Der Erste Weltkrieg und seine Bedeutung in der heutigen Zeit.

aber den kriegsbegeisterten Rest der Bevölkerung?
Es gab zwar auch den Hurrapatriotismus, aber die Kriegsbegeisterung war doch eine Sache, die 1914 doch eher der veröffenlichten, weniger der öffentlichen Meinung entsprach. Paradoxerweise waren es gerade die Bildungsbürger, die 1914 den Krieg begrüßten. Das waren keine 5 % der Bevölkerung. (Und was ist mit den Fotos? - Die Auswahl der Motive!)
 
Es gab zwar auch den Hurrapatriotismus, aber die Kriegsbegeisterung war doch eine Sache, die 1914 doch eher der veröffenlichten, weniger der öffentlichen Meinung entsprach. Paradoxerweise waren es gerade die Bildungsbürger, die 1914 den Krieg begrüßten. Das waren keine 5 % der Bevölkerung. (Und was ist mit den Fotos? - Die Auswahl der Motive!)

Citation needed. Mir wurde beigebracht die Kriegsbegeisterung war am Anfang des 1. Weltkriegs hoch. Das käme dann quasi einer Lüge gleich.
 
Der Mythos von der Kriegsbegeisterung der Volksmassen im Herbst 1914

Danke. Damit lässt sich vielleicht was anfangen.

Edit: Ich lese grade - "Aber Millionen von Kriegsfreiwilligen in allen beteiligten Ländern (nicht zu vergessen, es waren ja schon Millionen per Mobilmachung eingezogen worden) sind nicht wegzudiskutieren."

Edit: Noch ein Gedanke, dann ist ja auch "Im Westen nichts Neues" so zu sagen Bullshit. Denn der benutzt die Idee von der Kriegsbegeisterung ganz gezielt um die Tragik zu unterstreichen!

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Edit: Ich lese grade - "Aber Millionen von Kriegsfreiwilligen in allen beteiligten Ländern (nicht zu vergessen, es waren ja schon Millionen per Mobilmachung eingezogen worden) sind nicht wegzudiskutieren."
Das war eine Meinung, andere sind dort auch zu lesen inklusive der Angabe von zitierfähigen Büchern.

Edit: Noch ein Gedanke, dann ist ja auch "Im Westen nichts Neues" so zu sagen Bullshit. Denn der benutzt die Idee von der Kriegsbegeisterung ganz gezielt um die Tragik zu unterstreichen!
Hast du Remarques Roman auch gelesen oder dir nur den neuesten filmischen Blockbuster angesehen? Da bestehen nämlich enorme Unterschiede.

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Edit: Noch ein Gedanke, dann ist ja auch "Im Westen nichts Neues" so zu sagen Bullshit. Denn der benutzt die Idee von der Kriegsbegeisterung ganz gezielt um die Tragik zu unterstreichen!
Die Kriegsbegeisterung betraf vor allem das Bildungsbürgertum. Wer sind die Protagonisten in Im Westen nichts Neues? Richtig, eine Klasse Abiturienten, ihre Lehrer, und der von den Schülern schikanierte Postbote, der nun ihr Spieß wird. Also bis auf den Postboten.... Genau!
 
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Aber die allein zwang Deutschland noch nicht zum Handeln, zumal dass, wie dir bekannt ist, zunächst nur eine Teilmobilmachung war, die Deutschland nicht zu entscheidenden Schritten zwang, so lange in Frankreich alles ruhig blieb.

Die Russen waren nach meinem Kenntnisstand, ich meine ich habe das bei Suchomlinow gelesen, aus technischen und organisatorischen Gründen gar nicht in der Lage nur "teilmobilzumachen".
Davon einmal abgesehen, gab es für Petersburg, die Kriegstreiber Suchomlinow, Janukowitsch, Sasonow einmal ausgenommen, überhaupt gar keinen Grund zur Mobilmachung. Vor allem wo der Zar mit dem deutschen Kaiser in Kontakt stand, um die Krise doch noch friedlich zu bewältigen.
 
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Postmodernatheist schrieb:
Mir wurde beigebracht die Kriegsbegeisterung war am Anfang des 1. Weltkriegs hoch. Das käme dann quasi einer Lüge gleich.

Jedenfalls ist das eben nicht zutreffend.

