Entstehung und Autor des Nibelungenlieds

Sagenkonstruktion

Ave Imperator
Zunächst einmal: Alls was Du sagst kann man auf "Siegfrieds" Jugendgeschichte (Drachenkampf) anwenden.
Ihre Verknüpfung mit den Nibelungen erklärt das aber nicht. Da bleiben, scheint mir, nur Kostruktionen " wie das passiert sein könnte."
Allerdings,wenn Du schreibst "...dass diese historischen Personen einem bereits lange vorher bestehenden Topos aufgesetzt wurden..." so stimme ich Dir da völlig zu.
Nur bin ich der Meinung, dass die Elemente dieses Topos im Gotisch-Alanischen Milieu am Schwarzen Meer zu suchen sind. Mit dem Kaukasus im strengen Sinne, also den Ureinwohnern hat das nichts zu tun, ausser dass sie in den Sagen als kunstreiche Schmiede und Magier auftauchen.
Die Beziehung "Goten-(iranophone)Alanen" wird sowohl in der germanistischen Historiographie wie in der Philologie völlig vernachlässigt, wenn nicht gar negiert. Aber ohne die Wertschätzung des "Oudar" bei den Medern ist etwa das Blutgeld für "Otr" (VoelS.Saga), das heisst, das Fafnie-Gold, gar nicht verständlich. Warum gerade ein Otter?
Und dass das eddische "Hamdismal" die Geschichte von Hamdis' und Sörlis Attentat auf Ermanarich, das Ammian den "Rosomonen Ammius und Sarus" zuschreibt, mit den Nibelungen in Verbindung bringt, das sagt dir gar nichts?
Die Burgunder waren schliesslich nach ihren Sprachresten Ostgermanen.
Du meinst, der "Topos" sei schon im 5.Jh. fertig gewesen. Na gut, dann erkläre mir mal, nach Deiner Vorstellung, warum "Sîfrît von Santen in Niderland" ist. Die Stadt Xanten (ad Santos) hiess damals noch "Colonia Trajana" und soll den Ausgangspunkt für die Sage von der trojanischen Herkunft der Franken sein.
Dir bleibt da, scheint mir, nur die Möglichkeit, diese Herkunft als spätere Erfindung zu erklären, aber dann müsste Sîfrît ein Trojaner sein. Belehr mich.
Ich habe vorgeschlagen, diese Definition auf die "Xandii" in dem "Niederland" der Kaspischen Depression zurückzuführen. Das ist, zugestanden, weit weg von Deutschland, aber näher zu den Ostgoten als Island zu Worms.
Dass "SigurdR" nach der Meinung der skandinavischen Erzähler irgendwo von Osten her kommt, von "Hunnen", das zeigt die von mir zitierte Sigurdrkvida und die Voelsungensage.
Das braucht nicht wörtlich genommen werden, aber es ist entweder eine Gratis-Erfindung, deren Grund nicht einzusehen ist, oder eben eine aus gotischem Erbe stammende Nachricht. In Deutschland wusste man nichts davon. Das kam auf anderem Wzg nach Norden.
Ebenso soll, nach der Thidreksaga der Name "Fafnir" für den von Sigurdr getöteten Drachen von den Warägern stammen, also vom berühmten "Austrveg" durch Russland, zur Wolgamündung.
Ich habe auch den Zwerg "Andvari" ,den Urbesitzer des Fafnir-Hortes, als "Mann der Andi" (in Daghestan), berühmt als Schmiede, erklärt. Nun, die Worte für "Schwert" auf Russisch "Metsch" und gotisch "Meki" sollen nach Meinung verschiedener Linguisten auf deren Sprache zurückgehen. Ich weiss es nicht. Relata refero.
Die uralokaspische Senke zählt, ich habe schon darauf hingewiesen, für Jordanes zum "Gotischen Vaterland".
Das erklärt sich aber nur durch einen starken alanischen Anteil im Gotenvolk -aber der wird weitgehend totgeschwiegen.
Nun, zum Schluss noch was lustiges:
Aus dem Büchlein "Der Eintritt der Germanen in die Geschichte" ,erschienen 1970 bei dem höchst seriösen Verlag De Gruyter(Slg;Göschen 1117).
Verfasser, bitte Hochachtung
Prof. Dr. Dr.J. Haller -Prof. Dr H. Dannenbauer
(zwei Prof., drei Dr.)
Seite 44: (Über die Krimgoten)
"...im Kaukasus gab es ihrer noch in unseren Tagen unter dem Namen Inguschen, mit altgermanischer Sprache und von den Russen für Deutsche gehalten.
Sie dürften in Weltkrieg und Revolution aufgerieben worden sein.
" Unterstreichung von mir.
(Die Sprache "Nokch" der Inguschen-Tchetchenen gehört mit dem "Bats" zur Gruppe der nordkaukasischen Sprachen )
Also , mit dem, wie wir nun laut Haller-Dannenbauer wissen, "altgermanischen" Abschiedsgruss:
"DIALETS BE CHA BOLKH = Gott fördere Deine Arbeit"
Boiorix
 
