Der Weg Italiens in den Krieg und darüber hinaus

Cadorna wollte noch kurz vor dem 30.7.1914 die 3. italienische Armee vorbereiten und an den Rhein zur deutschen Unterstützung schicken.

Der Grund ist simpel: die "Brandwand" zwischen italienischer Politik (mit inzwischen erfolgter Kehrtwende) und italienischer Armee, die über diese seit 2 Jahren anstehenden Konsequenzen nicht offiziell unterrichtet war.

Cadorna hatte daher erstmal zu lernen, und das wurde ihm am 30.7.1914 auch schriftlich mitgeteilt, dass es keinen "Bündnisfall" mit den Mittelmächten geben werde.

Bei den weiteren Schritten und der Teilmobilmachung wurde die italienische Neutralität nach aussen klargestellt, was nun wieder in Berlin (Pseudo?)Empörung auslöste. Cadorna stellte nun mit 180°-Wende Überlegungen an, wie man am Zusammenbruch Ö-U partizipieren könne. Einen Kriegseintritt vor 1915 stand er ablehnend gegenüber, weil die italienische Armee nicht für einen Winterfeldzug gerüstet sei, und offensiv werden müsse, wofür der Winter ohnehin schlecht geeignet sei.

Die "Visionen" über das Eingreifen der Entente sind dann in Italien direkt durch Grey befördert worden, der dieses Eingreifen und damit das "Aufrollen der Westfront" ankündigte, und den Zusammenbruch der Mittelmächte prognostizierte.

Du betonst völlig zu Recht, dass diese aufgestellten Konditionen von Cadorna für den Fall des Kriegseintritts im Zeitpunkt desselben nicht mehr gegeben waren. Das hielt ihn aber nicht zurück.

Und 1918 äußerte Cadorna:

"Tja, wenn wir im August 1914 an der Seite Deutschlands in den Krieg marschiert wären, dann wäre das sehr vorteilhaft für uns gewesen. das ist sicher. Wir hätten Nizza eingenommen, ebenso Korsika und Tunesien. Wir hätten die Adriafrage zu einer Mittelmeerfrage gemacht. Es heißt, wir wären nicht marschiert! Wir wären marschiert - und wie! Ich hätte mich selbst darum gekümmert. Nach den ersten Siegen wären wir alle glücklich gewesen und hätten darüber alle früheren bedenken vergessen. Es heißt, wir wären verhungter. Mag sein, das wir einen Monat ohne ordentliche Verpflegung hätten durchstehen müssen, aber danch wäre der Feldzug siegreich beendet gewesen. Wären unsere Städte bombardiert worden und eingenommen worden? An Rhein hätten wir uns alles wiedder zurückgeben lassen." (1)

Die führte Cadorna wohl Ende 1917 oder Anfang 1918 aus. Er stand sicher unter dem Eindruck der katastrophale Niederlager der italienischen Truppen nach dem Durchbruch der Mittelmächte. Aber trotzdem nicht unnteressant.

Hürter und Rusconi, Der Kriegseintritt italiens im Mai 1915, Seite 13
 
Den italienischen Verantwortlichen, hier insbesondere Salandra und Sonnino, kann eigentlich nur verantwortungsloses Handeln attestiert werden. In ihrer Gier nach einen italienischen Großmachtstatus wurde 9 Monate nach Beginn des großen „Schlachtens“ der Kriegseintritt auf Seite der Alliierten beschlossen und das obwohl am Ende der Verhandlungen ein erhebliches österreichisches Entgegenkommen zu konstatieren gilt. Aber nein, das reichte einfach nicht, man wollte nunmehr auch deutschsprachige Gebiete einkassieren und diese darüber hinaus, mitten im Kriege, ruckzuck geräumt und übergeben sehen. Die Italiener hätten es besser wissen müssen, denn das Grauen und die unermesslichen Opferzahlen des Stellungskrieges waren bekannt durch die Berichte der eigenen Militärattachés. Aber diese wurden wohl nicht sonderlich ernstgenommen und für diesen Wahnsinn bezahlte Italien mit deutlich über einer Million Menschleben und in der Folge mit dem Leid des Faschismus.
 
Zurück
Oben