Pardela_cenicienta

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Die Mosel ist Bindeglied zwischen den Flußsystemen Germaniens und Galliens. Dies gilt für das römische Reich und natürlich auch für den Handel in der vorrömischen Eisenzeit. Gibt es quantitative Abschätzungen hierfür? Wurden später die Verkehrswege nördlich der Eifel, z.B. Köln - Aachen - Tongeren wichtiger?
 
Die Mosel war sicherlich eine wichtige Verbindung. Eine Fortsetzung der Achse vom Rhonetal über das alte gallische Handelsoppidum Metz Richtung Limes. In vorrömischer Zeit ging die Oppidakultur nur ungefähr bis zur Moselmündung. Das Trier später eine wichtige und grosse Residenzstadt wurde ist sicher auch dieser Achse zu verdanken, auf der Waren, Kolonisten und besonders die militärische Rheinflotte verkehrten. Es gab Höhenstrassen nach Köln und Mainz und einen Wasserweg bis zur Kanalregion. Die Gegend um Trier war denke ich für die Römer bevorzugt, u.a. wegen den Weinbergen und der Landschaft. Es gab viele Villen und Heiligtümer, und es war ab der Zeit der Germaneneinfälle ein strategischer und stärker gesicherter Raum, wo es zum Beispiel Wachtürme in den Seitentälern gab.
Die Achse von Köln Richtung Westen gewann in sofern an Bedeutung, weil Hier die Franken einfielen, was nach Peter Heather schon früh eine Massenmigration war. Es wurden auch Franken in Toxandrien im heutigen Flandern als Föderaten angesiedelt. Das war eher eine unattraktive Gegend zwischen Wäldern(Kohlenwald), sumpfigem Marschland und einer undefinierten Küste, wo die Städte Turnai und Cambrai Ausgangspunkte der fränkischen Eroberungen waren.
So gesehen war die Mosel eine Art Entwicklungsachse für die Römer und Köln - Aachen - Tongern eine solche für die Franken.
Ich kann das Buch "Invasion der Barbaren" von Peter Heather empfehlen, wo auch diese Region Thema ist.
 
Zunächst einmal ist die Frage, wie weit die Mosel in der römischen Antike schiffbar war, und somit überhaupt eine durchgehende Verbindung ins Innere Galliens möglich gewesen sein könnte.

In der Wiki steht:

Vor der Kanalisierung war die Mosel ab Frouard schiffbar.​

(Frouard ist 10 km nördlich von Nancy.)

Mosel – Wikipedia

Dass es Moselschiffe gegeben hat, ist zumindest naheliegend, s. z. B. Neumagener Weinschiff – Wikipedia

In dem Sammelband Römer in Rheinland-Pfalz (müßte ich irgendwo im Bücherregal stehen haben) wird vermutlich etwas dazu enthalten sein. Da schaue ich gelegenlich nach. Aber das Werk ist auch schon über 30 Jahre alt und damit wohl auch nicht mehr auf dem neuesten Stand (falls es einen neueren Stand gibt).

Nachtrag:

gerade noch das gefunden, aber noch nicht gelesen:

Über das römische Projekt eines Mosel-Saône Kanals von Eckoldt, Martin

https://d-nb.info/1191934179/34

Da könnten sich noch Informationen finden.
 
In dem folgenden Werk findet sich einiges:

Warenwege – Warenflüsse Handel, Logistik und Transport am römischen Niederrhein

S. 320:

Der gallische Raum spielte wirtschaftlich für das römische Köln eine wichtige Rolle. Die Hauptrouten über Wasser und Land führten durch die gallischen Provinzen. Die Flüsse Rhein, Mosel, Saône Garonne, Loire und Rhône in Kombination mit den ausgebauten Staatsstraßen erschlossen den Raum bis nach Südgallien, wo eine Seeverbindung über das Mittelmeer bestand und über die Narbonensis zusätzlich der Landweg auf die Iberische Halbinsel17.