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Ave Boiorix,

Boiorix schrieb:
...Ihre Verknüpfung mit den Nibelungen erklärt das aber nicht. Da bleiben, scheint mir, nur Kostruktionen " wie das passiert sein könnte."...

Nun, was ist eine "Erklärung" oder gar ein "Beweis"? Erklären kann man im Prinzip alles, beweisen nichts.

Wir können uns nur über "schlüssige Erklärungen" verständigen, also welche Erklärungen erscheinen, unter Berücksichtigung aller zusammengetragener Erkenntnisse, am logischsten. Über richtig oder falsch besagt dass dann allerdings auch noch nichts endgültiges. C'est la vie.

Boiorix schrieb:
...Allerdings,wenn Du schreibst "...dass diese historischen Personen einem bereits lange vorher bestehenden Topos aufgesetzt wurden..." so stimme ich Dir da völlig zu. Nur bin ich der Meinung, dass die Elemente dieses Topos im Gotisch-Alanischen Milieu am Schwarzen Meer zu suchen sind....

Na mit erstem Satz befinden wir uns ja in bester Gesellschaft. Den zweiten Satz müsstest Du aber schlüssig erklären, nämlich wie aus deinem Alanen der Siegfried in Xanten wurde. Deine bisherigen Einlassungen dazu waren lediglich eine Anhäufung von Argumenten, deren innerer und globaler Zusammenhang für mich garnicht erkennbar ist.

Boiorix schrieb:
...Die Beziehung "Goten-(iranophone)Alanen" wird sowohl in der germanistischen Historiographie wie in der Philologie völlig vernachlässigt, wenn nicht gar negiert. Aber ohne die Wertschätzung des "Oudar" bei den Medern ist etwa das Blutgeld für "Otr" (VoelS.Saga), das heisst, das Fafnie-Gold, gar nicht verständlich. Warum gerade ein Otter?...Und dass das eddische "Hamdismal" die Geschichte von Hamdis' und Sörlis Attentat auf Ermanarich, das Ammian den "Rosomonen Ammius und Sarus" zuschreibt, mit den Nibelungen in Verbindung bringt, das sagt dir gar nichts? Die Burgunder waren schliesslich nach ihren Sprachresten Ostgermanen.....

Du erwähnst sehr richtig die Völsungensage. Das Nibelungenlied (NL), nach seiner eigenen Aussage eine Sammlung alter Mähren, ist ja im Prinzip lediglich die letztendliche epische Krönung eines germanischen Sagenschatzes. Es ist philologisch eine konsistentes Stück Literartur von einiger Grösse und Bedeutung. Aus historischer Sicht dagegen ist es ganz anders zu beurteilen, es ist aus solcher Sicht ein inkonsistentes Sammelsurium alter grossgermanischer Mähren mit jeweils schwer zu differenzierenden historischen Anlehnungen.

Klar ist, dass der älteste Sagenkern sich mit den antiken Völkerwanderungen über den gesamten germanischen alten und neuen Lebensraum ausdehnte, sicher auf dem Gebiet des heutigen Deutschlands, Britannien und Skandinaviens. Und mit den Gotenzügen sicherlich auch bis an den Kaukasus. Es ist wirklich kein Wunder wenn er dort auch einen Niederschlag gefunden haben sollte.