Shinigami schrieb:
Der Friede von 1648 ist durch Verhandlungen zustande gekommen, aber eben vor allem deswegen, weil es keinen eindeutigen Sieger gab. Mal davon abgesehen, dass die Verhandlungen bescheidene 10 Jahre gedauert hatten.

Der wesentliche, für die Beendigung der Revolutions- und Napoléonischen Kriege und die Neuordnung Europas eigentlich relevante Frieden war der von 1814, nicht der von 1815 und 1814 saßen die Franzosen genau so am Katzentisch wie die Deutschen 1918, bis sich die Viererallianz wegen der Zukunft Polens und Sachsens zerstritt und Talleyrand die Situation nutzen konnte um Frankreich aus der Isolation heraus zu holen.

1815 bestätigte im Wesentlichen 1814 mit geringen territorialen Abstrichen für Frankreich.

1814 kommt ebenfalls hinzu, dass man den Frieden auf Kosten der Kirche (säkularisierte Gebiete), der medaitisierten Fürsten, der Einwohner der Kolonien und eines Teils der europäischen Bevölkerungen (Polen, Italien, Belgien) schließen konnte und deswegen die Siegermächte ihren Profit haben konnten, ohne Frankreich weh tun zu müssen.
Das war nun einmal 1918 so nicht mehr möglich, irgendwelche Klein- und Mittelstaaten, die man unter den Großmächten bequem verschieben konnte, gab es nicht mehr.

Entscheidend war eben, der Frieden wurde ausgehandelt. Aber 1918/19 war man dazu entschlossen, dies eben nicht zu tun, sondern zu diktieren. Die Länge von Verhandlungen ist nicht weiter wichtig, wenn dabei eine tragfähige Friedensordnung herauskommt. Das war 1919 nicht der Fall.

Du hast viel Verständnis für die Alliierten. Ich weniger. Warum nicht? Weil die Alliierten, die USA mal ausgenommen, ebenso Schuldige waren, wie die Deutschen. Sie waren nicht die unschuldigen Opfer. Und Belgien, welches immer wieder bemüht wird. Warum hat Belgien seine Verteidigung nur gegen das Deutsche Reich ausgerichtet und nicht auch gegen Frankreich? Ich habe hier schon erwähnt, wie London es mit der belgischen Neutralität sah. Die Deutschen haben letzten Endes den Neutralitätsbruch begangen. Im Zuge der 2.Marokkokrise sprachen Engländer und Franzosen schon über ggf. erforderliche militärische Maßnahmen, der Durchmarsch durch Belgien, mit oder ohne Zustimmung der Belgier, gehörte auch dazu. Das wird immer ausgeblendet und Deutschlands Bruch des Völkerrechts gebrandmarkt und die Alliierten als Verteidiger des Rechts glorifiziert. Im Bedarfsfall hätte die Engländer und Franzosen genauso gehandelt, hinterher aber die große Heuchelei.

Shinigami schrieb:
Dazu hätte überhaupt erstmal eine konkrete Friedensordnung geschaffen werden müssen, aber das war ja nicht der Fall. Der Versailler Vertrag verschob ja die Verhandlung einer ganzen Menge relevanter Fragen aus technischen Gründen auf später und im Osten Europas konnte durch die ganzen Nachfolgekonflikte von "Friedensordnung" ohnehin keine Rede sein.
Insofern durch diesen Vertrag keine feste Nachkriegsordnung geschaffen wurde, fällt es mir schwer den Entente-Mächten anzukreiden Deutschland in eine Solche nicht eingebunden zu haben.

David Llyod George hatte im Vorfeld von Versailles angekündigt, "die deutsche Zitrone auszupressen, bis die Kerne quietschen."

Die Konferenz zur Verteilung des Kuchens begann am 18.Januar 1919. Wieder eine bewusste Demütigung. Das war so etwas von unnötig!, aber meinte meinte wohl, das sei alles in Ordnung. Übrigens sind die Deutschen in Brest mit den Russen soo nicht umgegangen. Vor allem haben sie mit den Russen gesprochen.

Clemenceaus erster Satz: "Die Stunde der Abrechnung ist da."

Das keine Friedensordnung begründet wurde, das war eine grobe Nachlässigkeit. Die Franzosen, Engländer, Italiener haben sich umfassend an den Kolonien und Territorien der Verlierer bedient. Muss ich die Gebiete hier alle aufzählen?

