Der Untergang

Die Methode ist nicht so ganz koscher, weil dann auch Opas Stammtischdöntjes aus Russland allesamt für bare Münze genommen werden können.

Klar ist die Methode koscher.
Es ist ja dann die Aufgabe des Historikers das ganze ins rechte Licht zu rücken. Man darf sich nicht nur auf die Aussagen des Zeitzeugen verlassen, sondern muss auch andere Quellen beiziehen.

Ist eine sehr aufwändige Methode. Dazu muss man einen gezielten Fragekatalog ausarbeiten, es braucht mehrere Treffen mit den Zeitzeugen. Viele der befragten öffnen sich erst nach mehreren Gesprächen. Auch ist es wichtig nicht mit der Türe ins Haus zu fallen. Man lässt den Zeitzeugen erzählen, weil erst mit der Erzählung ohne Unterbrechung sich der Mensch öffnet.

Dann muss man in die div. Archive um anderes Quellenmaterial zu suchen usw.

Erst dann werden die Gespräche ausgewertet.

Als Historiker muss man immer kritisch sein, sei es gegenüber geschriebenen, fotografierten oder gesprochenen Quellen. Das ganze als nicht Koscher hinzustellen finde ich nicht sehr nett gegenüber den Historikern die sich damit befassen.

Wenn aber ein Laie meint alles als bare Münze zu nehmen was ein Zeitzeuge sagt, dann hat das mit Oral History nichts zu tun.
 
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Die Methode ist nicht so ganz koscher, weil dann auch Opas Stammtischdöntjes aus Russland allesamt für bare Münze genommen werden können.

Opas Döntjes waren vom Hartmannsweiler Kopf und der Jägertanne. Papas vom Wolchow und Moschaisk; und heute, Jahrzehnte später, ärgere ich mich, dass ich regelmäßig abgehauen bin, wenn er angefangen hat vom "Kessel hinter Waschlavoir" zu reden.
Mama hat von "geschwistrigen Kindskindern" erzählt, was mich ebenfalls zur sofortigen Flucht veranlasste.
Auch da wären das Infos gewesen, die ich nun nie wieder erhalten kann.

Mit jeder Generation geht so viel Wissen verloren......
 
Es ist ja nun doch etwas her seit der Film angelaufen ist, trotzdem habe ich eine Frage dazu:

War es ein film der Hitler/den Faschismus verharmlost hat?

Wim Wenders, Serdar Somuncu und andere Kulturschaffende meinten der Film verharmlose den Faschismus und stelle Hitler als netten Onkel, als Menschen dar.

Also ich persönlich finde das in keinem Fall.
Ja, Hitler war ein Mensch, zu unserer aller Schande war er wie wir alle, und kein der Hölle entsprungener, feuerspeiender Teufel.
Auch von verharmlosung würde ich nicht sprechen, Hitler serviert seinen feige gehorchenden Generalstab ab wie dumme Schuljungen, schert sich nicht um die Opfer seiner Politik und verhöhnt Alle durch seine Wutanfälle, lässt noch Leute exekutieren wärend das dritte Reich zur Hölle fährt.
Das verblendete Ehepaar Göbbels tötet emotionslos seine Kinder und hält dies für eine gut Sache.
Draussen herum werden die letzten Anhänger hysterisch, töten sich selbs aus falsch verstandener Treue, während Himmler etwa seinen Führer verrät und als "treuester der Treuen" das Weite sucht.
Ein ungeheuer Groteskes Schauspiel das noch einmal den ganzen Wahnsinn des Faschismus explodieren lässt.

Was meint ihr?
 
Ich sehe das ähnlich wie Du.

Die Kritiker haben auch bemängelt, dass im Film der Holocaust nicht thematisiert wird. Aber der spielte in den letzten Tagen in Berlin eben keine Rolle mehr. Der Film wollte eben keine Generalabrechnung mit dem 3. Reich sein, sondern eine Darstellung der letzten Tage im Führerbunker.
 
Hi,
ich finde dass Bruno Gans auf eine sehr eindrückliche Art die manische Depression Adolf Hitlers wiederspiegelt. Sophie Scholl war mir persönlich zu rational statt emotional.
 
Ich sehe das ähnlich wie Du.

Die Kritiker haben auch bemängelt, dass im Film der Holocaust nicht thematisiert wird. Aber der spielte in den letzten Tagen in Berlin eben keine Rolle mehr. Der Film wollte eben keine Generalabrechnung mit dem 3. Reich sein, sondern eine Darstellung der letzten Tage im Führerbunker.

