Der Kampf gut gegen böse - Römer und Punier

El Quijote

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Seit jeher werden Kriege parteiisch gelesen, als Kampf gut gegen böse. Die Römer haben natürlich - insbesondere im Zweiten Punischen Krieg, der für sie ja existenzbedrohend war (Hanniba‘al zog mehrere Jahre durch Italien, schien über Jahrhunderte gemachte Eroberungen und geschlossenen Allianzen in Frage zu stellen). Nun ist es unzweifelhaft so, dass die Römer den Ebrovertrag brachen (auch, wenn man vereinzelt liest - basierend auf einer Stelle Appians), dass der Iberos nicht der Ebro, sondern der Segura gewesen sei und somit nicht Rom, sondern Karthago bzw. Hanniba‘al den Vertrag gebrochen habe.

Davon abgesehen habe ich aber auch häufig hier im Forum den Eindruck klarer Dichotomien gut gegen böse. Meistens sind die Römer die „Böse“n, wohingegen die am Ende unterlegenen Karthager die „Guten“ sind. Klar, haben die Karthager alle drei punische Kriege verloren (vor allem der Dritte war gewissermaßen ein Feldzug zur Vernichtung Karthagos, der militärisch wohl ziemlich überflüssig war) und somit lässt sich ex post ein David- (Karthago) und Goliath-Narrativ erzählen (Goliath ist natürlich Rom). In älteren Texten findet man oft aber auch eine umgekehrte Deutung: Hier ist es dann oft ein antisemitisches Narrativ, welches die gestählten Römer gegen phönizische Krämerseelen ins Feld ziehen lässt. Dieses Narrativ hat aber heute und hier im Forum i.d.R. keine Bedeutung mehr.

Nun, nach dem Ersten Punischen Krieg hatte Karthago zwei Probleme: es musste seine Söldner bezahlen (die, dich von Karthago über den Tisch gezogen fühlten und marodierten) und es musste „Reparationen“ an Rom leisten - hatte aber seine Minen auf Sizilien und Sardinien verloren. Es konnte also den selbst und fremd aufgeladenen Zahlungsverpflichtungen zunächst nicht nachkommen. Um Abhilfe zu schaffen, orientierte sich Karthago nach Spanien um, wo die Schwesterstädte ja schon lange Erze mit den iberischen und tartessischen Bevölkerungsgruppen handelten. Die Barkiden (Hamilkar Barkas, dessen Schwiegersohn Hasdruba‘al sowie Hamilkars Söhne Hanniba‘al, Hasdruba‘al und Mago) banden dabei Karthagos Schwesterstädte an Karthago und eroberten deren Hinterland, umstritten ist, wie groß die eroberten Gebiete tatsächlich waren, z.B. wird die von Hanniba‘al belagerte Stadt Helmantike oft für Salamanca (Salmantica) gehalten, aber dafür gibt es keinen schlagenden Beleg. Lediglich die oberflächliche Namensähnlichkeit. Die Barkiden verhielten sich also in Spanien nicht anders als Rom und als die römischen Legionen in Andalusien einrückten suchten einige der punischen Städte dort ihre karthagischen Garnisonen loszuwerden und mit Rom anzubändeln. Die karthagischen Brüder waren eine Besatzungsmacht und unbeliebt, nicht nur bei vielen der iberischen Stämme (mit manchen hatten die Karthager auch Verträge geschlossen, so hatte Hanniba‘al etwa eine Frau aus Castulo), sondern eben auch bei den spanischen Puniern, welche die erste sich bietende Gelegenheit nutzten, das karthagische Joch abzuschütteln.
 
So ganz verstehe ich Deinen Veitrag nicht. Worum geht es Dir, willst Du aufzeigen, dass Karthago nicht "die Guten" waren? Zu welchem Schluss kommst Du?

Kriegsparteien lassen sich selten in Kategorien wie "gut und böse" einteilen, weil Kriege sich nicht eindeutig moralisch einteilen lassen. Jede Kriegspartei hat irgendwann irgendwelchen "Dreck am Stecken" und aus "schwarz-weiß" werden "fifty shades of grey".