S. 346:

Ausgründungen von Betrieben Arezzos erfolgten aber nicht nur in Italien. Es verwundert nicht, dass neben anderen bekannten Werkstätten aus Arezzo auch Filialen des Ateius in Lyon-La Muette entstanden31. Lyon war seit 20 v.Chr. das administrative, religiöse und wirtschaftliche Zentrum Galliens. Das Zusammentreffen von Überlandrouten und die Einmündung der Saône (Arar) in die Rhône (Rhodanus) führten dort zu einer günstigen Verkehrslage. Über die Flüsse konnte man weit nach Norden fahren und die Überlandstrecken bis zur Mosel und zum Rhein waren relativ kurz. Wie wichtig diese Verbindung war, erhellt schlaglichtartig eine Passage bei Tacitus32. Dieser berichtet von einem Versuch im Jahr 52 n.Chr. die Flüsse Saône und Mosel (Mosella) durch einen Kanal zu verbinden. Auf diese Weise wären Mittelund Niederrhein sowie die Rheinmündung als Ausgangspunkt für Seefahrten nach Britannien schneller zu erreichen gewesen33.

S. 391:

Ein Beispiel für die Integration neuer Daten und Methoden lässt sich anhand der Kontroverse um die Rhein- bzw. Rhône-Saône-Route aufzeigen. Dabei geht es um die Frage, auf welchem Weg Öl aus der Baetica zu den Abnehmern am Rhein gelangte (Abb. 2). Jean Rougé beispielsweise vertrat nachdrücklich die Meinung, dass die Amphoren, in denen das Öl transportiert wurde, über das Mittelmeer bis Arles und von da an per Binnenschiff die Rhône hinauf bis nach Lyon transportiert worden seien (Abb. 1). Von da an habe man die Saône genutzt, um die Fracht möglichst nah an die Mosel zu bringen, wobei man eine Etappe Landtransport zwischenschalten musste, um dann das Handelsgut auf der Mosel bis in den Bestimmungsraum am Rhein zu bringen19. Dagegen stehen vor allem José Remesal Rodríguez, der aus Kostengründen für einen Transport über den Atlantik plädiert, oder auch Michel Reddé20.

S. 397:

Der Weg über Rhône, Saône und Mosel gilt als eine der Hauptrouten für den Handelsverkehr und die Versorgung der Militärlager und Zivilsiedlungen am Rhein46. Aber war der Binnentransport wirklich wirtschaftlicher als die Atlantikroute? Schließlich gab es keine durchgehende Binnenwasserstraße. Von der Saône aus musste man die Güter mit Karren über Land bis an die Mosel schaffen, bei der uns für die Befahrbarkeit des Oberlaufs präzise Daten aus der Antike fehlen.



(Ich habe das Buch noch nicht einmal vollständig durchgesucht, da wird sich wohl noch mehr interessantes zu dem Thread finden lassen)

https://apx.lvr.de/media/apx/lvr_ar...schung/publikationen/Xantener-Berichte_32.pdf
 
Schiffsverkehr über den Atlantik ist gefährlich und mit höheren Totalverlusten an Schiffsladungen verbunden.

Zum anderen ist ein rascher Warenumschlag im Binnenland wirtschaftlich interessanter.

Was mich interessiert ist folgendes:
  • Hinweise und/oder Bodenfunde zwischen Mosel und Maas oder zwischen Mosel und Seine, die für für intensiven Transport mit Karren, Ochsen und Maultieren sprechen?
  • Funde von latènezeitlichen Spitzbarren die Hinweise auf Handelsrouten geben?
  • Gibt es dokumentierte Umschlagplätze?
  • Gibt es im Mosel-Maas-Gebiet Zinnbarren aus der Bronzezeit die für bronzezeitlichen Handel auf dem Landweg sprechen?
  • Bleibarren in römischer Zeit?
  • Verteilungsmuster von Amphorentypen, die Rückschlüsse auf die Transportwege geben?
 
Zuletzt bearbeitet:
Schiffsverkehr über den Atlantik ist gefährlich und mit höheren Totalverlusten an Schiffsladungen verbunden.

