Die Abschaffung der Sklaverei durch industrielle Revolution und europäische Aufklärung

Ein bewaffneter Sklavenaufstand das war, mit Ausnahme von ganz wenigen Leuten wie dem Abolitions-Terroristen John Brown eine absolute Horrorvorstellung, und selbst hartgesottene Abolitionisten wie Frederick Douglass, der von Browns Plänen ahnte und der nach Harpers Ferry einige Zeit nach England gehen musste, lehnten so etwas ab.

Nat Turners Sklavenaufstand und auch John Browns Aktion in Harpers Ferry wurden auch im Norden, selbst unter der Mehrheit der Abolitionisten, von der überwältigenden Mehrheit der Bevölkerung abgelehnt. Ein bewaffneter Mob, der nach Nat Turners Vorbild wahllos Sklavenhalter umbrachte, war auch im Norden etwas, das keinerlei Sympathie oder Verständnis fand.
Der Unterschied ist, das John Browns Überfall auf Harpers Ferry im tiefsten Frieden stattfand, nicht nach 2 Jahren erbittertem Bürgerkrieg mit bis dahin ungekannten Verlustzahlen.

Schon die Aufstellung der African Legion war etwas Unerhörtes, das durchaus kontrovers beurteilt wurde. Das zuzulassen, war durchaus mutig. Einen Sklavenaufstand zu befeuern und anzuheizen, das wäre ein extremes Drehen an der Eskalationsschraube gewesen, eine politische Dummheit.
Aber de facto war doch die Emanzipationsproklamation ein Schritt, der einen Sklavenaufstand mindestens mal billigend in Kauf nahm, wenn nicht darauf abzielte.
Es konnte ja kaum davon ausgegangen werden, dass derlei reibungslos ablaufen würde, sondern es musste doch klar sein, dass diese Proklamation zur in Süden zur Brutalisierung im Umgang mit Sklaven führen musste, die erfolglose Fluchtversuche unternahmen, was zu Gegengewalt führen konnte.

Zeitgleich lieferte sie den bisherigen Sklaven im Süden nicht nur eine Rechtfertigung dafür sich davon zu machen, sondern auch eine gegen ihre bisherigen Besitzer vorzugehen, weil sich dann natürlich argumentieren ließ, (jedenfalls wenn man die Auffassung vertrat die Sezession sein eine illegitime Rebellion und die Konföderation kein Staat aus eigenem Recht, mit irgendeiner Legitimation), dass Sklavenhalter, die ihre Sklaven weiterhin festhielten, obwohl ihnen das nun vom Gesetz untersagt war, damit täglich die Freiheit und grundsätzlichen Rechte der Sklaven angriffen und somit die Sklaven selbt in Notwehr handelten, wenn sie sich gegen den Versuch ihrer Versklavung auflehnten und sich dafür entschieden, ihre Freiheit möglicherweise mit Gewalt durchzusetzen.

Es hat Realiter im historischen Verlauf DEN großen Sklavenaufstand als Ereigniss in den Südstaaten nicht gegeben, die Emanzipationsproklamation konnte aber durchaus die politisch-ideologische Rechtfertigungsgrundlage für einen liefern und damit war sie faktisch zummindest das Spiel mit der Option des Aufstands.

Einen Sklavenaufstand anzuzetteln, schwarze Marodeure zu unterstützen, die man hinterher auch wieder entwaffnen musste, dass hieß, so dermaßen an der Eskalationsschraube zu drehen, dass hieß, die Unionsarmee im Süden, auch in den Grenzstaaten völlig unmöglich zu machen, das hieß jede Verständigung mit dem Süden im Keim zu ersticken und den Norden zu diskreditieren und unglaubwürdig zu machen.
Und Shermans Marsch durch Georgia unter der Inkaufnahme ostentativer Verwüstungen war das nicht?

"Verständigung" ist ein Begriff, mit dem im Hinblick auf den Bürgerkrieg gerne hantiert wird und der auch sicherlich in den ersten 2 Kriegsjahren handlungsleitend war, aber spätestens seit 1863, spätestens mit der Emanzipationsproklamation, ging es in erster Linie nicht mehr um friedliche Einigung, sondern ums Gewinnen.
Und der Umstand, dass nach dem Bürgerkrieg Teile des Südens jahrelang erstmal unter Besatzung der Unionsarmee bleiben mussten, zeigt doch auch, wie weit die Eskalation am Ende gegangen war.

Damit hätte Lincoln der eigenen Armee eine unglaubliche Hypothek aufgebürdet, hätte politisch Selbstmord begangen. Einen Sklavenaufstand, ein Remake von Nat Turners Aufstand oder die haitianische Revolution nach Dixie-Art, das konnte jeder beliebige Politiker in den USA brauchen wie einen Kopfschuss.
Warum Konjunktiv? Er hat mit der Emanzipationsproklamation eine Maßnahme ergriffen, die jederzeit als Rechtfertigung für einen Sklavenaufstand hätte genutzt werden können. Damit hatte er sich entschieden das inkauf zu nehmen.
Und ich denke übrigens auch nicht, dass es ihm als Kriegspräsidenten geschadet hätte, wäre in den Südstaaten tatsächlich ein Sklavenaufstand ausgebrochen.
Dann hätten die Konföderierten kaum anders gekonnt, als Truppen aus den jeweiligen Schauplätzen herauszuziehen um den Niederzuschlagen und selbst wenn sie das geschafft hätten, hätte das möglicherweise der Unionsarmee ein Zeitfenster verschafft um entscheidende Schläge gegen einen zusätzlich geschwächten Feind zu führen.
Ich denke, wenn ein Sklavenaufstand im Süden, die konförderierten Streitkräfte so ausgedünnt hätte, dass unter dessen Ausnutzung die Unionsarmee z.B. erhebliche Geländegewinne in Tennessee oder Virginia gelungen wären und sich im Norden der Eindrück eingestellt hätte, man würde nun den Krieg endgültig gewinnen, wäre die Empörung über den Schritt wahrscheinlich ziemlich schnell abgeflaut.

Es ist nun auch ein Unterschied, ob man einigen Sklaven und Indentureds die Freiheit verspricht , wenn sie bereit sind, für die Briten zu kämpfen oder ob man tatsächlich die ganze Institution der Sklaverei angeht.

Die Politik GBs im Unabhängigkeitskrieg war im Wesentlichen die Kolonien mit einer Mischung aus Härte und Konzilianz zum Einlenken zu bewegen.

Es ist natürlich vor allem auch ein Unterschied, ob eine Maßnahme im Frieden, und auf Grund von politischen oder moralischen Überzeugungen getroffen wird, oder im Ausnahmezustand des Krieges um in Notzeiten Kräfte zur eigenen Verteidigung zu mobilisieren oder den Gegner zu brechen.
Für letzteres braucht es nur eine Überzeugung, nämlich dass das militärische Ziel das Mittel heiligt und diese Überzeugung ist für sich genommen erstmal bemerkenswert unideologisch, jedenfalls wenn es um die Erwägung irgendwelcher prinzipiellen Rechte oder ähnliches geht.

Trotzdem bin ich der Meinung, dass was die USA und Großbritannien angeht, es durchaus lohnt sich das frühe 19. Jahrhundert nochmal etwas genauer anzusehen, im Besonderen die vertraglich vereinbarte und faktisch vorhandene Zusammenarbeit bei der Unterbindung des transatlantischen Sklavenhandels.
Ich hatte ja weiter oben angesprochen, dass mir für den tatsächlich universellen Ansatz der Abschaffung der Sklaverei im historischen Verlauf das Bekenntnis zur Außenwirkung und Anstrengungen zu deren tatsächlicher Durchsetzung fehlen.

