Der Kampf gut gegen böse - Römer und Punier

Wobei selbst bei den Nazi Ideologen die Rollenverteilung Gut-Böse nicht konsistent war, denn einem Hannibal wurden "arische Eigenschaften" zugeschrieben, weil ihrer Ansicht nach nur Arier Großes vollbringen könnten. Sein angeblicher Nationalismus und sein Hass gegen die Römer wurde sogar sehr positiv dargestellt.
Interessant in diesem Zusammenhang ist der früher sehr populäre Roman "Hannibal" von Mirko Jelusich: Obwohl er sich vom Ereignisablauf her großteils an die historischen Fakten hält (zu den Ausnahmen gehört die Rolle von Hannibals Bruder Mago, der allzu lange als Hannibals "Sidekick" und Dialogpartner fungiert, um den Leser an Hannibals angeblicher Sicht der Dinge teilhaben lassen zu können), wird darin eine den Nationalsozialisten nahestehende Sicht der Dinge entworfen. Hannibal wird als energischer und umsichtiger Führer verherrlicht, der von der Händleroligarchie zuhause in Karthago ausgebremst und behindert wird. Sogar die Schuld an der Niederlage bei Zama wird diesen gewissermaßen "parlamentarisch-republikanischen" Kräften angelastet, indem es so dargestellt wird, als hätten sie den Schlachtplan ausgetüftelt, den Hannibal wider besseres Wissen umsetzen musste. Aber auch die römischen Niederlagen werden damit erklärt, dass es sich bei der römischen Republik um eine Art verlotterte Demokratie gehandelt habe, die den Aufstieg unfähiger Personen in hohe Ämter ermöglichte. Auf den Punkt gebracht: Haben große Führergestalten wie Hannibal oder Scipio das Sagen, läuft es gut, während mit einer Republik/Demokratie alles vor die Hunde geht.
 
Das mag bei Koran und Hannibal egal sein
sehe ich durchaus so, beide Schreibweisen sind üblich und werden verstanden, werden auch in der histor. Fachliteratur verwendet.
an anderer Stelle ist es das aber wg. der Gefahr falscher Interpretationen nicht.
Durchaus - und wie du richtig bemerkst: an anderer Stelle. Man versteht problemlos, wen und was "Hannibal" und "Koran" meinen.
Nebenbei: Qur'ân.
...ja, der Tanz der Sonderzeichen:

Übrigens destruktiv finde ich den Hinweis auf manche Schreibmarotten nicht, denn sie können missverständlich wirken.

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Ich überlege gerade, ob es irgendeinen kriegerischen Konflikt mit Beteiligung des römischen Imperiums gab, welcher hinterher ohne Parteinahme, ohne Gut-Böse Dichotomie beschrieben wurde. Mir fällt ad hoc nichts ein.

In der derzeitigen Populärkultur, im Kino, in neueren historischen Romanen, taucht ein neues Narrativ auf, ich nenne es das "geschichtsklitternde Öko-Motiv". Als das Böse werden die technisierten Römer dargestellt, das Gute manifestiert sich als im Einklang mit der Natur lebender und friedliebender je nach Schauplatz keltischer, schottischer oder germanischer Ökobauer (der freilich das Schwert zu schwingen weiß)
 
Ich überlege gerade, ob es irgendeinen kriegerischen Konflikt mit Beteiligung des römischen Imperiums gab, welcher hinterher ohne Parteinahme, ohne Gut-Böse Dichotomie beschrieben wurde. Mir fällt ad hoc nichts ein.

Bei den Kriegen gegen die Parther oder die Sassaniden kann ich dieses Schema nicht erkennen.
 
Besonders auffällig ist, dass Hannibal in der Trivialliteratur nur als "Feldherr" auftaucht. Sonst ist man da recht freigibig bei der Vergabe von Adelstiteln. Die unmöglichsten Personen wurden in der Neuzeit nachträglich zu Fürsten, Prinzen, Königen und Kaisern verklärt - nicht aber Hannibal.
Als ich als Kind Hannibals Feldzug mit Spielzeugelefanten nachspielte, habe ich über die Bezeichnung "Feldherr" gewundert; ich hatte sie schlicht nicht verstanden.
Alte Lexikas sind sich übrigens einig: Hannibal war einer der größten Feldherrn aller Zeiten oder wenigstens des Altertums. Aus meiner kindlichen Sicht war er der einzige. So wurde sonst niemand genannt.