Zum anderen ist ein rascher Warenumschlag im Binnenland wirtschaftlich interessanter.

Was mich interessiert ist folgendes:
  • Hinweise und/oder Bodenfunde zwischen Mosel und Maas oder zwischen Mosel und Seine, die für für intensiven Transport mit Karren, Ochsen und Maultieren sprechen?
  • Funde von latènezeitlichen Spitzbarren die Hinweise auf Handelsrouten geben?
  • Gibt es dokumentierte Umschlagplätze?
  • Gibt es im Mosel-Maas-Gebiet Zinnbarren aus der Bronzezeit die für bronzezeitlichen Handel auf dem Landweg sprechen?
  • Bleibarren in römischer Zeit?
  • Verteilungsmuster von Amphorentypen, die Rückschlüsse auf die Transportwege geben?

Ob jetzt die Transportroute aus dem Süden Europas über Binnentransporte (Fluß + Landwege) oder auf den Seeweg (Mittelmeer -> Gibraltar -> entlang der portugiesichen, spanischen, französischen, belgischen und niederländischen Küste bis zur Rheinmündung) eher erfolgt sein wird, streiten sich die Gelehrten.

In meinem obigen Beitrag # 6 hatte ich aus dem Forschungsband dazu schon einiges zitiert. Wahrscheinlich findet sich da und in der dort zitierten Literatur weiteres zu dem Thema.
 
Ob jetzt die Transportroute aus dem Süden Europas über Binnentransporte (Fluß + Landwege) oder auf den Seeweg (Mittelmeer -> Gibraltar -> entlang der portugiesichen, spanischen, französischen, belgischen und niederländischen Küste bis zur Rheinmündung) eher erfolgt sein wird, streiten sich die Gelehrten.
Die Rhône als Handelsweg vom Mittelmeer in Richtung Rhein ist gut belegt, auch das Umfüllen der Wäre.
Die Biskaya gilt auch heute noch als herausforderndes Segelrevier.
 
Bei diesem Thema darf man natürlich nicht das Gedicht Mosella von Ausonius vergessen, auch wenn er zur strategischen / wirtschaftlichen Lage der Mosel wenig sagt, so doch vieles zum Bild der Mosel selbst.


Schiffbar war sie, und zwar, wenigstens flussabwärts, recht bequem:

Und an den grasigen Ufern bepflanzt, du grünster der Flüsse:
Schiffbar, dem Meer zu vergleichen, zu rinnenden Fluten dich neigend
So wie ein Strom, nachahmend des Sees krystallene Tiefe,
...
Gleitend in friedlicher Bahn hast nirgends du Tosen des Windes,
Nirgends den widrigen Kampf mit verstecktem Gestein zu erfahren.
Nicht durch gährende Strudel zu ruhelos hastendem Laufe
Wirst du gezwungen, es hemmen dich nicht vorstehende Bänke
Mitten im Bette, damit es die Ehre der wahren Benennung
Dir nicht zu nehmen vermag, wenn hindernd dein Wasser ein Werd teilt.


Fischreich ebenfalls:

Schlüpfriger Scharen der stets sich im Spiele bewegenden Fische.
Doch nicht der Arten soviele noch jegliche Windung im Schwimmen
Oder die Schwärme, die alle der Strömung entgegen sich drängen,
Noch auch die Namen gesamt und die Sprösslinge zahllosen Stammes
Kann man berichten, noch duldet es der, dem die Sorge des zweiten
Loses und Obhut wurde des flutenbeherrschenden Dreizacks.

(es folgen die verschiedenen Fischarten)

Dann kommt der Wein bzw. dessen Vorform, die Rebe:

Anderes Schauspiel biete uns jetzt das Gepränge der Reben,
Banne den schweifenden Blick uns Bacchus' köstliche Gabe,
Wo sich der Kamm des Gebirgs allmählich in langsamem Zuge,
Wo sich die sonnige Höhe, der Fels und die Windung und Buchtung
Rebenbestanden erhebt, ein natürliches Amphitheater.


