Der Begriff "Deutsches Reich"

Es muß aber auch noch eine Urkunde aus dem Jahre 920 geben, in der diese Reichsbezeichnung gebraucht wurde. Ich habe es in mehreren Büchern zu stehen, nur nicht, um welche Urkunde es sich dabei handelt (möglicherweise im Zusammenhang mit der Königserhebung Arnulfs v. Baiern?).

Das "Gerücht" habe ich auch schon oft gelesen...aber mir ist die Urkunde unbekannt. Und selbst wenn, stellt sich immer noch die Frage, ob es wirklich ein Begriff war, der allgemein bekannt war und auch von allen so verstanden wurde!?! Aber dafür müsste ich die Urkunde erstmal sehen...
 
920 gab es einen Pakt zwischen Heinrich I. (919-936) und Karl III. (898-923), in der ersterem Lothringen zugesprochen wurde. Das zeigt zwar die Konkurrenz der getrennten Reiche, aber die wirkliche Trennung geschah, wie es schon gesagt wurde 841 mit den Straßburger Eiden (symbolisch) und 842 mit dem Vertrag von Verdun (faktisch). Ludwig der Deutsche war demzufolge ostrfränkischer und Karl der Kahle westfränkischer König. Die Eide wurden in altfranzösisch sowie althochdeutsch von beiden Seiten geleistet.
 
920 gab es einen Pakt zwischen Heinrich I. (919-936) und Karl III. (898-923), in der ersterem Lothringen zugesprochen wurde. Das zeigt zwar die Konkurrenz der getrennten Reiche, aber die wirkliche Trennung geschah, wie es schon gesagt wurde 841 mit den Straßburger Eiden (symbolisch) und 842 mit dem Vertrag von Verdun (faktisch). Ludwig der Deutsche war demzufolge ostrfränkischer und Karl der Kahle westfränkischer König. Die Eide wurden in altfranzösisch sowie althochdeutsch von beiden Seiten geleistet.
Das stimmt so nicht ganz, denn erstmal sind mir die Jahreszahlen 842 und 843 im Gedächtnis und dann war diese Teilung nur eine dynastische Teilung, wie sie bei den Franken sehr oft vorkam, ohne daß dabei staatsrechtlich ein neuer Staat entstanden wäre, sondern sie nannten sie alle "Rex Francorum". Kaiser Karl III. vereinigte dann von 885-887 das Reich auch noch einmal.
921 gab es einen Vertrag, der eine neue Qualität hatte: Hier wurde die Entgültige Trennung von Ost- und Westreich besiegelt.
 
Kaiser Karl III. vereinigte dann von 885-887 das Reich auch noch einmal.

Ich würde diese "Wiedervereinigung" nicht gerade überbewerten. "Der Dicke" wurde von den westfränkischen Großen ins Land gerufen, und das nur weil "ihr" Karolinger noch unmündig war, was nur beweist das diese noch ein gewisses Loyalitätsgefühl gegenüber der Karolingerdynastie besaßen und keinen Nichtkarolinger als Platzhalter für den kleinen "Einfältigen" haben wollten. Drei Jahre später war dies schon wieder Geschichte.
 
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RIT MUS TEUTONICUS DE ???MEMORIAE HLUDUICO REG ?
FILIO HLUDUICI AEC REGIS.
Einan Kuning uueiz ih. Heizſit her hLuduig.
Ther garno gode thionot. Ih uueiz her Imoſ lanot.
Kind uuarth her faterloſ. Ther uuarth ???ſarb??
Holoda Inan truhtin. Magaczogo uuarth her ſin.
Gab her imo dogieli. Froniſe gi thigini.
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? – Buchstabe den ich nicht erkennen kann
?? – Silbe .... dito ...
??? – Wort ... dito ...

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UEBERSETZUNGSVERSUCH:
Einen König weiß ich. Heißet her hLudwig.
..................................................
Als Kind wurde (er?) vaterlos (also Halbweise?)
.................................................