In der derzeitigen Populärkultur, im Kino, in neueren historischen Romanen, taucht ein neues Narrativ auf, ich nenne es das "geschichtsklitternde Öko-Motiv". Als das Böse werden die technisierten Römer dargestellt, das Gute manifestiert sich als im Einklang mit der Natur lebender und friedliebender je nach Schauplatz keltischer, schottischer oder germanischer Ökobauer (der freilich das Schwert zu schwingen weiß)
Ursprünglich kommt das Motiv aus dem Western-Film: Von der Ausrottung bedrohte Indianer kämpfen gegen die Kavallerie und die Eisenbahn.
In der umstrittenen Netflix-Serie "Barbaren" ist die Karthagerin Dido übrigens mit dem Germanen Arminius gegen die Römer verbündet.
 
Zuletzt bearbeitet:
Besonders auffällig ist, dass Hannibal in der Trivialliteratur nur als "Feldherr" auftaucht. Sonst ist man da recht freigibig bei der Vergabe von Adelstiteln.
Heute ja. In der Antike kursierte allerdings ein - natürlich gefälschter - Brief Hannibals an die Athener, in dem er sich als "König" bezeichnete.
 
Heute ja. In der Antike kursierte allerdings ein - natürlich gefälschter - Brief Hannibals an die Athener, in dem er sich als "König" bezeichnete.
Angesichts dessen, was in Athen oder Sparta unter einem König (Basileus) verstanden wurde, ist das doch eigentlich nicht mal verkehrt. Diese griechischen Könige wurden auch gewählt und mussten sich ihre Macht teilen.

Aristoteles unterscheidet den guten König vom bösen Tyrannen.
Wenn man Hannibal die Bezeichnung als König nicht zugesteht, ist das eine Wertung.
 
Ein wesentlicher Unterschied zwischen Rom und Karthago war, das Karthago bereit war, anderen Mächten von Rang ein unabhängies Existenzrecht zuzusprechen, Rom aber im Grunde nicht. Daraus ergibt sich ein wesentlich aggressiveres Verhalten, welches man als "böse" kategorisieren kann.
@Udo Grebe gibt es denn Quellen, welche diese mir gar zu modern erscheinende Haltung - Kontrahenten, mit denen man in Konflikt ist, ein unabhängiges Existenzrecht zuzusprechen (womit nicht etwa Schonung von Kriegsgefangenen gemeint ist) - nachweisen? Also A und B führen Krieg gegeneinander, A tönt "natürlich hat B ein Existenzrecht, auch wenn wir gewinnen" und B tönt "wir hören erst auf, wenn B am Boden liegt und die Sklavenfessel trägt"?
 
Angesichts dessen, was in Athen oder Sparta unter einem König (Basileus) verstanden wurde, ist das doch eigentlich nicht mal verkehrt. Diese griechischen Könige wurden auch gewählt und mussten sich ihre Macht teilen.

Aristoteles unterscheidet den guten König vom bösen Tyrannen.
Wenn man Hannibal die Bezeichnung als König nicht zugesteht, ist das eine Wertung.
Nein, denn einen Titel מֶלֶךְ mælæḵ führte Hanniba‘al ja (unseres Wissens) nicht. Er war de facto „nur“ ein Feldheer, wenn auch dynastisch bestimmt (aber er hatte wohl auch das notwendige Charisma): Nachdem sein wohl deutlich älterer Schwager dem Vater nach dessen Tod im Oberkommando nachgefolgt war, folgte ein kaum 18jähriger Hanniba‘al seinem Schwager - ob die Mutterstadt überhaupt gefragt wurde oder ob man sie überhaupt noch ernst nahm?
 
Die Römer zur Zeit Cäsars und Augustus sahen das ebenfalls so. Man hatte ein schlechtes Gewissen und baute Karthago wieder auf.
Mit einem "schlechten Gewissen" hatte das wohl wenig zu tun, sondern mit handfesten politischen und wirtschaftlichen Gründen. Das fruchtbare "Africa" bot sich einfach für eine Siedlerkolonie an. Beginnend mit Gaius Gracchus wurde daher von verschiedenen "popularen" Politikern eine entsprechende Koloniegründung propagiert. Das sollte aber, wohlgemerkt, eine durch und durch römische Kolonie, eine Ansiedlung italischer Kolonisten, werden und nicht eine "punische" Stadt. Mit dem alten Karthago hatte das neue nur noch den Namen gemein; anfangs nicht einmal die genaue Lage.