Der Aggressor ist per sé erst einmal dunkelgrauer als der Angegriffene. Wer zum Mittel der Gewalt greift, hat andere Möglichkeiten nicht ausgeschöpft. Wobei Krieg zu Zeiten der Punischen Kriege nicht die Fortsetzung der Politik mit anderen Mitteln war, sondern eher das bevorzugte Mittel der Außenpolitik.

Karthago war wie Rom eine Kolonialmacht. Kolonialreiche zeichnen sich durch ein Machtgefälle zwischen Kolonisierer und Kolonisierten aus. Erstere beuten Letztere aus.

Dass die Kolonisierten unzufrieden mit so einer Situation sind, liegt in der Natur der Sache, wer möchte schon ausgebeutet werden.

Vielleicht war Karthago weniger "böse" als Kolonisierer, als dass es, wie Du erwähnt hast, nicht nur militärische Macht einsetzte, sondern auch Verträge, wie einseitig die auch gewesen sein mögen.

Wer mittels Kriegen kolonisiert, hat sowieso den schlechteren Ruf. Wer damals erobert wurde, wurde ausgeraubt, geplündert, gebrandschatzt, vergewaltigt und versklavt (so viel hat sich da in den letzten 2200 Jahren nicht verändert). Daher ist es wenig verwunderlich, dass Archimedes als "Grieche" die Römer nicht als Befreier mit Blumen empfing.

Und noch ein Indiz, dass die Karthager als das kleinere Übel wahrgenommen wurden. Hannibal wäre vermutlich nie bis Rom gekommen, wenn er unterwegs auf erbitterten Widerstand der jeweiligen Bevölkerung gestoßen wäre.
 
Versteckt sich womöglich eine Art Parteinahme in den Spitzfindigkeiten der Schreibweise? Der berühmteste Kriegsherr Karthagos wird Hanniba'al geschrieben, seine Kontrahenten eingedeutscht Römer. Cicero & Co. kannten kein o mit zwei Punkten obendrauf ;) ihre Hauptstadt hieß nicht Rom sondern Roma, sie selbst Romani, nicht Römer.
In deinem Beitrag ist die hyperkorrekte sprachwiss/histor. Schreibweise ungerecht verteilt, und bei einem Kenner wie dir muss der laienhafte Leser wie ich auf Absicht schließen - damit erweist sich dein Beitrag unerwarteterweise selber als ein Beispiel für: Parteinahme. Willkürlich erhalten die einen Korrektheit, die anderen nicht.

Cicero schrieb Hannibal, credo, erat ad portas und si Hannibal ad portas venisset - - nun ja, der war ja ein überheblicher Romanus, den man sicher einfach als "Römer" bezeichnen kann ;) und Berthold Brecht, der sprachhistorisch unbeleckte Skribent, schrieb doch tatsächlich Baal statt Ba'al, welch´ ein Affront.

Spaß beiseite: Hannibal, Hasdrubal, Rom, Römer, Theoderich, Lissabon sind seit langem übliche Schreibweisen bei uns, es ist keine sonderliche Geistesmühe nötig, um zu wissen, dass das Hanniba'al, Hasdruba'al, Roma, Romani, Thiudreiks, Lisboa sind. (schade, dass wir hier nur schriftlich parlieren: ich würde gerne hören, wie du die Hauptstädte an Themse und Seine aussprichst - man müsste hyperkorrekt Pari und Landn hören statt des üblichen Paris und London) - - aufgefallen ist mir, dass deine sprachwiss. fundierten Schreibkünste nur ausgewählten Kulturkreisen zuteil werden, und hier im Fall Rom vs Karthago ganz offensichtlich.
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ich finde es bedauerlich, dass das interessante Thema Gut-Böse-Dichotomien nur im Themenabschnitt römisches Reich und (zunächst?) auf Rom-Karthago begrenzt ist. Allein in der langen Geschichte des römischen Reichs bieten sich weitere Gut-Böse-Narrative an:
Kimbern/Teutonen vs Rom
Gallier vs Römer sowie Vercingetorix vs Caesar
(den Teutoburger Wald a la Heine muss ich nicht erwähnen)
Britannier vs Römer (Boudicca, Tacitus Agricola)
römische Hochkultur vs germanische Zerstörer/Barbarenhorden
(und noch etliche andere Themen, die im Lauf der letzten 1-2 Jahrhunderte in unterschiedlichen Narrativen beackert worden sind)
 
