Der Grassodenwall von Kalkriese

guten tag liebe freunde,

die untersuchungen von dieckmann und speier sind über 7 jahre alt.
es sind keinesfalls neue erkenntnisse.
alle in der zwischenzeit getätigten veröffentlichungen für den platz kalkriese erfolgten in voller kenntnis
dieser forschungen. welche übrigens im original noch deutlicher und
prägnanter ausfallen.
die in kalkriese arbeitenden wissenschaftler sprechen schon lange zeit von einem dort vorliegendem "teilschlachtfeld".

dieckmann und speier, als fachleute, sprechen sich deutlich
für den ort kalkriese aus.
es bleibt jedem unbenommen anderer ansicht zu sein.
aber aus diesen forschungen einen umkehrschluß zu entwickeln ist schon
ein gewagtes stück.
adios pontes longi
mit freundlichem gruß max
 
maxherbert schrieb:
guten tag liebe freunde,

die untersuchungen von dieckmann und speier sind über 7 jahre alt.
es sind keinesfalls neue erkenntnisse.

Und habe ich behauptet, daß alle Berichte neuesten Datums sind?:grübel:
Aber sieh selbst....

Es gab mehrere Berichte von DIECKMANN/SPEIER/POTT:
"Die Kulturpflanzenfunde aus dem Fundgut der archäologischen Ausgrabungen zur "Varus-Schlacht" bei Kalkriese (Lkr. Osnabrück)", Natur und Heimat 57,1998,Heft3,73-94

"Archäobotanische Untersuchungen in der Kalkrieser-Niewedder Senke" In: Kalkriese -Römer in Osnabrücker Land. Archäologische Forschungen zur Varusschlacht, Bramsche 1993, 81-105

"Der Fund in der Glocke - Überraschende Zeugnisse von der Varusschlacht" Spektrum der Wissenschaft (Dossier:Archäologie) 1,2001, 22-27.

und von DIECKMANN:
"Paläoökologische Untersuchungen zur Entwicklung von Natur- und Kulturlandschaft am Nordrand des Wiehengebirges". Abhandlungen aus dem Westfälischen Museum für Naturkunde 60, 1998 Heft4, 1-156

von DIECKMANN /SPEIER:
"Paläobotanische Untersuchungen zu den archäologischen Grabungen auf dem Oberesch von Kalkriese" (in Vorbereitung) 2004

von SEPIER/HOPPE:
"Waldnutzungen und Waldzustand mittelalterlicher und neuzeitlicher Allmenden und Marken in Mitteleuropa" Kataloge und Schriften des Museumsdorfes Cloppenburg 14. Cloppenburg 2004, 47-64

...


Und wenn ich bedenke, daß in den Vorträgen der Kalkrieser auch ein besonderes Augenmerk auf die Landschaftsbeschaffenheit gelegt wurde, dann kommen mir doch Zweifel....:grübel:

Aber wenn ich solche Berichte wie den von ACHIM ROST, "KALKRIESE - ARCHÄOLOGISCHE BEFUNDE UND ANTIKE SCHRIFTQUELLEN" ca. 2003 lese, dann bestärkt mich die Behauptung:es waren die PONTES LONGI!:rofl:
 
Lieber Cherusker,
so wie Du, bin ich auch auf der Suche nach der Varusschlacht. Ob nun Kalkriese die Schlacht bei den Langen Brücken oder die Varusschlacht war, ist eigentlich unerheblich. Entscheidend ist doch wohl, dass es auch Germanicus nicht gelang Arminius entscheidend zu besiegen und Germanien bis zur Elbe keine römische Provinz wurde. Dadurch sprechen wir bis heute keine latinisierte Sprache.:grübel:
 
heinz schrieb:
Lieber Cherusker,
so wie Du, bin ich auch auf der Suche nach der Varusschlacht. Ob nun Kalkriese die Schlacht bei den Langen Brücken oder die Varusschlacht war, ist eigentlich unerheblich.

So ganz "unerheblich" ist es nicht, da bisher in Kalkriese nur eine Schlacht zwischen Römern und Germanen nachgewiesen wurde. Es wurde vorschnell und ohne jegliche eindeutige Beweise festgelegt, daß es sich hier um die Varusschlacht handeln muß. Auch heutzutag gibt es noch eine intensive und kontroverse Dikussion über die genaue Lage der Varusschlacht (KEHNE 2003 und WOLTERS 2003).
Zunehmend sprechen auch einige Experten von der "Römerschlacht" in Kalkriese und vermeiden den Namen "Varus".
Da der normale Bürger meist nur die Varusschlacht (clades variana) bzw. den "alten Hermann" kennt, aber eigentlich kaum oder gar keine Ahnung über die Germanicus-Feldzüge besitzt, kann er über die geschichtlichen Ereignisse im Kalkrieser Museum kaum Informationen erlangen. Und nicht die Varusschlacht hat einen Wendepunkt in der europäischen Geschichte dargestellt (Prof. NUBER), sondern auch der erfolgreiche Widerstand gegen die Germanicus-Feldzüge, die Arminius den Titel "Befreier Germaniens" in der Literatur eingebracht haben und dazu zählt auch die Schlacht an den Langen Brücken.
Hier kämpften die Germanen gegen 4 Legionen des Caecina. Somit sogar eine Legion mehr als bei der Varusschlacht!
 
heinz schrieb:
Dadurch sprechen wir bis heute keine latinisierte Sprache.
"Latinisierte Sprache"... Das ist wieder einmal ein echter Heinz!
Nur so, als Tipp: Man nennt das im Fachjargon "romanische Sprache"... Das Adjektiv "latinisiert" meint etwas ganz anderes! :

Und, nebenbei bemerkt: Das ist wohl weder die einzige noch die schwerwiegendste Folge des von dir erwähnten Sachverhaltes!
 
Zuletzt bearbeitet von einem Moderator:
Kalkriese - Archäologische Befunde und antike Schriftquellen

Achim Rost hat für die Darstellung der Varusschlacht in Kalkriese einen Bericht in "Archäologie in Niedersachsen", Schwerpunkt: Der historische Moment, 2003, S.25-29 veröffentlicht.
Aufrgund der immer wieder angezweifelten richtigen Bewertung der Münzfunde, die die bisherige Eindeutigkeit der Aussage in Zweifel stellt (auch hier im Forum), hat A.Rost eine Erklärung für den Grassodenwall (als Bestätigung der Festlegung des Varusschlachtortes in Kalkriese) verfaßt.