Im Vor- und Abspann werden Ausschnitte aus einem Zeitzeugeninterview mit Frau Junge gezeigt. In diesem äußert sie sich dahingehend, dass sie vom Holocaust nichts gewusst habe, was von den Filmemachern unkommentiert stehen gelassen wird. Dagegen richtet sich die Kritik.
 
ich finde dass Bruno Gans auf eine sehr eindrückliche Art die manische Depression Adolf Hitlers wiederspiegelt.
War er das? Und wenn ja, wer sagt das und wie sichert er seine Erkenntnisse ohne einschlägige Untersuchungen und Dokumente ab? Geht eine postume psychologische Untersuchung und eine damit einhergehende abschließende Beurteilung des Geisteszustandes einer Person überhaupt? (ich verrate es dir: nein, geht nicht)

Gesichert zu Hitlers Geisteszustand wissen wir nur, dass er an Morbus Parkinson erkrankt war, was seinen psychischen Zustand insbesondere in den letzten beiden Kriegsjahren durchaus erklären kann. Daraus resultierte auch seine Medikamentenabhängigkeit in seinen letzten Lebensjahren. Gerüchteweise ist durch Zeitzeugen überliefert, dass Hitler in den letzten Monaten unter einer epidemischen Economo-Enzephalitis ("Kopfgrippe") litt, belegen lässt sich das aber heute nicht mehr. Hitlers Verhalten wird gerne mit psychischen Erkrankungen erklärt oder gar entschuldigt, belegen in einem wissenschaftlichen Sinne kann man es aber nicht. Ja, er zeigt gewisse Persönlichkeitsstrukturen, die Rückschlüsse auf Persönlichkeitsstörungen zulassen können, aber eben nicht müssen. Und mansich-depressiv zu sein ist mit Sicherheit weder eine Erklärung noch eine Entschuldigung für Hitler, sein Verhalten und seine Taten: ein Winston Churchill war nämlich sehr viel wahrscheinlicher als Hitler (mehr erhaltene einschlägige Dokumente) manisch-depressiv...
 
Im Vor- und Abspann werden Ausschnitte aus einem Zeitzeugeninterview mit Frau Junge gezeigt. In diesem äußert sie sich dahingehend, dass sie vom Holocaust nichts gewusst habe, was von den Filmemachern unkommentiert stehen gelassen wird. Dagegen richtet sich die Kritik.
Was hätte man machen sollen? Frau Junge öffentlich der Lüge bezichtigen? Damit hätte man auch den ganzen Film infrage gestellt, da er zu wesentlichen Teilen nun einmal auf ihren Aussagen beruht.
 
Was hätte man machen sollen? Frau Junge öffentlich der Lüge bezichtigen? Damit hätte man auch den ganzen Film infrage gestellt, da er zu wesentlichen Teilen nun einmal auf ihren Aussagen beruht.

Man kann eine Zeitzeugenaussage in Frage stellen, ohne den Zeitzeugen der Lüge bezichtigen oder ohne gleich den ganzen Zeitzeugen zu demontieren. Oder aber, man bringt die Stelle erst gar nicht. Ist ja nicht so, dass das Interview nur zwei Minuten lang gewesen wäre.
Immerhin spricht der Film ein Massenpublikum an, bei welchem die Filmemacher nicht davon ausgehen können, dass dieses sich ausreichend Gedanken über die Problematik der Zeitzeugenbefragung gemacht hat.
 
Im Vor- und Abspann werden Ausschnitte aus einem Zeitzeugeninterview mit Frau Junge gezeigt. In diesem äußert sie sich dahingehend, dass sie vom Holocaust nichts gewusst habe, was von den Filmemachern unkommentiert stehen gelassen wird. Dagegen richtet sich die Kritik.


Das war allgemein angewandte Verdrängungsstrategie der Zeitzeugen.
Da liegen viele auf dem Friedhof, die in ihren letzten Jahren dies sich selbst geglaubt haben.

Würde ich der Frau Junge nicht anlasten.

Gehört insofern mMn sogar in den Film. Aber natürlich nie unkommentiert.
 
Das war allgemein angewandte Verdrängungsstrategie der Zeitzeugen.
Da liegen viele auf dem Friedhof, die in ihren letzten Jahren dies sich selbst geglaubt haben.

Würde ich der Frau Junge nicht anlasten.

Gehört insofern mMn sogar in den Film. Aber natürlich nie unkommentiert.

Ich laste den Filmemachern an, dass sie das unkommentiert haben stehen lassen. Frau Junge mag man Verdrängung vielleicht schon in ihrer aktiven Zeit attestieren.
 
Ich laste den Filmemachern an, dass sie das unkommentiert haben stehen lassen. Frau Junge mag man Verdrängung vielleicht schon in ihrer aktiven Zeit attestieren.


Hast ja recht.
Adressat meines Beitrags war auch eher Ravenik

Was hätte man machen sollen? Frau Junge öffentlich der Lüge bezichtigen? Damit hätte man auch den ganzen Film infrage gestellt, da er zu wesentlichen Teilen nun einmal auf ihren Aussagen beruht
 
Ich laste den Filmemachern an, dass sie das unkommentiert haben stehen lassen. Frau Junge mag man Verdrängung vielleicht schon in ihrer aktiven Zeit attestieren.

Die Ausschnitte beim Abspann vom Film stammen aus dem Film von André Heller, Othmar Schmiderer: Im toten Winkel.

Darin erklärt sie schon mehr, sollte man auch gesehen haben.
 
Zu dem Film von André Heller und Othmar Schmiderer hier noch der Link zu youtube.
Ich finde das man gerade wenn man "der Untergang" als Anschauungsmaterial in Schulen verwendet, diesen Film unbedingt als Ergänzung zeigen muß.

Mod an: Link zu youtube gelöscht. Wer den Flim dort sehen möchte, findet ihn über die Suchmaschine. Mod aus.
 
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