Nicht nur die Schiffe und die Fische, auch die Jugend rudert:

An den Gestalten im Strome ergötzt sich die fahrende Jugend
Und sieht staunend im Flusse die trügenden Bilder erscheinen.


Angler gibt es ebenfalls (hier werden @Scorpio und @Ralf.M angesprochen):

Wann unkundig der Tücke der schweifende Haufe der Schwimmer
Diese erschnappt mit dem Maul und im Innern des klaffenden Schlundes,
Nun es zu spät ist, spürt des verborgenen Eisens Verwundung,
Kündet der Fang durch Gezerre sich an: dem kräuselnden Zittern
Der sich bewegenden Schnur entspricht zunickend der Rohrstock.


Reiche Villen säumen den Fluss:

Diese nun oder doch Künstler wie sie — so dürfen wir glauben —
Schufen im Lande der Belgen die schmuckvoll strebenden Bauten,
Wirkten die Zierde des Stroms, Landhäuser mit ragenden Giebeln.
Dieses erscheint, von Natur schon hoch, auf dem Damme des Felsens,
Dies ist erbaut an der Senke des weitvorspringenden Ufers;
Wieder zurück tritt jenes und wahrt sich den Fluss in der Einbucht.


Am Ende mündet die Mosel in den Rhein, auch damals schon:

Breite den bläulichen Schoss, das krystallene Flutengewand du,
Rhenus, nun aus und gewähre den Raum zuströmenden Wellen,
Dass der verbrüderte Fluss dich vermehre. Nicht einzig im Wasser
Zeigt sich sein Wert : vielmehr da er kommt von den Mauern der Hofburg
Und die vereinten Triumphe des Sohns und des Vaters geschaut hat
Nach der Vertreibung der Feinde bei Lupodunum am Niker.
[Ladenburg am Neckar.]

Wie schön, es ist jetzt alles wieder sicher und friedlich im Lande:

Und, hinblickend auf dich, Hochburgen mit altem Gemäuer,
Melde die Festen, zum Schutz für bedrohliche Zeiten gegründet,
Längst Kastelle nicht mehr, jetzt Scheunen den sicheren Belgen;
Melde die glücklichen Siedler zudem an jedem der Ufer
Und dann dich, wie inmitten der Mühen des Volks und des Zugviehs
Du hinstreifst an den Ufern und üppige Felder durchschneidest.
 
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Was die Bedeutung der Mosel angeht:
Faszinierend und aufschlussreich sind die chronologisch gut fassbaren Befunde von Waldgirmes.
  • Da ist die Reiterstatue des Augustus, die in ihrer hohen künstlerischen Qualität ganz sicher nicht vor Ort entstanden ist, und ebenso sicher nicht über die Alpenpässe geschleppt wurde. Sie wird über Rhône, Saône, Mosel (zwischen Saône und Mosel mit kurzem Landtransport), Rhein und Lahn transportiert worden sein.
  • Im Brunnen versenkt, fand sich in Waldgirmes ein vorzüglich erhaltenes Weinfass mit 1.000 Litern (!) Fassungsvermögen, das auch nur über die o.g. Flüsse transportiert worden sein kann.

  • Und Weinamphoren von der Rhône, die den gleichen Weg genommen haben.


  • "Auch die Steine für den Sockel kamen von weither: Da sich Gestein aus dem Lahntal nur schwer bearbeiten lässt, schafften die Römer Muschelkalkquader aus der Umgebung des lothringischen Metz heran."
Das sind von Metz in Ostfrankreich bis Waldgirmes heute, auf der kanalisierten Mosel und Lahn, > 429 km!​
Die Bedeutung von Waldgirmes liegt darin, dass es, weit rechts vom Rhein, dennoch mit dem Boot über die Lahn gut erreichbar war.​
Zugleich war es schon vor den Römern eine bedeutende Bergbauregion für Eisen und Buntmetalle, die überregionalen Handel getrieben hatte, für keltische Absatzmärkte.​
 