In dem wiederhergestellten Polen entstand mit der Region Posen und dem Korridor zwischen Pommern und Ostpreußen Enklaven, die von Millionen Deutschen bewohnt sind.

Die Alliierten verweigern der ukrainischen Bevölkerung das Selbstbestimmungsrecht, damit das Gebiet mit den galizischen Ölfeldern den von Paris protegierten Polen zugeschlagen werden konnte.

Zwischen Rumänien und Ungarn stiftet die Arbeit der Alliierten ein langanhaltende Feindschaft.

Mit der Begründung Jugoslawien, die serbischen Ambitionen wurden erfüllt, wurde ein Staat ohne Zukunt begründet. Es wurde ein weiterer Krieg erforderlich, um diesen Missgriff zu korrigieren.

Der Südafrikaner Jan Smuts vertritt gegenüber Wilson die koloniale Raffgier der Engländer, Franzosen, ja auch Belgier, Eupen und Malmedy genügt nicht, und Italiener mit Erfolg.

Am Ende wollte Wilson nur noch den Völkerbund. Er war gescheitert. Hat sich von Clemenceau als Jesus Christus beschimpfen lassen und und.

Keynes versucht vergeblich klarzumachen, das die absurden finanziellen Forderungen der Franzosen aber auch Engländer nicht zu leisten seien. Keiner wollte auf diesen fähigen Ökonomen hören. Am ehesten die Amerikaner, die meinten, 22 Milliarden Dollar seien ausreichend. Paris wollte 220 Milliarden.

John Foster Dulles, der Mann der aus den Fehlern von Versailles gelernt hatte, setzt die Kriegsschuldartikel auf. Nach Weltkrieg Nr. 2 arbeitete er mit Adenauer ausgezeichnet zusammen. Ich glaube, das hätte man schon früher haben können.

Shingami schrieb:
Auch das ist nicht richtig, über Zahlungsaufschübe, Raten, Moratorien etc. wurde permanent verhandelt und mit dem Daws-Plan durch die Einrichtung der Institution des "Reparationsagenten" wurde auch ein Kontrollmechanismus etabliert, der dafür zu sorgen hatte, dass die Deutsche Wirtschaft nicht überfordert und abewürgt wurde.

Permanent? Hast du dafür eine Quelle? Der Dawes Plan und später Young Plan waren keine humanistischen Gefühlsduseleien, sondern die Vertretung der eigenen wirtschaftlichen Interesses, um das was wirklich möglich war, auch zu erhalten. Und den Einmarsch in der Ruhr und das damit verbundene Leid, das verniedlichst du doch ein wenig. Das war Faustrecht oder modifizierte Kanonenbootdiplomatie.
 
Das entschuldigt vielleicht die Sozialdemokraten, aber den kriegsbegeisterten Rest der Bevölkerung?

Ich sage es nochmal: Dieser Krieg ist der Bevölkerung als Verteidigungskrieg verkauft worden, was angesichts der russischen Mobilmachung den Leuten zunächst auch glaubhaft erscheinen konnte.
Sofern man überhaupt von einer Krieegsbegeisterung reden kann, @El Quijote hat das angesprochen, galt diese nicht einem Eroberungskrieg, sondern einem Verteidigungskrieg.

Kann ich mir kaum vorstellen, zu mal ich es ja heute selber erlebe wie es ist wenn die Gesellschaft polarisiert ist.

Spielt eigentlich keine Rolle, was du dir vorstellen kannst und was nicht, es ist in Zahlen belegbar.
Bei den Reichstagswahlen von 1912 holten die Sozialdemokraten 34,8% der Stimmen, dies unter der Prämisse des allgemeinen Männerwahlrechts.

Zum Vergleich: Die damaligen Konservativen (Deutsch- und Freikonservative) holten bei der gleichen Wahl 12,2%, Zentrum 16%, Linksliberale 12,3%, Nationallibeerale 12,6%, Antisemiten 2,9%, Sonstige 7,7% der Stimmen.

Die Sozialdemokratie war in der Zeit kurz vor dem ersten Weltkrieg nicht mehr irgendein Abseitiger Verein, der sich marginalisieren ließ, sondern sie war gesellschaftlicher Mainstream.
Und dass wurde sie im Grunde zuneehmend seit 1890.

Seitdem war es in Deutschland die Partei, die in der Bevölkerung die meisten Stimmen holte, auch wenn sich das durch die veraltete Einteilung der Wahlkreise, die zum Nachteil der Ballungsgebiete ging, nicht sofort darin niederschlug, dass sie im Reichstag auch die stärkste Fraktion stellte.