Kimbern/Teutonen vs Rom
Gallier vs Römer sowie Vercingetorix vs Caesar
(den Teutoburger Wald a la Heine muss ich nicht erwähnen)
Britannier vs Römer (Boudicca, Tacitus Agricola)
römische Hochkultur vs germanische Zerstörer/Barbarenhorden

Vor allem auch brutalstmögliche Mongolen/Tataren vs. friedliebende Zaren
bzw. genauso friedliebende nahöstliche Herrscher.
 
Römer und Punier haben sich beide als imperialistische Kolonialmächte verhalten, die mit ihrem jeweiligen Expansionsbestrebungen sich in die Quere gekommen sind. Ich weiß nicht, ob eine Schwarz-Weiß-Darstellung in der Darstellung überwiegt. Zwar kennen wir die Geschichte primär aus römischer Perspektive, also aus der der Sieger. Darstellungen aus Karthago sind - man möge mich korrigieren, falls ich mich irre - gar nicht auf uns gekommen, allerhöchstens in der Darstellung antiker römischer bzw. griechischer Historiker. Eine prorömische Sichtweise mag aber auch daran liegen, dass Rom nun einmal die Grundlage der europäischen Kultur ist, also ein Konflikt der Europäer/europäischen Kultur gegen Fremde, auch wenn es den Begriff Europa damals noch nicht gegeben hat. Da wird man sich als Europäer/Westler eher mit Rom solidarisieren als mit einer untergegangen, fremden Kultur.
 
So ganz verstehe ich Deinen Veitrag nicht. Worum geht es Dir, willst Du aufzeigen, dass Karthago nicht "die Guten" waren? Zu welchem Schluss kommst Du?
Mir geht es darum, sich von solchen kindlichen Dichotomien wie "gut" gegen "böse" zu lösen. Die Römer haben den Zweiten Punischen Krieg ganz unzweifelhaft vom Zaun gebrochen, aber die Karthager waren eine Besatzungsmacht in Südiberien. Wenn man die Geschichte nicht ex post liest (die Römer haben die Karthager nicht nur im Zweiten Punischen Krieg besiegt und ihnen ihre südiberischen Besitzungen weggenommen, sondern auch noch den völlig unnötigen Dritten Punischen Krieg vom Zaun gebrochen mit dem Ziel Karthago zu vernichten), also die implizite David-gegen-Goliath-Geschichte (die meisten von uns neigen ja - und das ist im Prinzip auch mehr als in Ordnung - für David Partei zu ergreifen - nur auf dem Schulhof ergreifen die meisten oft Partei für Goliath) zurgrundelegt, muss man einfach feststellen, dass hier zwei expansive Mächte miteinander rangen. Es handelt sich also objektiv nicht um eine David-gegen-Goliath-Geschichte, sondern wir machen auf Basis des Endergebnisses in der ex post-Erzählung erst eine solche daraus. Das Endergebnis - siehe den Tod der beiden Cornelier, Cannae und Hanniba'als lange Zeit erfolgreiches Operieren in Italien - war keineswegs vorherbestimmt.
 
Eine prorömische Sichtweise mag aber auch daran liegen, dass Rom nun einmal die Grundlage der europäischen Kultur ist
Ginge (Konjunktiv!) das womöglich so weit, dass wir heute als Demokraten eher der römischen Republik zugeneigt sein sollten? Schwierig würde dann, auf wessen Seite wir uns stellen sollten bei der römischen Annexion Griechenlands ;)
Ich vermute, dass ex post viele Tradition gewordene Zuschreibungen (Thermen, Wasserleitungen, Hochkultur/Zivilisation usw) das Bild färben und dabei übersehen wird, dass das Rom des ersten punischen Kriegs noch nicht das Rom mit Colosseum, Pantheon & Co. gewesen ist.
 
