Die Römerstraße beim Marschlager Kneblinghausen

Dem möchte ich allem nicht widersprechen, der aktuelle Befund - und ich denke, diesen sollten wir unserer Diskussion zu Grunde legen - ist es aber, dass es in Kneblinghausen weder eine Palisadenmauer noch eine Innenbebauung gab. Beide Indizien deuten auf eine kurzfristige Nutzung hin, also auf ein Marschlager.

Außerdem gab es an der Stelle des Lagers Kneblinghausen eine germanische Siedlung, die vermutlich durch den Bau des Lagers zerstört wurde. Auch das spricht nicht für ein langfristig konzipiertes Lager. Warum hätte man es sich mit der einheimischen Bevölkerung verscherzen und ihre Siedlung für den Bau des Lagers zerstören sollen? Bei einem mittel - bis langfristig ausgelegten Lager hätte man genug Zeit gehabt, einen anderen geeigneten Ort für das Lager zu suchen. Die zerstörte germanische Siedlung spricht also eher dafür, dass das Lager in großer Eile errichtet wurde, man keine Zeit mehr für etwaige Rodungsarbeiten hatte, und deshalb das gerodete Areal der Siedlung für die Errichtung des Marschlagers verwendete. Die germanische Siedlung war da leider im Weg.
 
Bei einem mittel - bis langfristig ausgelegten Lager hätte man genug Zeit gehabt, einen anderen geeigneten Ort für das Lager zu suchen.

Die Lage des Lagers ist in gewisser Weise einzigartig. Nord-Östlich beginnt das Flußsystem von Alme/Lippe, Süd-Westlich das von Möhne und Ruhr. Nur über den schmalen Grat bei Kneblinghausen kam man trockenen Fußes in das Gebiet zwischen Lippe und Ruhr. Es wird also wahrscheinlich keinen geeigneteren Ort gegeben haben.

Die zerstörte germanische Siedlung spricht also eher dafür, dass das Lager in großer Eile errichtet wurde, man keine Zeit mehr für etwaige Rodungsarbeiten hatte, und deshalb das gerodete Areal der Siedlung für die Errichtung des Marschlagers verwendete. Die germanische Siedlung war da leider im Weg.

Auf die gleiche Art und Weise kann man auch effizient ein permanentes Lager bauen. Eine diesbezügliche Rücksichtnahme auf die Bevölkerung kann ich in den Quellen nicht ablesen. Im Gegenteil ist von Vertreibung und Umsiedlung die Rede.

Die Standortfaktoren für ein Römerlager (Wasser, Schutz, verkehrstechnische Anbindung) unterscheiden sich meist nicht wesentlich von denen einer germanischen Siedlung.
Aufgrund dieser Konkurrenzsituation verwundert es deshalb auch nicht, daß in unmittelbarer Nähe oder unter permanenten Römerlagern auch Spuren germanischer Besiedlung zufinden sind.
Bei einem Römerlager kann man darüberhinaus davon ausgehen, daß es nicht menschenleeres Gebiet beherrschen sollte. Römerlager und germanische Siedlungen bedingen sich also gegenseitig.

Daß die Zerstörung der Siedlung in einem Zusammenhang mit dem Römerlager steht, sagen die Funde übrigens nicht.

Gruss
jchatt
 
Was ist denn erst einmal der tatsächliche archäologische Befund? Gibt es Spuren der Niederlegung der germanischen Siedlung im Rahmen des Lagerbaus oder war eines von beidem, Lager oder Siedlung, offen gelassen worden, bevor der Platz erneut genutzt wurde?
 