A.Rost zieht jetzt den Besuch des Germanicus (Tacitus, Annalen I 61-62) zur Bewertung der bisherigen archäologischen Untersuchungen heran.
So sei die Annahme, daß der Grassodenwall als ein Teil des letzten unvollendeten Römerlager des Varus gewesen sein soll, nicht richtig.
Da Tacitus nicht persönlich vor Ort gewesen war, äußert er, daß die Berichterstattung aus 2.Hand war und Germanicus erst 6Jahre später den Ort des Geschehens besuchte. So mußten sich die Römer erst ein Bild über den Ablauf des Kampfes bilden.

A.Rost kommt jetzt zu der Überlegung, daß der Grassodenwall einer Fehldeutung seitens Germanicus unterlag und er ihn für eine römische Konstruktion hielt (das letzte Lager). So schreibt er: "...Aus einem halbzerstörten Wall und einem flachen Graben wurde darauf geschlossen, dass hier die stark reduzierten Reste eines Heeres gelagert hatten. Die halbverfallene und eventuell z.T. überwucherte Anlage in ihrem Verlauf zu erfassen, dürfte in der Situation des Jahres 15 n.Chr. im Zuge der unter Bedrohung durch den Feind durchgeführten Bestattungsaktivitäten fast unmöglich gewesen sein....". Danach fragt er sich, wieviele Römer die Varusschlacht überlebt haben und bei diesem Germanicus-Feldzug dabei waren? So meint er dann, daß wenn keine konkreten Informationen der Überlebenden vorlagen, der Wall als germanisch anzusehen sei und die Römer einer Fehldeutung unterlagen.

A.Rost schreibt ferner, daß in den römischen Schriftquellen keine germanische Schanzung erwähnt wurde. Aber hier vermutet er, daß Paterculus mit dem Wort "Hinterhalt" nicht nur natürliche Begebenheiten gemeint hat, sondern damit auch einen Grassodenwall umschrieben haben kann. Die irrtümlichen römischen Interpretationen des Grassodenwalles könnten auch Tacitus getäuscht haben, sodaß er den Drainagegraben als flachen Graben vor dem Wall beschrieben hat. So sollen die Legionäre des Germanicus die eigentliche Kampfzone (zum Moor hin) als "Innenraum des Lagers" gedeutet haben. Das würde auch bedeuten, daß Florus eine als unglaubwürdige eingestufte Überlieferung vom Lagerüberfall damals niederschrieb.

Ein weiterer Satz fiel mir im Text noch auf:
"...Die schriftlichen Informationen über die Feldzüge des Germanicus (14 bis 16 n.Chr.) machen auch für die Auseinandersetzung des Caecina mit den Germanen (15n.Chr.;Tacitus Annalen I, 63-68), die wiederholt für die Interpretation der Fundstelle Kalkriese als Alternative zur Varusschlacht genannt wurden, eine derartige Möglichkeit, Angriffe auf römische Militärverbände an vorhersehbarer und damit rechtzeitig mit einer Wallanlage präpärierbarer Stelle vorzubereiten, nicht in vergleichbarer Weise wahrscheinlich..."

Meine Meinung:
Tacitus hat berichtet, daß die Überlebenden dem Germanicus genau beschreiben konnten, wo die Legaten, Legionäre und Varus fielen. Selbst die genauen Orte der Adlerverluste wurden benannt. Und da wurde angeblich nicht vermerkt, daß die Germanen einen kriegsentscheidenden Wall gebaut haben? Obwohl das doch völlig atypisch ist.....:grübel:
Ich gehe auch davon aus, daß die Armee des Germanicus schon römische Schanzarbeiten erkennen konnte und diese von evtl. germanischer Bauweise unterscheiden konnte. Wieso gehen die "Experten für Kalkriese" immer davon aus, daß die Römer sich in ihren Berichten irrten?:S

Ferner habe ich hier schon in den ersten Beiträgen beschrieben, daß der Grassodenwall auch römisch gewesen sein kann und auch kein unvollendetes Lager gewesen sein muß.

Auch den letzten zitierten Satz sehe ich anders. Tacitus beschrieb, daß Caecina auf bekannten Wegen zurückziehen sollte. Wenn die Germanen schon einen Wall bauten, dann doch eher bei einer bekannten Route! Von Varus wird eher der Zug durch unbekanntes Gebiet berichtet und die dadurch mögliche Wegänderung. Und dort kann es in Urwäldern etliche Hinterhalte gegeben haben......aber der Hellweg vor dem Samtforte war eine bekannte Strecke in einer bekannten germanischen Kulturlandschaft (wie 2Berichte vorher beschrieben) und auch bewohnt. Würde ein Wallbau nicht auffallen?:grübel:

Weiterhin frage ich mich, warum der Wall parallel zum Weg verläuft und nicht diesen abriegelt?
Seit einiger Zeit wird in Kalkriese behauptet, daß dort keine Vernichtungsschlacht stattgefunden hat. Das widerspricht den ursprünglichen Gedanken, daß dort Varus am 3.Tag vernichtet wurde. Schon vor einigen Jahren erzählte mir ein Archäologe, daß dort keine Vernichtungsschlacht stattgefunden hat, weil der Heereszug sich nach Fundlage wie ein Reißverschluß aufspaltete und durch die Engstelle kam.
Nachdem auch Militärhistoriker (ich glaube amerikanische Experten für den Bürgerkrieg) befragt wurden, ist der Gedanke der Vernichtungsschlacht in Kalkriese endgültig verworfen worden. Jetzt schaut man auch weiter westlich nach Funde.....
Die Erklärung, die ich in Kalkriese gehört habe, daß die Römer am Germanenwall entlangzogen und immer wieder vereinzelt angegriffen wurden, halte ich für wenig glaubhaft. 3 kampferprobte Legionen im Gänsemarsch, wie das Vieh zur Schlachtbank?:grübel:

Fazit: Es gibt immer noch keine eindeutigen Beweise für die Varusschlacht in Kalkriese!!! Nur Vermutungen und Spekulationen....:grübel:
 
lieber cherusker,

andere mögen dies mit mehr toleranz betrachten, nun gut denn,

mir persönlich fehlt so ein wenig die motivation dazu, dieses konglomerat
an rede und gegenrede , und wenn, aber doch und ich habe mal gehört..daß,
auseinander zu dröseln und zu beantworten.

lieber cherusker , dein ganzer beitrag gleitet dabei ab ins unverständliche,
das empfinde ich als schade.
immer wieder werden von dir fragen gestellt, die schon lange, nicht nur von mir, hier deutlich beantwortet wurden.