Beim transatlantischen Sklavenhandel lief das ja paradoxer Weise etwas anders.
Dieses Verbot kann natürlich keine universelle Wirkung beanspruchen, weil es sich nur auf diese Region bezog, während innerhalb der Vereinigten Staaten der Sklavenhandel ja durchaus weiterlaufen konnte (wie das im britischen Empire aussah, da bin ich zugegeben spontan überfragt), aber letztendlich wurde hier zwischen London und Washington ein Grundsatz mit Außenwirkung vereinbart, der relativ zügig mit militärischen Mittel, relativ kompromisslos vertreten wurde.
Die Gewässer vor den afrikansichen Küsten und der Mittel- und Südatlantik waren, jedenfalls in weiten Teilen, die unmittelbare Umgebung vor den britischen Stürzpunkten mal ausgeklammert, nicht unbedingt direkte Hoheitsgebiete der Vertragsstaaten, trotzdem wurden zügig bewaffnete Schiffe dorthin entsandt um Sklavenschiffe aufzubringen und die -Händler/Kapitäne zur Rechenschaft zu ziehen.
Und zwar durchaus nicht nur Schiffe, die unter der Flagge der Vertragsstaaten fuhren, sondern auch andere, so dass in diesem Punkt, die Schädigung des Handels anderer Nationen und deren Angehöriger durch Einsatz bewaffneter kräfte durchaus inkauf genommen wurde, um auch andere Akteure diesem zwischen Washington und London ausgehandelten Grundsatz nötigenfalls zu unterwerfen.

Das einfach nur nochmal an die Adresse des Arguments, die Vorstellung einer schnellen übernationalen Ausdehnung von Rechtsgrundsätzen und Verboten sei unrealistisch und das Ausbleiben sei dementsprechend kein Anlass dem im Gesetz erhobenen Anspruch seine tatsächliche Universalität abzusprechen.
Das Verbot und das bewaffnete Unterbinden des transatlantischen Sklavenhandels, sind ein historisches Beispiel dafür, dass sowas durchaus auch nach außen vertreten werden konnte, wenn die beteiligten Akteure das wirklich wollten.
 
Zuletzt bearbeitet:
1775 gibt es von Lord Dunmore die Emanzipationsproklamation, welche den Trend des Mutterlands zur Abschaffung und Ächtung der Sklaverei ausdrückt.
Da gehört aber denke ich auch der Umstand dazu, dass Dunmore, als er den Schritt tat, die schwarze Bevölkerung faktisch im britischen Namen zu den Waffen zu rufen, sich selbst in einer militärischen Zwangslage sah und sich wahrscheinlich weniger aus grundsätzlicher Überzeugung dazu entschlossen hatte, als viel mehr aus dem Grund, dass er irgendwoher Soldaten brauchte, um sich in feindlicher Umgebung mit relativ geringen eigenen Kräften behaupten zu können.
Denn in welcher schwierigen Situation sich Dunmore auf seinem Posten befand, dass beschreibt Hochgeschwender ja auch.

Insofern wird Dunmore den Schritt vor sich selbst wahrscheinlich weniger mit grundsätzlichen moralischen Erwägungen gerechtfertigt haben, als damit auf diese Weise die britische Präsenz in den südlichen Kolonien aufrecht und damit dem werdenden Empire ggf. seine überseeischen Besitzungen erhalten zu können.
 
1775 ist ja ein Jahr vor der Unabhängigkeitserklärung. Da aber war wohl die Lage schon kritisch für die Briten.

sofern wird Dunmore den Schritt vor sich selbst wahrscheinlich weniger mit grundsätzlichen moralischen Erwägungen gerechtfertigt haben, als damit auf diese Weise die britische Präsenz in den südlichen Kolonien aufrecht und damit dem werdenden Empire ggf. seine überseeischen Besitzungen erhalten zu können.
Jedenfalls hatte es zur Folge, dass befürchtete Sklavenaufstände militärische Mittel banden, die ansonsten hätten gegen die Briten eingesetzt werden können.
Und auch, dass entflohene Sklaven sich den britischen Streitkräften anschlossen, ja sogar Eliteeinheiten bildeten.
Denn dass das Freiheitsversprechen der amerikanischen Revolution für sie nicht gelten würde, sondern sie weiterhin als Nutzvieh ihrer Peiniger vegetieren sollten war wohl offenkundig.
 
Wer anderes behauptet, möge darlegen,
Man auch kann vernünftig argumentieren, dass die Industrielle Revolution nicht etwa zur Abschaffung der Sklaverei führte, sondern zu deren Verlängerung.
Zunächst ist ja dieser fundamentale Umbruch nicht etwa dem Aufkommen der Kraftmaschine (Dampfmaschine) geschuldet ist, sondern der Rationalisierung der Textilproduktion (flying shuttle, spinning jenny). Diese dominierte das Wirtschaftswachstum bis in die 1850er.
Diese Produktion basierte auf Baumwolle, die eine automatisierte Fadenproduktion ermöglichte und auf Sklavenwirtschaft beruhte.
Da spielte ja der Sklaventransport aus Afrika keine Rolle mehr, denn dieser wurde ja leicht durch die nutzviehartige Vermehrung der Sklaven aus eigenen Beständen ausgeglichen.
Der wachsende Rohstoffhunger durch die Industriellen Revolution, Baumwolle kann ja als Rohstoff betrachtet werden, führte (nicht nur) in Gegenden abseits der Zentren dieses Fortschritts zu vermehrter Sklaverei.
Man denke nur an den Hunger nach Kautschuk und die wahrlich entsetzlichen und abscheulichen Zustände im Kongo des Leopold II von Belgien.
 
Dunmores Proklamation sorgte für große Erbitterung, wie du in deinem Beitrag ja auch hinweist. Die Bewaffnung von Sklaven und die Förderung eines Sklavenaufstands sorgte auch bei Leuten für Empörung, die überhaupt keine Sklaven besaßen. Ganz bewusst eine Entwicklung wie auf Haiti oder während des Nat Turner-Aufstands zu forcieren und sie zu fördern, hieß aber, bewusst an der Eskalationsschraube zu drehen und die Konfrontation auf die Spitze zu treiben. Lincolns Zurückhaltung bei der Emanzipations-Proklamation war nicht zuletzt auch solchen Überlegungen geschuldet.
Ich denk mal, dass Lincoln auf einen Sieg wartete, hat damit zu tun. So war dem Vorwurf, es sei ein verzweifelter Akt, die schwarzen Sklaven quasi zum Aufstand aufzurufen, ein bischen der Wind aus den Segeln genommen.
 
1775 ist ja ein Jahr vor der Unabhängigkeitserklärung. Da aber war wohl die Lage schon kritisch für die Briten.
So kritisch, dass die Briten damals schon der Meinung waren, dass sie das mit den britischen Regulars allein nicht mehr kontrollieren konnten, weshalb GB mit der Zarin Katherina II. verhandelten, dass sie ein Hilfskorps nach Amerika schickt.

Die Briten hatten Sorge, dass die deutschen Fürsten nicht würden genügend Soldaten liefern können und man hätte mit Russland den Vorteil gehabt, dass man nur mit einem Vermieter hätte verhandeln müssen.

Erst als Katherina II. absagte, wurde Lord Suffolk angewiesen, die alten Kontakte in Hessen-Kassel, Hanau und Braunschweig zu kontaktieren.
 
Der Unterschied ist, das John Browns Überfall auf Harpers Ferry im tiefsten Frieden stattfand, nicht nach 2 Jahren erbittertem Bürgerkrieg mit bis dahin ungekannten Verlustzahlen.


Aber de facto war doch die Emanzipationsproklamation ein Schritt, der einen Sklavenaufstand mindestens mal billigend in Kauf nahm, wenn nicht darauf abzielte.
Es konnte ja kaum davon ausgegangen werden, dass derlei reibungslos ablaufen würde, sondern es musste doch klar sein, dass diese Proklamation zur in Süden zur Brutalisierung im Umgang mit Sklaven führen musste, die erfolglose Fluchtversuche unternahmen, was zu Gegengewalt führen konnte.