Die SPD holte bei den Reichstagswahlen von 1890 19,8%, bei denen von 1893 holte sie 23,4%, bei denen von 1898 holte sie 27,2%, bei denen von 1903 holte sie 31,7%, bei denen von 1907 holte sie 28,9% und bei denen von 1912 holte sie 34,8% der Stimmen.

Mit letzterem Resultat war sie 1912 nach Stimmen nicht nur die stärkste Partei, sondern auch stärker als die zwei nächststärkeren zusammen, bedenkt man noch die regionalen Unterschiede (im agrarischen Osten wählte so gut wie nimand die Sozialdemokratie, in den industriellen Ballungsgebieten um so mehr) gab es 1912 im Deutschen Reich Regionen, in denen man, sofern männlich und damit wahlberechtigt ein geesellschaftlicher Außenseiter war, wenn man nicht die Sozialdemokraten wählte.
Sicher stand man mit seinen Ansichten etwas alleine dar, wenn man irgendwo in Hinterpommern oder auf dem Dorf in Masuren für die Sozialdemokratie war, von allgemeiner gesellschaftlicher Isolation der Anhängerschaft kann aber keine Rede sein.
Das war vielleicht in den 1870er und 1880er Jahren der Fall, als die Partei noch ein Nieschenphänomen war und die Sozialistengesetze sie stigmatisierten und behinderten.
Davon kann aber im beginnenden 20. Jahrhundert keine Rede mehr sein.

Ein großer Fehler.

Inwiefern? Die Bevölkerung sah Bismarck und ihre Monarchen dadurch vielleicht etwas positiver, als die es verdient hätten (wobei sich das bei KWII wegen dessen permanenter Peinlichkeiten etwas relativierte), aber das schadete im Grunde nicht.
Das Volk war durchaus nicht so verblendet, als dass unsägliche Episoden, wie die "Hunnenrede" nicht als katastrophale, weil verbrecherische Fehlleistungen wahrgenommen worden wären und im Hinblick auf den Kriegsausbruch selbst, wird man sagen können, dass KWII daran insofern Aktien hatte, als dass ihm Schneid fehlte sich hinzustellen, die Militärs zurück zu pfeiffen und den Wahnsinn zu stoppen, bevor er seinen Lauf nehmen konnte.
Faiererweise müsste man dazu sagen, die demokratisch gewählten französischen Politiker hatten den auch nicht.

Im Hinblick auf die Juli-Krise selbst, war KWII, dass muss man anerkennen eher Getriebener als Antreiber.

Das ist halt das Problem an einer Wahlmonarchie. War doch nur eine Frage der Zeit.

Zunächst einmal welche Wahlmonarchie? Wahlmonarchie gab es seit dem Ende des Heiligen Römischen Reiches 1806 nicht mehr.
Und sicherlich war es lediglich eine Frage der Zeit, bis in einer Monarchie mal jemand ans Ruder kam, der mit der Sache überfordert war, zumal mit dem Industriezeitlater und der einsetzenden Globalisierung alles wesentlich komplizierter wurde.
Aber das war durchaus kein speziell deutsches Problem, in Österreich-Ungarn und Russland waren die jeweiligen Monarchen ähnlich überfordert, allerdings gehörten sie in keinem der drei Länder zu den tatsächlichen Scharfmachern im Juli '14.

Vielleicht nicht so finster wie das britische Empire.

Inwiefern lässt sich das aus seiner Zeit heraus als besonders finster begreifen, selbst wenn man sich auf die kolonialen Verhältnisse fokussiert?
 
Jedenfalls konnte der Versailler Vertrag nirgendwo befriedigen. Der US Senat verweigerte die Ratifizierung des Vertrages und schloss einen separaten Vertrag mit Deutschland. Den Völkerbund blieben die USA fern. Wilsons Selbstbestimmungsrecht der Völker blieb ein Worthülse, die nicht durchgesetzt werden konnte.

