Der Punkt ist ja der: Wir nehmen Rom als "natürliche Hauptstadt" Italiens wahr
Das hängt davon ab, wie man die Dinge beetrachtet.
Mit ein wenig Kenntnis der italienischen Geschichte, könnte man auch behaupten, dass Turin als Haupstadt des italienischen Fürstentums, dass die Einigung Italiens letztendlich (wenn auch mit Schützenhilfe) zustandebrachte die logische Hauptstadt des gesamten Landes gewesen wäre, ähnlich wie sich das in Deutschland mit Berlin abgespielt hat, dass ja vor allem auch als Hauptstadt des wichtigsten Teilstaats dazu prädestiniert war.
Genau so hätte man sich für Mailand als damals größte und wahrscheinlich wirtschaftlich wichtigste Stadt entscheiden können.
Genau so hätte man, wenn man sich wegen der geographischen Randlage Turins und Mailands wegen der Verkehrsverbindungen für etwas anderes entscheiden wollte, für das Verbleiben der Hauptstadt in Florenz (zwischen 1860 und 1870) oder für Neapel entscheiden können oder für einen völlig anderen Kompromiss, wie z.B. Bologna, wenn man keine der Metropolen bevorzugen wollte.
Letztendlich bestand man von italienischer Seite her aber auf Rom, nicht zuletzt, weil man da entsprechende Kontinuitäten durchaus konstruieren wollte.
Ohne dem hätte es sicherlich auch andere vernünftige Alternativen gegeben.
Und Rom war natürlich immer Bestandteil des Kirchenstaates und meistens Sitz der Päpste. Aber das hat nicht zwangsläufig zu der Entscheidung führen müssen, dass Rom die Hauptstadt Italiens würde.
Das sicherlich nicht. Aber der Umstand dass es eben über Jahrhunderte Sitz von Papst und Kurie war, bewirkte einmal dass durchaus relevante Entscheidungen für das Leben der Menschen in weiterem Umkreis oft ortsgebunden (wenn wir jetzt die Konzilien außerhalb mal außen vor lassen) dort ereignet haben, womit natürlich die Kulissee für entsprechende Ausschweifungen von, nennen wir sie Entscheidungsträgern hier über Jahrhunderte gegeben war und das eben mitunter in längerer Kontinuität als an anderen Orten.
Und dadurch dass sich in Rom stärker als an anderen Orten weltliche und geistliche Politik überlappten, mag es auch sein, dass sich entsprechend auch belieebte Narrative über weltlichee und geistliche Obrigkeit hier anders miteinander verbanden, als das anderswo der Fall gewesen sein mag.
Paris war letztlich das Zentrums Frankreichs seit den Kapetingern, aber nichtsdestoweniger hat man sich auch mal gerne an die Loire geträumt und das ländliche Versailles dem versifften Paris vorgezogen. Und trotz der zentralen Rolle, die Lutetia in den Asterix-Comics spielt: die eigentlich wichtige Stadt war Lugdunum > Lyon.
Ich hatte eigentlich immer angenommen das politische Zentrum Frankreichs hätte sich immer dort befunden, wo sich der König von England gerade aufhielt, also zeitweise auf Burg Trifels. ^^
Im Bezug auf Spanien kommt ja ohnehin der Umstand hinzu dass es ja erst mit den Bourbonen zu einem wirklich einheitlichen Staatswesen oder dem Versuch von dessen Einrichtung kommt.
Aber tatsächlich interessant dass du auf die Rolle der Habsburger im Hinblick auf Madrid hinweist, ich hatte mich da nämlich durchaus schon geefragt, woher das kommt, weil die Zentren der Iberischen Hablinsel, sofern im Norden und Außerhalb Portugals, die ich für das Mittelalter auf dem Schirm hatte eigentlich immer eheer Toledo, Valencia und Zaragossa, in geringerem Maße vielleicht noch Barcelona, Léon, Valladolid und Burgos (oder ist das Mythenbildung aus der Franco-Zeit?) sind, sofern man es als spirituelles Zentrum noch mit reinnehmen möchte noch Santiago de Compostella und Madrid da eher nicht vorkommt.