Ein wesentlicher Unterschied zwischen Rom und Karthago war, das Karthago bereit war, anderen Mächten von Rang ein unabhängies Existenzrecht zuzusprechen, Rom aber im Grunde nicht. Daraus ergibt sich ein wesentlich aggressiveres Verhalten, welches man als "böse" kategorisieren kann.
Das sehe ich so nicht. Konflikte zwischen Rom und anderen Großmächten wie etwa Karthago, Makedonien oder dem Seleukidenreich ergaben sich, wenn man sich ins Gehege kam, wenn sich die Interessensphären zu überlappen begannen und die andere Seite insofern als Störenfried und Bedrohung der eigenen Macht und Interessen wahrgenommen wurde. Da war Karthago aber auch nicht anders, wie die Konflikte insbesondere mit Syrakus und den anderen Griechenstädten Siziliens, aber auch mit Kyrene, zeigten.
Dass Rom keineswegs jeder anderen Macht von Rang ein unabhängiges Existenzrecht absprach, zeigte sich beim Umgang mit dem Partherreich und später mit dem Sassanidenreich. Wenngleich es in der späten Republik und in der Kaiserzeit immer wieder Politiker und Kaiser gab, die ein zweiter Alexander werden wollten, stand eine Niederwerfung und Zerschlagung des östlichen Nachbarn im Allgemeinen aber nicht auf der römischen Agenda. Bei den zahlreichen Kriegen ging es meist nur um die Grenzziehung in Mesopotamien, die Oberhoheit über die Staaten im Grenzgebiet (Armenien, Adiabene, Osrhoene etc.) sowie um die Kontrolle strategisch wichtiger Punkte und Regionen (wie etwa Kolchis, über das die Sassaniden einen Zugang zum Schwarzen Meer anstrebten, was die Römer unbedingt vereiteln wollten), auch um die Vorfeldsicherung der Provinz Syria und der gefährdeten Großstadt Antiochia am Orontes.
 
Er war de facto „nur“ ein Feldheer
...das muss man erstmal hinkriegen ;):D (die Autokorrektur kann das mangels Verstand nicht beanstanden)

Ist "Feldherr" eine Art sprachliche Notlösung? Welcher Titel oder welches Amt in der römischen Republik könnte dem Titel/Amt(?) Hannibals entsprechen? Oder wären griechische Begriffe eher angebracht?
 
Ein wesentlicher Unterschied zwischen Rom und Karthago war, das Karthago bereit war, anderen Mächten von Rang ein unabhängies Existenzrecht zuzusprechen, Rom aber im Grunde nicht. Daraus ergibt sich ein wesentlich aggressiveres Verhalten, welches man als "böse" kategorisieren kann.
Genau das meine ich mit ex post-Betrachtung. Wir nehmen bei Karthago nur das Endergebnis wahr. Seine Vernichtung. Die punische Kultur blühte aber anderswo - im römischen Reich! - noch in der Kaiserzeit.
Wo ich eben beim Stichwort Kaiserzeit bin, kann ich mich eh des Eindrucks nicht erwehren, dass der Konflikt zwischen Rom und Karthago nicht als der zwischen zwei konkurrierenden Regionalmächten wahrgenommen wird, sondern vielmehr wie der zwischen dem Imperium Romanum in der augusteischen oder gar traianischen Ausdehnung und dem kleinen Stadtstaat Karthago.
Karthago und anderen ein unabhängiges Existenzrecht zusprechen: Die Haltung der punischen Schwesterstädte und auch einiger iberischer Stämme zu Karthago im Zweiten Punischen Krieg zeigt eigentlich, dass Karthago durchaus problematisch wahrgenommen wurden und die Römer offensichtlich als das geringere Übel.
 
Wo ich eben beim Stichwort Kaiserzeit bin, kann ich mich eh des Eindrucks nicht erwehren, dass der Konflikt zwischen Rom und Karthago nicht als der zwischen zwei konkurrierenden Regionalmächten wahrgenommen wird, sondern vielmehr wie der zwischen dem Imperium Romanum in der augusteischen oder gar traianischen Ausdehnung und dem kleinen Stadtstaat Karthago.
!!! dito:
Ich vermute, dass ex post viele Tradition gewordene Zuschreibungen (Thermen, Wasserleitungen, Hochkultur/Zivilisation usw) das Bild färben und dabei übersehen wird, dass das Rom des ersten punischen Kriegs noch nicht das Rom mit Colosseum, Pantheon & Co. gewesen ist.
 
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Ist "Feldherr" eine Art sprachliche Notlösung? Welcher Titel oder welches Amt in der römischen Republik könnte dem Titel/Amt(?) Hannibals entsprechen? Oder wären griechische Begriffe eher angebracht?
Ich würde Feldherr verwenden; Maglor beanstandet das:

Besonders auffällig ist, dass Hannibal in der Trivialliteratur nur als "Feldherr" auftaucht. Sonst ist man da recht freigibig bei der Vergabe von Adelstiteln. Die unmöglichsten Personen wurden in der Neuzeit nachträglich zu Fürsten, Prinzen, Königen und Kaisern verklärt - nicht aber Hannibal.

Wenn man Hannibal die Bezeichnung als König nicht zugesteht, ist das eine Wertung.
 
Also Feldherr/Oberbefehlshaber im Sinn des griech. (antiken) Strategos, und über diesem stehen die politischen Machthaber. Wer waren Hannibals "Chefs"?
 
