dem so war bzw. ist, muss Vorteile gehabt haben, sonst könnten wir das nicht beobachten.

Die Demokratie ist also eine Gesellschaftsform, die erst spät in der Geschichte der Menschheit auftritt, um größeres Engagement des Einzelnen für das Gemeinsame zu fördern. Gemeint ist: Statt Dienst nach Vorschrift, gibt es Eigeninitiativen, die belohnt werden können. Die Entscheidungen werden nicht mehr von einer Person gefällt, sondern von vielen, was zur Folge hat, dass auch die Verantwortung für die Handlungen des Gemeinwesens verteilt wird. Das alles aber funktioniert nur mit Sprache.

Mit Sprache fing vermutlich alles an. Weil man über Alternativen sprechen muss, bevor eine Gemeinschaft sich für oder gegen etwas entscheidet.
Ist denn die Sprache erst kurz vor Solon vom Himmel gefallen, oder konnte bereits der Neandertaler sprechen?

Obwohl wir durchaus in der Sache recht nah beieinander sind, möchte ich doch deine Begründungen (Verhalten von Primaten, Sprache) zurückweisen. Die Verhaltensweisen in der Welt der Primaten reichen von Kooperation bis hin zu sadistischem Verhalten. Immer nur die Extreme zu sehen, wird weder den Primaten, noch den Menschen, auf die man die angeblichen Beobachtungen analogisch überträgt in irgendeiner Form gerecht. Der Schulhof oder der Kindergarten sind bessere Orte, um Gruppendynamiken zu studieren. Auch dort wird man weder Kooperation noch Sadismus in Reinform finden, sondern ein Neben- und Miteinander.

es gibt immer Minderheiten, die Nachteile erleiden (müssen), weil immer überstimmt werden können. So ist es z.B. mit den Frauenrechten geschehen,
Frauen sind die Minderheit von knapp 51 % ;) und das trotz Einkindpolitik und Femiziden bei Neugeborenen gerade dort, wo Armut und die Sitte hoher Mitgift aufeinander treffen.

Im Gegensatz dazu hat die hier viel gescholtene, von Kommunisten regierte DDR, die Rechte der Frauen von Anfang an respektiert.
Das allerdings ist auch ein zweischneidiges Schwert. Frauen, die sich für Ihre Kinder entschieden und Erziehungszeit mir Ihnen verbringen wollten, wurden nämlich durchaus genötigt zu arbeiten.
Es war eine Mischung aus Ideologie (basierend auf Clara Zetkin, Rosa Luxemburg, Käte Duncker) und schlichter ökonomischer Notwendigkeit, die dazu führte, dass die Gleichberechtigung der Frau in den Ostblockstaaten im Arbeitsleben allgemein früher nicht nur de jure, sondern auch de facto anerkannt war. Im Bereich der Care-Arbeit blieb das Gros auch in der DDR an den Frauen hängen.
 
...Neandertaler, Frauenrechte, DDR - schon verblüffend, was Marx & Engels so alles hervorgebracht haben, und das obwohl sie des Eurozentrismus verdächtig sind.

Sorry, kann gelöscht werden - aber momentan kann ich diesen Faden nicht ernst nehmen. Deshalb Vivat Fidel Castro!
 
...es ist keine drei-vier Beiträge her, dass @El Quijote endlich die Fragestellung, das Thema präzisiert hat - und schwupps taucht die DDR wieder auf... :confused::mad:

Das Problem dass ich bei dieser Präzisierung allerdings sehe ist, dass sie die Diskussion im Grunde erübrigt.
Jedenfalls wenn man den Begriff "Kommunismus" auf Marx/Engels beschränkt.

Zum einen, ist bei deren Arbeit (oder hat der späte Engels da noch etwas nachgeliefert? Mit Engels Spätwerk bin ich nicht so gut vertraut) ja eigentlich keine wirklich präzise Darstellung herausgekommen, wie nach ihren Vorstellungen eine kommunistische Gesellschaft tatsächlich aussehen müsste (gut, Freiheit und Vergesellschaftung der Produktionsmittel, aber in welcher Form, da wird es ja schon wieder sehr vage), so dass ich ehrlich sagen muss, dass ich nicht weiß, was da überhaupt zu diskutieren wäre.
Das das Ettikett Marx/Engels dann später in dieser Weise gekarpert wurde hat ja durchaus seinen Grund und der liegt mit darin, dass auf Grund der unpräzisen Darstellung, jedenfalls bei Marx, wie Kommunismus denn überhaupt auzusehen habe das Modell natürlich für ein breites Spektrum von Ansätzen anschlussfähig ist und jeder seine eigenen Implikationen darauf montieren konnte.