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Haltern, ein sehr schöner Bericht, ein wunderbares Exponat, und eine Steilvorlage zum Thema Mosel:

Es berührt unsere Interessen mehrfach:
  • Ein römischer, handelsfertiger Bleibarren,
  • mit Stempel/Markierung der 19. Legion, die ja später mit Varus unterging, und hier wirtschaftlich produktiv tätig war,
  • gefunden in Haltern (= Aliso),
  • an der Lippe,
  • und so mit Flussverbindung über Lippe, Mosel, Saône und Rhône in das wirtschaftlich blühende Gallien und zum Mittelmeer,
  • wo westfälische Bleibarren in Schiffsfunden als Handelsware nachgewiesen sind.
 
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Ein römischer, handelsfertiger Bleibarren,

zu den Funden von Bleibarren aus Germanien im Mittelmeer: s. Startseite .


(Ich habe das Buch noch nicht einmal vollständig durchgesucht, da wird sich wohl noch mehr interessantes zu dem Thread finden lassen)

https://apx.lvr.de/media/apx/lvr_ar...schung/publikationen/Xantener-Berichte_32.pdf

Der obige Link funktioniert nicht mehr, hier ein neuer: https://apx.lvr.de/media/redaktionelle_medien/dateien/Xantener-Berichte_Band_32.pdf
 
Völlig verrückt ist das Gewicht der Schiffsladung (> 5,5 t und > 2,8 t Blei), und dass die Bleibarren "GERM" als Qualitätsetikett haben.
In dem Artikel wird ein Weg über die Burgundische Pforte vorgeschlagen, ich halte den Weg über die Mosel für geeigneter. Das müsste man abklären, auf jeden Fall ist ja bekannt dass Schiffer von der Mosel in den Innungen von Lyon vertreten waren.
 
Zuletzt bearbeitet:
Völlig verrückt ist das Gewicht der Schiffsladung (> 5,5 t und > 2,8 t Blei), und dass die Bleibarren "GERM" als Qualitätsetikett haben.
In dem Artikel wird ein Weg über die Burgundische Pforte vorgeschlagen, ich halte den Weg über die Mosel für geeigneter. Das müsste man abklären, auf jeden Fall ist ja bekannt dass Schiffer von der Mosel in den Innungen von Lyon vertreten waren.
Sofern in römischer Zeit schiffbar wäre Mosel bis Epinal und von dort zur Saone (50-70km Landweg) sicherlich eine gute Lösung.
 
Die Saône ist deshalb so bedeutend weil sie ein geringes Gefälle hat, das eine Schiffbarkeit auch in größere Höhe ermöglicht.

Der Vorteil der Mosel liegt in ihrer schon in der Antike guten Treidelbarkeit.
 
Ganz interessant für den Handel auf Wasserstraßen ist der Handel mit Produkten der Mayener Steinindustrie (Osteifel). Die Mahlsteine und Handdrehmühlen (Läufer und Unterlieger zusammen ca. 38 kg) waren Produkte, die aufgrund der Fundlage hauptsächlich auf dem Wasserweg verhandelt wurden (Wrackfunde bestätigen dies). Schon in der Bronzezeit wurden im Osteifeler Revier Reibsteine, später Napoleonhüte (Mahlsteine) aus dem dort anstehenden Phono-Tephrit hergestellt. Die Produkte finden sich in Hallstatt A-B in den südlichen Niederlanden, Belgien und Lothringen, bis zu 300 km vom Produktionsort entfernt, ab Hallstatt C auch in der Region Champagne-Ardenne.
Bei diesem Handel werden die Wasserwege Rhein und Mosel eine große Rolle gespielt haben - nach archäologischen Funden war der wichtigste Umschlagplatz der Rheinhafen von Andernach, in römischer Zeit, wahrscheinlich auf einen keltischen Vorgängernamen zurückgehend, Antunnacum.