Also es existiert ein Plan des Römerlagers Kneblinghausen mit den bekannten Grabungsflächen. Durch die Grabungen zu Beginn des 20.Jhd. sowie in den 30er Jahren kann man sich ein gutes Bild machen. Es gab noch Grabungen zwischen 1949 und 1951, diese fanden allerdings ausserhalb des Lagers statt. Und zwar um den Graben nördlich des eigentlichen Lagers zu erforschen. Im Prinzip muß man sagen, daß in einer Spanne von 1939 - 2008 keine offiziellen Grabungen durchgeführt wurden. Und die Grabung 2008 konzentriert sich auf eine sehr kleine Fläche im Westteil des Lagers. Hier konnte der Spitzgraben eindeutig nachgewiesen werden. Nicht jedoch eine Holz/Erde Mauer. Die Sondage setzte an einer durch Baumwurf beschädigten Stelle an (Kyrill?).

In den Grabungsakten von 1901 - 1907, sowie aus den 30er Jahren sind wohl entsprechende Pfostensetzungen gefunden und auch dokumentiert worden, zB. sehr deutlich in der Südostecke durch Hartmann 1903/04 aber auch an anderen Stellen. Lt. Zeichnung Pfosten in regelmäßigen Abständen und in zwei Reihen, was natürlich auf eine Holz/Erde Mauer hindeutet. Ebenso die Pfostenstellungen am Süd und Westtor, welche eindeutig auf clavicula Tore mit Palisade hinweisen (massiv ausgeführte Bauten - Rudnick). Eine Innenbebauung konnte nie nachgewiesen werden. Das Lager wurde lt. Befund zurückgebaut und nicht erweitert! Die Frage ist natürlich wann diese Rückbebauung erfolgte. Dies kann auch in einem recht kurzen Zeitraum, z.B. innerhalb weniger Tage erfolgt sein - muß aber natürlich nicht.

Es könnte sich bei Kneblinghausen wohl auch durchaus um ein Marschlager gehandelt haben, trotz der aufwendigen clavicula Tore. Auch das Ostlager von Haltern (mit clavicula Tor) wird schließlich als Marschlager angesprochen.
Und ich gebe auch LEGXVII durchaus recht. Die clavicula Tore sprechen wohl für eine zumindest gefährdete Lage dieses Lagers. Solche Tore sind oft in Krisengebieten (Rudnick) gebaut worden. Und die Rückbebauung gleicht einer Einigelung.

Zu den einheimischen Funden.
Es kamen u.a. einheimische Siedlungsgruben zum Vorschein, die z.T Scherben enthielten (wahrscheinlich Backöfen). Diese Gruben werden vom Spitzgraben des Lagers überlagert. Es gibt allerdings keinerlei Beweise dafür, daß die Römer bei Anlage des Lagers die einheimische Siedlung zerstört haben. Die Qualität der gefundenen einheimischen Keramik ist vergleichsweise hoch. Datiert wird sie ins späte 1. Jhd. v. Chr.

Neben der Anlage I (endgültiges zurückgebautes Lager) und Anlage II (ürsprüngliches Lager) findet sich in der Nordostecke von Anlage II ein weiters Grabenstück (Anlage III). Nördlich der Anlage I und II befindet sich ein weiterer, nahezu 500m langer Graben (Anlage IV). Dieser war immerhin bis zu 6m breit und zwischen 1,3 und 1,7m tief. Auch hier soll es entsprechende Pfostenlöcher auf der Innenseite geben - laut Grabungen von Henneböle (1949 - 1951). Dieser Graben schloß den Höhenrücken zwischen Lager und Seitentäler von Möhne und Alme ab. Allerdings gibt es auch hier keine entsprechenden römischen Funde - aber einheimische Keramik.

Quelle:
Rudnick:Römerlager in Westfalen Band 1 Kneblinghausen
Altertumskommission für Westfalen, Münster/Westfalen 2008

Den angesprochenen Plan des Lagers möchte ich hier lieber nicht veröffentlichen. Das ist ja ein ganz schmaler Pfad.