nur als ein beispiel führe ich dir vor augen, deinen schlußsatz mit den "drei
legionen, welche im gänsemarsch in die schlacht marschieren.

dir wurde bereits entgegengehalten, daß dies möglicherweise der beginn der schlacht war. die Legion wurde in "NICHT" gefechtsbereiten marsch punktuell angegriffen. die geländegegebenheiten vor ort waren so gegeben, daß nur maximal vier, eventuell nur drei legionäre nebeneinander gehen konnten.
solche sachlage impliziert eine länge des heerzuges von über 20 kilometern!
es regnete in strömen und die sicht war schlecht. all diese hinweise sind
hier mit dir hier bereits mehrfach diskutiert worden.

nun negierst du einfach, was dir in diesem forum jemals entgegengehalten wurde.

im fachlichen Bereich sieht es ja nicht viel anders aus. da werden von dir selbst nahmhafte wissenschaftler zitiert, um dann prompt das gegenteil zu behaupten.
verstehe mich nicht falsch, dieses steht dir völlig frei, aber bitte glaube doch nicht, daß dir mit dieser argumentation außerordentliche glaubwürdigkeit beschieden ist.
persönlich werde ich wohl gut beraten sein, wenn ich mich zukünftlich an die zuverlässigen angaben des herrn rost halte.
mit freundlichem gruß max
 
maxherbert schrieb:
...nur als ein beispiel führe ich dir vor augen, deinen schlußsatz mit den "drei
legionen, welche im gänsemarsch in die schlacht marschieren.

dir wurde bereits entgegengehalten, daß dies möglicherweise der beginn der schlacht war. die Legion wurde in "NICHT" gefechtsbereiten marsch punktuell angegriffen. die geländegegebenheiten vor ort waren so gegeben, daß nur maximal vier, eventuell nur drei legionäre nebeneinander gehen konnten.
solche sachlage impliziert eine länge des heerzuges von über 20 kilometern!
es regnete in strömen und die sicht war schlecht. all diese hinweise sind
hier mit dir hier bereits mehrfach diskutiert worden.

Leider muß ich Deine Erklärung für das Beispiel in Zweifel ziehen. Es entspricht nicht der tatsächlichen Fundlage vor Ort. Hättest Du die gesamten Beiträge zu diesem Thema gelesen, dann wäre Dir aufgefallen, daß es auch römische Fundstücke hinter dem Wall gegeben hat. Nach Deiner Erklärung würden die Römer dicht am Wall entlangziehen und hätten keine Möglichkeit gehabt, diesen zu erstürmen bzw. die angreifenden Germanen zurückzuschlagen.
Die 17.,18. und 19.Legion galten als eine kampferprobte Armee und schlechtes Wetter hätte sie bestimmt nicht in Unordnung gebracht! Es ist doch arg zu bezweifeln, daß diese Legionen es nicht geschafft haben sollen, einen ca. 1,50m hohen notdürftig errichteten Wall zu erstürmen? Ich weiß nicht, was die Römerexperten in diesem Forum dazu schreiben....:grübel:

Auch ist der Wall in Richtung Moor eingestürzt, sodaß er ein Maultier unter sich begrub. Hätten also die Germanen ihren eigenen Wall zum Einsturz gebracht? Warum? Sie hatten doch verschiedene Einlässe, die sie angeblich für ihre Angriffe nutzten?
Frau Wilbers-Rost und auch Herr Rost (höchstwahrscheinlich ihr Ehemann) sind aus meiner Sicht keine Militärhistoriker. So hat sich Herr Rost erst einmal einen Rat bei einem solchen Experten geholt. Dieser Militärexperte (es war kein Experte für die Antike) hat aufgrund der Fundlage die Lage so gedeutet, daß es keine Vernichtungsschlacht gab. Zu dieser Erkenntnis kam ein Archäologe in Kalkriese aber auch schon vorher (anhand der Fundstücke ("Reißverschluß")).

Jetzt kommt Deine Äußerung, daß es vielleicht erst der Beginn der Schlacht war? In Kalkriese führt der uralte Hellweg vor dem Samtforde vorbei. Varus hat sich somit also auf einem bekannten Weg befunden. Nach der Engstelle bei Kalkriese gibt es kein gebirgiges Land mehr bis zum Rhein. Somit hätten die Römer ideale Vorraussetzungen für ihre überlegene Schlachtordnung gehabt.

Der Zug von ca.20km Länge resultiert aber nur bei einer Sollstärke der Legionen. Beide Kalkrieser-Experten gehen aber nur von ca. 12.000 Legionären aus, da etliche Legionäre als Restbesatzung, beispielsweise in Standlagern verblieben und andere Römer, die zu anderen Aufgaben zum Wohle der Germanen auf anderen Wegen zurückzogen.
Da habe ich jetzt eine Anmerkung: es gab noch Asprenas mit 2Legionen.

Deine Wiederholungen, daß bereits alles geklärt ist, sehe ich als sehr zweifelhaft an. Deswegen gibt es auch eine kontroverse Diskussion unter den Wissenschaftlern. Einfach zu sagen "basta, das ist so!" reicht für mich nicht aus. Die Begründungen aus Kalkriese sind sehr spekulativ und gründen meist auch nur auf Vermutungen!
 
Also Maxherbert meinte das glaub ich anders, lieber Cherusker geht in dem Thema und seiner Ansicht hier wohl einigen auf den Senkel :winke: aber nun wird doch auch niemand gezwungen dies zu lesen oder :confused:
Kalkriese bleibt Varusschlacht bis mindestens 2010 das ist doch klar !
 
guten abend cherusker,

bedanke mich für die freundliche antwort.

auch deine erneuten einwände sind lange bekannt, werden aber mit anderer wertung gesehen.
so werden wir wohl zur zeit keinen konsens finden.

zur zeit halte ich kalkriese für die beste aller möglichkeiten. sollten eines tages
weitere und bessere erkenntnisse vorliegen, bin ich sicherlich auch offen für weitergehende lösungen.
mit freundlichem gruß max
 