Der angebliche Wegfall der Zweifrontensituation war angeblich eine Chance für die junge deutsche Demokratie. Hingegen Frankreich fand es richtig und wichtig gleich wieder das Deutsche Reich mit der Kleinen Entente in Zange zu nehmen. Paris machte da weiter, wo man 1914 aufgehört hatte. Der französische Diplomat Alcide Ebray warnte davor, das der Vertrag einen neuen Krieg herbei führe. Am liebsten hätte Clemenceau und Co. die Reichsgründung rückgängig gemacht und wieder den alten territorialen Flickenteppich, in dem man so wunderbar hinein agieren konnte, installiert. Foch wollte gern am Rhein autonome Republiken haben. So ließ sich keine Versöhnung herstellen, das war aber offenkundig auch gar nicht der Wille. Es ging um Abrechnung, Clemenceau hatte es am 18.01.1919 selbst ausgeführt, und um nichts anderes. Auf die Idee und den Gedanken Fehler der Vergangenheit nicht zu wiederholen, das es viel sicherer ist mit seinen Nachbarn freundschaftliche Beziehungen zu pflegen, statt von vornherein als alte Spiel neu zu beleben.

Wenn man sich die Briefe des linksliberalen Theologen Ernst Troeltsch oder des ebenfalls linksliberalen Völkerrechtlers Schücking ansieht bekommt man ein Gefühl dafür, wie man das Alles in Deutschland empfand. Die Deutschen fühlten sich schlicht gedemütigt und das keinesfalls nur auf dem rechten Flügel des politischen Spektrums.

Es ist eben nicht wie noch in Wien oder Münster und Osnabrück gelungen überhaupt eine Friedensordnung zu installieren, die eben auf gegenseitige Anerkennung, Versöhnung, fest fixierten Reparationen und territorialen Korrekturen basierten. Es gab keinen Ausgleich und somit auch kein Vergessen.
 
Die Russen waren nach meinem Kenntnisstand, ich meine ich habe das bei Suchomlinow gelesen, aus technischen und organisatorischen Gründen gar nicht in der Lage nur "teilmobilzumachen".

Dann möchte ich in aller Form fragen, welche technischen Gründe es denn für die Unmöglichkeit einer Teilmobilmachung geben könnte?
De facto müsste die wegen geringerer Imbeschlagnahme der Bahnhöfe und geringeerer Taktung der Züge einfacher durchzuführen sein, als eine Generalmobilmachung.

Davon einmal abgesehen, gab es für Petersburg, die Kriegstreiber Suchomlinow, Janukowitsch, Sasonow einmal ausgenommen, überhaupt gar keinen Grund zur Mobilmachung.
Angesichts des Umstands, dass Österreich-Ungarn mobilisiert hatte und gegen Serbien losschlug, gab es sicherlich durchaus einen Grund sicherheitshalber an der Grenze zur Donaumonarchie zu mobilisieren um den Schutz der eigenen Gebiete zu gewährleisten, immerhin marschierten die Österreicher ja auch in Galizien auf.

Insofern sehe ich keinen Grund Russland abzusprechen, dass es einen trifftign Grund für einee Teilmobilmachung hatte, den hatte es, es hatte keinen Grund für eine Generalmobilmachung auch an der deutschen Grenze.

Vor allem wo der Zar mit dem deutschen Kaiser in Kontakt stand, um die Krise doch noch friedlich zu bewältigen.

Der selbe Zar, der die Mobilmachungsorder unterschrieben hatte?
Ich teile ja durchaus die Ansicht dass auch der 2. Nikolaus durchaus kein Antreiber war und sich mehr als einige seiner Politiker und Militärs um Frieden bemühte.
Aber die Mobilmachung ging nicht ohne seine Zustimmung. In der Hinsicht haut die sichtweise Friedfertiger Zar vs. kriegstreiberische Minister und Generäle nicht hin.
 
Du hast viel Verständnis für die Alliierten. Ich weniger. Warum nicht? Weil die Alliierten, die USA mal ausgenommen, ebenso Schuldige waren, wie die Deutschen. Sie waren nicht die unschuldigen Opfer.

So, jetzt wird mir also wieder "Alliiertenversteherei" vorgehalten. ^^
Der Unterschied ist, dass mich Schuldfragen eigentlich nicht so sehr interessieren, mich interessieren eher die Fragen, welche Optionen auf dem Tisch lagen um die entstandenen Probleme zu bearbeiten und welche Spielräume die Handelnden sahen und möglicherweise hatten.
Dazu gehört für mich erstmal grundsätzlich anzuerkennen, dass jeder Akteur Hemmungen haben musste an dem Ast zu sägen, auf dem er selbst saß und damit den eigenen Einfluss auf den Gang der Dinge zu verlieren.
Das gestehe ich jedem Akteur erstmal grundsätzlich zu.