Es ist sogar ein weiterer Hinweis darauf, dass der Sagenkern tatsächlich bereits deutlich vor dem 5.ten Jahrhundert existierte, denn dein Alane vermehrt die bereits im 5. Jhd.vorliegende historische Inkonsistenz um einen weiteren Baustein.

Boiorix schrieb:
...Du meinst, der "Topos" sei schon im 5.Jh. fertig gewesen. Na gut, dann erkläre mir mal, nach Deiner Vorstellung, warum "Sîfrît von Santen in Niderland" ist. Die Stadt Xanten (ad Santos) hiess damals noch "Colonia Trajana" und soll den Ausgangspunkt für die Sage von der trojanischen Herkunft der Franken sein. ....

Da kann uns Tante Wiki weiterhelfen:

Sie hiess noch nicht mal CUT (Colonia Ulpia Traiana), sondern zur Zeit des Arminius war der Name verbunden mit dem etwas südlich davon liegenden Militärlager Castra Vetera. Den Namen des Kaisers Trajans bekam die Siedlung erst um 110 herum, obwohl sie schon sehr viel länger existierte, möglicherweise schon im 4. Jhd. v.Chr.

Sie wurde 275 von den Franken zerstört und hies ab 310 Tricensimae und wurde wenig später mit dem Niedergang Roms ab 400 aufgegeben. Im 5. Jhd. siedelten dann dort die chattuarischen Franken (nota bene: ehemalige Kumpel des Arminius). Ab 752 ist dort eine karolingische Kirche nachweisbar, mit dem heiligen Viktor als Reliquie (ad sanctos), der abgeleitete Name Xanten wird dann aber erst ab dem 10. Jhd. greifbar, in 967 war daraus Xanctum geworden, in 1144 Xantum.

Boiorix schrieb:
...Dir bleibt da, scheint mir, nur die Möglichkeit, diese Herkunft als spätere Erfindung zu erklären, aber dann müsste Sîfrît ein Trojaner sein. Belehr mich. Ich habe vorgeschlagen, diese Definition auf die "Xandii" in dem "Niederland" der Kaspischen Depression zurückzuführen. Das ist, zugestanden, weit weg von Deutschland, aber näher zu den Ostgoten als Island zu Worms.....

Wir sehen ist also, dass der Name Sanctos/Xanten erst im hohen Mittelalter verfügbar wurde und weder in der Antike noch in der Völkerwanderungszeit aktuell war. Trotzdem wusste der Verfasser des NL um 1200, der weit südlicher an der Donau ansässig war, dass der Held Siegfied aus dem Norden kam, und zwar aus einer Gegend, die sich zu dieser Zeit Xanten nannte.

Das muss um 1200 ein weitbekanntes Faktum gewesen sein, denn für seine NL-Geschichten waren diese eigentlich verwirrend inkonsistenten Fahrten durch den Norden ehr hinderlich, mal nach Xanten, mal nach Island, mal dann wieder an die Donau und nach Pannonien etc.pp., er hätte die Örtlichkeiten viel hübscher arrangieren können, wenn ihn vermutlich nicht gerade die allgemeine Bekanntheit der Örtlichkeiten daran gehindert hätte.

Es war offensichtlich klar: Der übergrosse Held aller Helden, Siegfried, der kam unpassenderweise aus Nordeutschland, nicht aus Süddeutschland und schon garnicht aus Kaukasien.

Beste Grüsse, Trajan.
 
Xanten ist wahrscheinlich vom französischen Soissons abgeleitet. Die Stadt war Sitz sowohl von Chlodwig als auch von seinem Enkel Sigibert I..
Zur Erklärung des Nibelungennamens kann ich nur wieder auf meinen Vortrag verweisen. Nibelungen war ursprünglich ein Adjektiv und stand im Zusammenhang mit den Franken. Wahrscheinlich bezeichnete es die ripuarischen Franken im Gegensatz zu den salischen.

Das Thema war aber ein vollkommen anderes. )) Ihr schweift ganz schön ab.
 