Interessant ist, daß laut Aufzeichnungen der Grabungen insbesondere 1901 - 1907 und auch in späteren Grabungen der 30er Jahre die Pfostenstellungen einer Holz/Erde Mauer auftauchen. Und durchaus an diversen Stellen. In der kleinen Grabung 2008 konnte dies nicht bestätigt werden. Jetzt fragt sich, ob man diese kleine moderne Grabung als letzten Schluß ansehen muß.
 
Zuletzt bearbeitet:
Was ist denn erst einmal der tatsächliche archäologische Befund? Gibt es Spuren der Niederlegung der germanischen Siedlung im Rahmen des Lagerbaus oder war eines von beidem, Lager oder Siedlung, offen gelassen worden, bevor der Platz erneut genutzt wurde?

Heute wird von der Zerstörung einer Siedlung mit elbgermanischer Keramik (nach Ausweis der Keramik) durch die Römer ausgegangen (Eggenstein, S. 100; 2001). Vieles spricht für Planierung bzw. Einebnung - Stichwort Kulturschicht. Der Zeitraum der Erbauung des 1. Lagers wird kurz vor oder zur Zeitenwende angesetzt. Ich gehe von der Zwangsumsiedlung der Sueben im Jahre 8/7 v. Chr. durch Tiberius aus. Es gibt zwischen Lippe und Ruhr insgesamt 19 Siedlungen mit elbgermanischer Keramik. Anlage III ist auf 74 m erfasst und ist ein nach Norden offener Bogen mit Spitzgraben. Sie wird als Deckungsanlage gesehen. Anlage IV ist durch 25 Schnitte 80 m weiter nördlich der Lageranlagen auf einer Strecke von 250 m durch Henneböle 1949-1951 erfasst worden. Sie war insgesamt 510 m lang. Die Unterlagen waren damals noch unpubliziert schreibt Eggenstein. Daher kannte man nur die bisher 2 bekannten Anlagen aus den 30er Jahren.
 
Ergänzend zu Salvus möchte ich noch hinzufügen, dass die Pfostenlöcher auch alle bei den Grabungen in der 1930er Jahren oder früher dokumentiert wurden. Zitat aus der LWL Broschüre (Rudnick) zu Kneblinghausen: "Pfostengruben auf der Innenseite des Grabens interpretierten die Ausgräber als Spuren einer Holz-Erde-Mauer." Auf dem Bild in der Broschüre ist allerdings zu sehen, dass die Pfostenlöcher nicht zusammenhängend sind, wie man es von einer Palisadenmauer erwarten würde. "Das dokumentierte Pfostengewirr im Torbereich ergibt keine klare Struktur." Also zumindest im Torbereich gehörten die Pfostenlöcher wohl eher nicht zu einer Holz-Erde-Mauer. Wenn das überhaupt alles Pfostenlöcher waren was damals dokumentiert wurde.

Die letzte Grabung in Kneblinghausen fand 2008 statt. In 2008 wurden keine Pfostenlöcher entdeckt.
LWL-Presse-Info - Römerlager Kneblinghausen bleibt rätselhaft - Mitteilung 16.04.08


"In Rüthen-Kneblinghausen (Kreis Soest) haben Archäologen des Landschaftsverbandes Westfalen-Lippe (LWL) erstmals nach 70 Jahren das sogenannte Römerlager Kneblinghausen untersucht. Sie dokumentierten die Reste der germanischen Siedlung aus der vorrömischen Zeit und der Befestigungsanlage aus dem ersten Jahrhundert n. Chr.