Zum Rasensodenwall:
Es gibt grundsätzlich zwei Möglichkeiten zur Erklärung des in der Kalkriese-Niewedder-Senke ergrabenen Walles:

a) Er wurde von den Kriegern des Arminius errichtet, um den Weg zwischen Hügel und Sumpf weiter zu verengen, und somit dem Varusheer den Durchgang zu erschweren. Aus dieser Überlegung ergeben sich allerdings folgende Probleme: 1) Der Wall verfügt über einen Wall an der Innenseite (sog. „Drainagegraben“), jedoch nicht an der Feindseite (zum Sumpf). Es ist höchst sonderbar, warum die Germanen die effektive Höhe des Walles nicht durch einen vorgelagerten Graben erhöhten, wie es sonst üblich war. Ein „Drainagegraben“ an der Innenseite wäre zwar ein Zeugnis altgermanischer Ingenieursbaukunst, hätte die eigenen Krieger jedoch im Kampf behindert. 2) Wann wurde der Wall von den Germanen erbaut? Nach Aussage von Frau Wilbers-Rost in sehr kurzer Zeit unmittelbar vor der Schlacht, da er sonst von den im Lande stehenden Römern bemerkt worden wäre. Weshalb also dann ein aufwendiger „Drainagegraben“, wenn der Wall nur wenige Tage Bestand haben sollte? 3) Warum verlief der Wall parallel zum Weg, anstatt ihn am westlichen Ende zu sperren? 4)Warum stürzte der Wall, nach den archäologischen Befunden, zur Sumpfseite, also zur römischen Seite, hin ein? Sind die Germanen etwa gegen ihren eigenen Wall zu ungestüm angerannt?5) Wie ich bereits schrieb, fehlt in der römischen Überlieferung jeglicher Hinweis auf ein germanisches Schanzwerk in der Varusschlacht.

b) Die zweite Möglichkeit lautet, der Rasensodenwall ist römischen Ursprungs und ein Fragment des von Tacitus beschriebenen Walles, den Caecina anlegen ließ, um dem römischen Tross das Passieren einer Engstelle zwischen Wald und Sumpf zu ermöglichen. 1)Aufgrund seiner Bauweise, als überwiegende Rasensodenanlage, entspricht der Wall eindeutig römischer Bauart. 2) Der zum Hügel hin angelegte vorgelagerte Graben befindet sich an der dem Feinde zugewandten Seite. (Tacitus berichtet, dass die Germanen die Bäche des Berges umleiteten, um das Schanzwerk zu unterspülen. Die Römer haben offensichtlich versucht, mit dem Graben das Wasser vom Wall abzuleiten).3) Es wurde archäologisch nachgewiesen, dass der Wall an einer Stelle zur Sumpfseite hin einstürzte. (Tacitus berichtet, dass Arminius mit einer Gruppe ausgewählter Krieger den Wall an einer Stelle durchbrach). 4) Hinter dem Wall befindet sich die höchste Funddichte typischer Trossteile, so dass man daraus schließt, dass römische Wagen an dieser Seite den Wall passierten, angegriffen und geplündert wurden.
 
Ave Cato,

Cato schrieb:
....Probleme: 1) Der Wall verfügt über einen Wall an der Innenseite (sog. „Drainagegraben“), jedoch nicht an der Feindseite (zum Sumpf). Es ist höchst sonderbar, warum die Germanen die effektive Höhe des Walles nicht durch einen vorgelagerten Graben erhöhten, wie es sonst üblich war. Ein „Drainagegraben“ an der Innenseite wäre zwar ein Zeugnis altgermanischer Ingenieursbaukunst, hätte die eigenen Krieger jedoch im Kampf behindert....

naja dazu gibt es eigentlich nur eins zu sagen: Wasser fliesst von oben nach unten, zumindest meistens. Der Drainagegraben gehört also dahin, wo sich dass Wasser staut, und dass ist natürlich die Bergseite ! Das hat garnichts mit Freund oder Feind zu tun, und noch weniger mit Ingenieursbaukunst, dass weiss jeder Campingurlauber spätestens nachdem er es einmal anders gemacht hat.

Cato schrieb:
....Weshalb also dann ein aufwendiger „Drainagegraben“, wenn der Wall nur wenige Tage Bestand haben sollte?....

Ohne Drainagegraben steht er eben nicht lange in dieser feuchten Gegend und der Aufwand dafür ist vergleichsweise minimal und auch eine Selbstverständlichkeit. Andernfalls hättest Du einen butterweichen Damm und würdest dort (auf der Bergseite) bis zu den Knien im Matsch stehen.
Cato schrieb:
....Warum verlief der Wall parallel zum Weg, anstatt ihn am westlichen Ende zu sperren? ....

Hab ich schonmal andernorts erläutert: Im vorhinein wussten die Germanen keinesfall, ob es da was zu sperren gab ! Hätte man die Römer nicht vorher schon ziemlich aufgerieben, so hätte man sie an dieser letzten Engstelle nur noch durchziehen lassen können. Bedenke immer: im Vorhinein ergeben sich völlig andere Argumente als im Nachhinein.

Cato schrieb:
....Warum stürzte der Wall, nach den archäologischen Befunden, zur Sumpfseite, also zur römischen Seite, hin ein? Sind die Germanen etwa gegen ihren eigenen Wall zu ungestüm angerannt? ....

Das hat was mit Berg und Tal zu tun und garnichts mit Freund oder Feind ! Objekte, welcher Art auch immer, fallen mit Vorliebe eben Bergab.


Cato schrieb:
....Wie ich bereits schrieb, fehlt in der römischen Überlieferung jeglicher Hinweis auf ein germanisches Schanzwerk in der Varusschlacht.....

Dazu Vellius Paterculus:
Vell. II,119.1: "....Den Ablauf dieser schrecklichen Katastrophe - die schwerste Niederlage der Römer gegen auswärtige Feinde seit der des Crassus gegen die Parther - werde ich, wie schon andere es getan haben, in meinem größeren Geschichtswerk ausführlich darzustellen versuchen, hier sei des Ereignisses nur allgemein mit Trauer gedacht...."
Aus dem Fehlen kann man nicht viel schliessen, die wirklich guten Schriften zu dem Thema sind heute nicht mehr existent, vergammelt, verdorben, verbrannt! Die heute noch bekannten Fragmente sind nicht anderes als relative Zufallsprodukte die die Zeit überdauert haben. Keiner weiss was Paterculus, wie er selbst ankündigte, da noch geschrieben hat. Dito z.B. Plinius d.A. oder Tacitus, die meisten historischen Texte fehlen.

Weiter schreiben:

Vell. II,119.1: "....Eingeschlossen in Wälder und Sümpfe, in einem feindlichen Hinterhalt, wurden sie Mann für Mann abgeschlachtet,...."
Tac. ann. I,61,2:"Das erste Lager des Varus wies an seinem weiten Umfang und der Absteckung des Hauptplatzes auf die Arbeit von drei Legionen hin. Dann erkannte man an dem halb eingestürzten Wall und dem niedrigen Graben, daß die zusammengeschmolzenen Reste sich dort gelagert hatten. Mitten in dem freien Feld lagen die bleichenden Gebeine zerstreut oder in Haufen, je nachdem die Leute geflohen waren oder Widerstand geleistet hatten"
Tac. ann. I,61,2:"....wo er mit seiner unseligen Rechten sich selbst den Todesstoß beigebracht habe; wo Arminius von der Tribüne herunter eine Ansprache gehalten habe,...."