Warum hat Belgien seine Verteidigung nur gegen das Deutsche Reich ausgerichtet und nicht auch gegen Frankreich?

Das hast du wiederholt behauptet, aber nicht belegt. Aus den Investitionen in die Befestigungen scheint sich ein Schwerpunkt gegen Deutschland nicht belegen zu lassen.
Mal davon abgesehen, selbst wenn es so gewesen wäre, dass man in Belgien Deutschland als die größte Gefahr betrachtet und seine Verteidigung vor allem dahin ausgerichtet hätte, was genau änderte das an dem Umstand, dass Deutschland Belgien völlig unprovoziert den Krieg erklärte und in das Land einfiel?

Ich habe hier schon erwähnt, wie London es mit der belgischen Neutralität sah.

Und ich dir mitgeeteilt, dass ich diese Deutung ohne näheren Einblick in den Kontext so nicht unterschreiben würde, weil mir nach wie vor nicht klar ist, ob es in der Einlassung um politischen Willen oder technische Möglichkeiten ging.

Im Zuge der 2.Marokkokrise sprachen Engländer und Franzosen schon über ggf. erforderliche militärische Maßnahmen, der Durchmarsch durch Belgien, mit oder ohne Zustimmung der Belgier, gehörte auch dazu.

Sie sprachen darüber, unterließen es aber. Conrad und seinerzeit Waldersee fabulierten ja auch vom Präventivkrieg, ohne dass das nennenswerte Folgen gehabt hätte, die man Österreich oder Deutschland irgendwie ankreiden musste.

David Llyod George hatte im Vorfeld von Versailles angekündigt, "die deutsche Zitrone auszupressen, bis die Kerne quietschen."

Sowohl Lloyd George, als auch vor allem Clemenceau (immerhin lief das vor allem vor den Augen der französischen Öffentlichkeit) mussten symbolisch eine harte Linie fahren um nicht die Unterstützung der eigenen auf Rache bedachten Bevölkerung zu verlieren.

Übrigens sind die Deutschen in Brest mit den Russen soo nicht umgegangen. Vor allem haben sie mit den Russen gesprochen.

Um dann ein Ultimatum zu stellen und zu marschieren, als Trotzki ohne es anzunehmen den Krieg einfach einseitig für beendet erklärte abreiste und dann anschließeend die Forderungen noch in die Höhe zu schrauben.

Das keine Friedensordnung begründet wurde, das war eine grobe Nachlässigkeit. Die Franzosen, Engländer, Italiener haben sich umfassend an den Kolonien und Territorien der Verlierer bedient. Muss ich die Gebiete hier alle aufzählen?

Das keine umfassende Friedensordnung begründet wurde, war keine Nachlässigkeit sondern entsprach dem technisch möglichen, ansonsten hätte man erstmal ganz Osteuropa besetzen müssen um die Konflikte zu beenden.

Und komm mir bitte nicht mit den Kolonien, du weißt so gut wie ich, dass die ein Zuschussgschäft waren und die deutsche Nachkriegsgesellschaft, die breits so vor genug wirtschaftlichen Probleemen stand, diese zusätzliche wirtschaftliche Balastung nun wirklich nicht mehr gebrauchen konnte.
Das hat man damals in Unkenntnis des nicht vorhandenen wirtschaftlichen Nutzens dieser Gebiete vielleicht anders gesehen, aber wir müssen uns doch nicht noch 100 Jahre danach den Erkenntnissen dazu verschließen?

In dem wiederhergestellten Polen entstand mit der Region Posen und dem Korridor zwischen Pommern und Ostpreußen Enklaven, die von Millionen Deutschen bewohnt sind.

Ach komm, Millionen. Wenn ich mich richtig erinneere hatte die gesamte Provinz Westpreußen (ohne Abzug der "Grenzmark", der Region um Elbing und des Kreises Marieenwerder gerade mal 1,8 bis 2 Millionen Einwohner.