"Das sogenannte Römerlager in Kneblinghausen gibt weiterhin Rätsel auf", fasst LWL-Archäologin Dr. Eva Cichy die vorläufigen Ergebnisse der archäologischen Untersuchung zusammen. Das Ausgrabungsteam von der Außenstelle Olpe der LWL-Archäologie für Westfalen hatte in den vergangenen Wochen einen Abschnitt der römischen Wall-Graben-Anlage und eine darunter liegende Schicht mit einheimischen Keramikscherben freigelegt.
Über 100 Bruchstücke von Töpfen, Schalen und anderen Gefäßen bargen die Archäologen. Davon können sie über 30 Rand- und Wandscherben aufgrund ihrer spezifischen Formen und Verzierung mit Fingertupfen recht genau in die Zeit um Christi Geburt datieren, die übrigen sind nach den vorläufigen Erkenntnissen älter. "Diese Kulturschicht deckt sich genau mit den Ausgrabungsergebnissen aus der ersten Hälfte des vorigen Jahrhunderts", berichtet Grabungsleiterin Cichy. Die Funde stammen aus einer germanischen Siedlung, von der seit langem Häuser, Öfen, Gruben und Brunnen bekannt sind.
Nicht gefunden haben die LWL-Archäologen dagegen die von früheren Ausgräbern dokumentierte Holz-Erde-Mauer des Römerlagers. Diese zusätzliche Befestigung spielt für Forscher eine wichtige Rolle bei der Interpretation des Platzes als römische Befestigung. "Spuren von Pfosten haben wir trotz sorgfältigen Suchens und vorsichtigen Abtragens aller Wallschichten bis weit in den gewachsenen Boden hinein nicht gefunden", berichtet Cichy.

Für das Fehlen dieser Spuren haben die Experten von der LWL-Archäologie mehrere Erklärungsmöglichkeiten: Entweder haben sie einen Befestigungsabschnitt ausgewählt, in dem es diese zusätzliche Holzkonstruktion nicht gab. "Oder die damaligen Ausgräber haben etwas gesehen, das sich uns heute nicht mehr erschließt. Denkbar ist auch, dass es sich vielleicht um ein nur wenige Tage oder Wochen belegtes Feldlager handelt, das - wie wir es von anderen, besser bekannten Feldlagern kennen - lediglich mit einer Wall-Graben-Anlage gesichert war", versucht Eva Cichy eine Erklärung für das Grabungsergebnis zu finden. Und sie fügt hinzu: "Diese letzte These würde übrigens auch erklären, warum es bislang nur einen einzigen römischen Fund aus dem Lagerbereich gibt, nämlich eine Hacke."

Auch bei den aktuellen Grabungen haben die LWL-Archäologen keinen Fund gemacht, den sie den Römern zuweisen könnten. Somit bleibt auch nach den jüngsten Untersuchungen unklar, wann genau das Lager errichtet wurde, wie lange es genutzt wurde und welche Funktion es im Rahmen der Germanienpolitik des Römischen Reiches vor 2000 Jahre hatte.

Die rund 60 Quadratmeter große Fläche in der Nordwestecke der Befestigungsanlage hatten die Archäologen im Zuge von Aufräumarbeiten nach dem Orkan Kyrill untersuchen können. Es war die erste Gelegenheit nach den Ausgrabungen zwischen 1902 und 1939. Nun hoffen die Fachleute des Landschaftsverbandes, dass irgendwann eine Untersuchung in einem anderen Wallabschnitt möglich sein wird, mit der sie das Rätsel um das Kneblinghauser Lager lösen können."
 
Die Lage des Lagers ist in gewisser Weise einzigartig. Nord-Östlich beginnt das Flußsystem von Alme/Lippe, Süd-Westlich das von Möhne und Ruhr. Nur über den schmalen Grat bei Kneblinghausen kam man trockenen Fußes in das Gebiet zwischen Lippe und Ruhr. Es wird also wahrscheinlich keinen geeigneteren Ort gegeben haben.