So weit zurück kann ich mich mittlerweile orientieren: Ludwigslied, spätes 9. Jhdt. - Ich habe das (Lateinteil ist ja klar), soweit es mir möglich war, aus dem Foto eines Lehrbuchs übertragen; mehr schaffe ich nicht.
Vergleiche ich aber mit der Aussage in ...
Königslandschaft
... daß etwa ab den 930ern wohl schon "Teutonicus" benutzt worden sei, halte ich dies für denkbar. Zufrieden bin ich aber nur, wenn ich den Wortlaut eines Documentes habe!

Und da hätte ich von jener Fraction, welche lieber unsere Vorfahren als Urheber der ganzen Deutscherei sehen möchten, gern auch so ein Pergament, damit ich endlich wieder ruhig schlafen kann!

Momentan gehen meine Träume so:
||: "Teu-to-ni-cus, Teu-to-ni-cus, und Teütſch und Teütſch und Teütſch! - u.ſ.f ... :||
:weinen:
 
Zuletzt bearbeitet:
Das stimmt so nicht ganz, denn erstmal sind mir die Jahreszahlen 842 und 843 im Gedächtnis und dann war diese Teilung nur eine dynastische Teilung, wie sie bei den Franken sehr oft vorkam, ohne daß dabei staatsrechtlich ein neuer Staat entstanden wäre, sondern sie nannten sie alle "Rex Francorum".
Ja, ich habe mich zu sehr an der Zahl aus dem Zitat in dem Beitrag über meinem orientiert: 842 und 843.
Kann man damals schon von Staatsrecht sprechen? Was soll das Frankenreich um 840 überhaupt für ein Staat gewesen sein? Durch das fränkische Erbrecht, nach welchem das gesamte Reich unter allen Erben aufgeteilt wird, kann man doch gar nicht von einem wirklichen Staat sprechen. Natürlich zielte man nur darauf, die Herrschaft und nicht das Reich zu teilen, aber da es zu keiner Einigung mehr kommen sollte und auch nicht zu einer gemeinsam geführten Politik (man denke an den Krieg Ludwigs und Karls gegen Lothar im Vorfeld), würde ich schon sagen, dass zwei (mit Lothars Reich drei) Staaten entstanden, die eben nur von Königen der selben Dynastie beherrscht wurden.
 
Ja, ich habe mich zu sehr an der Zahl aus dem Zitat in dem Beitrag über meinem orientiert: 842 und 843.
Ist Ok.
Kann man damals schon von Staatsrecht sprechen? Was soll das Frankenreich um 840 überhaupt für ein Staat gewesen sein? Durch das fränkische Erbrecht, nach welchem das gesamte Reich unter allen Erben aufgeteilt wird, kann man doch gar nicht von einem wirklichen Staat sprechen. Natürlich zielte man nur darauf, die Herrschaft und nicht das Reich zu teilen, aber da es zu keiner Einigung mehr kommen sollte und auch nicht zu einer gemeinsam geführten Politik (man denke an den Krieg Ludwigs und Karls gegen Lothar im Vorfeld), würde ich schon sagen, dass zwei (mit Lothars Reich drei) Staaten entstanden, die eben nur von Königen der selben Dynastie beherrscht wurden.
Das Frankenreich war klar ein Feudalstaat. Alles Land war der persönliche Besitz des Königs/Kaisers und wurde auch so behandelt. Das beinhaltete natürlich auch die Aufteilung dieses Besitzes unter die Erben (Thronfolger), wenn dieser starb.
Ferner konnte der König/Kaiser dieses Land auch zu Lehen geben, welches zur Zeit von Karl dem Großen noch nicht erblich war.
 