Zeitgleich lieferte sie den bisherigen Sklaven im Süden nicht nur eine Rechtfertigung dafür sich davon zu machen, sondern auch eine gegen ihre bisherigen Besitzer vorzugehen, weil sich dann natürlich argumentieren ließ, (jedenfalls wenn man die Auffassung vertrat die Sezession sein eine illegitime Rebellion und die Konföderation kein Staat aus eigenem Recht, mit irgendeiner Legitimation), dass Sklavenhalter, die ihre Sklaven weiterhin festhielten, obwohl ihnen das nun vom Gesetz untersagt war, damit täglich die Freiheit und grundsätzlichen Rechte der Sklaven angriffen und somit die Sklaven selbt in Notwehr handelten, wenn sie sich gegen den Versuch ihrer Versklavung auflehnten und sich dafür entschieden, ihre Freiheit möglicherweise mit Gewalt durchzusetzen.

Es hat Realiter im historischen Verlauf DEN großen Sklavenaufstand als Ereigniss in den Südstaaten nicht gegeben, die Emanzipationsproklamation konnte aber durchaus die politisch-ideologische Rechtfertigungsgrundlage für einen liefern und damit war sie faktisch zummindest das Spiel mit der Option des Aufstands.


Und Shermans Marsch durch Georgia unter der Inkaufnahme ostentativer Verwüstungen war das nicht?

"Verständigung" ist ein Begriff, mit dem im Hinblick auf den Bürgerkrieg gerne hantiert wird und der auch sicherlich in den ersten 2 Kriegsjahren handlungsleitend war, aber spätestens seit 1863, spätestens mit der Emanzipationsproklamation, ging es in erster Linie nicht mehr um friedliche Einigung, sondern ums Gewinnen.
Und der Umstand, dass nach dem Bürgerkrieg Teile des Südens jahrelang erstmal unter Besatzung der Unionsarmee bleiben mussten, zeigt doch auch, wie weit die Eskalation am Ende gegangen war.


Warum Konjunktiv? Er hat mit der Emanzipationsproklamation eine Maßnahme ergriffen, die jederzeit als Rechtfertigung für einen Sklavenaufstand hätte genutzt werden können. Damit hatte er sich entschieden das inkauf zu nehmen.
Und ich denke übrigens auch nicht, dass es ihm als Kriegspräsidenten geschadet hätte, wäre in den Südstaaten tatsächlich ein Sklavenaufstand ausgebrochen.
Dann hätten die Konföderierten kaum anders gekonnt, als Truppen aus den jeweiligen Schauplätzen herauszuziehen um den Niederzuschlagen und selbst wenn sie das geschafft hätten, hätte das möglicherweise der Unionsarmee ein Zeitfenster verschafft um entscheidende Schläge gegen einen zusätzlich geschwächten Feind zu führen.
Ich denke, wenn ein Sklavenaufstand im Süden, die konförderierten Streitkräfte so ausgedünnt hätte, dass unter dessen Ausnutzung die Unionsarmee z.B. erhebliche Geländegewinne in Tennessee oder Virginia gelungen wären und sich im Norden der Eindrück eingestellt hätte, man würde nun den Krieg endgültig gewinnen, wäre die Empörung über den Schritt wahrscheinlich ziemlich schnell abgeflaut.

Wer hätte denn einen Sklavenaufstand führen sollen, der die Kraft des Südens bricht? Woher sollten aufständische Sklaven Waffen bekomme ,für einen Sklavenaufstand der Aussicht auf Erfolg haben sollte? Wie konnten Sklaven überhaupt Kontakt zu anderen Sklaven aufnehmen? In der Zeitung inserieren war nicht möglich. Die soziale Mobilität der meisten Sklaven war gering, die meisten kannten nur die nächste Umgebung. Über Spirituals, Gesänge konnten Sklaven Kontakte aufnehmen, und sie waren oft auch recht erfinderisch.

Eine Flucht aus der Sklaverei war ein großes Risiko, jeder Sklave, der auch nur mit dem Gedanken spielte, riskierte Leben und Gesundheit, und er riskierte Leben und Gesundheit der Mitsklaven. Die Beine in die Hand zu nehmen und nach dem Nordstern marschieren erforderte unglaublichen Mut und Risikobereitschaft.

Ein Sklavenaufstand ist aber noch eine andere Hausnummer. Vor Aufsehern und Sklavenjägern zu flüchten, war noch etwas anderes, als Aufseher und Sklavenjäger umzubringen, das Herrenhaus niederbrennen und die Eigentümer zu erschlagen.

Eine Flucht, das kann ein Sklave riskieren, für einen Sklavenaufstand braucht es mehrere Sklaven, und wenn das Ganze Aussicht auf Erfolg haben soll, dann braucht es dazu Waffen, es braucht Logistik, es braucht Organisation.

Die Haitianische Revolution, der Nat Turner Aufstand das war ein Trauma, das hat die Südstaaten irritiert. Ein nicht unerheblicher Teil der Pflanzer in Louisiana waren Kreolen, die Plantagen auf Haiti besaßen. Über 100 Jahre gab es die Slave Codes und Codes noires mit all der Barbarei, die damit verbunden war, die genau das, einen Sklavenaufstand, verhindern sollte.



Sich zur Flucht zu entschließen, sich zum Widerstand zu entschließen, sich physisch gegen einen Weißen zu wehren, das setzte bei Sklaven ein enormes Maß von Mut und Risikobereitschaft voraus.

Sklaven wurden von Kindheit auf trainiert, sich nicht zu entschließen, sich nicht zu wehren. Sie wurden häufig misshandelt. Wer das nicht selbst tun wollte, schickte Sklaven in die "Calaboose"

Frederick Douglass wurde als Jugendlicher zu einem gewissen Mr. Covey geschickt, der seinen Geist durch Arbeitr und Schläge brechen wollte. Bis zu dem Tag, als Douglass einmal zurückschlug. Das allein hätte ihm den Tod bringen können. Douglass kam damals davon, weil dieser Mr. Covey ein "Cracker" war. Covey lebte von seinem Ruf als "Niggerbrecher". Die Nachbarn überließen ihm für 1 Jahr ihre Sklaven, und Covey bewirtschaftete mit ihnen seine eigene Farm. Kam heraus, dass er sich von einem Halbstarken unterkriegen ließ, war es um seinen Ruf geschehen, und Douglass kam straflos davon, und keiner schlug ihn mehr, aber Douglass beschrieb in seinen Biographien auch, dass Covey lange Zeit erfolgreich war.

Das System sozialer Kontrolle und systematischen Brechens sollte man keineswegs unterschätzen. Jede Flucht eines Sklaven, jede Scheune, die abbrannte, jeder Mord an einem Sklavenhalter führte für die Mitsklaven zu furchtbaren Szenen, führte zu Kollektivstrafen, Paranoia und überhöhter Grausamkeit. Unzählige Sklaven haben furchtbares mitgemacht, nur weil man ihnen zutraute an Flucht zu denken.

Dort, wo der Süden buchstäblich zusammenbrach, bei Shermans Feldzug durch Georgia und die Carolinas kam es nirgends zum Sklavenaufstand. Die Sklaven flüchteten sich in Massen zu den Yankees, und das stellte die Unionsarmee vor erhebliche logistische Probleme.

Einen Sklavenaufstand in den Südstaaten zu entfesseln oder entfesseln zu wollen, war nichts als ein Schinderhannes-Abenteuer ohne Aussicht auf nachhaltigen Erfolg. Man hätte damit das Leben von Tausenden von Sklaven mutwillig aufs Spiel gesetzt, auch das von Sklaven, die gar nicht beteiligt waren, man hätte damit das Leben von Zivilisten in den Südstaaten und den Grenzstaaten gefährdet, und man hätte in einer unverantwortlichen Weise die Spaltung des Landes vertieft.

Shermans Marsch zum Meer hat das Verhältnis der Staaten ganz erheblich belastet. Das waren Maßnahmen im Rahmen eines totalen Krieges, aber immerhin Maßnahmen einer regulären Armee, v die darauf abzielten die Wehrkraft des Gegners zu vernichten.

Einen Sklavenaufstand zu entfesseln, so wie John Brown das versucht hat- das war Terrorismus, und wie der ankam, das konnte man bei der Harpers Ferry Affäre beobachten.