Ich weiß nicht. Wenn ich mich als Germane von einem römischen Kastell auf der Kneblinghausener Hochfläche belästigt gefühlt hätte, hätte ich das Kastell dort in Nord-Süd-Richtung doch einfach auf dem Kriegerweg westlich von Kneblinghausen oder dem Herßweg östlich von Kneblinghausen umgangen.
Und die Geologie des südlich an die Kneblinghausener Hochfläche angrenzenden Ringelsteiner Waldes gibt das Entstehen einer bedeutenden Fernstraße auch überhaupt nicht her. Der Ringelsteiner Wald ist reich an Quellen, der Untergrund dort ist sehr feucht, und bei Regenwetter ist es dort richtig morastig. Und du kannst mir glauben dass ich weiß wovon ich rede, im Rahmen der Recherchen für meine Webseite bin ich in den letzten Jahren oft in der Gegend rumgeturnt.
Dass es auf der Kneblinghausener Hochfläche im Rahmen von Erzabbau schon in der Antike so eine Art Wirtschaftswege gab ist denke ich durchaus wahrscheinlich, aber dass es dort eine bedeutende Fernstraße gab, welche man mit einem Lager überwachen musste, in welches zur Not 3 Legionen reingepasst hätten, kann ich mir echt nicht vorstellen.
 
Ergänzend zu Salvus möchte ich noch hinzufügen, dass die Pfostenlöcher auch alle bei den Grabungen in der 1930er Jahren oder früher dokumentiert wurden. Zitat aus der LWL Broschüre (Rudnick) zu Kneblinghausen: "Pfostengruben auf der Innenseite des Grabens interpretierten die Ausgräber als Spuren einer Holz-Erde-Mauer." Auf dem Bild in der Broschüre ist allerdings zu sehen, dass die Pfostenlöcher nicht zusammenhängend sind, wie man es von einer Palisadenmauer erwarten würde. "Das dokumentierte Pfostengewirr im Torbereich ergibt keine klare Struktur." Also zumindest im Torbereich gehörten die Pfostenlöcher wohl eher nicht zu einer Holz-Erde-Mauer. Wenn das überhaupt alles Pfostenlöcher waren was damals dokumentiert wurde.

Die letzte Grabung in Kneblinghausen fand 2008 statt. In 2008 wurden keine Pfostenlöcher entdeckt.

Aber die Grabung in 2008 war wirklich sehr klein und fand nach dem Orkan "Kyrill" statt, welcher entsprechende Schäden im Boden hinterlassen hat.
Ungeordnet sind die Pfostenlöcher im Bereich des Nordtores. Dies lässt keinen klaren Befund zu. Im Bereich des West- und Südtores ist der Befund allerdings klar.Dieser weißt klar auf clavicula Tore und entsprechender Holz/Erde Mauer hin.

Natürlich ist eine Rekonstruktion problematisch. Viele Grabungsflächen wurden vor nahezu 100 Jahren freigelegt und wir wissen nicht, wie gewissenhaft die Dokumentation erfolgte. Vieleicht haben auch nicht alle dokumentierten Pfosten gleichzeitig bestanden.

Vieleicht geben großflächige Grabungen im Bereich des Nordtores bessere Ergebnisse. Aber solche großflächigen Grabungen gibt es nicht. Und leider wird es sie wohl auch in absehbarer Zeit nicht geben.
 
Ich weiß nicht. Wenn ich mich als Germane von einem römischen Kastell auf der Kneblinghausener Hochfläche belästigt gefühlt hätte, hätte ich das Kastell dort in Nord-Süd-Richtung doch einfach auf dem Kriegerweg westlich von Kneblinghausen oder dem Herßweg östlich von Kneblinghausen umgangen.

Als Germane vieleicht.
Aber als Römer?
Vieleicht wollten die den direkten Weg gehen und haben genau darum dieses Kastell angelegt.
 
