Hier in dem Forum ist ja schon mehrfach die Frage auf die tatsächliche Macht August II., des Starken aufgeworfen worden. Da die Bewertung ohne den Vergleich zu den gleichzeitig herrschenden Hohenzollern sich ohnehin aufwerfen würde und sie doch recht nahe liegend ist, möchte ich nun endlich mich dem Thema widmen und denke, dass sich dazu eine nette Diskussion ergeben kann.
Ausgangslage
Während es Brandenburg durch die erfolgreiche Herrschaft der Hohenzollern gelungen war, schwellende Konflikte wie der mit den pommerschen Herzögen für sich zu entscheiden, so fiel auch das Herzogtum Preußen im Zeitalter der Reformation und der Glaubenskriege an die brandenburgischen Kurfürsten. Nur zögerlich ging Joachim II. 1539/40 zum Luthertum über, säkularisierte Kirchengüter.
Kurz vor dem Kriege trat Kurfürst Johann Sigismund Weihnachten 1613 so schicksalhaft zum Reformierten Bekenntnis über
. Während des Großen Krieges stand Brandenburg mit seinen 8.000 Mann an Truppen ziemlich hilflos einem Löwen aus Mitternacht gegenüber. Das vom allmächtig waltenden katholischen Kanzler Schwarzenberg geführte Brandenburg, wurde von Kurfürst Georg Wilhelm (1619-40) verlassen, um aus dem relativ sicheren Königsberg dem Treiben zuzusehen, wie sein Kurfürstentum zum Spielball der Mächte wurde und an den Bettelstab kam. Flugblätter wie das „Schwedischer Bundt/ Mit zweyen Churfürsten/ Sachsen und Brandenburg“ zeigen ein völlig falsches Bild. Zum einen konnte Georg Wilhelm nie eine vergleichbar starke Heeresmacht ins Feld stellen wie sein südlicher Nachbar, woran ihn auch der Widerstand der Stände im eigenen Lande hinderte, zum anderen fügte sich Georg Wilhelm nur mit entschiedenem Widerstreben einer Allianz Gustav Adolph; erst als dieser seine Kanonen auf das Berliner Schloss richten ließ (scheinbar war der Hausherr gerade daheim).
Georg Wilhelms Nachfolger, Friedrich Wilhelm I. (1640-1688) waren diese Schrecken wohl eingedenk. In einer Stadt wie Frankfurt, die öfter als einmal genommen wurde, lebten von 13.000 (eine der größten Städte der Mark) 1653 nur noch 2.366 Menschen.
Derweil gelang es erst dem ernestinischen und dann dem albertinischen Sachsen eine Führungsrolle innerhalb der Fürstentümer Mitteldeutschlands einzunehmen, welche sich trotz der berühmten Niederlage bei Mühlberg im April 1547, eher noch verfestigte, da nun das neue albertinische Kurfürstentum gegen das Kaisertum ebenso wie zuvor das ernestinische Partei bezog. Diese Rolle vermochte das wirtschaftlich starke Sachsen zusehends auszubauen, dass es zu Beginn des 30-jährigen Krieges dem Kaiser ein willkommener Alliierter gegen die rebellischen böhmischen, mährischen, schlesischen und Lausitzer Stände. Bautzen wurde auch sogleich durch das Heer Johann Georgs I. von Sachsen genommen. Trotz der vielen Verwüstungen (Schlachten wie Lützen, Breitenfeld 1 und 2 wurden auf sächs. Territorium ausgetragen) gelang dem Kurfürsten eine relative Unabhängigkeit durch ein Lavieren zwischen den Fronten und eine starke Armee, die sowohl auf kaiserlicher Seite wie auch auf schwedischer focht (bei Lützen bildeten die Sachsen einen Flügel der Schlachtordnung Gustav Adolphs z.B.). So wurde ihm, als er mit dem Kaiser den Prager Separatfrieden von 1635 schloss, die Lausitz belassen und zudem die magdeburgschen Ämter Jüterbog und Dahme zugesprochen. Die wirtschaftlich starke Lausitz mit den beiden wichtigsten Städten Bautzen und Görlitz sollte zur Zeit Friedrich August I. noch einmal wirtschaftlich aufblühen.
Am Ende des Krieges 1648 kam jedoch einiges anders als vom sächs. Kurfürsten erhofft. Statt des Gewinns Magdeburgs, das an Friedrich Wilhelm von Brandenburg fiel, wurden dem sächs. Kurfürsten nur die bereits erklärten Eroberungen des Prager Friedens bestätigt. Aus dem Erbfall noch während des Krieges, 1637 war das Hzm. Pommern an Brandenburg gegangen, wie aus dem weiterhin bestehenden Lehnsverhältnis durch das Herzogtum Preußen gegenüber dem König von Polen zeichneten sich frühzeitig schon die neuerlichen Konflikte ab.
