Zu diesem Thema habe ich bei Zeitalter der Aufklärung versucht, eine Diskussion zu starten. Ich habe eure Beiträge leider noch nicht gesehen. Eine recht gute, wenn auch schon ältere Darstellung ist Max von Eelking "Die deutschen Hülfstruppen in Amerika". Es ist im Antiquariat sehr teuer, ich weiß nicht, ob es bei Amazon erhältlich ist. Eine sehr gute moderne Darstellung, die allerdings die militärischen Ereignisse und die Soldatenhandelsdebatte ausblendet, ist von Inge Auerbach "Die Hessen in Amerika". Es geht darin um Vorstellungen von Freiheit und die Sicht des Anderen. Sehr interessant ist darin ein Artikel über Kontakte mit Indianern und Schwarzen, einige davon schlossen sich als begehrte Musiker den hessischen Truppen an. Wenn es dringend ist kann ich aber, wen es interessiert, eine Kopie über die Hessen, Braunschweiger, Ansbacher, Anhalt Zerbster zuschicken.
Zu Friedrich dem Großen ist wirklich zu fragen, ob er das Recht hatte, seinen Ansbacher Cousin oder seinen hessischen Namensvetter zu tadeln. Die Subsidiengelder wurden nachweislich zum Wiederaufbau des Landes verwendet. Friedrich II. von Hessen- Kassel war durchaus ein aufgeklärter Fürst, ein Förderer der Künste der ernsthaft darüber nachdachte, die Todesstrafe abzuschaffen. Die Folter wurde erst von seinem Sohn in Hessen beseitigt, fand aber unter seiner Regentschaft keine Anwendung mehr. Er erließ Steuererleichterungen für die Angehörigen der Truppen und schuf so, einen wenn auch bescheidenen Beitrag zur angemessenen Altersversorgung seiner Truppen. Daß sich alle europäischen Fürsten darum drückten, ist wohl der wirkliche Sozialskandal in der Militärgeschichte des 18. Jahrhunderts.
Doch Friedrich II (Preußen) hatte natürlich noch aus dem Siebenjährigen Krieg einen Roches auf die Engländer, schließlich hatte Georg III. nachdem Tod seines Großvaters und Pitts Sturz die Subsidienzahlungen eingestellt. Außerdem störten die hessischen Werber natürlich auch seine Kreise auf dem Soldatenhandelsmarkt in Mitteldeutschland. Die preußischen Werber galten im allgemeinen die berüchtigsten. Das müssen wirklich hartgesottene Typen gewesen sein, die nicht vor Gewalt und Kidnapping zurückschreckten. In Franken tarnte sich eine berüchtigte Räuberbande vorzugsweise als preußische Werber. Ihre hessischen Kollegen gingen da subtiler vor- Alkohol war da ein probates Mittel, aber Gewaltanwendung wurde durchaus streng bestraft. Was allerdings nicht heißen soll, daß es gegenüber Gaunern und Vaganten nicht getan worden wäre.
So mancher deutscher Fremdenlegionär blieb übrigens durchaus nicht freiwillig in Amerika. Aufrufe zur Desertion blieben recht erfolgreich. Es war aber üblich, daß die Kolonien Kriegsgefangene als Indentureds vermieteten. Indentured Servitude war eigentlich eine Art Schuldknechtschaft auf Zeit, normalerweise 7 Jahre, um die Schiffspassage abzudienen. Deutsche Kriegsgefangene hatten oft ein Handwerk absolviert oder in der Landwirtschaft gearbeitet, außerdem waren sie billiger als Schwarze. Manche Hessen fühlten sich daher auch "behandelt wie bei den Türcken".
Subsidienverträge brachten natürlich außer Geld auch politische Kontakte; Bündnisverträge, eventuell Handelsvorteile und nicht zuletzt auch dynastische Verbindungen. Von den hessischen Fürsten hat Landgraf Karl die weitaus meisten Verträge geschlossen, während sein Enkel Friedrich II. nur diesen einen einging.
Was mich bei vielen Internetseiten, auch bei Wikipedia sehr stört, ist daß die alliierte britisch-hannoversche Armee unter Ferdinand von Braunschweig, die fast ausschließlich aus Hessen und Braunschweigern bestand, total zur preußischen Armee mutiert. Herzog Ferdinand hat als preußischer General 1757 Cumberland abgelöst, aber mit den Preußen hat das eigentlich nichts zu tun. Herzog Ferdinand kommandierte also als Braunschweigischer Prinz, der zufällig preußischer General war, die britische Armee, in der es nur wenige Briten gab und in der die Kommandosprache im Offizierskorps französisch war- ganz schön kompliziert.
Bei Dettingen 1743 standen sich tatsächlich einmal Hessen auf beiden Seiten der Front Hessen gegenüber, da der Landgraf Wilhelm VIII. parallel mit Wittelsbach und Habsburg verhandelt hatte. Für solche Fälle fügte man dann Klauseln ein, daß die Fremdenlegionäre nicht gegeneinander eingesetzt werden durften. Gleiches taten die Schweizer Kantone.
Die Armeen spielten eine große Rolle im Staatshaushalt, waren sie arbeitslos, lagen sie dem Land gewaltig auf der Tasche. Man wird sich ernsthaft fragen müssen, ob das von Historikern vielbemühte Prinzip der Staatsräson nicht hier Anwendung finden kann, wenn es denn überhaupt einen Sinn haben soll. Ob sie für die Kasse der Landgrafen, oder für Preußens Gloria die Haut zu Markte trugen, dürfte den Soldaten wirklich wurst gewesen sein. Wichtiger war die Frage, ob der Sold, die Verpflegung und die Aufstiegschancen stimmten. Und da gab es durchaus manches, was die Hessen und Braunschweiger attraktiv machte: Dort bestand das Offizierskorps zum großenTeil aus Bürgerlichen und der Aufstieg war durchaus nicht nur Söhnen aus Offiziers- und Ratsfamilien vorbehalten.