Davon ab, sah die Eindeutschungspolitik im Osten (Kossert hat das in seinem Masuren-Buch noch einmal eindrucksvoll dargeleegt), mitunter auch so aus, dass im preußischen Zensus statistisch alles als "deutsch" deklariert wurde, dass die Sprache einigermaßen unfallfrei sprechen konnte, ungeachtet der Tatsache, ob die Person die Sprache im Alltag bevorzugt benutzte oder sich sonst wie als "deutsch" selbst definierte.
Eine dezidirte Deutsche Staatsbürgerschaft gab es dadurch, dass die Zugehörigkeit zum Reich über die Zugehörigkeeit zu einem der Einzelstaaten definieert wurde, nicht so dass sich auch darüber keine genauen Zahlen ableiten lassen.
Mit anderen Worten: Diese Zahlen sind dann doch etwas unsicher.
Sicherlich sind auch einige Landstriche mit überwiegend deutschsprachiger Bevölkerung Polen oder dem Freistaat Danzig zugefallen, aber das muss man sicherlich nicht dramatisieren, zumal Teile Oberschlesiens und Masuren, die bei Deutschland blieben eher polnischsprachig waren, wenn man sich am Zensus von 1910 orientiert.


Auf die Einlassungen zur Ukraine, zu Ungarn, Rumänien und Jugoslawien gehe ich hier nicht näher ein (inhaltlich müsste ich einigem widersprechen) weil sie mit dem Versailler Vertrag nichts zu tun haben.
Wenn das gwünscht ist, kann man sich gerne gesondert über die anderen Pariser Vorortveerträge unterhalten.

Keynes versucht vergeblich klarzumachen, das die absurden finanziellen Forderungen der Franzosen aber auch Engländer nicht zu leisten seien. Keiner wollte auf diesen fähigen Ökonomen hören. Am ehesten die Amerikaner, die meinten, 22 Milliarden Dollar seien ausreichend. Paris wollte 220 Milliarden.

Zum einen sind Keynes Einlassungen ja bis heute keinesfalls Konsens, sondern durchaus umstritten, zum anderen war Keynes Ökonom, der sich auf das Technische konzentrieren, aber nicht die Politik im Blick behalten musste.
Im Gegensatz zu Lloyd George und Clemenceau musste der nicht die eigene Bevölkerung ruhigstellen, damit die nicht auf die Barrikaden ging.
Vielleicht wäre es sinnvoller gewesen Keynes Empfehlungen zu folgen und vielleicht sahen das sogar Lloyd George und Clemenceau so, die Frage ist, sahen sie sich auch in der Lage das der eigenen aufgebrachten Bevölkerung zu verkaufen?

Permanent? Hast du dafür eine Quelle?

Müsste ich um ein paar Tage Zeit bitten, da müsste ich erst noch die Bibliotheek plündern.

Der Dawes Plan und später Young Plan waren keine humanistischen Gefühlsduseleien,
Das hat auch keiner behauptet. Der Daws-Plan hatte die Funktion die Reparation in geregelte Bahnen zu überführen und vor allem auch denjenigen die Ruhrbesatzung zu beenden und solchem künftig vorzubauen.
 
Zuletzt bearbeitet:
Jedenfalls konnte der Versailler Vertrag nirgendwo befriedigen. Der US Senat verweigerte die Ratifizierung des Vertrages und schloss einen separaten Vertrag mit Deutschland. Den Völkerbund blieben die USA fern. Wilsons Selbstbestimmungsrecht der Völker blieb ein Worthülse, die nicht durchgesetzt werden konnte.

So weit ich ich weiß sträubte man sich in den USA allerdings eher gegen die Garantien, die man für Frankreich übernehmen sollte, als gegen die Behandlung Deutschlands.
 
Dann möchte ich in aller Form fragen, welche technischen Gründe es denn für die Unmöglichkeit einer Teilmobilmachung geben könnte?
De facto müsste die wegen geringerer Imbeschlagnahme der Bahnhöfe und geringeerer Taktung der Züge einfacher durchzuführen sein, als eine Generalmobilmachung.

Muss ich suchen gehen. Ich meine, dass das mit dem Bahnhof Warschau zusammenhing. Da gab es ein Problem.

Und davon abgesehen, haben die Russen ja auch nicht nur gegen Österreich mobilisiert. Das hatte Suchomlinow ja selbst nach Ende des Krieges zugegeben.

General Janoschkewitsch hat den deutschen Militärattache von Eggeling in einem Gespräch am 29.07.1914 darauf hingewiesen, falls die russsiche Mobilmachung auch an der deutschen Grenze erfolgt, dann habe das nichts zu bedeuten. Das ginge nicht anders, wegen des Verlaufs der Grenze zu Österreich-Ungarn. Von Eggeling führt selbst aus, das der russische Generalstabschef ausgeführt hätte, das eine Mobilmachung, auch der Zar wünsche dies, an der deutschen Grenze nicht erfolgen solle.

