Der rote Baron (2008)

Vielen Dank für die Zitate, El Quijote.

Es ist also wirklich besorgniserregend, dass dieser Film so ist, wie er ist.
 
Besorgniserregend? Der Film hat doch kaum was mit der Realität zu tun.

Richthofen war nun mal das, was ich als einen effizienten Soldaten bezeichnen würde. Er hat seinen Auftrag erfüllt, auch wenn die Zitate sehr hart oder patzig klingen.
Was ich ihm zudem noch zugute halte ist, dass er seine Erfolge nicht auf Kosten von hohen Verlusten bei seinen Untergebenen erzielt hat, wie es bei so manch anderen "Helden", wie z. B. Rommel der Fall war.
 
Das stimmt ganz sicher nicht. Er galt zwar als Kriegsheld, aber bei der Obersten Heeresleitung hatte er als kleiner Geschwaderkommodore nix zu suchen oder gar sagen.

Richthofen fiel im April 1918, als die deutsche Frühjahrsoffensive in vollem Gang war und die Entente noch einmal schwer in Bedrängnis brachte. Da hat niemand von Kapitulation geredet, sondern vom Siegfrieden. Und vom Leben in den Schützengräben wird er, einquartiert in einem franz. Schloss bei Kognak und Zigarren, nicht viel mitbekommen haben.


Was den Luftkrieg betrifft, so konnten die Deutschen fast bis Kriegsende mithalten, sie hatten vom Sommer 1915 bis zur Schlacht von Verdun die technische und taktische Überlegenheit, wobei sich dann herausstellte, dass es das synchrone MG, das durch den laufenden Propeller feuerte und nicht die Fokker E-I- E-III waren, die ihnen den Vorteil verschaffte. Danach waren die Alliierten immer zahlenmäßig überlegen. Im April 1917 gewannen die Deutschen mit der Albatross D-III wieder die Oberhand, die die Briten wiederum mit der Se5 A 1 wieder ausgleichen konnten. Im Sommer 1917 bekam das Richthofengeschwader den Fokker Dreidecker
Dr-I womit sie den Briten und Franzosen mit ihren Se5, Nieuport 11 und 17 und Spad Maschinen wieder leicht im Vorteil waren, obwohl die Se 5 die schnellste Jagdmaschine mit über 200 km des Weltkriegs war.

1918 waren die Deutschen mit der Fokker D-VII wieder deutlich im Vorteil, so dass die Alliierten in einem Zusatzartikel auf ausdrücklicher auslieferung der Maschinen bestanden.
 
Meines Wissens nach galt die Spad XIII als das schnellste Flugzeug, aber das nur nebenbei.

Technisch gesehen waren die deutschen Luftstreitkräfte (wie auch im WK II) bis Kriegsende meistens vorn. Aber das beste Flugzeug nutzt mir nix ohne Piloten, Sprit und Ersatzteile.
Zudem war die hochgezüchtete D VII zwar ein hervorragendes Flugzeug, bildete aber nie das Rückgrat der JaStas. Die immer unerfahreneren Piloten bekamen erstmal Pfalz und Albatrosse, die, die übrig blieben und einigermaßen Erfahrung hatten, bekamen dann modernere Maschinen.
 
Wenn ich mir die hier aufgeführten Buchzitate ansehe, kann ich kaum glauben, dass das wirklich aus Richthofens Feder stammt. Klingt eher nach einem pensionierten Studienrat, der am Stammtisch den Krieg gewinnt. Ghostwriter gab es doch sicher auch damals schon und Richthofen hatte sicher Besseres zu tun, als zwischendurch ein Buch zu schreiben.

Die vielgerühmte Ritterlichkeit der Luftkämpfe ist eine Fiktion. Man sehe auch mal bei diesem Herren nach:
Edward Mannock – Wikipedia
Noch ausführlicher in der englischen Version. Sehr lesenswert...
 
