Eine Jugend-, eine soziale, eine christliche oder irgendeine andere Bewegung ist nicht primär definiert durch Geburtsdaten. Sie ist vor allem definiert durch:
- gemeinsame Überzeugungen, Werte Einstellungen
- durch Verhaltensstile, Kommunikation etc.
- und durch einen Habitus (Bourdieu läßt hier grüßen)
Die Zugehörigkeit zu einer Generationslagerung (vgl Mannheim) erhöht die Wahrscheinlichkeit, dass man zu einer Bewegung gehört bzw. zu einem Milieu bzw. Subkultur, ist aber nicht zwingend notwendig. Durch freiwillige Assoziation kann man jederzeit sich einer Bewegung anschließen.
Es sind nicht soviele Untersuchtungen vorhanden, die die Einstellungen der Anhänger der unterschiedlichen Parteien im Übergang von Weimar auf das Dritte Reich untersucht haben.
Deswegen nochmal ein Hinweis auf Fromm. Anhand der Einstellungen zu politischen, wirtschaftlichen, sozialen und kulturellen Themen wird der Unterschied der Anhängerschaft, die die Resonanzbasis für eine Bewegung bilden, ersichtlich.
Exemplarisch soll die Frage zur Verhinderbarkeit von Kriegen, als Indikator für Gewaltbereitschaft, kurz dargestellt werden.
Bei der Aussage: "Kriege können nicht verhindert werden" stimmen die "Linken" unter 5 Prozent zu. Bei den bürgerlichen wächst die Zustimmung zu dieser apokalyptischen Vorstellung auf 15 Prozent und erhöht sich bei den NS-Anhängern auf 47 !!!!! Prozent. (Fromm: Arbeiter und Angestellte...,S. 107)
Der Boshaftigkeit halber sei noch erwähnt, dass die NS-Anhänger eher als "bildungsferne" Schichten zu klassifizieren sind, nach neudeutscher Interpretationsweise, betrachtet man ihr Interesse an Bildung im allgemeinen :devil:.
Dieses Ergebnis belegt ansatzweise, dass die kollektiven Erfahrungen des WW1 und der politischen Agonie der post-WW1-Ära eine "kriegerische bzw. kämpferische Interpretation" des Voranschreitens der Weltgeschichte stark gefördert haben (deswegen hieß das Buch auch vermutlich "Mein Kampf"). Die Linken setzen dagegen auf Internationalismus, Klassenkampf und revolutionäre Umgestaltung.
Eine komplett unterschiedliche Sichtweise auf innen- und außenpolitische Prozesse durch die Anhängerschaften der unterschiedlichen Partieen!
Und diese Sichtweise der NS-Bewegug, die in die sozialdarwinistische Interpretation von internationaler Politik eingebunden ist und angereichert wurde durch eine kulturkritische Sichtweise im Sinne Spenglers.
Diese Sichtweise führt dann in seiner radikalen Überspitzung zu der Formel, dass Deutschland entweder alles oder nichts ist. Die Radikalität der Mittel wird durch den Zeitdruck komprimiert unter dem Hitler agierte.
Und erklärt auch die schnelle Abfolge und die Härte der Maßnahmen der NS-Bewegung. Und dieses selbstgeschaffenen Restriktionen sind nicht durch altersbedingte Erfahrungen zu erklären, sondern ausschließlich auf der Ebene von ideologischen Überzeugungen bzw. einem quasi religiösen Sendungsbewußtseins von Hitler.
Die relative Jugendlichkeit der NS-bewegung war sicherlich hilfreich für die politische Arbeit und den Straßenkampf und ist auch eine Erklärung für die Durchsetzungsfähigkeit der NS-Bewegung.