Ich weiß nicht. Wenn ich mich als Germane von einem römischen Kastell auf der Kneblinghausener Hochfläche belästigt gefühlt hätte, hätte ich das Kastell dort in Nord-Süd-Richtung doch einfach auf dem Kriegerweg westlich von Kneblinghausen oder dem Herßweg östlich von Kneblinghausen umgangen.
Und die Geologie des südlich an die Kneblinghausener Hochfläche angrenzenden Ringelsteiner Waldes gibt das Entstehen einer bedeutenden Fernstraße auch überhaupt nicht her. Der Ringelsteiner Wald ist reich an Quellen, der Untergrund dort ist sehr feucht, und bei Regenwetter ist es dort richtig morastig. Und du kannst mir glauben dass ich weiß wovon ich rede, im Rahmen der Recherchen für meine Webseite bin ich in den letzten Jahren oft in der Gegend rumgeturnt.
Dass es auf der Kneblinghausener Hochfläche im Rahmen von Erzabbau schon in der Antike so eine Art Wirtschaftswege gab ist denke ich durchaus wahrscheinlich, aber dass es dort eine bedeutende Fernstraße gab, welche man mit einem Lager überwachen musste, in welches zur Not 3 Legionen reingepasst hätten, kann ich mir echt nicht vorstellen.

@ LEG XVII

du brauchst Wasserscheiden. Die Rede ist hier von der Weinstraße, welche von Mainz nach Paderborn verlief. Wasser war entscheidend, auch wenn wir das uns heute nicht mehr so ganz vorstellen können. Du kannst 9 Tage ohne essen auskommen, jedoch nicht ohne Wasser.

Main-Nidda-Lahn-Eder-Diemel-Möhne-Alme-Lippe
 
Die Lage des Lagers ist in gewisser Weise einzigartig. Nord-Östlich beginnt das Flußsystem von Alme/Lippe, Süd-Westlich das von Möhne und Ruhr. Nur über den schmalen Grat bei Kneblinghausen kam man trockenen Fußes in das Gebiet zwischen Lippe und Ruhr. Es wird also wahrscheinlich keinen geeigneteren Ort gegeben haben.



Auf die gleiche Art und Weise kann man auch effizient ein permanentes Lager bauen. Eine diesbezügliche Rücksichtnahme auf die Bevölkerung kann ich in den Quellen nicht ablesen. Im Gegenteil ist von Vertreibung und Umsiedlung die Rede.

Die Standortfaktoren für ein Römerlager (Wasser, Schutz, verkehrstechnische Anbindung) unterscheiden sich meist nicht wesentlich von denen einer germanischen Siedlung.
Aufgrund dieser Konkurrenzsituation verwundert es deshalb auch nicht, daß in unmittelbarer Nähe oder unter permanenten Römerlagern auch Spuren germanischer Besiedlung zufinden sind.
Bei einem Römerlager kann man darüberhinaus davon ausgehen, daß es nicht menschenleeres Gebiet beherrschen sollte. Römerlager und germanische Siedlungen bedingen sich also gegenseitig.

Daß die Zerstörung der Siedlung in einem Zusammenhang mit dem Römerlager steht, sagen die Funde übrigens nicht.

Gruss
jchatt

Absolute Zustimmung.

Das Feldlager von Zavod aus den Markomannenkriegen liegt auch über einer germanischen Siedlung.

Der römische Limes in der Slowakei - Závod
 
du brauchst Wasserscheiden. Die Rede ist hier von der Weinstraße, welche von Mainz nach Paderborn verlief. Wasser war entscheidend, auch wenn wir das uns heute nicht mehr so ganz vorstellen können. Du kannst 9 Tage ohne essen auskommen, jedoch nicht ohne Wasser.

Genau, Wasserscheiden. Bzw. führten die Fernwege zumeist entlang der Quellhorizonte der Wasserscheiden, um eben genügend Trinkwasser zu gewährleisten.
Und da Altstraßen entlang von Wasserscheiden führten, verläuft auch keine bekannte Altstraße über die Kneblinghausener Hochfläche und durch den Ringelsteiner Wald. Weil man da echt Dutzende von Bachläufen überqueren muss. Aus dem Raum Hessen nach Paderborn kam man daher auch in der Antike am besten über den Frankfurter Weg.
 