So weisen die Einstreuungen: "...feindlichen Hinterhalt...", "...an dem halb eingestürzten Wall und dem niedrigen Graben..." und "...von der Tribüne herunter..." sehr wohl auf solche Verteidigungsanlagen hin.


Cato schrieb:
....Die zweite Möglichkeit lautet, der Rasensodenwall ist römischen Ursprungs und ein Fragment des von Tacitus beschriebenen Walles, den Caecina anlegen ließ, um dem römischen Tross das Passieren einer Engstelle zwischen Wald und Sumpf zu ermöglichen.....

Wenn Du die Schriftquellen wirklich so ernst nimmst, dann können die pontes longi nicht in Kalkriese gewesen sein: Denn in Tac. ann. I,63: heisst es " ...dann führte er (Germanicus) das Heer an die Amisia (Ems) zurück...einem Teil der Reiterei befahl er entlang der Küste zum Rhein zu marschieren...Caecina ...erhielt die Weisung....die langen Brücken hinter sich zu bringen...."
Wenn die drei Truppenteile Pedo, Caecina und Germanicus da schon an der Ems stehen und jetzt nach Hause (castra vetera/Xanten) geschickt werden, dann ergibt sich keine Möglichkeit für pontes longi=Kalkriese ! Das ist eigentlich sofort einsehbar.

Wenn ich jetzt absolut quellenhörig wäre, würde ich die pontes longi unbedingt (!!) südlich oder südwestlich Rheine ansiedeln. Das ich mich da nicht wirklich festlegen möchte, liegt ausschliesslich daran, dass ich glaube das Tacitus mehrmals (meist kleinere, aber auch schlimmere) Fehler in der räumlichen und zeitlichen Beschreibung der Vorgänge gemacht hat.

Cato schrieb:
....Aufgrund seiner Bauweise, als überwiegende Rasensodenanlage, entspricht der Wall eindeutig römischer Bauart......

Und eben auch germanischer Bauart, an Grassodenmauern ist wirklich nichts besonderes. Jeder Trekkingurlauber macht sowas ab und an, einschliesslich Drainagegraben an der Bergseite versteht sich.

Cato schrieb:
....Der zum Hügel hin angelegte vorgelagerte Graben befindet sich an der dem Feinde zugewandten Seite. (Tacitus berichtet, dass die Germanen die Bäche des Berges umleiteten, um das Schanzwerk zu unterspülen. Die Römer haben offensichtlich versucht, mit dem Graben das Wasser vom Wall abzuleiten).3) Es wurde archäologisch nachgewiesen, dass der Wall an einer Stelle zur Sumpfseite hin einstürzte. (Tacitus berichtet, dass Arminius mit einer Gruppe ausgewählter Krieger den Wall an einer Stelle durchbrach). 4) Hinter dem Wall befindet sich die höchste Funddichte typischer Trossteile, so dass man daraus schließt, dass römische Wagen an dieser Seite den Wall passierten, angegriffen und geplündert wurden......

Der Rest Deiner Argumentation besagt lediglich, dass sich ein Teil (!) der Kalkrieser Befunde auch in Bezug zu der Schlacht der pontes longi setzen lassen. Dem ist natürlich auch so ! Dass kann man immer machen, auch mit jeder anderen halbwegs ähnlichen These. Aber die Gesamtsicht der Befunde deutet für mich eben viel deutlicher auf die Schlussphase der Varusschlacht hin als auf die pontes longi Schlacht des Caecinas.

Also nichts für Ungut, ich respektiere Deine Kritik durchaus, auch wenn ich Dir da nicht überallhin folgen kann.

Mit besten Grüssen, Trajan.
 
Trajan schrieb:
Vell. II,119.1: "....Eingeschlossen in Wälder und Sümpfe, in einem feindlichen Hinterhalt, wurden sie Mann für Mann abgeschlachtet,...."
Tac. ann. I,61,2:"Das erste Lager des Varus wies an seinem weiten Umfang und der Absteckung des Hauptplatzes auf die Arbeit von drei Legionen hin. Dann erkannte man an dem halb eingestürzten Wall und dem niedrigen Graben, daß die zusammengeschmolzenen Reste sich dort gelagert hatten. Mitten in dem freien Feld lagen die bleichenden Gebeine zerstreut oder in Haufen, je nachdem die Leute geflohen waren oder Widerstand geleistet hatten"
Tac. ann. I,61,2:"....wo er mit seiner unseligen Rechten sich selbst den Todesstoß beigebracht habe; wo Arminius von der Tribüne herunter eine Ansprache gehalten habe,...."

So weisen die Einstreuungen: "...feindlichen Hinterhalt...", "...an dem halb eingestürzten Wall und dem niedrigen Graben..." und "...von der Tribüne herunter..." sehr wohl auf solche Verteidigungsanlagen hin.


Hallo Trajan,

grundsätzlich sind deine Einwürfe logisch nachvollziehbar, wenn auch nicht zwingend.
Das oben zitierte ist allerdings schon sehr arg konstruiert! Du reißt hier einzelne Sequenzen auseinander und versuchst sie in ein "germanisches Verteidigunsbollwerk" umzuarbeiten.
Ein "feindlicher Hinterhalt" mag ja dem geneigten Interpreten zwischen den Zeilen auch ein solches germanisches Bauwerk andeuten, aber sicher nicht darauf hinweisen.
Das du den halb eingestürzten Wall und den niedrigen Graben, der sich eindeutig auf die römischen Verteidigungsanlagen bezieht(!!!), auch noch in den germanischen Baukontext pressen möchtest, das ist aber dann schon soweit konstruiert, dass man deinen Schluß mit der "Tribüne" eigentlich nur noch als komische Einlage verstehen kann. Nix für ungut, aber das ist so spekulativ, dass ich das von dir gar nicht gewohnt bin.
 
Trajan schrieb:
Ave Cato,



[]
Tac. ann. I,61,2:"Das erste Lager des Varus wies an seinem weiten Umfang und der Absteckung des Hauptplatzes auf die Arbeit von drei Legionen hin. Dann erkannte man an dem halb eingestürzten Wall und dem niedrigen Graben, daß die zusammengeschmolzenen Reste sich dort gelagert hatten. Mitten in dem freien Feld lagen die bleichenden Gebeine zerstreut oder in Haufen, je nachdem die Leute geflohen waren oder Widerstand geleistet hatten"
Tac. ann. I,61,2:"....wo er mit seiner unseligen Rechten sich selbst den Todesstoß beigebracht habe; wo Arminius von der Tribüne herunter eine Ansprache gehalten habe,...."