Karthager waren eine Besatzungsmacht in Südiberien
Diese Aussage mag für eine konkrete Epoche und Region zutreffend sein. Auch deine Aussage, dass hier zwei Mächte um Vorherrschaft ringen, beschreibt nur einen Ausschnitt der gesamten wechselvollen Geschichte, in deren Verlauf Rom und Karthago nur zwei von mehreren Playern sind, die "Interessen" im westlichen Mittelmeer hatten.

Die Rom vs. Karthago "Erzfeindschaft" wurde von der Antike beginnend hochgespielt und ideologisiert. Bis hin ins Dritte Reich, dessen Altertumswissenschaftler darin einen Rassenkampf und Inbegriff eines Völkerhasses sehen wollten, der gewissermaßen "natürlich" sei. Siehe Sammelband "Rom und Karthago" (1943) https://de.wikipedia.org/wiki/Rom_und_Karthago

Wobei selbst bei den Nazi Ideologen die Rollenverteilung Gut-Böse nicht konsistent war, denn einem Hannibal wurden "arische Eigenschaften" zugeschrieben, weil ihrer Ansicht nach nur Arier Großes vollbringen könnten. Sein angeblicher Nationalismus und sein Hass gegen die Römer wurde sogar sehr positiv dargestellt.

Eine ausführliche Buchbesprechung dazu fand ich hier https://www.sehepunkte.de/2019/09/33136.html
(Lustiges Zitat: Uwe Walter bezeichnet dieses Buch in seiner "Bilanz" am Ende des Bandes offen und salopp als ein "gruselig klapperndes Skelett". Gemeint ist der Sammelband von 1943)

Diese Dissertation habe ich auszugsweise gelesen. Sie weist auf die "Multipolarität" der Machtverhältnisse und Interessen hin. Auch Westgriechen und Etrusker spielen eine Rolle, und mit dem Vorurteil, die Karthager seien von merkantilen Interessen getriebenen Pfeffersäcke gewesen, räumt sie auch ganz gut auf.
https://www.academia.edu/27778745/K...lt_Dissertation_Ruhr_Universität_Bochum_2016_
 
Diese Dissertation habe ich auszugsweise gelesen. Sie weist auf die "Multipolarität" der Machtverhältnisse und Interessen hin. Auch Westgriechen und Etrusker spielen eine Rolle, und mit dem Vorurteil, die Karthager seien von merkantilen Interessen getriebenen Pfeffersäcke gewesen, räumt sie auch ganz gut auf.
https://www.academia.edu/27778745/Karthago_und_die_Multipolarität_in_der_griechisch_frühhellenistischen_Welt_Dissertation_Ruhr_Universität_Bochum_2016_
Dieses alte, mindestens in Grundzügen antisemitische Vorurteil spielt hier im Forum im Prinzip keine Rolle, hier wird nur immer gerne die David-gegen-Goliath-Geschichte erzählt, mit einer - durchaus gesunden - Parteinahme für David. Nur ist diese David-gegen-Goliath-Geschichte eben nur ein Narrativ, den es zu dekonstruieren gilt.
 
statt
(hier mit deutschem Genitiv-s kontaminiert)
wäre
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bzw
ḥnbʿl brq
auch voll cool und gebildet ;):p:D Tante Wiki ist schon eine tolle Sache, aber führt den ḥnbʿl brq als Hannibal Barkas
 

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Du magst das alles lächerlich finden, aber בַּעַל ist nun mal baʿal. Das -ʿ- ist ein eigener Konsonant. Nur weil 97 % der Europäer diesen nicht oder als Vokal wahrnehmen, muss ich das ja nicht auch ignorieren. Wir haben jetzt alle über dein "poco scherzando" gelacht, danke. Können wir damit beim Thema bleiben?
 
Es handelt sich also objektiv nicht um eine David-gegen-Goliath-Geschichte, sondern wir machen auf Basis des Endergebnisses in der ex post-Erzählung erst eine solche daraus.