Zuletzt bearbeitet:
Ich kann mir schon vorstellen, dass er das Buch selbst geschrieben hat. Jeder Mensch verarbeitet Extremsituationen auf seine Art. Ein Bekannter, der bei der Feuerwehr ist, hat mir in einem ähnlichen Gespräch mal verraten, wie über die etwas härteren Einsätze direkt im Nachhinein geredet wird. Da werde Witze darüber gemacht oder die Dinge sonstwie in einer Art und Weise besprochen, die einem Außenstehenden als ziemlich derb und bescheuert vorkommen würden. Halt ein Reflex, über das eben Erlebte zu reden, ohne sich die Details nochmal vor Augen halten zu müssen.

Gleiches oder Ähnliches könnte ich mir im Falle Richthofens vorstellen. Er stand unter enormen Druck, und das über Jahre! Er könnte sich abends hingesetzt und sich das Erlebte einfach frisch von der Seele runter geschrieben haben. In einem Buch, das er nach dem Krieg geschrieben hätte, hätten solche Sachen bestimmt keinen Einlass gefunden.
 
Besorgniserregend? Der Film hat doch kaum was mit der Realität zu tun.

Eben deswegen.
Mir hat jemand Nahestehendes gesagt, er habe einen Roman (Krimi) gelesen, der im alten Rom spielt, und sagte im gleichen Atemzug voller Begeisterung, er wisse nun endlich, wie es im alten Rom war...
 
Meiner Erfahrung nach bewirken solche Filme eher, dass sich jemand entweder einmal mit dem historischen Hintergrund aueinandersetzt (und wenn es nur aus dem Lesen eines wikipedia-Artikels besteht), oder den Film und damit die vermeintliche historische Figur ganz fix wieder vergisst.

Es können doch meiner Meinung nach mehr Menschen zwischen Kinofilm (=Fiktion) und historischer Wirklichkeit unterscheiden als man so denkt.
 
Ja, und mir hat kürzlich ein alter Studienkommilitone erzählt, dass einer seiner Schüler bei einem Schulprojekt Dan Browns Sakrileg im Literaturverzeichnis aufgelistet habe.

Natürlich fördern historische Romane und Filme Faktoide, die sich schließlich kaum noch ausrotten lassen. Wenn aber ein Comic, ein Roman oder ein Film dazu führt, Interesse für eine Epoche zu fördern, dann ist das aber nicht nur beunruhigend, sondern auch ermutigend. Bei vielen von uns waren es Filme, Asterix Comix oder Klassiker des historischen Romans, die unsere Passion für Geschichte geweckt haben. Sienkiewicz Quo Vadis oder Ranke- Graves "I, Claudius" sind Meisterwerke, denen man die guten historischen Kenntnisse ihrer Verfasser anmerkt. Dennoch ist das Bild des Hofes Neros ein Zerrbild verglichen mit dem, was man heute aufgrund archäologisch- historischer Quellen weiß. Und dieser Kenntnisstand ist wiederum auch nur ein winziger Auschnitt der Wirklichkeit.


Doch zurück zum roten Baron und anderen Zeitzeugen des Weltkriegs.
Ich denke, man muß Richthofen, Udet oder Ernst Jünger auch immer im Kontext ihrer Zeit und ihres Lebensalters sehen. Viele Autoren brauchten Jahre, ihre Erfahrungen und Empfindungen auszudrücken. Nicht jeder hatte das Talent eines Ernst Jüngers, eines Theodor Czokors, eines Joseph Roth, eines Hemingways. Und allzuviele wurden eben auch in der Blüte der Jugend geknickt, starben, ehe sie auch nur einigermaßen zur Reife gelangen konnten.

Die Jagdflieger waren junge, unbedarfte Männer, aufgewachsen in den Traditionen und Denkmechanismen des preußischen Offizierskorps. Selbst reife Männer, geübt im systematischen Denken wie Thomas Mann waren zeitweise der Auffassung, dass Deutschland einen aufgezwungenen Krieg um Sein oder Nichtsein führte.