Die Emanzipations-Proklamation war recht zurückhaltend, sie garantierte Sklaven der Konföderierten Staaten die Freiheit. Außerhalb des Einflussbereiches der Unionsarmee war sie rein symbolisch, weil eben die meisten Sklaven dieses Recht nicht wahrnehmen konnten. Es hat sie niemand oder kaum jemand so ausgelegt, dass damit jederzeit ein Sklavenaufstand gerechtfertigt werden konnte. Es hat niemand Lincoln geraten, einen Sklavenaufstand zu planen, es musste niemand Lincoln so etwas ausreden. Frederick Douglass hatte Verständnis für Brown, fand freundliche Worte für ihn, aber er hätte so etwas niemals geraten. Es wäre eine sinnlose Schlächterei geworden, es wäre unverantwortlich gewesen, unbewaffnete Sklaven aufzuwiegeln. Es gab daher auch keinen Sklavenaufstand, da wo sie die Chance dazu hatten, haben die Sklaven mit den Füßen abgestimmt, und alles andere war selbstmörderischer Unsinn ohne jede Erfolgsaussicht und mit großem Potenzial für Mitsklaven die Lage schwieriger zu machen. Kein Mensch mit Verantwortungsbewusstsein konnte so etwas empfehlen. Unter den amerikanischen Abolitionisten war John Brown ein Außenseiter, weder Lloyd-Garrison, Beecher Stowe, die Grimké-Schwestern oder Fred Douglass haben einen Sklavenaufstand befürwortet.

Was es dann aber gab, das waren reguläre Afro-Amerikaner als Soldaten, als kämpfende Truppe in der Unions-Armee.
Abolitionisten wie Douglass haben Lincoln vorgeworfen, er würde den Krieg nur mit halber Kraft führen. Die Emanzipations-Proklamation war recht zurückhaltend. Ein Aufruf zum Sklavenaufstand war sie nicht, und sie konnte auch kaum so verstanden werden. Außerhalb der Reichweite der Unions-Armee hatte sie zunächst nur symbolische Bedeutung. Zu erwarten, dass sich daraufhin die Sklaven erheben würden oder massenhaft fliehen, war doch unrealistisch, zumal die Sklaven so gut wie keine Waffen besaßen, solange die Konföderierten nicht zusammenbrachen, war das keine Option.
 
1775 ist ja ein Jahr vor der Unabhängigkeitserklärung. Da aber war wohl die Lage schon kritisch für die Briten.

Und auch, dass entflohene Sklaven sich den britischen Streitkräften anschlossen, ja sogar Eliteeinheiten bildeten.
....Oder zu den Hessen. Auf Genre-Gemälden zur hessischen Armee aus dem späten 18. Jahrhundert sind immer wieder schwarze Tamboure zu sehen mit Turban.

Es sind einige Namen von ehemaligen Sklaven überliefert, die mit den Hessen nach Europa zurückkehrten. Der Historiker Rommel schrieb von seinen Jugendjahren in Kassel und erwähnte die schwarzen Tamboure, die in der Fulda badeten.
 
Man könnte genau so gut postulieren: Der Prozess des Abbaus von Formen persönlicher Unfreiheit im Bäuerlichen Westeuropa setzt mit dem Rückgang der Leibeigenschaft im Mittelalter ein und entwickelt sich bis ins 18./19. Jahrhundert kontinuierlich weiter und zwar vor allen deswegen, weil verbesserte Anbaumethoden, Flurbereinigungen und Rationalisierungsmaßnahmen das alte System überflüssig machte.

Mit deutlich steigenden Erträgen pro Hektar, ließ sich aus kleinerer Fläche, also im Endeffekt mit weniger menschlicher Arbeit der gleiche Etrag ziehen, wie formals mit größeren Flächen. Folglich musste der Wert menschlicher Arbeitskraft sinken.
Für kleinere Agrarbetriebe, die auf Subsistenz ausgelegt waren bedeutete das, dass die neuen Formen der Bewirtschaftung die Arbeitskraft eines Leibeigenen überflüssig machen konnte, während die sozialen Pflichten dem Leibeigenen gegenüber aber weiterbestanden.
Folglich konnte es einfach rational sein, Leibeigene aus der Leibeigenschaft zu entlassen oder ihnen die Möglichkeit zu verschaffen sich freizukaufen, um sich der Fürsogepflichten zu entledigen.
Für größere Agrarbetriebe, die mehr auf kommerzielle Wirtschaft und Maximierung von Profiten ausgelegt waren, mussten Saisonarbeiter, die man jederzeit auch wieder entlassen konnte, die sinnvollere Lösung darstellen, sofern genügend verfügbar waren.
Wenn Du die Abschaffung der Hörigkeit und der Sklaverei nicht ideengeschichtlich sondern mit dem hier zitierten wirtschaftlichen Postulat begründest ist deine Erklärung zugegebenermassen schlüssig. Ich bin dennoch nicht damit einverstanden - u.a. deshalb nicht, weil der Absolutismus nicht nur die spätmittelalterlichen Freiheitsrechte der Reichsstädte sondern eben auch vielerorts die erworbenen Freiheiten der Bauern kassiert hatte.
Aber um auf die nicht-mittelalterliche Sklaverei und deren Abschaffung einzugehen:
Die im 18. / 19. Jahrhundert verbesserten Anbaumethoden, Flurbereinigungen und Rationalisierungsmassnahmen in Westeuropa dürften ja wohl auch, mit Ausnahme der Flubereinigungen, so meine ich (mein hist. Wissen ausserhalb des Mittelalters ist begrenzt) in den Landwirtschaftszonen der Südstaaten gegeben gewesen sein. So müsste, entspr. deiner These, sowohl auf den Baumwollfeldern der Grossgrundbesitzer als auch auf den Farmen der Kleinbauern mit max. zwei bis drei Sklaven das System der Sklavenhaltung überflüssig geworden sein. Das scheint aber nicht der Fall gewesen zu sein, weshalb sonst haben die Südstaaten, abgesehen von einzelnen Ausnhamen (Lee), ihre Sklaven nicht frei gelassen ? Weshalb sind sie aus der Union ausgetreten und haben einen Krieg riskiert, wenn es sich nicht mehr rentiert hätte ?

Es gab in diesem Zusammenhang früher mal eine These, wonach die Sklavenfrage nur vorgeschoben und der Sezessionskrieg eigentlich ein Wirtschaftkrieg gewesen war und mit der Skalvenberfreiung die wirtschaftliche Konkurrenz der Südstaaten ausgeschaltet werden sollte. Allerdings ist mir nicht bekannt, dass die Baumwollverarbeitung im Norden ein wesentlicher Wirtschaftssektor gewesen wäre.
 
Die im 18. / 19. Jahrhundert verbesserten Anbaumethoden, Flurbereinigungen und Rationalisierungsmassnahmen in Westeuropa dürften ja wohl auch, mit Ausnahme der Flubereinigungen, so meine ich (mein hist. Wissen ausserhalb des Mittelalters ist begrenzt) in den Landwirtschaftszonen der Südstaaten gegeben gewesen sein. So müsste, entspr. deiner These, sowohl auf den Baumwollfeldern der Grossgrundbesitzer als auch auf den Farmen der Kleinbauern mit max. zwei bis drei Sklaven das System der Sklavenhaltung überflüssig geworden sein. Das scheint aber nicht der Fall gewesen zu sein, weshalb sonst haben die Südstaaten, abgesehen von einzelnen Ausnhamen (Lee), ihre Sklaven nicht frei gelassen ? Weshalb sind sie aus der Union ausgetreten und haben einen Krieg riskiert, wenn es sich nicht mehr rentiert hätte ?
Das habe ich im Forum vielleicht schon mal zitiert:
Wirtschaftlich hat die Sklaverei in den Südstaaten bis zuletzt floriert. Es wird geschätzt, dass Sklavenbesitz um das Jahr 1860 knapp 50% des gesamten Vermögens in den Südstaaten ausgemacht hat. Seinetwegen war das Vermögen relativ zur freien Bevölkerung im Süden um etwa 80% höher als im Norden der USA. (Wright, Slavery and the rise of the Nineteenth-Century American Economy, in Journal of Economic Perspectives Spring 2022, p.135). Das Durchschnittseinkommen der freien Bevölkerung war im Süden wohl um ein paar Prozent höher als das im Norden, einschließlich der Sklaven war es allerdings um reichlich 25% niedriger. (Walton/Rockoff, History of the American Economy, p.236).
 