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@Trajan:
Das mit Soissons hast Du etwas falsch verstanden. Man muss sich die Entwicklung der Sage so vorstellen. Zuerst gibt es ein historisches Ereignis. Aus diesem entwickelt sich dann eine Sage. Irgendwann gibt es jedoch viele Sagen, in denen sich Namen und Motive ähneln. (Bei der Nibelungensage sind uns diese sogar noch zu einem großen Teil überliefert) Im Laufe der Zeit werden diese daher zu einer Geschichte verschmolzen, wobei natürlich erhebliche Veränderungen vor sich gehen. Dieser mündliche Sagenklumpen sozusagen wurde dann im 13.Jh aufgezeichnet (Nibelungenlied u.a.) Soissons war nun der Sitz Chlodwigs, als sich dieser fränkische Kleinkönig und Raufbold vom Niederrhein in den burgundischen Bürgerkrieg einmischte und den Burgunderkönig Gundobad in Avignon (glaub ich) belagerte. Die Burgunder besänftigten Chlodwig jedoch, schlossen ein Bündnis mit ihm und Chlodwig heiratete Gundobads Nichte Chrothechildis. Ich vermute daher, dass sich aus Soissons im Laufe der Zeit Xanten bildete. Natürlich nur eine Theorie.
Aber wie gesagt, Chlodwigs Enkel, Sigibert I., der ja mit Brunichildis verheiratet war, residierte auch in Soissons und wurde hier auch begraben.
 
Zuletzt bearbeitet:
Ave Haetius,

Haetius schrieb:
... Man muss sich die Entwicklung der Sage so vorstellen. Zuerst gibt es ein historisches Ereignis. Aus diesem entwickelt sich dann eine Sage. Irgendwann gibt es jedoch viele Sagen, in denen sich Namen und Motive ähneln. ....Im Laufe der Zeit werden diese daher zu einer Geschichte verschmolzen, wobei natürlich erhebliche Veränderungen vor sich gehen. ....


Da sind wir ganz einer Meinung.

Haetius schrieb:
... Soissons war nun der Sitz Chlodwigs, als sich dieser fränkische Kleinkönig und Raufbold vom Niederrhein in den burgundischen Bürgerkrieg einmischte ..... Ich vermute daher, dass sich aus Soissons im Laufe der Zeit Xanten bildete. Natürlich nur eine Theorie. ....


Akzeptiert. Nur wie wahrscheinlich ist dass? Ich will nicht wieder alle meine Argumente wiederholen, für mich ist bereist Chlodwig/Sigibert lediglich der durch die Franken transportierten Sagenentwicklung aufgesetzt.

Aber kein Problem, man darf schliesslich unterschiedlicher Meinung sein. Ich fände es lediglich interessant, wenn wir über einen gemeinsamen Text diskuttieren könnten. Ich würde dir da gerne den Giesebrecht 1837 zukommen lassen, der ist einigermassen kompakt (nur 31 Seiten) und beleuchtet das Problem recht gut. Schick mir doch mal per PN eine Mailadresse, ich sende dir dann den Scan. (Gilt natürlich genauso für alle anderen Interessierten, bisher hat sich aber nur ein Mitglied gemeldet. Ich frage mich warum, ist doch ein kostenloser Service).

Natürlich darfst Du mir auch einen deiner (kompakten) Lieblingsquellen zukommen lassen, der dann der zweite Diskussionsgegenstand wäre. Das könnte dann eine fruchtbare Diskussion werden, wenn wir uns auf wesentlich ein oder zwei Texte beschränken, andernfalls geht die Diskussion nur ins Uferlose, die verschiedenen, teils heftigen Threads hier zeigen das überdeutlich.


Beste Grüsse, Trajan.
 