Suchomlinow führte in seinem Prozess aus, das die Mobilmachung in der Nacht zum 30,.07. erfolgte. Der russische Generalstabschef führt aus, das die Mobilmachung in der Nacht zum 31.07. erfolgte.

Nach Suchomlinow befahl der Zar auf Grund der Kommunikation mit Wilhelm II. die befohlene Teimobilmachung rückgängig zu machen. Gemäß Janoschkewitsch sollte die befohlene Mobilmachung in eine Teilmobilmachung umgewandelt werden.

Der Einspruch beziehungsweise der Befehl des Zaren wurde nicht befolgt. Schon am kommenden Tag brachte Sasonow seinen Zaren wieder auf Kurs. Januschkewitsch behauptet, das der Zar am 31.07. nachmittags um 5 Uhr den Befehl zur Mobilmachung erneuert hätte. Nur waren am 31.07. schon früh morgens die Befehle zur Mobilmachung in Peterburg an jeder Ecke angeschlagen.

Gehen wir also davon aus, das die Zeitangeben Suchomlinows stimmen, dann waren die entsprechenden Telefonate am 29.07. geführt worden und der Zar hätte demzufolge an diesem Tage zur Mobilmachung seine Zustimmung erteilt.

Januschkewitsch beteuerte gegenüber Eggeling in einem Gespräch am 29.07. das noch keine Mobilmachung befohlen sei, der er den Ukas des Zaren noch habe. Nach der Version von Suchmlinow war das der Ukas zur Teilmobilmachung, nach dem Zusammenhang der Äußerungen des russischen Gneralstabschefs der Ukas zur Mobilmachung.

Bereits am 28.07. hatte Sasonow den russischen Botschafter in Berlin befohlen, der deutschen Regierung mitzuteilen, das Petersburg gegen Wien teilmobilmache.

Gemäß erbeuteter Papiere hatte Januschkewitsch am 29.07.nach Warschau mitgeteilt, das der 30.07. der erste Tag der Mobimachung sein würde.

Auch der englische Botschafter Buchanan erinnert sich daran, das russische Militärs ohne Wissen des Zaren die Generalmobilmachung vorbereitet hätten. Stand im Dailey Express.
 
Sowohl Lloyd George, als auch vor allem Clemenceau (immerhin lief das vor allem vor den Augen der französischen Öffentlichkeit) mussten symbolisch eine harte Linie fahren um nicht die Unterstützung der eigenen auf Rache bedachten Bevölkerung zu verlieren.

Das nennt man Verständnis. Übrigens glaube ich nicht, das Clemenceau und Lloyd George Theater gespielt haben.
 
Um dann ein Ultimatum zu stellen und zu marschieren, als Trotzki ohne es anzunehmen den Krieg einfach einseitig für beendet erklärte abreiste und dann anschließeend die Forderungen noch in die Höhe zu schrauben.

Ich habe den sogenannten Frieden von Brest klar und unmissverständlich gebrandmarkt. Das wirst du sicher gelesen haben. Nichtsdestotrotz, man sprach mit den Russen. Dazu haben sich die Alliierten erst gar nicht herabgelassen. Und Deutsche und Russen kamen sich nach dem Kriege schnell näher; beide waren geächtete Parias. Das verbindet.
 
Im Gegensatz zu Lloyd George und Clemenceau musste der nicht die eigene Bevölkerung ruhigstellen, damit die nicht auf die Barrikaden ging.

Erneut Verständnis.:)

Dann hätte man nicht jahrelang Schauermärchen über die Deutschen verbreiten sollen und die eigene Bevölkerung gezielt falsch zu informieren.
 
Zum einen sind Keynes Einlassungen ja bis heute keinesfalls Konsens, sondern durchaus umstritten, zum anderen war Keynes Ökonom, der sich auf das Technische konzentrieren, aber nicht die Politik im Blick behalten musste.

Keynes war mit seiner Meinung ohne Frage näher an der Realität als die Franzosen und Engländer. Es ging der Politik eben nicht nur um Wiedergutmachung, sondern auch um den Siegespreis. Der war ja nicht zu verachten.
 
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