Hier mal eine Hypothese, oder eher eine Frage:
Ist es vielleicht richtig, dass die Südstaaten der USA im 19. Jahrhundert der einzige Fall einer Gesellschaft waren, in der ein erheblicher der Teil der Bevölkerung versklavt war und sich dieser selbst reproduzierte und nicht ständig durch Versklavungen etwa von Kriegsgefangenen "aufgefüllt" werden musste?
Ein Grund dafür wäre dann, dass der Sklavenhandel über Staatsgrenzen hinweg einigermaßen erfolgreich unterbunden worden war und es sich deshalb erst jetzt lohnte, die Lebensbedingungen der Sklaven soweit zu verbessern, dass dieses "Vermögen" auf Dauer erhalten blieb.
 
Die im 18. / 19. Jahrhundert verbesserten Anbaumethoden, Flurbereinigungen und Rationalisierungsmassnahmen in Westeuropa dürften ja wohl auch, mit Ausnahme der Flubereinigungen, so meine ich (mein hist. Wissen ausserhalb des Mittelalters ist begrenzt) in den Landwirtschaftszonen der Südstaaten gegeben gewesen sein. So müsste, entspr. deiner These, sowohl auf den Baumwollfeldern der Grossgrundbesitzer als auch auf den Farmen der Kleinbauern mit max. zwei bis drei Sklaven das System der Sklavenhaltung überflüssig geworden sein. Das scheint aber nicht der Fall gewesen zu sein, weshalb sonst haben die Südstaaten, abgesehen von einzelnen Ausnhamen (Lee), ihre Sklaven nicht frei gelassen ? Weshalb sind sie aus der Union ausgetreten und haben einen Krieg riskiert, wenn es sich nicht mehr rentiert hätte ?
Der Unterschied, wenn man es wirtschaftlich betrachtet, ist dass es in den Südstaaten der USA kein hinrichend großes Agrarproletariat gab, um in entsprechendem Maße billige Arbeitskraft zur Verfügung zu stellen, derer sich jederzeit bedient werden konnte.
In Europa war die entsprechende Bevölkerung vorhanden, sie verschwand ja nicht, dadurch dass die vorhandenen Formen der Unfreiheit abgebaut wurden.

Aber in den Südstaaten der USA sah das doch vollkommen anders aus. Die Bevölkerung war relativ dünn, die indigenen Gruppen waren im Zuge der europäischen Expansion in Nordamerika, durch Seuchen ausgedünnt und in weiten Teilen später von den amerikanischen Kolonisten vertrieben worden, während der US-Amerikanische Süden in weit geringerem Maße als der Norden Einwanderer anzog.

Nehmen wir ein für die Baumwollwirtschaft typisches Gebiet wie South Carolina:

Dieser Bundesstaat ist mit seiner Fläche von knapp 83.000 Km² etwas größer als die heutige Tschechische Republik oder das heutige Bayern und dürfte in seiner Ausdehnung in etwa mit dem historischen Königreich Bayern nach der Napoléonik, also mit der damals Bayerischen Pfalz vergleichbar sein.

South Carolina hatte gemäß Zensus von 1850 an die 670.000 Einwohner.


In Bayern wurden anscheinend 1840 an die 3.800.000 Einwohner erfasst, in 1871 in etwa 4.300.000 Einwohner (überschlägig gerundet)

Wobei ich nicht weiß, ob sich die zahlen hier auf das historische Königreich Bayern beziehen oder ob das um die Zahlen aus der bayerischen Pfalz bereinigt wurde und diese noch on top kämen.

Beide Gebiete, sowohl Bayern, als auch South Carolina waren um in weiten Teilen von der Agrarwirtschaft abhängig. Bayern hatte mit München und Nürnberg sicherlich noch zwei städtische Zentren, die sich deutlich stärker davon abhoben, als alles in South Carolina, also ziehen wir meinethalben mal 500.000-600.000 Einwohner ab, die in Bayern den stätischen Millieus und ihrem Handwerk und ihrer bescheidenen Industrie zuzurechnen sein mögen und gehen wir also um 1850 in Bayern von an die 3.500.000 Millionen Einwohnern in ländlichen Gebieten oder Klein- und Mittelstädten aus, die mit der Struktur von South Carolina möglicherweise einigermaßen vergleichbar sind.

Dann kommt in Bayern auf eine vergleichbare Fläche, eine mehr als 5 mal so große Bevölkerung, als in South Carolina, die in irgendeiner Form mit dem kleinstädtisch-ländlichen Millieu in Zusammenhang stand und Arbeitskräfte stellen konnte.
Das würde im Umkehrschluss bedeuten, dass die Kosten für die Arbeitskraft freier Arbeiter in South Carolina als Kostenfaktor für die Produktion im Durchschnitt, gemessen am Angebot potentieller Arbeitskräfte um ein Mehrfaches höher gewesen wären.

Und die gleiche Beobachtung wird man im Vergleich der anderen Regionen des tiefen Südens der USA mit vergleichbar großen Territorien in Europa machen.


Wären im Süden der USA hinreichend freie Arbeitskräfte vorhanden gewesen, um menschliche Arbeitskraft zu einem angemessen niedrigen Preis zur Verfügung zu stellen, wäre das Interesse an Sklavenarbeit oder unfreier Arbeit hier wahrscheinlich vergleichbar gering gewesen, wie in Europa.

Nur warum hätte irgendjemand freiwillig in die USA auswandern sollen um dort schlecht bezahlter Landarbeiter zu werden, wenn man in den USA auch für relativ kleines Geld selbst Landbesitzer werden konnte, wenn man statt des tiefen Südens an die Frontier im Westen ging?
Da war es für Einwanderer doch wesentlich logischer, sich einige Zeit in der aufsteigenden Industrie im Norden zu verdingen und entweder dort in den Metropolen selbst den Aufstieg zu schaffen oder anschließend mit bescheidenem Vermögen in den Westen zu gehen und als sein eigener Herr und Landbeitzer neu anzufangen.
 
Hier mal eine Hypothese, oder eher eine Frage:
Ist es vielleicht richtig, dass die Südstaaten der USA im 19. Jahrhundert der einzige Fall einer Gesellschaft waren, in der ein erheblicher der Teil der Bevölkerung versklavt war und sich dieser selbst reproduzierte und nicht ständig durch Versklavungen etwa von Kriegsgefangenen "aufgefüllt" werden musste?
Ein Grund dafür wäre dann, dass der Sklavenhandel über Staatsgrenzen hinweg einigermaßen erfolgreich unterbunden worden war und es sich deshalb erst jetzt lohnte, die Lebensbedingungen der Sklaven soweit zu verbessern, dass dieses "Vermögen" auf Dauer erhalten blieb.
Die Unterbindung des transatlantischen Sklavenhandels betraf ja auch die anderen Gebiete, die traditionell wirtschaftlich auf die Einfuhr von Sklaven auf Afrika aufbauten, wie die karibischen Inseln, oder Brasilien und Venezuela, bis zur jeweiligen Abschaffung der Sklaverei dort.

Insofern dürfte ein ähnlicher Effekt durchaus auch Brasilien betroffen haben.

Effektiver als die Gesetzgebung dürfte da das tatsächliche militärische Vorgehen der britischen und us-amerikanischen Navy gegen Sklavenschiffe vor den afrikanischen Küsten gewesen sein.

De facto war vor dem Aufkommen der Dampfschiffahrt eine Querung des Atlantik in westlicher Richtung nur nördlich des Äquator in der Zone des Nordost-Passat wirklich effizient und schnell möglich.
Weiter südlich wären die Windverhältnisse noch ähnlich, aber die Distanz zwischen den Landmassen deutlich größer gewesen.