Wenn die Frage ist, ob die Versatzstücke bei Marx/Engels wie sie vorhanden sind, mit einem modernen Demokratiebegriff inklusive Minderheitenschutz in Einklang zu bringen sind, sehe ich auch nicht viel Diskussionsraum, da lautet die Antwort "nein".
Mit den Demokratieebeegriffen des 19. und frühen 20. Jahrhunderts mag das kompatibel sein, aber an Minderheitenschutz im modernen Sinne dachten Marx/Engels jedenfalls nicht.

Ich verstehe allerdings ehrlich gesagt auch nicht den Sinn daran eine Theorie die vor 150 Jahren unter vollkommen anderen gesellschaftlichen Bedingungen enstanden ist, an heutigen Konventionen zu messen.
 
Ich hatte ja angekündigt, dass ich zu heute noch eine wendungsreiche Fortsetzung meiner gestrigen Ausführungen schriebe. Ich werde es wohl vor Samstag Abend nicht schaffen. Nun ja, ich hätte mir mehr Geduld gewünscht, nun hat der Thread schon drei Seiten.
 
Ich verstehe allerdings ehrlich gesagt auch nicht den Sinn daran eine Theorie die vor 150 Jahren unter vollkommen anderen gesellschaftlichen Bedingungen enstanden ist, an heutigen Konventionen zu messen.
Wenn dein Verdacht zutrifft (etwas ähnliches hatte ich auch angemerkt) gibt es nichts ernsthaft diskutables zu bekakeln - ansonsten hat es den zweifelhaften Vorteil, Neandertaler, DDR und Frauenrechte in einen Satz zu packen und obendrein den Fidel hochleben zu lassen :D:D

Warten wir, ob und wie sich das klärt.
 
Das allerdings ist auch ein zweischneidiges Schwert. Frauen, die sich für Ihre Kinder entschieden und Erziehungszeit mir Ihnen verbringen wollten, wurden nämlich durchaus genötigt zu arbeiten.
Es war eine Mischung aus Ideologie (basierend auf Clara Zetkin, Rosa Luxemburg, Käte Duncker) und schlichter ökonomischer Notwendigkeit, die dazu führte, dass die Gleichberechtigung der Frau in den Ostblockstaaten im Arbeitsleben allgemein früher nicht nur de jure, sondern auch de facto anerkannt war. Im Bereich der Care-Arbeit blieb das Gros auch in der DDR an den Frauen hängen.
Vieles der Care-Arbeit oder Familienfürsorge wurde allerdings von staatlichen Einrichtungen übernommen. Dies ermöglichte dem Staat, zum Einen die Arbeitskraft der Frauen zu nutzen und zum Anderen frühzeitig Einfluss auf die Kinder zu nehmen. Ein krasses Beispiel ist die Wochenkrippe, in der die Kinder von Schichtarbeitern bereits ab dem Alter von 6 Wochen während der Arbeitswoche von ihren Eltern getrennt betreut wurden. Welchen Einfluss das auf die Bindung zu den Eltern und ein gutes Familienmiteinander hatte, kann man sich denken.

Sorry @dekumatland
 
Es geht um die Frage, ob Kommunismus - nicht Sozialismus, nicht das, was in den vergangenen 105 Jahren unter dem Lemma Kommunismus in die Wirklichkeit umgesetzt wurde, sondern das, was Marx und Engels sich als Kommunismus vorstellten - mit Demokratie vereinbar ist oder eben nicht.
Ist es nicht erstaunlich, dass man sich über diese Frage so streiten kann, wo zu Zeiten von Marx und Engels die Demokratie als Konzept und als (natürlich unvollkomme) Realität doch schon voll entwickelt war und die beiden ja in aller Ausführlichkeit ihre Sozialphilosophie entwickelt haben?
Sie wussten es wohl selbst nicht, und es war ihnen auch nicht so wichtig.
 
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