Alles Land war der persönliche Besitz des Königs/Kaisers und wurde auch so behandelt.
Richtig. Und das heißt, dass das ostfränkische Reich im Besitz von Ludwig dem Deutschen und das westfränkische Reich im Besitz Karls des Kahlen war. Insofern hat man also zwei eigenständige Reiche, die über gemeinsame dynastische Beziehungen miteinander verbunden waren.
 
Richtig. Und das heißt, dass das ostfränkische Reich im Besitz von Ludwig dem Deutschen und das westfränkische Reich im Besitz Karls des Kahlen war. Insofern hat man also zwei eigenständige Reiche, die über gemeinsame dynastische Beziehungen miteinander verbunden waren.
Soweit ok, aber beide nannten sich "rex francorum", d. h. es gab hier noch immer keinen Unterschied zu früheren Teilungen, wobei es zwischendurch immer wieder Zeiten gab, in denen ein Karolinger das gesamte Frankenreich regierte.
921 hingegen gab es den Vertrag von Bonn, in dem zum ersten mal die Bezeichnungen "rex Francorum orientalium und rex Francorum occidentalium" verwendet wurden. Für mich ein Vorzeichen einer tatsächlichen staatlichen Teilung.
Anfang November kamen die Könige mit illustrem Gefolge bei Bonn am Rhein zusammen, musterten sich von den Flußufern ausgiebig und trafen sich schließlich unter strenger Beachtung protokollarischer Gleichrangigkeit aam 7. November 921 auf einem Boot in der Flußmitte. Der dort ausgehandelte Freundschaftsbund, in einer westfränkischen Kanzleiausfertigung eher schlecht überliefert, gewährt uns wichtige Kunde von den Spielregeln politischer Öffentlichkeit, darüber hinaus aber auch, dassKarl III. das Königtum seines Amtskollegen als (fast?) gleichwertig anerkennen mußte. Dem Vertrag schlossen nämlich die Könige der W- und der O-Franken (rex Francorum orientalium und rex Francorum occidentalium), ein einmaliges Zeugnis dafür, dass der legitimationsbewußte KAROLINGER einen Sachsen an fränkischen Traditionen teilhaben lassen mußte.
karl_3_der_einfaeltige_koenig_von_frankreich_+_929
 
Ich persönlich kann eigentlich gut damit leben, wenn Ausgangspunct des Römisch=Teütschen Reiches die Teilung unter den Nachkommen CAROLI MAGNI sei, daß officielle Regierungssprache Latein war und man so allmälig auf die TEVTONICOS gekommen sei. Der Rest steht in "Königslandschaft" ja sehr anschaulich beschrieben (Vatican und Landesfürsten treiben es voran, bzw. betreiben es).

Ob nun die alten Teütschen (sagt man so hübsch naiv in der Frühneuzeit) bereits eine Ahnung von ihrem künfigen "Deutschsein" gehabt hätten und die Römer dies nur in Latein gefaßt (u. womöglich verfälscht) : oder ob unsere Vorfahren auf romanische Definitionen aufsprangen, weil sie keinen Begriff für 'Deutschsein' besaßen, muß vielleicht gar nicht geklärt werden.

Ich habe nur arge Bedenken, daß wir unsere europäischen Nachbarn (wohl ohne böse Absicht) eindeutschen, wenn wir die Mundarten zwischen Rhein, Nordsee, Havel und Italien als frühe deutsche Äußerungen auffassen. Denn wenn wir die Friesen mit reinstecken, cassieren wir quasie die Niederlande mit und die Grenze nach Dänemark wird damals auch keine scharfe Sprachgrenze gewesen sein ...
Daher habe ich ein ruhigeres Gewissen, wenn ich das Ausrufen des Römisch=Teütschen Reiches einfach als gegeben hinnehme. Obiges, von mir citiertes, Ludwigslied nehme ich zusätzlich gern zur Kenntnis : daß nämlich - lange bevor 'die Deutschen' etwas von ihrer Identität als Volk ahnten, die damalige Oberschicht (clerical/weltlich) schon den gewissen Anklang einer Idee in sich trug und dies auf Pergament documentierte (ohne wohl zu wissen, wohin die Reise gehen würde).
 