Nibelungen-Ketzereien

ch war leider durch wichtigere Umstände als ein hitorisches Hobby gehindert an der Discussion dreier Threads (Nibelungenlied, Ethnogenese der Goten, Alaanen) weiter teilzunehmen. Ich hatte lediglich Gelegenheit manchmal nachzuschauen und festzustellen, dass nun in allen dreien schon kaum mehr diskutiert wird. Nun, ich werde ja sehen. Auf jeden Fall hier einmal eine Skandal-Hypothese, oder wenigstens der Ansatz zu einer solchen:
Die Nibelungen
Betrachtet man was tn den verschiedenen threads des Forums zu den Nibelungen und zur Identität dzs Helden « Siegfried » geschrieben wurde, so sind das fast so viel divergente Meinungen wie Teilnehmer. Das Einzige, worauf sich wohl alle Teilnehmer einigen können, ist die Annahme, dass « der Nibelunge Not » eine Erinnerung an ein historisches Ereignis darstellt, den 436/37 erfolgten Hunnen-Überfall auf die Burgunder des Königs Gundichar, be idem angeblich 20 000 der Letzteren den Tod fanden. So ziemlich Alles Andere der Sagen-Überlieferung scheint ein Mosaik aus von hier und da zusammengetragenen Einzelzügen zu sein, die eigentlich eben so gut erfunden sein könnten, Ist die Sage aber ein solches Mosaik von Einzelzügen, so ist es eigentlich nur konsequent sich auch in der Zeit und Umwelt des Dichters nach Bezügen zu suchen, und das Nibelungenlied als “Hochmittelalterlichen Schlüsselroman” zu lesen.
Als fast die einzige Frage, die bleibt, ist die Persönlichkeit des Helden « Siegfried . Und als einzige Gewissheit, dass der Untergang des Königs “Gunther” und seiner Mannen auf ein Ereignis des 5.. Jh zurückgeht, als die Burgunder von den Hunnen überfallen und niedergemetzelt wurden.
Kommt man allerdings auf die Idee, die Vorgänge des 5.Jhs mit der Darstellung der Sage zu vergleichen, so kann man kaum umhin auch an dieser Annahme Zweifel zu hegen. So etwa:
1. Sage: Die beiden Völker waren weit von einander entfernt und daher miteinander in Frieden.
Historisch (Sokrates Scholasticus): Hunnen und Burgunder waren Nachbarn und in einen andauernden Kleinkrieg verwickelt.
2. Sage (nordische Version): Der Nibelungen-König Gunther heiratete Brynhilt, die Schwester des Hunnenkönigs. Das ist aber sichtlich die Bekräftigung einer politischen Allianz, eines Bündnisses gegen einen Dritten und nicht die Liebe zu einer fernen Schönen, wie es die Minnesinger-Ideologie des NL will.
Historisch:(Sokrates) Die Burgunder überfielen die Hunnen und erschlugen 10 000 von ihnen.
3. Sage: Eine private Tragödie im Hause der Nibelungen führt zumTode der Königin Brynhilt und der Witwenschaft von König Gunthers Schwester Kriemhilt/Gudrun.
Historisch (Gall.Chronik): Gundichar der Burgunderkönig wird von den Römern unter Aëtius angegriffen und muss um Frieden bitten (der gewährt wird). (Hunnen werden dabei nicht erwähnt.)
4. Sage: Trotz dem Tod seiner Schwester erneuert der Hunnenkönig das Bündnis, indem er um Kriemhilt/Gudrun wirbt und sie erhält.
Historisch: Keine bekannte Entsprechung.
5.Sage: Die Nibelungen werden zu den Hunnen eingeladen und dort niedergemetzelt.
Historisch: Die Hunnen überfallen die Burgunder zuhause und töten angeblich 20 000.
Von den angeblichen Entsprechungen bleibt nichts als die Namen der beiden Völker und ihrer Könige. Das genûgt der Germanistik als Evidenz. Der Hunnenkönig der Sage soll entweder der historische Attila sein, oder den Römer Aëtius bezeichnen.
Aber:
Etzel/Atli der Sohn des Budli (NL:Botelungen Kind) ist weder Attila, Sohn des Mundzuc (Mundioc) noch Aëtius, Sohn des Gaudentius. Solche Vatersnamen sind eben dazu da, Homonyme zu unterscheiden. Man kann sich über sie nicht einfach hinwegsetzen.
Und der Name « Hunnen » bezeichnet nicht ein Volk, sondern eine Gruppe von Völkern, die jedes ihren eigenen Namen trugen und nicht unbedingt einem gemeinsamen Herrscher unterstanden (siehe Priscus).