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Genau, Wasserscheiden. Bzw. führten die Fernwege zumeist entlang der Quellhorizonte der Wasserscheiden, um eben genügend Trinkwasser zu gewährleisten.
Und da Altstraßen entlang von Wasserscheiden führten, verläuft auch keine bekannte Altstraße über die Kneblinghausener Hochfläche und durch den Ringelsteiner Wald. Weil man da echt Dutzende von Bachläufen überqueren muss. Aus dem Raum Hessen nach Paderborn kam man daher auch in der Antike am besten über den Frankfurter Weg.

@ LEG XVII

die Frankfurter Straße ist nichts anderes als die Weinstraße (Wagenstraße).

http://de.wikipedia.org/wiki/Weinstraße_(Wagenstraße)

Schau mal deine Karte genau an. Die Wegeführung führt linker Hand in Richtung Paderborn - also Alme.
 
@ LEG XVII

die Frankfurter Straße ist nichts anderes als die Weinstraße (Wagenstraße).

http://de.wikipedia.org/wiki/Weinstraße_(Wagenstraße)

Schau mal deine Karte genau an. Die Wegeführung führt linker Hand in Richtung Paderborn - also Alme.

Nicht ganz, sie führt von Korbach nach Paderborn über die Paderborner Hochfläche:

https://www.google.de/maps/dir/51.2...7,10z/data=!4m6!4m5!1m1!4e1!1m1!4e1!3e2?hl=de

Zusätzlich zu dem ungeeigneten Gelände wäre der Weg in Richtung Alme durch den Ringelsteiner Wald auch ein Umweg.

Der Frankfurter Weg heißt im Bereich der Paderborner Hochfläche heute noch zum Teil Via Regia, hier die Kreuzung des Frankfurter Weges mit dem Herßweg/Hirschweg:

https://www.google.de/maps/myplaces...0.01863,0.052314&ctz=-120&t=p&z=15&dg=feature
 
Neben der Anlage I (endgültiges zurückgebautes Lager) und Anlage II (ürsprüngliches Lager)...

Dabei ist mir folgendes aufgefallen:
Wenn die Anlage II das ursprüngliche Lager war, dann fehlt mir der westliche Teil dieses Lagers. Sollte dieser Teil mit den Gräben der Anlage I identisch sein, dann haben wir zwei Anlagen, aber möglicherweise drei Nutzungsphasen.
Während die Südmauer von Anlage II eine schnurgerade Verlängerung von Anlage I darstellt, knickt die Nordmauer an der späteren(?) Verkürzung ab. Warum sollte bei der Erstanlage von Anlage II aber die spätere Reduzierung schon eingeplant gewesen sein?
Daraus ergibt sich für mich folgende mögliche Chronologie:
1. Bau von Anlage I
2. Erweiterung um Anlage II
3. Rückbau auf Anlage I

Wie gesagt: Nur unter der Voraussetzung, dass der Westteil der Anlage II mit Anlage I zusammenfällt.
Damit wäre Kneblinghausen aber nicht als ein Marschlager anzusehen, sondern es war regelmäßig Ziel eines Marsches, also eher ein Sommerlager.
Aber der archäologische Befund ist wahrscheinlich auch in diesem Punkt noch unzureichend.

Bei der Gelegenheit mal meine Defenition von römischen Lagern:

