Anlage des Walls in Kalkriese
Hallo zusammen!
Als ich vor einiger Zeit die Ausstellung in Kalkriese besucht habe, habe ich etwas gesehen, über das ich mich im Nachhinein sehr gewundert habe. Es geht um den Wall, ich weiß der wurde hier schon kontrovers diskutiert, aber eine Antwort auf meine Frage habe ich nicht gefunden.
Wie wurde der Wall angelegt, dass man heute noch Pfostenlöcher findet?
Zunächst die Darstellung vor Ort: vor dem Bereich mit dem rekonstruierten Wall, geht man nach unten, wie hinein in einen Grabungsschnitt von Nord nach Süd. An der Seite sind die verschiedenen Bodenschichten angezeichnet und erklärt. Eine etliche Meter lange und bis ca. 20 cm hohe dunkle Schicht kennzeichnet das Material vom Wall, welcher im Lauf der Zeit abgetragen wurde. Etwa in der Mitte dieses Bereichs ist also der Boden des ursprünglichen Walls zu finden, während der obere Teil des Walls ja nach Norden und Süden verteilt ist. An dieser Stelle ist jetzt ein Pfostenloch von der Brustwehr eingezeichnet, der Erinnerung nach vielleicht 30 cm tief? Ich glaube es war unten eher flach und nicht spitz. Ich habe leider kein Foto gemacht und auch keins im Netz gefunden. Wenn jemand mit Bildern oder einer genaueren Beschreibung aushelfen kann würde ich mich freuen. Insbesondere genauere Daten über die Tiefen der einzelnen Pfostenlöcher erscheinen mir hilfreich.
Angenommen die obige Beschreibung spiegelt den Befund wieder, wie wurde dann der Wall errichtet? Nach
Thema : Das Phänomen Varusschlacht : Forschungen zur Varusschlacht in und um Kalkriese : Seite 1 war der Wall knapp 2 m hoch.
"Als Baumaterial waren Sand und Grassoden, gelegentlich auch Kalksteine verwendet worden"
Wurde nun erst der Wall aufgeschüttet und anschließend wurden Pfosten von ca 3,5 m länge von oben in die Krone gerammt, durch den kompletten Wall hindurch und dann noch ein Stück in den Boden darunter hinein? Durch den Wall hindurch kann ich mir noch vorstellen, weil der direkt nach der Errichtung ja noch halbwegs weich gewesen sein kann, aber dann noch weiter erscheint mir schon schwierig. Gibt es für so etwas Beispiele?
Für römische Bauweise findet sich in
Römisches Militärlager ? Wikipedia folgende Beschreibung:
"Hierzu wurde zunächst das Lager vermessen, danach ein Graben (fossa) von etwa 1 m Tiefe ausgehoben und die Erde nach innen aufgeschichtet, auf die Krone dieses ungefähr 60 cm hohen Erdwalls wurden die pila muralia, die jede Gruppe (contubernium) mitführte, befestigt und mit Seilen verbunden, so dass eine etwa 100 bis 120 cm hohe Palisade entstand. Die Außenseite des Walls wurde nach Möglichkeit durch Rasenziegel abgedeckt."
Wir haben hier eine deutlich geringere Wallhöhe und keine Hinweise, dass die Pila bis ins unterliegende Erdreich gerammt wurden. Andererseits ist der Aushub möglicherweise härter und dichter als insbesondere Grassoden.
Eine zweite Möglichkeit wäre, zunächst die Pfosten zu setzen und anschließend den Wall von beiden Seiten gleichmäßig um diese Pfosten aufzuschütten. Das erscheint machbar, insbesondere da das Wallmaterial im Wesentlichen nicht aus einem Graben stammt. Etwas umständlich und ungewöhnlich finde ich es aber schon, insbesondere wäre die Verdichtung des Wallmaterials zwischen den Pfosten etwas umständlicher als nötig. Außerdem ist bei diesem Vorgehen die Wallhöhe schon bei setzen der Pfosten relativ stark festgelegt, da man ja hinterher so hoch sein wollte, um über die Brustwehr drüber zu gucken, aber auch nicht so hoch, dass deren Schutz verloren gehen würde. Bei entsprechender Planung ist das aber durchaus denkbar.
Bei beiden obigen Theorien werden nach Vollendung des Walls die Verbindungen zwischen den Pfosten eingeflochten und es entsteht das Bild wie es die Rekonstruktion vor Ort bietet. Beide Vorgehensweisen erscheinen mir allerdings etwas umständlich und weisen eine tiefere Verankerung der Pfosten auf, als mir notwendig erscheint.
Eine dritte Theorie die diese Probleme nicht aufweist ist folgende: Zunächst wurden die Pfosten gesetzt, dann direkt mit Flechtwerk verbunden. Nun wurde auf der Seite der Verteidiger viel Erdreich aufgeschüttet, so dass die Palisade die Höhe einer Brustwehr hatte. Auf der anderen Seite wurde dagegen kein oder nur wenig Material vor der Palisade angehäuft, so dass Angreifer eine hohe - deutlich über 2 m - senkrechte Palisade vor sich hatten. Dadurch ist es deutlich schwieriger, den Wall zu erstürmen - aber deutlich leichter ihn einzureißen. Ich glaube wegen der mangelnden Statik würde ich so nicht bauen wollen - oder nur mit noch tieferen Pfosten. Andererseits passt die mangelnde Stabilität zu dem Befund des verschütteten Maultiers vor dem Wall.
Die Verteilung des Wallmaterials beiderseits der Pfosten widerspricht der Theorie zumindest nicht, da dieser nach Verrotten und Abbrechen der Pfähle in beide Richtungen zusammensacken kann.
Soviel erst mal zu meinen Überlegungen, ich freue mich auf Meinungen (mit Argumenten).