Wenn man die Verhältnisse an Bord der Sklavenschiffe bedenkt und die damit verbundenen Sterberaten, war es für den Profit der Sklavenhändler von größter Wichtigkeit möglichst kurze Wege auf hoher See zu haben, was es, nahelegen musste von der westafrikanischen Küste aus zu starten was bedeutet, dass dort patroullierende britische und amerikanische Schiffe den Sklavenhandel als Geschäft, auch in Richtung Brasilien wahrscheinlich relativ schnell effektiv kaputt bekamen und auch dort dann der "Nachschub" aus Übersee rar geworden sein dürfte.


Das sich die Lebensbedingungen der Sklaven in den USA danach besserten (wobei das schon leicht zynisch klingt), ist naheliegend, allerdings war die Lebenserwartung von Sklaven im US-Amerikanischen Süden bereits vorher wohl signifikant höher, als auf den Plantagen auf den karibischen Inseln.
 
So kritisch, dass die Briten damals schon der Meinung waren, dass sie das mit den britischen Regulars allein nicht mehr kontrollieren konnten, weshalb GB mit der Zarin Katherina II. verhandelten, dass sie ein Hilfskorps nach Amerika schickt.
Zu Katharina II hätte ich gerne eine Quelle.
 
In Bayern wurden anscheinend 1840 an die 3.800.000 Einwohner erfasst, in 1871 in etwa 4.300.000 Einwohner (überschlägig gerundet)

Wobei ich nicht weiß, ob sich die zahlen hier auf das historische Königreich Bayern beziehen oder ob das um die Zahlen aus der bayerischen Pfalz bereinigt wurde und diese noch on top kämen.

Das Historische Lexikon Bayerns ist da im allgemeinen informativer:
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Zu Katharina II hätte ich gerne eine Quelle.

Die Briten haben tatsächlich mit Katherina II. verhandelt, die allerdings Ende 1775 den Vertrag platzen ließ. Über Verhandlungen der britischen Krone wurde auch in der amerikanischen Presse eifrig debattiert, in der Virginia Gazette erschienen zwischen Herbst 1775 und April 1776 mehrere Artikel, die darüber berichten.

GB und die Niederlande haben bereits im Spanischen Erbfolgekrieg hessische Söldner eingesetzt. Den ersten Vertrag mit Russland hatten die Briten 1741 geschlossen. In einem Bündnisvertrag versprachen sich GB und Russland gegenseitige militärische Hilfe im Fall eines Angriffs einer driotten Partei auf einen der Bündnispartner. GB sicherte den Einsatz einer Flotte zu und Russland 10.000 Mann Infanterie und 2000 Kavalleristen. (Artikel VI) Je nach den Umständen war es möglich, die Entsendung der Flotte/der Truppen durch 100.000 Pfund Sterling abzulösen.

Dem nur kurz regierenden Zaren Iwan VI. Antonovic gelang es kurzfristig, das zu erreichen, was die Briten den Zaren aller Reußen bisher verweigerten, nämlich die Anerkennung und Garantie der russischen Territorialansprüche. GB sah den Aufstieg Russlands nicht ohne Vorbehalte. Beide Seiten suchten beim anderen militärische Hilfe, sahen aber einen Machtzuwachs des Vertragspartners kritisch und wollten möglichst wenig investieren.
Ausgenommen waren in dem Vertrag Hilfsleistungen Englands an die Hohe Pforte oder die Tartaren oder Interventionen in Persien und Einsätze in britischen Kolonien außerhalb Europas. Auch nach Spanien, Portugal oder Italien sollten russische Truppen nicht verschifft werden. (Artikel XVI)

Für Russland ging es künftig im Idealfall um Flottenunterstützung bei Verwicklungen im Schwarzumeer-Gebiet, ohne Verpflichtung, Truppen zum Schutz des Empire zu liefern und für GB um russische Truppen bei Auseinandersetzungen mit Dritten (F und Spanien) in Übersee und Neutralität in der Orientalischen Frage. Der Vertrag mit Iwan VI. wurde von Regentin Anna Leopoldovna anerkannt und von den Briten ratifiziert, er musste aber nach dem Regierungsantritt von Elisabeth I. Petrowna erneuert werden.

Inzwischen erwartete Russland aber auch britische Unterstützung gegen Schweden im Ostseeraum, und Elisabeth arbeitete gegen Preußen auf ein Bündnis mit GB und Österreich. Einige Punkte der Verträge von 1741, 1742 findet man auch in den Verträgen mit Landgraf Friedrich II.: Einsatz in geschlossenen Verbänden, eigene Offiziere, Truppenfürsorge, Kriegsgerichtsbarkeit, und ein Bündnisvertrag. Wäre Hessen-Kassel attackiert worden, war GB verpflichtet, einzugreifen.

1745 bot Elisabeth I., Tochter Peters des Großen im Bündnisfall mit GB, Österreich, den NL und Sachsen-Polen einen neuen Vertrag an. Sie war bereit, 30.000 Mann gegen Zahlung von 1,2 Millionen Gulden im Jahr zu stellen, behielt sich aber vor, bei einem türkischen Angriff ihre Truppen wieder abzuziehen, erwartete aber die Fortzahlung der Subsidien bis Kriegsende, was den Briten zu viel war. Elisabeth war klar, dass so etwas wie die Konvention von Westminster ein englisch-russisches Bündnis entwerten konnte, sie bot aber 1746/47 einen neuen Vertrag an: 30.000 Mann für 150.000 Gulden für zwei Jahre, sowie Stellung von 50 Galeeren.

Über einen russisch-englischen Subsidienvertrag zum Schutz Hannovers gegen Preußen wurde 1753-1755 verhandelt. Die geschlossene Konvention wurde aber hinfällig durch die Westminster-Konvention 1756 zwischen GB und Preußen.

Elisabeth I. war schließlich bereit, 40.000 Mann und 50 Galeeren gegen eine halbe Millionen Pfund zu stellen, neu war nur, dass die Zarin nun darauf bestand, die mögliche Kriegsbeute behalten zu dürfen, schob aber dem Einsatz russischer Truppen in den NL, am Rhein oder in den Kolonien einen Riegel vor und der Bündnisfall trat auch nur ein, wenn Preußen GB angriff.

Katherina II., die wie ihre Vorgängerin durch einen Militärputsch an die Macht kam, setzte weder die Politik Elisabeths I. fort, noch die pro-preußische Politik Peters III. aus dem Ausbrechen der Briten aus den Verhandlungen mit Elisabeth I. zog sie die Konsequenz, sich nur dort außenpolitisch zu binden, wo ein deutlicher russischer Vorteil rausschlug. Sie formulierte ihre Forderungen an die Briten recht eindeutig: Expansion des Zarenreichs nach Westen und Süden, und Einschluss der Türkei in den Casus foederis.

Die Briten hatten aber kein Interesse in einen Türkenkrieg hineingezogen zu werden, sah eventuell eigene wirtschaftliche Interessen gefährdet. Henry Clinton, später britischer Generalissimus in Amerika hatte 1774 Russland bereist und war angetan von den Russen. Wegen der Sprachschwierigkeit befürchtete er wenige Desertionen, wegen potenzieller Plünderungen sah er aber auch schon Probleme voraus.

So war der Hintergrund, als die Briten sich entschlossen, die alten Kontakte zu Russland zu bemühen, und man war anscheinend überzeugt, das Richtige zu tun. Allerdings hatten die Briten in der Zusammenarbeit mit Russen oft schlechte Erfahrungen gemacht. Die Zahlungsmoral war sehr schlecht, und die russischen Zaren konnten unsolider wirtschaften, als die deutschen Fürsten, die Rücksicht auf die Landstände nehmen mussten.

Literatur:
Inge Auerbach, Die Hessen in Amerika Marburg 1996 Englisch-russische Subsidienprojekte S. 20-66, Die Debatte über russische Hilfstruppen in Amerika.

Charles Ingrao, The Hessian Mercenary State.

Quellen, Archivalien: Virginia Gazette Jahrgänge 1775-1776.

Bei Bedarf gerne noch mehr zu britisch-russischen Kontakten im Unabhängigkeitskrieg.
 
