Lieber hyokkose,
der Vergleich mit dem Spaghetti-Monster, das aus dem Bereich der Religionskritik herrührt, ist im Zusammenhang mit Atlantis kompletter Unsinn, und zwar aus zwei Gründen:
Ich habe doch das Spaghettimonster nicht mit Atlantis verglichen.
Das Spaghettimonster diente allein dem Zweck, den Unterschied zwischen "nicht existent" und "nicht zu belegen" zu verdeutlichen. Die Probe aufs Exempel war dann die nicht nachweisbare "zweite Quelle".
Deine Mutmaßungen und Unterstellungen, wie ich auf das Spaghettimonster gekommen bin, liegen fernab der Realität. Das erste Beispiel, das mir eingefallen ist, war der Spaghettiplanet des Sprachwissenschaftlers Prof. Gerhard Doerfer, der es einmal in der Auseinandersetzung mit unbeweisbaren linguistischen Hypothesen verwendet hat. Um mir die Erklärung dieses Beispiels zu sparen, habe ich dann aber kurzentschlossen zum assoziativ naheliegenden, aber der Allgemeinheit bekannteren Spaghettimonster gegriffen.
Du kannst nicht alle Atlantis-Forscher als gläubige Spinner abtun.
Habe ich irgendwo alle Atlantis-Forscher als gläubige Spinner abgetan? Nein.
Im Gegensatz zur Atlantis-Erzählung ist bei Gullivers Reisen sowohl a priori als auch aus dem Text und dem Kontext heraus völlig klar, dass es eine Erfindung sein muss.
Ich habe nirgends angedeutet, daß die Atlantis-Erzählung eine Erfindung sein
muß. Ich habe lediglich klargestellt, daß eine Untersuchung von Text und Kontext sinnvoll ist, unabhängig davon, ob der Text ganz oder in Teilen fiktiv ist.
Du solltest darauf achten, dass Du nicht dem Denkfehler der Majestätsbeleidigungs-Paragraphen unterliegst: Dass Du selbstherrlich entscheiden könntest, welche Kritik Dir genehm ist und welche Du als beleidigend unterbügeln darfst.
Mir ist jede Art von Kritik genehm, die
auf meine Argumente zielt. Ich habe Dich ja sogar ausdrücklich aufgefordert, mir einen Denkfehler nachzuweisen.
Warum versuchst Du erneut, mir immer und immer wieder Dinge anzuhängen, die ich gar nicht geschrieben habe? Bleib doch mal bei dem, womit ich tatsächlich argumentiere.
Zum dritten Mal: Mit Unterstellungen und Polemik geht das nicht. Nachdem Du mir "Unsinn" und "Denkblockade" an den Kopf geworfen hast, geht es jetzt weiter mit "selbstherrlich". Was denn noch alles? Wie paßt denn das mit der Forenregel zusammen, wonach sachliche Diskussionen nicht auf persönliche Streitigkeiten abgelenkt werden sollen?
* * *
Noch einige Sätze zu den Thesen Brandensteins, nachdem ich mich in sein Buch ein wenig eingelesen habe: Die einleitenden allgemeinen Abschnitte, in der der Autor über die literaturwissenschaftlichen Typen Mythos/Sage/Märchen informiert, sind soweit gut nachvollziehbar. Die Schlüsse, die er anhand Platons Atlantis-Erzählung zieht, sind hingegen wenig plausibel. Brandenstein behauptet, es handle sich um eine alte griechische Sage, die er aufgrund äußerst dürftiger Indizien in die mykenische Zeit datiert:
Brandenstein schrieb:
Der dorische Herakles spielt darin keine Rolle, also reicht die Sage weiter zurück, nämlich in die mykenische Zeit.
Angenommen, die Atlantis-Erzählung wäre tatsächlich im Kern eine alte griechische Sage, dann muß einen stutzig machen, daß ihr Bekanntheitsgrad zu Platons Zeiten offensichtlich gleich Null war.
Angenommen, es hätte eine solche
Sage gegeben, hätte Platon die Atlantis-Idee zumindest beim gebildeten Leser ohne weiteres voraussetzen können. Doch genau das Gegenteil ist der Fall: Er läßt Solon bei ägyptischen Priestern Erkundigungen einziehen über Dinge, die den griechischen Zeitgenossen total unbekannt waren:
Als daher Solon dorthin kam, so wurde er, wie er erzählte, von ihnen mit Ehren überhäuft, und da er Erkundigungen über die Vorzeit bei denjenigen Priestern einzog, welche hierin vorzugsweise erfahren waren, so war er nahe daran zu finden, daß weder er selbst noch irgend ein anderer Grieche, fast möchte man sagen, auch nur irgend Etwas von diesen Dingen wisse.
(zit. nach
http://www.atlantis-scout.de/)
Diese 'Quellenangabe' hebelt Brandenstein mit kurzen, markigen Worten aus:
Brandenstein schrieb:
In Wahrheit ist es aber ganz ausgeschlossen, daß Ägypten etwas von Vorgängen wußte, die sich in der prähistorischen Zeit Griechenlands abgespielt hatten.
Die naheliegendste Schlußfolgerung zu ziehen, weigert sich Brandenstein jedoch standhaft. Seinem Gedankengebäude nach muß Solon "der Traditionsträger einer altathenischen Sage" gewesen sein.
Der Traditionsträger? Einer "Sage", die nur Solon gekannt hat und die er nur dem Knaben Kritias zugeraunt haben soll?
Das ist im höchsten Maße unplausibel.
Thorwald schrieb:
Natürlich kommt auch Brandenstein nicht umhin, sich mit der Fülle der Atlantis-Hypothesen zu befassen, doch hält er sich dabei nur sehr kurz auf, da er als klares Ziel seine eigenen Ideen zum Thema vor Augen hat.
Das kann man wohl sagen. Die eigene Theorie vor Augen, die mit ad-hoc-Argumenten und Zirkelschlüssen vorangetrieben wird, und von der der Verfasser unbeirrbar überzeugt ist, werden alle anderen Theorien unter dem pauschalen Etikett
"Irrfahrt des menschlichen Geistes" in aller Kürze abgehakt.
Die Verfolgung des "
klaren Ziels der eigenen Ideen" auch über die brüchigsten Argumentationslinien hindurch, zeigt genau das, was ich in meinem ersten Beitrag bereits (damals noch in Unkenntnis von Brandensteins Buch, aber in Kenntnis der grundlegenden Problematik) festgestellt habe:
An dieser Stelle kommen nun unweigerlich die persönlichen Vorlieben des Atlantis-Theoretikers ins Spiel, die bestimmen, welche Teile des Stoffes als "authentisch" gerettet werden müssen, wogegen alles, was diesen persönlichen Vorlieben widersprechen würde, mit Freuden als "fiktiv" aus dem Fenster gekippt werden darf.
Dafür liefert Brandensteins Buch eine Fülle von Beispielen.
Dieses Verfahren ist, auch wenn es noch so virtuos und von noch so renommierten Wissenschaftlern gehandhabt wird, seinem Wesen nach pseudowissenschaftlich.