Friedrich Wilhelm von Brandenburg hatte aus den Nachteilen der Schwäche gegenüber den Ständen und der außenpolitischen Problematik bei dem Fehlen eines schlagkräftigen Heeres gelernt. Während die Reichsarmatur von 1681 und das aufblühende Klientelwesen der kleiner nicht armierten Staaten zu den armierten Staaten ein Stehendes Heer immer erforderlicher machten, war der Kurfürst von Brandenburg der erste im Reich, der damit aufwarten konnte und sogleich einer Großmacht wie Schweden die Pranken zeigte, Pommern zu einem erheblichen Teil zurück gewann.
Während in Brandenburg der Wiederaufbau nach dem Kriege wegen der agrarischen Lage nur sehr schleppend verlief, erholte sich das Kurfürstentum Sachsen ziemlich rasch von den Zerstörungen, wenngleich nicht im ungleich härter getroffenen Bereich um Belzig und Jüterbog, wo ähnliche Strukturen wie in Brandenburg.
Jedoch nutzte Johann Georg II. (1656-80) von Sachsen diesen Vorsprung reichs- und mächtepolitisch, trotz einer ähnlichen politischen Schaukelpolitik zwischen Frankreich und Kaiser wie Friedrich Wilhelm von Brandenburg, nicht aus. Die Subsidien, im Zeitalter der Allianzkriege ein gewaltiger Teil der Staatseinkünfte (siehe dazu den Thread Friedrich I.-Friedrich II. in Preußen!) flossen hauptsächlich in eine prunkvolle Hofhaltung.
Friedrich Wilhelm von Brandenburg schuf zum Teil am Beispiel der Niederlande ein gänzlich neues Brandenburg, indem er Exilanten ins Land rief, Kanäle errichten und Brandenburg in eine neue wirtschaftliche Richtung weg vom ausschließlich agrarisch bestimmten Staat steuerte durch moderne Wirtschaftsförderung.
Der Nachfolger Johann Georg III. (1680-91) verzichtete zwar weites gehend auf übertriebene höfische Repräsentation, schuf auch ein schlagkräftiges Heer, gleich seinem brandenburgischen Nachbar, konnte aber sein Lebenswerk nicht zu Ende führen. Der „sächsische Mars“ wie Johann Georg III. kämpfte gegen Franzosen und Türken in den Reichskriegen, ohne aber Gewinn an Land und Leuten wie Friedrich Wilhelm verbuchen zu können. Dennoch darf man in seinem Aufbau einer effektiven Verwaltung einen Schritt hin zu einem Staatswesen sehen, welches der neustaatlichen Zeit gewachsen sein sollte.
Auf Johann Georg III. folgte Johann Georg IV., der schon nach 2 ½ Jahren an den Blattern verstarb, um seinem Bruder Friedrich August I. Platz zu machen.
Die schnelle Abfolge und der frühe Tod beider recht viel versprechenden Fürsten werden bisweilen als zukunftsweisend gedeutet, als eine vergebene Chance beim Rennen der Staaten um die Vormacht. Auch kann man beobachten, dass Kursachsen nicht bei dem Zerfall des ernestinischen Sachsens im Zuge der Sekundogenitur ein Wort mitredete und nicht die Schwäche der verwandten Nachbarn ausnutzte.
Die außenpolitischen Niederlagen des ehemals führenden Staates des protestantischen Lagers zeichneten gewisser Maßen den Pfad hin in die Abhängigkeit vom Kaiser und ins katholische Lager, welches durch den Konfessionswechsel Friedrich Augusts konsequent besiegelt wurde. Da es nicht gelungen war, trotz erheblicher Anstrengungen, sich ins Reich hinein auszubreiten, orientierte sich Kursachsen nun nach Osten. Friedrich August I. griff nach der Königskrone von Polen aber dazu mehr, ein andermal oder wenn es wieder heißt: „Brissotin ist geschichtsbesessen.“
Fragestellungen sind für mich an der Stelle:
1. Gab es eine unausweichliche Entwicklung für das Sachsen ab Johann Georg II. ins kaiserliche Lager?
2. Was entschied den Konkurrenzkampf Brandenburgs und Sachsens?
3. War das recht kompakte Territorium Sachsens im Vergleich zum Flickenteppich Brandenburgs vielleicht sogar ein Nachteil, da Brandenburg eben durch diesen Flickenteppich an vielen Orten vom Rhein bis nach Preußen Einfluss besaß und seine Ambitionen geltend zu machen wusste?