Der Unterschied, wenn man es wirtschaftlich betrachtet, ist dass es in den Südstaaten der USA kein hinrichend großes Agrarproletariat gab, um in entsprechendem Maße billige Arbeitskraft zur Verfügung zu stellen, derer sich jederzeit bedient werden konnte.
In Europa war die entsprechende Bevölkerung vorhanden, sie verschwand ja nicht, dadurch dass die vorhandenen Formen der Unfreiheit abgebaut wurden.

Aber in den Südstaaten der USA sah das doch vollkommen anders aus. Die Bevölkerung war relativ dünn, die indigenen Gruppen waren im Zuge der europäischen Expansion in Nordamerika, durch Seuchen ausgedünnt und in weiten Teilen später von den amerikanischen Kolonisten vertrieben worden, während der US-Amerikanische Süden in weit geringerem Maße als der Norden Einwanderer anzog.
Es gab im Süden durchaus so etwas wie ein Agrarproletariat. Die Gruppe der "Crackers", Leute wie die Familie Slattery in Margret Mitchells Roman "Gone with the Wind", die von den reichen Sklavenhaltern, auch von den Haussklaven verächtlich als "White Trash" bezeichnet wurden.

Fredrick Douglass schreibt in seinen Biographien (Narrative of the Life of Fredrick Douglass an American Slave, My Bondage and my Freedom, The Life and Times of FD", dass es in der Gegend um St. Michael Maryland nur drei Kasten von Menschen gab, die weniger soziale Kontakte miteinander hatten, als der Hochadel Frankreichs mit den Frauen der Hallen.

Viele Einwanderer in die Kolonien und die USA waren als Indentured Servants nach Amerika gekommen, und sie und ihre Nachkommen lebten vielfach als Kleinfarmer und Tagelöhner´.

Ende des 18. Jahrhunderts gab es, zum Beispiel in New York noch weiße und schwarze Indentured Servants, die gemeinsam Tavernen besuchten. Als mit dem Siegeszug von "King Cotton" Anfang des 19. Jahrhunderts wurden die weißen Indentureds aus rassistischen Gründen aufgewertet, und aus ihren Reihen und denen ihrer Nachkommen rekrutierten sich die Aufseher.
In zeitgenössischen Werken oder Werken, die in der Antebellum-Zeit spielen, tauchen auch immer wieder Yankees als Aufseher auf. Es gab im Süden keine allgemeine Schulpflicht, und viele Kinder gingen nur unregelmäßig zur Schule, es gab ein enormes Problem mit Analphabetismus. Lesen und Schreiben und die Grundrechenarten, das waren Fähigkeiten, die man nicht bei jedem Aufseher voraussetzen konnte, und es gab Yankees, die als Aufseher arbeiteten. In Margret Mitchells Roman haben O Haras einen Aufseher namens Jonas Wilkerson, der Emmy Slattery schwängert und deswegen von Ellen O Hara entlassen wird, und in Beecher Stowes Roman Uncle Toms Cabin erzählt Augustin St. Clare, dass sein Vater einen Aufseher namens Stubbs (ein Name häufig in Massachusetts, der 2. Maat der Pequod in Moby Dick heißt Stubb und stammt aus Cape Cod. Der brutalste Sklavenhalter überhaupt in Stowes Roman ist der Yankee Simon Legree, der eine Plantage in Louisiana besitzt.

Die Sklaverei machte ganze Landstriche arm, landlose und Kleinfarmer konnten kaum mit den großen Plantagen konkurrieren, und viele Kleinbauern mussten ihr Land verkaufen, und ihnen blieb dann häufig nur eine Laufbahn als Aufseher, sofern sie die nötigen Qualifikationen besaßen. Fred Douglass Herr, vermutlich auch sein Vater, Aaron Anthony war kein "Cracker", er besaß selbst einige Farmen und Sklaven, und er arbeitete als Verwalter auf der "Bighouse-Farm" von Mr. Lloyd, dem Gouverneur von Maryland.

Bis Ende des 18. Jahrhunderts wurden die meisten Plantagen noch mehrheitlich mit weißen Indentured Servants bewirtschaftet. Diese erhielten in der Regel nach Ablauf von 7 Jahren ein Stück Land. Im besten Fall war Indentured Servitude eine milde Lehrzeit, im schlimmsten Fall unterschied sich deren Los kaum von Sklaven. Was nicht möglich war, das war einen Indentured Servant zu verkaufen. Es gab durchaus häufiger Fälle, dass Indentured Servants davonliefen. Waren sie aber einmal weg, so waren sie viel schwerer einzufangen als Sklaven.

Es gab in den Kolonien, in den Südstaaten eine große Gruppe von Menschen, die wenig oder kaum Besitz hatten, die als "Cracker" auch kaum Zugang zu Bildung hatte. Aus rassistischen Gründen wurde diese Bevölkerungsgruppe aufgewertet, ein "Cracker" wie Mr. Slattery in "Gone with the Wind" oder Mr. Ewell in Harper Lees "To kill a Mockingbird" (Wer die Nachtigall stört) kann sich aber immer noch einem Schwarzen turmhoch überlegen fühlen. Obwohl Bob Ewell nirgendwo einen guten Ruf hat und die Ewells als "Assi-Familie" gelten wie die Slatterys, sind die Vorurteile so mächtig, dass Atticus Fink angegangen wird, weil er den Schwarzen verteidigt, der Mayella Ewell vergewaltigt haben soll, verurteilt die Jury den Schwarzen, trotz großer Zweifel an seiner Schuld.

Es gab in den Südstaaten ein riesiges Agrar-Proletariat, die Plantagen waren Ende des 18. Jahrhunderts noch mehrheitlich von Indentured Servants bewirtschaftet worden, und viele Kleinfarmer arbeiteten selbst auf dem Feld. Aus dieser Gruppe und aus ihren Nachkommen rekrutierten sich mehrheitlich die Aufseher. Aus rassistischen Motiven wurde diese Bevölkerungsgruppe aufgewertet. In New York wollte ein ehemaliger schwarzer Indentured selbst einige weiße Indentureds anheuern. Das stieß auf enorme Empörung der Mitbürger, die das verhinderten. Leute wie die Slatterys oder Ewells, ein Typ wie Mr. Covey, der "Niggerbrecher" konnten sich immer noch einem schwarzen Sklaven wie Fred Douglass turmhoch überlegen fühlen, selbst wenn der sie mit seiner rudimentären, autodidaktischen Bildung zehnmal hätte in die Tasche stecken können. Der Rassismus erwies sich in den Südstaaten durchaus als eine Art Kitt, der das enorme Eigentumsgefälle bis zu einem bestimmten Punkt kompensieren konnte.
 
Es gab im Süden durchaus so etwas wie ein Agrarproletariat. Die Gruppe der "Crackers", Leute wie die Familie Slattery in Margret Mitchells Roman "Gone with the Wind", die von den reichen Sklavenhaltern, auch von den Haussklaven verächtlich als "White Trash" bezeichnet wurden.
Mir ist klar, dass es solche Gruppen gegeben hat, aber eben nicht in dem Ausmaß, dass es Löhne für menschliche Arbeitskraft in der Landwirtschaft auf niedrigem Niveau in den Baumwollstaaten dauerhaft hätte stabilisieren können.

Meine Argumentation zielt ja insgesamt darauf ab, warum man für Europa und die Südstaaten keine gleichförmige Entwicklung vorraussetzen kann, was die wirtschaftliche Notwendigkeit unfreier Arbeit angeht.
In den meisten Gegenden Europas konnte man Ende des 18. Jahrhunderts auf unfreie Arbeit verzichten ohne Arbeitskräftemangel befürchten zu müssen, weil dass Bevölkerungswachstum der letzten Jahrhunderte und die Verbesserung der landwirtschaftlichen Techniken dafür gesorgt hatten, dass es auf dem Land eher einen Arbeitskräfteüberschuss gab und Abwanderung in die wachsenden Städte dem System auf diese Weise sogar durchaus Entlastung bringen konnte ohne dass dadurch der Landwirtschaft die notwendigen Arbeitskräfte entzogen worden wären.