So weisen die Einstreuungen: "...feindlichen Hinterhalt...", "...an dem halb eingestürzten Wall und dem niedrigen Graben..." und "...von der Tribüne herunter..." sehr wohl auf solche Verteidigungsanlagen hin.


Mit besten Grüssen, Trajan.

So...nach dieser Beschreibung der Varusschlacht, die Du hier anführst, ist das ein römischer Wall gewesen, da dieser von Germanicus als Lager entdeckt wurde.
Es war eine Verteidigungsanlage, aber eine RÖMISCHE!:winke:

Die von CATO aufgeführten Punkte stimmen schon....es steht beschrieben, daß der erste Versuch eines Wallbaus bei pontes longi an einer Überschwemmung (seitens der Germanen) gescheitert ist. Anscheinend ignorierst Du die Schriftquellen in den Punkten, die Dir nicht gefallen?.:grübel:

Übrigens hat Tacitus auch die Weser in einem Zusammenhang beschrieben, bei dem die Römer dort unmöglich sein konnten. Was ist also, wenn Germanicus die Weser heruntergefahren ist (schließlich war sie aus den Drusus-Feldzügen bekannt und sie führte in die Miitte von Germanien)? Dann stimmt das Gebiet mit Rheine überhaupt nicht mehr.....
 
Hallo Marbod,
Hallo Cherusker,
ich fasse Eure Antworten einfach mal zusammen, da sie ja recht ähnlich sind.
Also bitte, Ihr müsst schon etwas genauer hingucken, wenn es ums zitieren bzw. Quellenkritik geht:

Marbod schrieb:
... und versuchst sie in ein "germanisches Verteidigunsbollwerk" umzuarbeiten....
Nein, das habe ich nicht, sondern ich habe lediglich gesagt "...die Einstreuungen...weisen ... hin", das ist etwas ganz anderes.

Marbod schrieb:
...Das du den halb eingestürzten Wall und den niedrigen Graben, der sich eindeutig auf die römischen Verteidigungsanlagen bezieht(!!!), auch noch....

Cherusker schrieb:
...nach dieser Beschreibung der Varusschlacht, die Du hier anführst, ist das ein römischer Wall gewesen, da dieser von Germanicus als Lager entdeckt wurde.Es war eine Verteidigungsanlage, aber eine RÖMISCHE ....

Das steht aber eben nicht bei Tacitus ! Was da steht ist etwas ganz anderes: "Das erste Lager ... wies ...hin. Dann erkannte man......".
Was Ihr macht ist, die beiden Sätze unzulässigerweise einfach zusammenzuziehen, das steht da aber nicht: Das Wort "Dann" bringt beide Sätze zeit- und sinnmässig klar auseinander, es werden offensichtlich zwei verschiedene Sachverhalte von Tacitus geschildert. Von Eindeutigkeit ist da gar keine Spur! Es kann sich sowohl um eine römische als auch um eine germanische Wallanlage handeln, Tacitus führt es jedenfalls nicht explicit aus, ja noch nichteinmal implicit.

Cherusker schrieb:
...Die von CATO aufgeführten Punkte stimmen schon....es steht beschrieben, daß der erste Versuch eines Wallbaus bei pontes longi an einer Überschwemmung (seitens der Germanen) gescheitert ist. Anscheinend ignorierst Du die Schriftquellen in den Punkten, die Dir nicht gefallen?....

Nein, natürlich kenne ich die Beschreibung der pontes longi Schlacht. Aber der behauptete Zusammenhang : (Überschwemmumg bei pontes longi) + (Drainagegraben in Kalkriese) = Schlacht pontes longi in Kalkriese; ist überhaupt nicht gegeben.

Cherusker schrieb:
...Übrigens hat Tacitus auch die Weser in einem Zusammenhang beschrieben, bei dem die Römer dort unmöglich sein konnten. Was ist also, wenn Germanicus die Weser heruntergefahren ist (schließlich war sie aus den Drusus-Feldzügen bekannt und sie führte in die Miitte von Germanien)? Dann stimmt das Gebiet mit Rheine überhaupt nicht mehr....

Ja genau, dass ist der Punkt, Tacitus stand mit Ems und Weser offensichtlich auf Kriegsfuss. Genau das ist der Grund, warum ich nicht sicher behaupten kann, das der pontes-longi-Verdacht für Kalkriese völliger Blödsinn sei, sondern er ist vom Grundsatz her nicht einfach von der Hand zu weisen.

Nochmals deutlich gesagt: Allein der Fakt, dass man den Quellen nicht bedingungslos vertrauen kann, lässt die Möglichkeit der pontes-longi-These noch zu. Es ist daher widersinnig, die pontes-longi-These für Kalkriese an übertrieben genauer Quellenauslegung festmachen zu wollen.

Aber trotz intensiver Beschäftigung mit der Thematik ist mir bislang kein wirklich schlagkräftiges Argument dafür untergekommen, das Gegenteil ist ehr der Fall. Die archäologischen Fakten von Kalkriese sind mit den Quellen zur Varusschlacht sehr gut zusammenzubringen, mit denen zur pontes-longi-Schlacht aber erkennbar schlechter.

Beste Grüsse, Trajan.
 
So spekulativ die Quellenarbeit hier ohnehin ist, so meine ich, dass anhand der Tacitus-Stelle klar hervorgeht, dass es sich bei dem Wall von Kalkriese nicht um die dort beschriebene Befestigung handeln kann. Ausdrücklich beschreibt Tacitus die Befestigung eben als Lager, dass auch anhand seines Umfangs als Arbeit dreier Legionen erkennbar ist - also ein Marschlager, dass wohl Ausmaße von Lagern wie Oberaden oder Holsterhausen gehabt haben muss. Die Wälle in Kalkriese wirken dagegen sehr dem Gelände angepasst und eher als eine Art Sperrwälle; obwohl sie zum Teil nur begrenzt bzw. erratisch nachgewiesen sind, passen sie nicht zur o.g. Textstelle.
P.S.: der halb eingestürzte Wall gehört natürlich zum römischen Lager; aber es muss nicht jener eingestürzte Wall von Kalkriese sein.