Ausgangslage
Während es Brandenburg durch die erfolgreiche Herrschaft der Hohenzollern gelungen war, schwellende Konflikte wie der mit den pommerschen Herzögen für sich zu entscheiden, so fiel auch das Herzogtum Preußen im Zeitalter der Reformation und der Glaubenskriege an die brandenburgischen Kurfürsten. Nur zögerlich ging Joachim II. 1539/40 zum Luthertum über, säkularisierte Kirchengüter.
Kurz vor dem Kriege trat Kurfürst Johann Sigismund Weihnachten 1613 so schicksalhaft zum Reformierten Bekenntnis über
. Während des Großen Krieges stand Brandenburg mit seinen 8.000 Mann an Truppen ziemlich hilflos einem Löwen aus Mitternacht gegenüber. Das vom allmächtig waltenden katholischen Kanzler Schwarzenberg geführte Brandenburg, wurde von Kurfürst Georg Wilhelm (1619-40) verlassen, um aus dem relativ sicheren Königsberg dem Treiben zuzusehen, wie sein Kurfürstentum zum Spielball der Mächte wurde und an den Bettelstab kam. Flugblätter wie das „Schwedischer Bundt/ Mit zweyen Churfürsten/ Sachsen und Brandenburg“ zeigen ein völlig falsches Bild. Zum einen konnte Georg Wilhelm nie eine vergleichbar starke Heeresmacht ins Feld stellen wie sein südlicher Nachbar, woran ihn auch der Widerstand der Stände im eigenen Lande hinderte, zum anderen fügte sich Georg Wilhelm nur mit entschiedenem Widerstreben einer Allianz Gustav Adolph; erst als dieser seine Kanonen auf das Berliner Schloss richten ließ (scheinbar war der Hausherr gerade daheim).
Georg Wilhelms Nachfolger, Friedrich Wilhelm I. (1640-1688) waren diese Schrecken wohl eingedenk. In einer Stadt wie Frankfurt, die öfter als einmal genommen wurde, lebten von 13.000 (eine der größten Städte der Mark) 1653 nur noch 2.366 Menschen.
Derweil gelang es erst dem ernestinischen und dann dem albertinischen Sachsen eine Führungsrolle innerhalb der Fürstentümer Mitteldeutschlands einzunehmen, welche sich trotz der berühmten Niederlage bei Mühlberg im April 1547, eher noch verfestigte, da nun das neue albertinische Kurfürstentum gegen das Kaisertum ebenso wie zuvor das ernestinische Partei bezog. Diese Rolle vermochte das wirtschaftlich starke Sachsen zusehends auszubauen, dass es zu Beginn des 30-jährigen Krieges dem Kaiser ein willkommener Alliierter gegen die rebellischen böhmischen, mährischen, schlesischen und Lausitzer Stände. Bautzen wurde auch sogleich durch das Heer Johann Georgs I. von Sachsen genommen. Trotz der vielen Verwüstungen (Schlachten wie Lützen, Breitenfeld 1 und 2 wurden auf sächs. Territorium ausgetragen) gelang dem Kurfürsten eine relative Unabhängigkeit durch ein Lavieren zwischen den Fronten und eine starke Armee, die sowohl auf kaiserlicher Seite wie auch auf schwedischer focht (bei Lützen bildeten die Sachsen einen Flügel der Schlachtordnung Gustav Adolphs z.B.). So wurde ihm, als er mit dem Kaiser den Prager Separatfrieden von 1635 schloss, die Lausitz belassen und zudem die magdeburgschen Ämter Jüterbog und Dahme zugesprochen. Die wirtschaftlich starke Lausitz mit den beiden wichtigsten Städten Bautzen und Görlitz sollte zur Zeit Friedrich August I. noch einmal wirtschaftlich aufblühen.
Am Ende des Krieges 1648 kam jedoch einiges anders als vom sächs. Kurfürsten erhofft. Statt des Gewinns Magdeburgs, das an Friedrich Wilhelm von Brandenburg fiel, wurden dem sächs. Kurfürsten nur die bereits erklärten Eroberungen des Prager Friedens bestätigt. Aus dem Erbfall noch während des Krieges, 1637 war das Hzm. Pommern an Brandenburg gegangen, wie aus dem weiterhin bestehenden Lehnsverhältnis durch das Herzogtum Preußen gegenüber dem König von Polen zeichneten sich frühzeitig schon die neuerlichen Konflikte ab.