  • Marschlager
    temporäres Lager auf dem Weg zu einem konkreten Ziel. In der Regel nur für eine Nacht genutzt. Da die Mannschaften sich darin geschützt vom Marsch erholen sollten, bestand die Befestigung aus dem was man vom Marschende bis zum Sonnenuntergang errichten konnte. Also sicherlich keine Holz-Erde-Mauer. Weshalb dieser Lagertyp auch sehr schwer nachzuweisen ist.
  • Sommerlager im Rahmen eines Feldzugs
    Ausgangsbasis für Operationen während der Sommerkampagne im Feindgebiet.
    Je nach Verlauf des Feldzugs können auch mehrere Lager innerhalb eines Sommers angelegt werden. Starke Befestigungen ,mehrere Gräben, Wall, Mauer ,gleich oder ähnlich einer Holz-Erde-Mauer.
  • Sommerlager in Friedensphasen
    Die Legionen beschränken sich darauf Präsenz zu zeigen. Schützen die Grenzen und kontrollieren die Verkehrswege. Einerseits weil auch feindliche Heere diese benutzen werden, andererseits um selbst schnell verlegen zu können. Diese Lager werden natürlich in längeren Friedenszeiten immer wieder aufgesucht. Wahrscheinlich ähnlich gut befestigt wie das Sommerlager im Feld.
  • Winterlager/Standlager
    Durch die im Winter eingeschränkte Bewegungsmöglichkeit auch des Feindes erlaubt/erzwingt eine defensivere Position des Winterlagers. Die anderen zuvor genannten Standortfaktoren gelten weiterhin, aber werden durch die Schwierigkeiten der winterlichen Lebensmittelzufuhr ergänzt. Heisst die Legionen bewegen sich in Gebiete mit Getreideüberschüssen. Holz-Erde-Mauer und Gräben.

Gruß
jchatt
 
Wobei es natürlich auch fraglich ist, ob alle diese mehr oder wenig professionell dokumentierten Strukturen etwas mit dem eigentlichen Lager zu tun haben. Denkbar wäre ja auch, dass sie mit der wirtschaftlichen Nutzung des Areals zu tun hatten, z. B. mit dem Abbau und der Verhüttung von Erzen. Hier stellt sich mir die Frage, ob die Ausgräber des letzten Jahrhunderts thermisch zersetztes Holz (Holzkohlereste aus Pingen) von natürlich/biologisch zersetztem Holz (die Stümpfe einer Palisadenmauer) hätten unterscheiden können.

Auch der Ortsname des Areals 'Romecke' könnte auf Erzverarbeitung hindeuten. Zuerst hatte ich ja gedacht, dass Romecke so viel wir Romort oder Romplatz bedeutet, und eine Bezeichnung für das Römerlager war. Diese Deutung ist aber glaube ich eher Blödsinn.

Im Proto-Germanischen bedeutet *rōm ja so viel wie Staub, Ruß, Schmutz, sicherlich alles Dinge die entstehen, wenn man Erz verhüttet. Romecke könnte also auch Rußort bedeuten, und auf antike Umweltverschmutzung hindeuten.


Ruß ? Wiktionary

bzw.


Und noch ein Kandidat, der Sinn ergäbe:

Proto-Germanic: *rēm=, *rōm=
Meaning: dust, sooth

Old English: rōmig `blackened, sooty', cf. hrūmig `id.'

Old High German: rām (13.Jh.) `staubiger Schmutz, Ruß'; rāmag `schmutzig, rußig' (8.Jh.)

Middle High German: rām, rān st. m. 'staubiger Schmutz (bes. von der Rüstung), Ruß'
 
Romecke ist ja zunächst einmal der dortige Bach, niederdeutsch Becke. Vermutlich ist diesem Romecke so etwas wie ein Ron-Becke, also ein rinnender Bach zugrunde zu legen, dass daraus "Rom-Ecke" wurde, dürfte also purer Zufall sein.

Schritt 1: Ron lehnt sich an Becke an (regressive phonetische Assimilation) aus dem alveolaren Nasal /n/ wird der bilabiale Nasal /m/, da sich die Lippen schließen müssen, um den nachfolgenden Bilabialplosiv bilden zu können.
Das passiert auch heute noch andauernd, dass Menschen regressiv assimilieren; es ist ihnen bloß nicht bewusst:
[eiM'baum], [eiM'blits]

Schritt 2: Es findet eine Verschmelzung von /n/ bzw. /m/ und /b/ oder eine Elision des /b/ statt.
 
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