Das bei uns lange vorherrschende Bild wurde doch entschiedend von der Figur Hannibals und seinen militärischen Leistungen geprägt - nicht zuletzt wegen seiner Elefanten.
Um die Unterwerfung etwa Mauretaniens oder Dakiens - durchaus ebenfalls "David gg. Goliath"-Szenarien - wurde nie ein solches Primborium gemacht. Selbstverständlich haben diese auch niemals Rom direkt bedroht.

Die Ursachen für die Bewunderung Hannibals sollte man vor allem im militaristischen Preußen und in der frühen Geschichtsforschung suchen, die lange mehr eine Militärgeschichte darstellte und zu Anfang häufig von pensionierten Militärs getragen wurde. Alle Generäle träumten davon, in Cannae die Punier befehligt zu haben.
 
Das besondere am Konflikt zwischen Rom und Karthago ist, dass dieser vom römischen Dichter Vergil bis in die Mythologie zurückverfolgt wurde. Der Urkonflikt beginnt im direkten Anschluss an den Trojanischen Krieg mit den Protagonisten Aeneas und Dido.
 
Ich finde das weniger lächerlich als vielmehr auffällig selektiv*), wie in #3 beschrieben. Wie es um _'_ bestellt ist, das ist weder geheim noch macht es die hier üblich gewordene Schreibweise, wie wir sie hier in jedem Lexikon finden, obsolet. Kurzum bricht dir kein Zacken aus der Krone, wenn du in diesem Faden einfach Hannibal tippst.
Um das zu trainieren, verordne ich dir, 20mal alle Cicero-Textstellen, welche Hannibal erwähnen, korrekt ohne Verschlimmbesserungen abzuschreiben (das wird dir nicht weh tun: es ist eine lateinische Quelle, und du weißt, wie man solche korrekt zu zitieren hat)
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*) Wenn in eigentlich informativen Beiträgen wie den deinen gelegentlich belehrende Passagen auftauchen, welche durch selektive hyperkorrekte Transliterierung auffallen - siehe #3 - stört das solche banausischen Mitleser wie mich, denn mir leuchtet angesichts sogar in historischer Fachliteratur üblicher Schreibweisen nicht ein, warum man bei dir partout "schöngeistig" Qu'ran statt Koran, Hanniba'al statt Hannibal, aber Theoderich statt Thiudreiks und Römer statt Romani lesen muss.
Fun fact: Nina Hagen wurde und wird nicht beharkt, weil sie gräßlich falsch Theo, wir fahren nach ... gekräht hat :D:D Gerade von dir erwarte ich zu wissen, wie die polnische Stadt korrekt ausgesprochen wird
 
David-gegen-Goliath-Geschichte eben nur ein Narrativ, den es zu dekonstruieren gilt.
Existiert ein derartiges Narrativ denn tatsächlich, und ist es vorherrschend?
Ich persönlich habe dieses "David-Goliath" Bild nicht, wenn ich an den Konflikt Rom vs. Karthago denke. Weil er lang andauert, weil auch diverse griechische Stadtstaaten und Etrusker mitmischen, und weil die Kräfteverhältnisse nicht jahrhundertelang dieselben waren.

Anfänglich waren eher die Westgriechen und Etrusker Konkurrenten der Karthager. Rom spielte im Kampf um die Seeherrschaft überhaupt keine Rolle, u.a. weil sie nicht einmal eine Kriegsmarine hatten.
Der 1. karthagisch-römische Vertrag war sogar noch ein Freundschaftsvertrag, zu dessen Zeit die Karthager der "Goliath" waren, die den Römern sogar vertraglich Zugeständnisse machten, weil sie im aufkommenden römischen Reich ein Bollwerk gegen die expansiven Tyrannen von Syrakus und die Etrusker gesehen haben. Rom hatte zu diesem Zeitpunkt (500 v. Chr.) noch nicht einmal das eigene Vorzimmer Latium voll unter Kontrolle, und die Etrusker waren die führende Macht in Italien.
 
