Mein Leserbrief, Teil 2, weil er lang ist:
Was nun die geheimnisvolle Anastasia angeht, so will sie, schwerverletzt, man denke an Kugeln und Bajonette, eine gefahrvolle Reise in einem Bauernwagen, ohne die geringste ärztliche Versorgung, über 3000 km, überlebt haben. Ihr Retter hieß angeblich Tschaijokski, den sie dann auch geheiratet und einen Sohn geboren haben will. Nachforschungen haben aber niemals eine Spur von diesem Mann oder dem Kind ergeben (Eintrag ins Kirchenbuch, Taufregister).
Sie flieht erneut, jetzt angeblich mit Hilfe des Bruders des genannten Tschaijkowski.
Aber anstatt sich an ihre Tante, Maria von Rumänien zu wenden, die sicherlich alles Verständnis für ihre Nichte gehabt hätte, flieht sie durch halb Europa, nach Berlin. Als sie dann vor dem niederländischen Palais ihrer Tante Irene stand, traute sie sich angeblich nicht, bei ihr vorszusprechen. Da hätte sie sich in den Kanal gestürzt. Der Rest ist bekannt und die Sache wogt hin und her.
Was Anna Anderson, so nennt sie sich zwischenzeitlich, sehr schadet, ist ihr unwirsches, sehr oft barsches, Wesen. Weiterhin die Weigerung, russisch zu sprechen; sie macht allerdings oft den Eindruck russisch zwar zu verstehen, aber nicht zu sprechen.
Die Aussage, sie spreche gut französisch, geht auf eine Dame zurück, die einmal zu Gast auf Schloß Seeon (Bayern) war; Anastasia war dort auch über lange Zeit quasi Gast.
Ihr Englisch war schlecht und der Englischlehrer der Zarenkinder, Gibbs, beeidete sogar, dass sie niemals die Zarentochter war.
Der Schriftsteller Thornton, der sie 1960 in Unterlegenhardt besuchte, bezeichnete ihr Englisch als stark akzentreich, die Satzstruktur deutsch und die Grammatik als hoffnungslos.
Im Juli 1968 reiste Anna Anderson in die USA und heiratete dort John Manahan. die beiden entwickelten sich zu einem sehr exzentrischen Paar.
Am 12. Februar 1984 stirbt Anna Manahan an einer Lungenentzündung. Ihre Leiche wird verbrannt und im Friedhof von Schloß Seeon beigesetzt.
Wer sie nun wirklich war, steht, trotz zahlreicher Für und wieder, immer noch nicht fest. Was helfen würde, ist ein DNA-Test. Aber die Leiche ist verbrannt worden.
Da kommt der Zufall zu Hilfe. Anna wurde 1979 am Dünndarm operiert und dabei, sollten ähnliche Symptome noch einmal auftreten, 15 cm Gewebe konserviert. Das spart nochmalige Gewebsentnahme.
Richard Schweizer und seine Frau Marina, eine Verwandte des ermordten Dr. Botkin, Leibarzt der Zarenfamilie, bemühen sich, in Besitz des Gewebes zu kommen, um den Nachweis führen zu können, dass Anna in Wirklichkeit Anastasia war.
Es gelingt ihnen schließlich und Dr. Gills, der bei der Identifizierung der Zarenfamilie beteiligt war, wird mit dem DNA-Test beauftragt. Ein Teil des Gewebes von Anna Manahan wird unter Zeugen entnommen und versiegelt. Gill erstellt die DNS-Sequenz und weist nach, dass Anna Anderson nicht mit Anastasia identisch ist.
Mehr noch: er entnimmt einem Verwandten Franziska Schanzkowskis, Karl Maucher, Blut, und weist deren Verwandschaft zweifelsfrei nach.
1993 entdeckt Susan Burkhardt, die den an ein Antiquariat verkauften literarischen Nachlass von John Manahan in Chapel Hill sichtet, einen Briefumschlag mit Manahans Handschrift "Anastasias Haar". An den Haarsträhnen befinden sich noch Follikel. Susan kauft den Briefumschlag und zeigt ihn ihrem Mann. Der kennt wiederum Peter Kurth, der bereits ein Buch über Anastasia geschrieben hat und auf Grund der darin vorhandenen Recherchen versucht, den Nachweis zu führen, sie sei tatsächlich die Zarentochter.
Er hat einen Freund, Mandelbaum, der wiederum einen namhaften Wissenschafttler, Dr. Stoneking, bittet, die DNS festzustellen.
Stoneking ermittelt die gleiche DNS-Sequenz in den Haaren wie Dr. Gill an dem Gewebe.
Ein Vergleich mit der beiden identischen DNS-Squenzen mit der Blutprobe Prinz Phillips ergeben keinerlei Übereinstimmung.
Ein österreichisches Labor,Jahre später nochmals mit der Identifizierung beauftragt, kommt zu dem gleichen Ergebnis.
Es wäre jetzt einfach nur noch abenteuerlich, zu vermuten, dass "Verschwörer" in die Klinik einstiegen um Gewebe zu vertauschen und danach Haare in einer Kiste in eijnem Antiquariat zu deponieren.
DNA lügt nicht: finden wir uns also damit ab, dass der junge Mensch Anastasia in jener Julinacht Opfer von Mördern wurde.
Die Kriminalistik lehrt, dass reine Mörder, wie eben jener Jurowski, kein Mitleid und keine Gnade kennen; sie vernichten Symbole.
In Jekaterinburg wurde zwischenzeitlich die "Blutkathedrale" erbaut.
Bei dem Grubenschacht "Vier Brüder" wurden an der Verbrennungsstelle ein Andachtskreuz sowie ein Kloster "Ganina Jama" mit sieben Holzkirchen erbaut.