(Fritz Mangartz, Römischer Basaltlava-Abbau zwischen Eifel und Rhein (Monographien RGZM, Nr. 75; Vulkanpark-Forschungen, Nr. 7), Mainz 2008
PICAVET, Paul: 2017 Distribution des matériaux meuliers sur un transect nord-sud à travers la France septentrionale: les meules rotatives gauloises, gallo-romaines et alto-médiévales du tracé du canal Seine – Nord Europe, in: Buchsenschutz/Lepareux-Couturier/Fronteau 2017, S.387-400)


Überraschend finde ich, dass der Export der Handdrehmühlen (ab ca. 200 v.Chr.) insbesondere in der Spätlatènezeit auf der Mosel Richtung Westen (Nordostfrankreich, Belgien, Luxemburg) zum Erliegen kommt. (Picavet 2019, S. 57-59, 200-203 mit Abb. 209-210, S. 364-366)
Der Exportraum im Norden ist die engere Rhein-Maasregion, im Osten werden über Sieg, Lahn und Main die angrenzenden Gebiete beliefert, etwa bis zu 130 km weit (Dünsbergoppidum 70% der Mühlsteinfunde aus der Osteifel, Heidetränkoppidum ca. 50% der Funde). Im Süden erreichen die Handdrehmühlen das Elsass. (Latènezeitliche Mühlen aus dem Gebiet zwischen den Steinbruchrevieren Mayen und Lovosice (Monographien RGZM, Nr. 95; Vulkanpark-Forschungen, Nr. 9), Mainz 2012, Stefanie Wefers

In römischer Zeit wird das Steinrevier stark ausgebaut, die Produktion vervielfacht und intensiviert sich: geschätzt 13.650.000 Handmühlen und knapp 700.000 große Kraftmühlen haben in der Römischen Epoche die Werkstätten verlassen, mit einer Jahresproduktion von 30.000 hat sie sich gegenüber der Latènezeit verdreifacht (Zahlen nach Mangartz, 2008). Jetzt spielt auch die Mosel als Wasserstraße eine wichtige Rolle, wie anhand der Funde ablesbar.


Unten: Verbreitung Mayener Mühlsteine zwischen ca. 30 v. Chr. und 275 n. Chr. 1 Handmühlstein; 2 Handmühlstein, Datierung unscharf; 3 Kraftmühlstein; 4 Kraftmühlstein, wiederverwendet als Töpferscheibe 5 Mayen (aus Angelika Hunold,Wie entsteht ein antikes Industrierevier? Das Beispiel Osteifel, 2022)
Screenshot 2025-05-08 at 22-29-41 anschnitt-2-3-2022-Hunold-Industrierevier.pdf.png
 
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Mein kleiner Bruder hatte, trotz meines Protestes, 1973 einen fast intakten, brotlaibförmigen Mühlstein (Läuferstein) aus der keltiberischen Siedlung von Ullastret im Hinterland der Costa brava mitgenommen.
Obwohl mit Flussverbindung zum nahen Meer, angrenzendender griechischer Kolonie (Empordà / Massalia) waren zu Beginn des 2. Jahrhunderts v. Chr. andere Mühlsteine (stark Quarzit-haltiger heller Sandstein) aus Massenproduktion hier im westlichen Mittelmeer konkurrenzfähig.

In einer Fernsehsendung vor > 40 Jahren (Jacques Cousteau?) über Unterwasserarchäologie im Golfe du Lion war eine ganze Schiffsladung von diesen Mühlsteinen zu sehen.

Es könnte also ein Absatzrückgang Mayener Basaltmühlsteine im Gallien der Spätlatènezeit aufgrund verstärkter Konkurrenz aus dem Mittelmeerraum (günstigere Transportkosten auf zunehmend besser erschlossenen Handelswegen und Flußsystemen Rhône aufwärts) bestanden haben.

Mühlsteinfragmente werden als Lesefunde leider oft übersehen.

Beeindruckend ist die Funddichte auf der hier von @Biturigos vorgestellten Karte, einmal in Britannien, zum anderen an den niederländischen und deutschen Flüssen (z.B. der Hunte), die indirekt die Bedeutung der Flußsysteme für den Handel zeigt.
 