Wenn in eigentlich informativen Beiträgen wie den deinen gelegentlich belehrende Passagen auftauchen, welche durch selektive hyperkorrekte Transliterierung auffallen - siehe #3 - stört das solche banausischen Mitleser wie mich, denn mir leuchtet angesichts sogar in historischer Fachliteratur üblicher Schreibweisen nicht ein, warum man bei dir partout "schöngeistig" Qu'ran statt Koran, Hanniba'al statt Hannibal, aber Theoderich statt Thiudreiks und Römer statt Romani lesen muss.
Ich habe zwar keine Fakultas als Islamwissenschaftler oder Semitist, aber ich beschäftige mich nun mal seit über 20 Jahren aufgrund meiner Schwerpunkte in der Hispanistik und der Geschichte v.a. mit dem Arabischen und weiß daher, wie es um defektive Transkriptionen bestellt ist, diese können nämlich sehr leicht zu falschen Schlussfolgerungen führen. Das mag bei Koran und Hannibal egal sein, an anderer Stelle ist es das aber wg. der Gefahr falscher Interpretationen nicht.* Und ich kann mich nicht erinnern, von anderen im Forum jemals verlangt zu haben, semitische Worte korrekt zu translitererien.
Nebenbei: Qur'ân.

*Man nehme als Bsp:

phoenizischer Urspung:
  1. nach dem Schliefer spʰ(a) (Schliefer), womit die zahlreichen Kaninchen gemeint wurden: also die Insel der Kaninchen
  2. von span (verborgen), das sich auf die entfernte und versteckte Lage der iberischen Halbinsel bezieht,
  3. von *sp(a)n (Norden), also die Insel des Nordens. Von den phoenizischen Kolonien in Nordafrika ausgehend würde das Sinn ergeben.
  4. von I-span-ya (Insel oder Küste der Schmiede). Südspanien hatte in der Antike große Metallvorkommen.

Ja, worunter muss man da schauen bei -s-?
שׂ - śīn
ס - samech
צ – ṣadé/tsadé
ז - zajin
Wenn ordentlich transliteriert ist, ist die Überprüfung eben sehr viel einfacher. Wenn nachlässig transliteriert ist, kann man sich im WB dumm und dusselig suchen.

Und das täglich Lustigmachen über irgendwelche Dinge nehme ich eher als destruktiv wahr.
 
Der Vergleich David gegen Gloliath trifft nur auf den 3. Punischen Krieg zu. Das damalige Karthago war nur noch ein Schatten seines früheren selbst und dessen ganz grob dem heutigen Tunesien ensprechendes Einflußgebiet wurde durch Rom's Verbündeten Massinissa immer weiter reduziert. Der dritte Punische Krieg war im Grunde überflüssig, weil Karthago ja damals bereit war, sich zum römischen Klientelstaat machen zu lassen. Die Zerstörung der Stadt durch Rom kann dann auch als "böse" kategorisiert werden. Die Römer zur Zeit Cäsars und Augustus sahen das ebenfalls so. Man hatte ein schlechtes Gewissen und baute Karthago wieder auf.
Motiviert war diese Zerstörung aber wohl durch den Hass vieler Römer auf Karthago. Der wierderum geht auf das "Wirken" Hannibals in Italien zurück, der laut eigener Aussage 300 000 römische Soldaten getötet und 350 Städte zerstört hat. Aus Sicht der Römer war Hannibal also "der Böse". Dieser aber wiederum hat eigentlich nur auf die Aggression Roms reagiert, wenn auch sehr massiv. In den beiden ersten punischen Kriegen waren Rom und Karthago aber Mächte auf Augenhöhe, wenn diese auch unterschiedliche Fähigkeiten haben. Aus der heutigen Sicht zu sagen ein Sieg Roms hätte vom Ausgangspunkt an festgestanden ist falsch. Insbesondere im zweiten punischen Krieg kam Karthago einem Sieg über Rom sehr nahe.
Ein wesentlicher Unterschied zwischen Rom und Karthago war, das Karthago bereit war, anderen Mächten von Rang ein unabhängies Existenzrecht zuzusprechen, Rom aber im Grunde nicht. Daraus ergibt sich ein wesentlich aggressiveres Verhalten, welches man als "böse" kategorisieren kann.
 
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