Cherusker schrieb:
Was ist also, wenn Germanicus die Weser heruntergefahren ist (schließlich war sie aus den Drusus-Feldzügen bekannt und sie führte in die Miitte von Germanien)? Dann stimmt das Gebiet mit Rheine überhaupt nicht mehr.....

Ich glaube nicht, dass Tacitus hier die Ems und die Weser verwechselt hat. Die Ems war ja einer der noch am besten bekannten Flüsse für die Römer, und auch die Nähe zu Lupia, Friesen und Chauken lässt vermuten, dass Tacitus diesen Fluss nicht nur meint, sondern auch richtig lokalisiert hat. Wenn Amisia = Weser wäre, wären wir ja auf einer friebesken Fährte, weil sich dann nach dem Text die Varusschlacht tatsächlich rechts der Weser hätte abspielen müssen. (Caecina zieht nach dem Besuch auf dem Schlachtfeld über die Amisia zurück; daher: Varusschlachtfeld liegt östlich der Amisia).
 
Hallo Ashigaru,

ich denke ich muss auf diesen speziellen Punkt der Quellenkritik nochmal näher eingehen. Der komplette Tac. ann. I,61,2 hat genau folgende drei Sätze:

(a) Das erste Lager des Varus wies an seinem weiten Umfang und der Absteckung des Hauptplatzes auf die Arbeit von drei Legionen hin.

(b) Dann erkannte man an dem halb eingestürzten Wall und dem niedrigen Graben, daß die zusammengeschmolzenen Reste sich dort gelagert hatten.

(c) Mitten in dem freien Feld lagen die bleichenden Gebeine zerstreut oder in Haufen, je nachdem die Leute geflohen waren oder Widerstand geleistet hatten

Der 61,2 hat, rein sprachlich, nur den Sinn, genau drei zunächst unabhängige Tatsachen zu beschreiben. Diese Tatsachen sind:

(a1) Es gab ein erstes Lager das erkennbar von drei Legionen erarbeitet wurde
(b1) Es gab einen halb eingestürzten Wall mit Graben an dem Römer gelagert hatten
(c1) Es gab ein freies Feld auf dem Gebeine lagen

Alles andere sind Schlussfolgerungen. Insbesondere die sächliche Verknüpfung von (a) und (b) folgt lediglich aus der Feststellung, dass beide Sätze aufeinander folgen, aber weder Syntax noch Semantik geben das her. Insbesondere das Wort "Dann" rückt beide Sätze zeitlich auseinander und sind damit vermutlich auch örtlich nicht sehr nahe beieinander.

Die Vorgeschichte setze ich mal als bekannt voraus, Germanicus hatte einen sentimentalen gekriegt, Caecina wurde vorausgeschickt um das Gelände zu erkunden und zu sichern, und aus dem letzten Satz des Tac. ann. I,61,1 geht hervor:"Und nun betraten sie die Unglücksstätte, gräßlich anzusehen und voll schrecklicher Erinnerungen." Die ganze Vorgeschichte beschrieb er auch in nur zwei gedrehten Sätzen.

Und nun kommts: (->a)"..das erste Lager...", also gabs auch ein zweites und vielleicht auch ein drittes, das ergibt sich auch aus anderen Quellen, die Schlacht zog sich eben räumlich und zeitlich in die Länge. Da (->c) die Gebeine am Ende der mehrtägigen Schlacht zu finden waren, muss auch zwischen (a) und (c) ein grosser räumlicher Abstand sein. Dann gibt es aber gar keinen Grund mehr (a) und (b) zuzuordnen, man kann genausogut (b) und (c) zuordnen, oder auch alle drei getrennt lassen. Dies ist auch in dem Zusammenhang zu sehen, das Tacitus gelinde gesagt sehr ökonomisch schreibt, er fasst in einem Satz gerne Dinge zusammen, über die eine Joanne Rowling heute mühelos 500 Seiten schreiben würde.

Wenn Du also schreibst:

Ashigaru schrieb:
.....Ausdrücklich beschreibt Tacitus die Befestigung eben als Lager, dass auch anhand seines Umfangs als Arbeit dreier Legionen erkennbar ist - also ein Marschlager, dass wohl Ausmaße von Lagern wie Oberaden oder Holsterhausen gehabt haben muss....

so ist dass eine ziemlich weitgehende Schlussfolgerung, die Du jedenfalls unmöglich alleine aus der Textstelle des Tacitus haben kannst.

Ashigaru schrieb:
.....Die Wälle in Kalkriese wirken dagegen sehr dem Gelände angepasst und eher als eine Art Sperrwälle; obwohl sie zum Teil nur begrenzt bzw. erratisch nachgewiesen sind, passen sie nicht zur o.g. Textstelle. ....

Sie passen nur dann nicht zur Textstelle, wenn man annimmt, dass Satz (a) und (b) vom 61,2 dasselbe Objekt beschreiben. Das steht da aber definitiv nicht.

Ashigaru schrieb:
..... der halb eingestürzte Wall gehört natürlich zum römischen Lager; aber es muss nicht jener eingestürzte Wall von Kalkriese sein. ....

dito, auch dass ist ein Schlussfolgerung.
Ich will garnicht bestreiten, dass man die Sache so wie Du sehen kann, aber es ist nunmal Deine Schlussfolgerung und nicht unmittelbarer aus dem Quelltext folgend.

Ashigaru schrieb:
..... Ich glaube nicht, dass Tacitus hier die Ems und die Weser verwechselt hat....

Da bin ich mit Dir einer Meinung, ich denke auch dass er an dieser Stelle tatsächlich die Ems meinte. Aber ich bin mir eben nicht 100 % sicher, da er an anderer Stelle, speziell bei der Beschreibung von Idistaviso diese Verwechslung offensichtlich vornahm. Wenn ich eine Verwechslung hier annähme, dann käme ich wie Du sehr richtig sagst, auf friebeske Spuren.

Es kann aber sein, dass er weiter vorher diese Verwechselung vornahm, denn betrachten wir die drei Heergruppen Pedo, Caecina, Germanicus:
Tac. ann. I,60,2:"...Und damit nicht die ganze Wucht des Krieges auf einmal hereinbreche, schickte er Caecina mit vierzig römischen Kohorten, um den Feind zu zersplittern, durch das Gebiet der Bructerer an den Fluß Amisia, während die Reiterei der Befehlshaber Pedo durch das Gebiet der Friesen führte. Er selbst fuhr mit vier Legionen, die er auf Schiffe verladen hatte, über die Seen. Fußvolk, Reiterei und Flotte trafen gleichzeitig an dem vorbestimmten Fluß ein...."