Die Fliegerei und die Jagd oder Angelleidenschaft, das kann ich aus eigner Erfahrung sagen, ist etwas ungeheuer intensives, das einen kaum wieder losläßt. Wenn nun ein junger Mann als Teil einer vielbeachteten Elite zehn Jahre nach dem ersten Motorflug Jagdmaschinen fliegen darf und höchste Ehren, Anerkennung und Bewunderung dafür bekommt, dass er Tommys vom Himmel holt und sich die erbeuteten MGs wie einen Sechzehnender an die Wand hängt, ist es da nicht vielleicht etwas viel verlangt, dass so ein junger Mann seine eigene Rolle kritischer sieht?

Und schließlich ist da noch der Faktor Angst und Selbstzweifel. Ich hoffe, wir sind heute so weit, einen Menschen, der sich zu seiner Angst bekennt und sie zu überwinden sucht, zu respektieren. Das ist aber noch gar nicht so lange üblich. In den 70er Jahren war Niki Lauda der erste, der sich zu seiner Angst vor der Nordschleife bekannte und dafür viel Kritik bekam.

Einfacher mag es da gewesen sein, die natürliche Angst mit forschen Sprüchen zu übertünchen oder besser noch, ihr einfach davon zu fliegen.

Udet schrieb ganz ähnlich an seine Eltern: "Dann wollen wir die Kerle aber fertigmachen, dass sie in keine Särge mehr hineinpassen." An anderer Stelle sagte er, "man dürfe niemals daran denken, dass um jeden Gefallenen eine Mutter trauert."

Vor diesem Hintergrund voller Widersprüche muß man, denke ich, auch das Buch des "roten Barons" sehen und daran denken, dass Richthofen eben niemals die Zeit verblieb, seine Kriegserlebnisse im Abstand von ein paar Jahren zeitlicher Distanz noch einmal zu reflektieren.
 
@Marcia: Du hast den Film nicht gesehen, stimmts? Mit "verwegenen Kriegshelden" ist spätestens nach 20 min Schluss. Von Ballerspiel kann da auch keine Rede mehr sein...

Richthofen selbst hat es nie über den Rittmeister (=Hauptmann) und damit zum Geschwaderkommodore hinausgebracht. Er hatte das Kommando über 4 - 5 Staffeln (von rund 80), aber Hindenburg wird sich wohl kaum mit ihm über größere strategische Operationen unterhalten haben, dafür war er schlichtweg als Militär zu unbedeutend (dafür aber in der Propaganda sehr wichtig).


Wie ich jetzt erfahren habe, ist Richthofen tatsächlich einmal mit Hindenburg und Ludendorff zusammengetroffen. Und zwar an seinem letzten Geburtstag dem 2. Mai 1917. Er wurde von Wilhelm II. eingeladen und aß mit dem Kaiser, Hindenburg und Ludendorff zu Mittag. Ludendorff unterhielt sich mit ihm über Taktik und Strategie, wobei er "inquisitorische Fragen" stellte. Der alte Hindenburg wollte von Richthofen nur wissen, mit wieviel Schuß man einen Wisent erlegen könne. Die Wisente im Bialowitzer Forst waren sozusagen ein Hätschelkind der deutschen Militärbürokratie. Nur hohe und höchste Offiziere, eigentlich nur der Oberkommandierende erhielten eine Abschußgenehmigung für besondere Leistungen. Richthofen bekam ebenfalls einen Wisent frei zum Abschuß, und dieses Abenteuer ist sein letztes in seinem Buch.
 
@Scorpio: ...Richthofen bekam ebenfalls einen Wisent frei zum Abschuß, und dieses Abenteuer ist sein letztes in seinem Buch.
.. und 1922 wurde der letzte freilebende Wisent dort gewildert. Alles was heute noch (oder besser wieder) existiert, sind Auswilderungen aus Gattern und Zoos.
 
Zuletzt bearbeitet:
Wie ich jetzt erfahren habe, ist Richthofen tatsächlich einmal mit Hindenburg und Ludendorff zusammengetroffen. Und zwar an seinem letzten Geburtstag dem 2. Mai 1917. Er wurde von Wilhelm II. eingeladen und aß mit dem Kaiser, Hindenburg und Ludendorff zu Mittag.