Es gibt ja auch bis weit ins 19. Jahrhundert hinein noch das Phänomen, dass Teile der sozialen Unterschichten gewissermaßen zwischen Stadt und Land pendeln. Für städtische Tagelöhner, gerade bei schlechter Konjunkturlage, war es ja durchaus eine gangbare Alternative sich in der Erntezeit im Umland als Saisonarbeiter zu verdingen und nach Abschluss der Erntesaison wieder in die Stadt zurück zu gehen, weil es wenigstens während der Erntesaison ein gesichertes, wenn auch kärgliches Einkommen bedeutete.

Insofern brachte die Aufhebung der Schollenbindung und der unfreien Arbeit die Landwirtschaft nicht in eine instabile Situation.

In den Südstaaten war aber das Angebot an Arbeitskräften in dieser Breite schlicht nicht vorhanden. Da konnten sicherlich auch verbesserte Anbautechniken, Meliorationsarbeiten, neue Werkzeuge etc. kontinuierlich die Erträge verbessern, aber ohne Überschuss an menschlicher Arbeitskraft im Agrarsektor, und der war bei dieser Bevölkerungszahl gemessen an der Fläche einfach nicht gegeben, bedeutete Verzicht auf unfreie Arbeit natürlich die Gefahr von Arbeitskräftemangel und dementsprechend steigenden Produktionskosten.
Eine Problematik, die sich in Europa nicht ergab, hier dürfte die Umstellung auf Saisonarbeiter statt unfreier Arbeiter, die dauerhaft in den Betrieben lebten und in schlechten Jahre mit versorgt werden mussten, durch den Wegfall der Fürsorgepflicht eher Zusatzprofit gebracht haben.


Viele Einwanderer in die Kolonien und die USA waren als Indentured Servants nach Amerika gekommen, und sie und ihre Nachkommen lebten vielfach als Kleinfarmer und Tagelöhner´.
Ja, aber Indentured Servants, waren halt kein dauerhaftes Agrarproletariat, sondern Personen, die sich für eine bestimmte Zahl von Jahren verpflichtet hatten und danach ihr Glück anderswo versuchen konnten. Und so lange der Landerwerb im Westen einigermaßen günstig machbar war, war das die attraktivere Alternative gegenüber einem dauerhaften Leben als abhängiger Landarbeiter.

Und Kleinfarmer, wiederrum sind überhaupt kein Agrarproletariat in dem Sinne, dass sie ohne eigene Produktionsmittel dem Arbeitsmarkt bei Bedarf jederzeit zur Verfügung gestanden hätten.

Ende des 18. Jahrhunderts gab es, zum Beispiel in New York noch weiße und schwarze Indentured Servants, die gemeinsam Tavernen besuchten. Als mit dem Siegeszug von "King Cotton" Anfang des 19. Jahrhunderts wurden die weißen Indentureds aus rassistischen Gründen aufgewertet, und aus ihren Reihen und denen ihrer Nachkommen rekrutierten sich die Aufseher.
Das ist ja eine Entwicklung, die man in vielen Aspekten der US-amerikanischen Gesellschaft sieht, dass da grob zwischen der letzten Dekade des 18. Jahrhunderts und den 1820er Jahren Umwertungen stattfinden, die eine Klassengesellschaft, die die USA vorher waren zunehmend in eine rassistisch organisierte Gesellschaft umwandelten.
Interessanterweise eine Entwicklung, die sich zeitgleich mit der Transforamtion von einer vollständig oligarchischen Ordnung in eine werdende Massendemokratie vollzieht.

Die Sklaverei machte ganze Landstriche arm
Was aber unter'm Strich nur deswegen möglich war, weil Sklaven, obwohl spätestens seit dem Verbot des transatlantischen Sklavenhandels durchaus teuer, in the long run noch immer billiger waren, als die Anwerbung freier Arbeiter, die ihre Löhne selbst aushandeln konnten, und weil die Anwesenheit einer großen Menge an Sklaven genügend Arbeitskraft zur Verfügung stellen konnte, um die Großbetriebe zu stabilisieren.

Bis Ende des 18. Jahrhunderts wurden die meisten Plantagen noch mehrheitlich mit weißen Indentured Servants bewirtschaftet. Diese erhielten in der Regel nach Ablauf von 7 Jahren ein Stück Land. Im besten Fall war Indentured Servitude eine milde Lehrzeit, im schlimmsten Fall unterschied sich deren Los kaum von Sklaven. Was nicht möglich war, das war einen Indentured Servant zu verkaufen. Es gab durchaus häufiger Fälle, dass Indentured Servants davonliefen. Waren sie aber einmal weg, so waren sie viel schwerer einzufangen als Sklaven.
Das Problem gerade für die großen Plantagenbetriebe dürfte halt gewesen sein, dass Indentured Servants nur zeitlich befristet in Abhängigkeit waren und dass auch ihr Zustrom nicht konstant und kalkulierbar, sondern Schwankungen unterworfen war, die mit Entwicklungen in Europa korrespondierten.
Das musste aber naturgemäß zu Problemen der Versorgung von Großbetrieben mit Arbeitskräften führen, weil für auslaufende Verträge und ausscheidende Indentured Servants nicht unbedingt direkt Ersatz zur Verfügung stand.

In dieser Hinsicht, war die Sklaverei auch einfach kalkulierbarer.

Es gab in den Südstaaten ein riesiges Agrar-Proletariat
Nicht gemessen an der vorhandenen Fläche und im Vergleich mit den Verhältnissen in Europa.

Wie gesagt, Kleinfarmer, zummindest insofern das ihnen zur Verfügung stehende Land zur Subsistenz ausreichte und nicht zum reinen Überleben Zusatsverdienste notwendig waren, würde ich nicht als "Agrarproletariat" bezeichnen, weil sie dem Arbeitsmarkt kaum zur Verfügung standen.

Vielleicht reden wir da begrifflich etwas aneinander vorbei. Wenn ich hier den Begriff "Agrarproletariat" in den Mund nehme, dann mit einer durchaus, wenn man so möchte marxistischen Konnotation, dahin, dass ich den Begriff so verstehe, dass darunter nur Personen zu fassen sind, die zur Sicherung ihres Überlebens nicht darum herum kamen ihre Arbeitskraft als ländliche Arbeiter oder Saisonarbeiter zu verkaufen und zwar ohne, dass der Käufer dadurch irgendwelche sozialen Fürsorgepflichten hätte übernehmen müssen.

Darüber ob man Indentured Servants zum Agrarproletariat rechen kann, kann man denke ich streiten. Dafür spricht, dass sie sich aus freien Stücken vor der Arbeit verpflichtet hatten, dagegen allerdings, dass sie das sehr oft schon vor der Überfahrt nach Amerika taten und somit dem Arbeitsmarkt selbst nicht zur Verfügung standen, so lange sie in diesem Verhältnis waren, weil sie ihre Arbeitskraft bereits für mehrere Jahre einem bestimmten Arbeitgeber schuldeten und andere daher nicht die Möglichkeit hatten, die Person abzuwerben, wenn anderswo Bedarf an Arbeitskraft bestand.
Ich würde, auch mit Hinblick darauf, dass diejenigen, die Indentured Servants für ihre Betriebe anwarben, sich auch verpflichteten über die gesamte Dauer des Vertrags hinweg, nicht nur saisonal, wenn die Arebitskraft tatsächlich gebraucht wurde, sondern ganzjährig, den Indentured Servants zummindest Kost und Logis etc. zur Verfügung zu stellen, dieses Verhältnis eher als den vorkapitalistischen Feudalstrukturen in Europa ähnlich betrachten, als als ländliches Proletariat im moderneren Sinne.
Darüber kann man aber sicherlich streiten.

So oder so, war das Verhältnis des Indentured Servitude aber oft nur eine Durchgangsstation und führte nicht unbedingt zum dauerhaften Anwachsen des Agrarproletariats, selbst wenn man diese Leute darunter rechnen möchte, weil zwar immer wieder Personen auf diese Weise dazu gekommen waren, sich aber gleichzeitig auch andere, deren Vertrag ablief aus diesen Verhältnissen wieder verabschiedeten und ihr Glück anderswo suchten.
 
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