Zumindest vor der Besetzung Spaniens trat Karthago eher als Seemacht in Erscheinung, beschränkte sich meist auf Küstengebiete. Das war ein Unterschied in der Wahrnehmung zur Territorialmacht Rom
 
Der 1. karthagisch-römische Vertrag war sogar noch ein Freundschaftsvertrag

Interessant ist auch der 3.karthagisch-römische Vertrag aus dem Jahre 348. Poybios bestreitet vehement die Historizität des Vertrages. Bis heute ist nicht geklärt, ob es diesen Vertrag nun gegeben hatte oder eben nicht.
Bestandteil des Vertrages war, das die Römer sich ganz und gar von Sizilien fern halten sollen und die Karthager sich von Italien. Das klingelt doch etwas nach der Kriegsschuldfrage des Punischen Krieges Nr.1.
Ob der Vertrag nun tatsächlich existierte oder nicht, die Römer haben auch den 1.Punischen Krieg verschuldet.
Rom nahm die mamertinische dedito an und das in vollem Bewusstsein, das die Mamertiner bereits in einem völkerrechtlichen Verhältnis zu Karthago stand. Rom hat also zumindest billigend durch die Vertreibung der karthagischen Besatzung aus Messana den Krieg billigend in Kauf genommen.
 
Ich würde Feldherr verwenden; Maglor beanstandet das:
Ich muss dann doch zurückrudern.
Feldherr ist nämlich auch die gängige Bezeichnungen für die römischen Oberbefehlshaber in republikanischer Zeit wie z.B. Scipio Africanus. Rom und Karthago werden diesbezüglich von der deutschsprachigen Geschichtsschreibung gleichbehandelt.
Trotzdem ist es aber eine gewisse Willkür der Übersetzer, dass hier nur von Feldherren die Rede ist. "Imperator" klingt doch irgendwie viel wichtiger.;)
Aufgrund der Verwechslungsgefahr von "Imperator" mit den Kaisertitel ist die Übersetzung als Feldherr eine gute Wahl.
 
Zuletzt bearbeitet:
Angesichts dessen, was in Athen oder Sparta unter einem König (Basileus) verstanden wurde, ist das doch eigentlich nicht mal verkehrt. Diese griechischen Könige wurden auch gewählt und mussten sich ihre Macht teilen.

Aristoteles unterscheidet den guten König vom bösen Tyrannen.
Wenn man Hannibal die Bezeichnung als König nicht zugesteht, ist das eine Wertung.

Hannibal war aber kein König, sondern Feldherr, abhängig von den Verfassungsorganen Karthagos.

Im republikanischen Rom gab es nur deshalb keine Feldherrn, weil diese Nische von politischen Amtsträgern besetzt war. In Griechenland gab es meist mehrere Strategen, weshalb von Generälen die Rede ist.
 
Interessant in diesem Zusammenhang ist der früher sehr populäre Roman "Hannibal" von Mirko Jelusich
Danke, dass du dieses Buch kommentierst. Ich möchte deiner Analyse noch eine sehr persönliche Anekdote hinzufügen, um deutlich zu machen, wie sehr das Buch als ideologisches Werk aufgefasst und verwendet worden ist.

Meine Großmutter, die bis ihrem letzten Atemzug ein Nazi war, gab mir dieses Buch zu lesen, als ich etwa 12 Jahre alt war. Es beginnt mit der Szene, in der ein etwa 12-jähriger Hannibal seinem Vater schwören muss, dass er die Römer sein Leben lang hassen und bekämpfen wird. Ich habe das Buch, wie alles andere Lesbare, das mir unterkam, gelesen, und die Story mit den Elefanten, der Alpenüberquerung, den epischen Schlachten etc. sehr spannend gefunden.

Als ich das Buch gelesen hatte, fragte mich meine Großmutter, wie es mir gefallen habe. Und dann ereignete sich eine Szene, die mich sehr geprägt hat: sie wollte mir den Schwur abnehmen, dass ich die Russen (!) mein Lebtag hassen und bekämpfen solle, so wie Hannibal die Römer gehasst und bekämpft hat.

Ich fand das sehr befremdlich und verweigerte ihr diesen Schwur, mit der Begründung, dass ich noch nie einen Russen getroffen habe, und mir daher kein Russe jemals etwas angetan habe. Sie sagte darauf gar nichts.

Sie hatte wohl realisiert, dass ihre Worte mich nicht mehr erreichen konnten, weil ich ein Kind meiner eigenen Zeit war, das mit einem ganz anderen Schwur aufgewachsen war, mit dem "Nie wieder" Schwur, dass sich die Gräuel des 2. Weltkrieges nicht wiederholen dürfen.
 
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