Ich denke, Du hast das Buch gelesen?

Es gibt aber auch Richthofens Buch "Der rote Jagdflieger" online, ich glaube bei Projekt Gutenberg.

Du hast es ziemlich bald gelesen, es ist ganz interessant, auch in psychologischer Hinsicht. Meine Güte, waren das naive Kindsköpfe!

Da stand das nämlich drin.

Ludendorff unterhielt sich mit ihm über Taktik und Strategie, wobei er "inquisitorische Fragen" stellte. Der alte Hindenburg wollte von Richthofen nur wissen, mit wieviel Schuß man einen Wisent erlegen könne.

Das kann aber nicht aus dem Richthofen'schen Buch stammen.
Hindenburg riet Richthofen viele Kugeln mitzunehmen:
Hindenburg hatte mir einen Monat vorher gesagt: »Nehmen Sie sich recht viel Patronen mit. Ich habe auf meinen ein halbes Dutzend verbraucht, denn so ein Kerl stirbt ja nicht. Das Herz sitzt ihm so tief, daß man meistenteils vorbeischießt.« Und es stimmte. Das Herz, trotzdem ich ja genau wußte, wo es saß, hatte ich nicht getroffen. Ich repetierte. Der zweite Schuß, der dritte, da bleibt er stehen, schwerkrank. Vielleicht auf fünfzig Schritt vor mir.
Was während des Treffens mit Ludendorf und während der Treffen mit Hindenburg sonst noch so geplaudert und gefachsimpelt wurde, darüber erfährt der Leser des roten Kampffliegers nüscht.
 
Ich denke, Du hast das Buch gelesen?



Da stand das nämlich drin.



Das kann aber nicht aus dem Richthofen'schen Buch stammen.
Hindenburg riet Richthofen viele Kugeln mitzunehmen:

Was während des Treffens mit Ludendorf und während der Treffen mit Hindenburg sonst noch so geplaudert und gefachsimpelt wurde, darüber erfährt der Leser des roten Kampffliegers nüscht.


Das habe ich ja auch nicht behauptet. Ich habe es hier erfahren: arte TV von Richthofen- eine Legende. Die achtteilige Dokumentation ist übrigens online bei Youtube zu sehen. Leider funktionieren meine Youtube Links nie so richtig, und ich bin auch im Moment zu faul.
 
Weiß jemand von euch, wo ich den alten Richthofen-Film auf DVD bekomme (von mir aus auch auf Englisch)? Finde den leider nirgendwo...
 
Weiß jemand von euch, wo ich den alten Richthofen-Film auf DVD bekomme (von mir aus auch auf Englisch)? Finde den leider nirgendwo...


Ich nehme an, Du meinst die Verfilmung von 1970.

Die DVD mit dem Originaltitel "Von Richthofen and Brown" gibt's bei amazon.uk, allerdings in Länderstufe 1:

Amazon.co.uk: Von Richthofen and Brown [1970] (REGION 1) (NTSC): John Phillip Law, Don Stroud, Barry Primus, Corin Redgrave, Karen Ericson, Hurd Hatfield, Stephen McHattie, Brian Foley, Robert La Tourneaux, Peter Masterson, Clint Kimbrough, Tom Adams


Gruß Jacobum
 
Da ich die Richthofen-Biografie von Joachim Castan nun fertig gelesen habe, schreibe ich es gern noch mal hier: Dieses Buch hat alle meine Erwartungen erfüllt, es war hochinteressant, und hat mein Interesse für diese Zeit geweckt. Der Tipp von shingen ist wirklich gut, vielen Dank. Den "Roten Kampfflieger" werde ich mir demnächst auch bestellen.
 
Hab den Filmgerade (endlich) malgesehen.
Fazit: OMG! So viel verschenktes Potential!
Da hat zwar jemand offensichtlich seinen Osprey gelesen. So viel Details an den Flugzeugen die richtig sind (und auch etliche die falsch, aber fast zu verschmerzen sind) und dann dieser Müll von Story.
Wenn ein Film über Richthofen, dann bitte der von 1971.
 
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