Friedrich Wilhelm von Brandenburg hatte aus den Nachteilen der Schwäche gegenüber den Ständen und der außenpolitischen Problematik bei dem Fehlen eines schlagkräftigen Heeres gelernt. Während die Reichsarmatur von 1681 und das aufblühende Klientelwesen der kleiner nicht armierten Staaten zu den armierten Staaten ein Stehendes Heer immer erforderlicher machten, war der Kurfürst von Brandenburg der erste im Reich, der damit aufwarten konnte und sogleich einer Großmacht wie Schweden die Pranken zeigte, Pommern zu einem erheblichen Teil zurück gewann.
Während in Brandenburg der Wiederaufbau nach dem Kriege wegen der agrarischen Lage nur sehr schleppend verlief, erholte sich das Kurfürstentum Sachsen ziemlich rasch von den Zerstörungen, wenngleich nicht im ungleich härter getroffenen Bereich um Belzig und Jüterbog, wo ähnliche Strukturen wie in Brandenburg.
Jedoch nutzte Johann Georg II. (1656-80) von Sachsen diesen Vorsprung reichs- und mächtepolitisch, trotz einer ähnlichen politischen Schaukelpolitik zwischen Frankreich und Kaiser wie Friedrich Wilhelm von Brandenburg, nicht aus. Die Subsidien, im Zeitalter der Allianzkriege ein gewaltiger Teil der Staatseinkünfte (siehe dazu den Thread Friedrich I.-Friedrich II. in Preußen!) flossen hauptsächlich in eine prunkvolle Hofhaltung.
Friedrich Wilhelm von Brandenburg schuf zum Teil am Beispiel der Niederlande ein gänzlich neues Brandenburg, indem er Exilanten ins Land rief, Kanäle errichten und Brandenburg in eine neue wirtschaftliche Richtung weg vom ausschließlich agrarisch bestimmten Staat steuerte durch moderne Wirtschaftsförderung.
Der Nachfolger Johann Georg III. (1680-91) verzichtete zwar weites gehend auf übertriebene höfische Repräsentation, schuf auch ein schlagkräftiges Heer, gleich seinem brandenburgischen Nachbar, konnte aber sein Lebenswerk nicht zu Ende führen. Der „sächsische Mars“ wie Johann Georg III. kämpfte gegen Franzosen und Türken in den Reichskriegen, ohne aber Gewinn an Land und Leuten wie Friedrich Wilhelm verbuchen zu können. Dennoch darf man in seinem Aufbau einer effektiven Verwaltung einen Schritt hin zu einem Staatswesen sehen, welches der neustaatlichen Zeit gewachsen sein sollte.
Auf Johann Georg III. folgte Johann Georg IV., der schon nach 2 ½ Jahren an den Blattern verstarb, um seinem Bruder Friedrich August I. Platz zu machen.
Die schnelle Abfolge und der frühe Tod beider recht viel versprechenden Fürsten werden bisweilen als zukunftsweisend gedeutet, als eine vergebene Chance beim Rennen der Staaten um die Vormacht. Auch kann man beobachten, dass Kursachsen nicht bei dem Zerfall des ernestinischen Sachsens im Zuge der Sekundogenitur ein Wort mitredete und nicht die Schwäche der verwandten Nachbarn ausnutzte.
Die außenpolitischen Niederlagen des ehemals führenden Staates des protestantischen Lagers zeichneten gewisser Maßen den Pfad hin in die Abhängigkeit vom Kaiser und ins katholische Lager, welches durch den Konfessionswechsel Friedrich Augusts konsequent besiegelt wurde. Da es nicht gelungen war, trotz erheblicher Anstrengungen, sich ins Reich hinein auszubreiten, orientierte sich Kursachsen nun nach Osten. Friedrich August I. griff nach der Königskrone von Polen aber dazu mehr, ein andermal oder wenn es wieder heißt: „Brissotin ist geschichtsbesessen.“
Fragestellungen sind für mich an der Stelle:
1. Gab es eine unausweichliche Entwicklung für das Sachsen ab Johann Georg II. ins kaiserliche Lager?
2. Was entschied den Konkurrenzkampf Brandenburgs und Sachsens?
3. War das recht kompakte Territorium Sachsens im Vergleich zum Flickenteppich Brandenburgs vielleicht sogar ein Nachteil, da Brandenburg eben durch diesen Flickenteppich an vielen Orten vom Rhein bis nach Preußen Einfluss besaß und seine Ambitionen geltend zu machen wusste?