Zuletzt bearbeitet:
Es könnte also ein Absatzrückgang Mayener Basaltmühlsteine im Gallien der Spätlatènezeit aufgrund verstärkter Konkurrenz aus dem Mittelmeerraum (günstigere Transportkosten auf zunehmend besser erschlossenen Handelswegen und Flußsystemen Rhône aufwärts) bestanden haben.

Beeindruckend ist die Funddichte auf der hier von @Biturigos vorgestellten Karte, einmal in Britannien, zum anderen an den niederländischen und deutschen Flüssen (z.B. der Hunte), die indirekt die Bedeutung der Flußsysteme für den Handel zeigt.
Guten Morgen. Mich überzeugt die Erklärung der Konkurrenz anderer Mühlenproduktionen noch nicht. Auch gegen Osten konkurrierte der Mayener Phono-Tephrit mit Vogelsberger Olynth und anderen lokaleren Steinbruchprodukten. Trotzdem war er so begehrt, dass er in den großen Oppida (Reichtumskonzentration) zum Teil überwiegt. Zumindestens entlang der Mosel im Gebiet der Treverer sollte er doch "dominant" sein, und in den großen treverischen Oppida vorkommen (Titelberg, Martberg). Auf dem Donnersberg gibt es Funde, ich schaue noch einmal nach wie stark.

Eine gallische Konkurrenz waren Drehmühlen aus der Auvergne (Massiv-Central), die sich zum Beispiel in der Schweiz nicht gegen die helvetische Produktion durchsetzen konnten. Die Mayener Produkte waren aufgrund ihrer Schärfe und möglicherweise auch Herstellungsqualität (Gewichtsersparnis beim Unterlieger) so begehrt, dass sie die römische Armee bei den Feldzügen in augustäischer Zeit verwendete.
Ich werde hier jedoch nicht weiter auf diesen Nebenstrang eingehen, wenn ich etwas herausgefunden habe, mache ich das im Keltenordner.

Überraschend finde ich auch den Drehmühlen-Handel mit dem nicht eroberten Germanien während der römischen Epoche, der sich anhand der Funde abzeichnet. Diese überraschenden neueren Erkenntnisse "passen" zu einer einleitenden Kritik einer Ausstellung von 2018 von Zeiler und Baales (Sauerländer Blei für Rom, 2021)zum Thema Gütertausch mit Germanien anhand der Bleiproduktion im Sauerland:

Hans-Jörg Karlsen führt als Beleg drei Publikationen auf, die zwischen 1983 und 2001 verfasst wurden und die folglich zum Zeitpunkt der Katalogveröffentlichung dringend durch aktuellere Forschung hätten ergänzt bzw. ersetzt werden müssen. Auch ist deprimierend, dass der Autor anschließend den bekannten römischen Geschichtsschreiber Tacitus bemüht und feststellt: „Die in den Schriftquellen erwähnten ‚Exportschlager‘ wie Felle, Gänsefedern oder Frauenhaar entziehen sich eines archäologischen Nachweises vollständig.“ Konsequenterweise wird gleich zu Beginn des Aufsatzes das berühmte Zitat Tacitus´ zum vorgeblich primitiven Güteraustausch zwischen römischer und germanischer Wirtschaftszone vorangestellt, dass allerdings schon im Ausstellungskatalog zur clades variana 2009* als unzutreffend entlarvt worden war.
(*Günnewig 2009: Beatrix Günnewig, Zum Germanenbild der Römer aus literarischer Perspektive. In: Landesverband Lippe (Hrsg.), 2000 Jahre Varusschlacht. Mythos (Stuttgart 2009) S. 30–34).

Unten Mayener Mühlen, gefunden zum Beispiel in Haltern, Anreppen, Barkhausen - Feldzüge von Drusus bis Germanicus
Screenshot 2025-05-09 at 07-59-28 anschnitt-2-3-2022-Hunold-Industrierevier.pdf.png
 
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