Linguistisch gilt Niederländisch als deutscher Dialekt, Friesisch aber nicht (wobei zwischen der niederländischen und der deutschen Regiolektbezeichnung Friesisch und der germanischen Sprache Friesisch unterschieden werden muss).
Die deutschdänische Grenze ist heute noch keine Sprachgrenze.
 
Hin und wieder kauft man sich irgendein neues Gerät und bekommt eine Bedienungsanleitung. Da machte ich im Laufe der letzten 8 Jahre eine erstaunliche Entdeckung: Ich verstand Holländische und Dänische Texte immer besser - zunächst durch das Frühneuhochdeutsche, besser noch nach jenen Monaten wo ich intensiv mittelhochdeutsche Quellen verschlang. Aber auch Texte wie der Ackermann werden kräftig dazu beigetragen haben. Wohl geht es etlichen hier ähnlich.

El Quijote schrieb:
Linguistisch gilt Niederländisch als deutscher Dialekt, Friesisch aber nicht (wobei zwischen der niederländischen und der deutschen Regiolektbezeichnung Friesisch und der germanischen Sprache Friesisch unterschieden werden muss).
Die deutschdänische Grenze ist heute noch keine Sprachgrenze.
Ich hoffe, die Dänischen und Niederländischen Linguisten sind einverstanden und man berührt hier keine auswärtigen Empfindlichkeiten (nach "am deutschen Wesen" u. dem Ausgreifen 1939)... - Aber vielleicht mache ich mir die Sorgen unnötig und es herrscht Eintracht unter den Linguisten Europas.

Eine Information, die ich vor Jahren in Secundärlitteratur fand, nämlich daß an den Höfen von Stockholm und Copenhagen Deutsch Amtssprache gewesen sei, sagt hier vielleicht auch einiges. Immerhin waren beide König dort auch Reichsfürsten. - Was mich eines Eingangsaspectes gemahnt : nämlich der Frage, ob die EU mit dem Hl. Röm. Reich zu vergleichen sei. Hier würden wir uns verdächtig machen, als Deutsche wiederum einen Führungsanspruch zu erheben ... - Daher ist mir der Vergleich mit dem Reich CAROLI MAGNI wesentlich lieber (und hat ja auch eine lange Tradition Europäisch-pathetischer Identitätsstiftung).
:)
 
...Was mich eines Eingangsaspectes gemahnt : nämlich der Frage, ob die EU mit dem Hl. Röm. Reich zu vergleichen sei. Hier würden wir uns verdächtig machen, als Deutsche wiederum einen Führungsanspruch zu erheben ... - Daher ist mir der Vergleich mit dem Reich CAROLI MAGNI wesentlich lieber (und hat ja auch eine lange Tradition Europäisch-pathetischer Identitätsstiftung).
:)
Dazu habe ich hier http://www.geschichtsforum.de/f44/h...on-und-europaeische-einheit-17910/#post277318
meine Meinung schon kundgetan (und einge andere auch).
 
Ist eigentlich bekannt, inwiefern man im Mittelalter zwischen dem "Deutschen Reich"/"Deutschland" und dem "Heiligen Römischen Reich" unterschied?

Beide Begrifflichkeiten sind so, oder leicht abgewandelt selbst in höchsten Urkunden gebräuchlich gewesen.
In der Goldenen Bulle wird sowohl vom HRR als auch von "Dutschelant" gesprochen, jedoch ist mir nicht klar, ob das eine einfach synonym für das andere gebraucht wurde, oder ob man tatsächlich zwischen dem "inneren Kern" des Reiches (Deutschland) und dem großen Reichsgebilde, welches Burgund wie auch Oberitalien umschließt, unterschied...
 
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