Nun könnte Germanicus via Weser gekommen sein, um von dort her nach Westen zu marschieren. Wenn man dann noch annehmen würde, dass bei der Beschreibung des Rückmarsches im 63 einige Ungenauigkeiten hinsichtlich der zeitlichen Abfolge der Ereignisse eingeflossen sind, so könnte dann auch noch die pontes-longi-Theorie an Kalkriese gehalten werden. Wie gesagt, ich halte davon nicht viel, aber es ist nicht völlig abwegig. Die Quellen sprechen aber genau wie die Archäologie ehr dagegegen.

Also denn, beste Grüsse, Trajan.
 
Trajan schrieb:
Wenn Du die Schriftquellen wirklich so ernst nimmst, dann können die pontes longi nicht in Kalkriese gewesen sein: Denn in Tac. ann. I,63: heisst es " ...dann führte er (Germanicus) das Heer an die Amisia (Ems) zurück...einem Teil der Reiterei befahl er entlang der Küste zum Rhein zu marschieren...Caecina ...erhielt die Weisung....die langen Brücken hinter sich zu bringen...."
Wenn die drei Truppenteile Pedo, Caecina und Germanicus da schon an der Ems stehen und jetzt nach Hause (castra vetera/Xanten) geschickt werden, dann ergibt sich keine Möglichkeit für pontes longi=Kalkriese ! Das ist eigentlich sofort einsehbar.

Irrtum, denn R.Wolters, übrigens ein renommierter Professor an einer deutschen Universiät und kein Heimatforscher aus dem Nordharz, hat zu bedenken gegeben, dass die Trennung der Truppenteile bereits vorher, d.h. im Weserraum, stattgefunden haben kann.
Und noch einmal zum Rasensodenwall: Du schriebst, dass es logisch wäre, dass ein Wall zur bergabgewandten Seite fällt. Jeder der schon einmal in Kalkriese war kann sich davon überzeugen, dass das Gelände im Wallbereich sehr, sehr gering geneigt ist und vermutlich auch war. Von einem Umkippen des Walles, der lediglich 1,5 m hoch und etwa 5 m breit war, kann keine Rede sein. Der Wall ist nach Erkenntnis der Archäologie im Zuge der Kampfhandlungen eingerissen worden, aber leider zur falschen Seite.
Ich kann verstehen, dass Du den Funden und Befunden mehr Glauben schenkst, als der Auswertung historischer Quellen. Ich habe mir allerdings die Frage gestellt, wie Herr Dr.Schlüter bereits 1991 zu der Aussage kommen konnte, man hätte zweifelsfrei den Ort der Varusschlacht lokalisiert. Zu dieser Zeit hatte man noch keine Kenntnis von der Wallanlage, den Knochengruben oder zahlreichen weiteren Funden. Um die sensationelle Aussage nicht zu revidieren, wurde der Wall zum germanischen Hinterhalt konstruiert und die Knochengruben zum römischen Tumulus für die Varuslegionen. Klingt für mich sehr nach deduktivem Vorgehen.... Und noch etwas zu Popper: Gerade das Falsifikationsprinzip dürfte dir bekannt sein. Vor diesem Hintergrund frage ich mich, warum nach 15 Jahren Forschung in Kalkriese noch kein Fundkatalog veröffentlicht wurde.
 
Bevor wir hier wieder anfangen den ganzen Text bis ins kleinste Detail auseinander zu pflücken. Traian, ich gestehe dir zu, daß deine Argumentation bezüglich einer räumlichen Trennung innerhalb Tac I 61,2 durchaus plausibel ist, gerade wenn man die Bedeutung des Wörtchens "deinde" beachtet. Aber dann begehst du einen entscheidenden Denkfehler: Tacitus schreibt ja
Tacitus schrieb:
Dann erkannte man an dem halb eingestürzten Wall und dem niedrigen Graben, daß die zusammengeschmolzenen Reste sich dort gelagert hatten.

Erkläre mir bitte mal, warum sich die zusammengeschmolzenen Reste des römischen Heeres an einem feindlichen Wall lagern sollten...
 
Zuletzt bearbeitet:
@ Traianus: Natürlich ist es meine persönliche Schlussfolgerung. Ich sehe nicht, wieso ausgerechnet aufgrund von Syntax + Semantik kein Zusammenhang zwischen den betreffenden Sätzen bestehen sollte oder gar unmöglich sei - nur wegen des "dann" (bzw. "dein") ? Inhaltlich kann man ja Einwände gegen diese Interpretation haben...
Ich denke, dass sich der zweite Satz immer noch auf das Lager bezieht, weil eben beschrieben wird (im lateinischen mit dem Ausdruck "consedisse") dass sich hier Überreste der varischen Armee versammelt haben. Dies beziehe ich inhaltlich eher auf eine römische Befestigung, nicht auf die Wälle in Kalkriese, wo ja die römische Armee sozusagen an den Wällen vorbeigetrieben wurde. Abgesehen davon haben die Kalkrieser Wälle keine Gräben, Tacitus erwähnt solche aber und die waren nun bei allen römischen Lagern obligatorisch. Natürlich sind das jetzt Detailfragen, die immer unter dem Vorbehalt stehen, dass Tacitus Einzelheiten des Varusschlachtfeldes mehr oder weniger gut bekannt waren.

Das steht da aber definitiv nicht.
Definitiv nicht? Oder nur deiner Schlussfolgerung nach nicht?

Nun könnte Germanicus via Weser gekommen sein, um von dort her nach Westen zu marschieren. Wenn man dann noch annehmen würde, dass bei der Beschreibung des Rückmarsches im 63 einige Ungenauigkeiten hinsichtlich der zeitlichen Abfolge der Ereignisse eingeflossen sind, so könnte dann auch noch die pontes-longi-Theorie an Kalkriese gehalten werden. Wie gesagt, ich halte davon nicht viel, aber es ist nicht völlig abwegig. Die Quellen sprechen aber genau wie die Archäologie ehr dagegegen.
Ich halte Kalkriese als "pontes longi" auch eher für abwegig, sehe es aber so, dass die letzten Zweifel an der Interpretation als Varusschlachtfeld noch nicht ausgeräumt sind (auch aufgrund der diversen Quellenproblematiken, mit denen wir uns unter anderem auch in diesem Post beschäftigen). Ich denke, dass Tacitus die Amisia zweimal richtig bezeichnet hat. Die Flüsse waren in der undurchdringlichen germanischen Landschaft die Orientierungspunkte für die Römer; ich denke, gerade bei diesen Namen ist es noch am wahrscheinlichsten, dass die Überlieferung zuverlässig ist.
 
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