Die « Burgunder » des Nibelungenliedes sind « Franci Nivelones » im lateinischen « Waltarius » und in den nordischen Versionen ohne Stammesbezeichnung, werden hier aber durch verschiedene Züge als Gothen charakterisiert.
Es gab also zumindest mehrere Versionen. Hinzu kommt die Tatsache, dass auch im Nibelungenlied beim eigentlichen Untergang König Gunthers und seiner Leute nur noch von « Nibelungen » und nicht mehr von « Burgunden » die Rede ist, so als ob die Burgunder aus zwei ethnischen Elementen bestanden hätten, ( wie die Vandalen aus Asding und Siling), von denen die Sage nur eines zu den Hunnen ziehen lässt.
Der Name des Königs « Gunther, Gundichar, Gundahar » beweist nichts. Es besteht kein Grund anzunehmen, dass dieser Name nur von einer Person getragen wurde. Überblickt man aber die Zeitspanne des 4.-5. Jh, so gibt es eigentlich nur einen Zeitpunkt und eine Verortung, die zu den Angaben der Sage passt: Die Zeitspanne 340-50 im nördlichen Schwarzmeer-Raum, zwischen Donau-Delta und Manytch-Niederung. An der unteren Donau und in der Walachei sassen die Vesegothae, ein Konglomerat von eigentlichen Goten (Germanen), Geten, Dakern, iranophonen Sarmaten und sicher auch Slaven.
Am Manytch, östlich des Asowschen Meeres, lebten kaukasisch-maiotische Ureinwohner der Gegend, Alanen/Sarmaten und wohl die ersten Turkophonen aus dem Osten , die « Hunnen ».
In der Mitte zwischen dizszn beiden « Reichen » entstand seit dem Anfang des Jahrhunderts eine neue, aggressive Macht, das Ostgotenreich Ermanarichs. Wie dieser erobernd um sich griff, das ist bei Jordanes nachzulesen.
Ein Vorstoss gegen die Vesegothae ist nicht bezeugt, lässt sich aber aus den, zum « Dietrich-Zyklus » gehörenden Gedichten « Grosser Rosengarten » und « Biterolf und Dietleib » erschliessen, obwohl natürlich die Details der Erzählung nicht als Geschichte bezeichnet werden können..
Das Motiv wird in den verschiedenen Gedichten und Manuskript-Varianten verschieden angegeben, Gemeinsam ist ihnen die Behauptung, die Ostrogothen seien zu einem Tournier herausgefordert worden, einem “Männervergleich”, Aber das Gedicht hat noch in Erinnerung, dass diese nicht allein zu einem freundschaftlichen Sportfest kamen, denn es behauptet, die Ostrogothen seien mit 60 000 Mann in “Worms” erschienen. (In einer anderen Fassung des Gedichtes steht Etzel der Hunnenkönig auf Seiten der Ostrogoten.)
Immerhin, den Vesegothen gelang es sichtlich der Expansion des Ermanarich-Reiches an ihren Grenzen Halt zu gebieten. Der König, dem das gelang hiess Geberich, laut Jordanes, dessen Angaben erlauben, Geberich ins erste Drittel des 4. Jh zu plazieren, denn er schlug er die Vandalen, etwa 60 Jahre ehe diese den Rhein überschritten (406/07), also etwa um 342.
Jordanes nennt auch die drei vorhergehenden Generationen , Hilderich, Ovida, Nidada, schaltet aber zwischen Geberich und Hilderich zwei andere Könige ein, die sichtlich nicht zur Familiz gehören: Aorich und Ariarich. Die Historia Augusta kennt noch einen weiteren König, Cannabaudes oder Cannabas,, der im Kampf gegen Kaiser Aurelian fiel (wohl um 270, der Name könnte eine Kakographie von “ *Gundobad” sein). Die Quellen sind mangelhaft, aber Jordanes berichtet mit sichtlichem Stolz von König Cniva, der 251 den Kaiser Decius schlug.
Herwig Wolfram vermutet, dass Nidada mit diesem “Cniva” identisch sei (*Cnivida), und er dürfte da wohl recht haben. Diese Familie also, die Wolfram die “Geberich-Sippe” nennt, scheint mit einiger Wahrscheinlichkeit die Vesegothen etwa ein Jahrhundert lang beherrscht zu haben.
Der Name 'Cniva” ( wohl eine Kurzform) findet sich später ae. “Hnaef” und ad. “Hnabi” wieder, wohl in allen drei Fällen abgeleitet von einem Verb, an. “hnafa”, das “hauen, schneiden” bedeutet. Wendet man nun auf diese Dynastie die gleichen Regeln an, die bei anderen Sippen herrschen (Merov-inger, Amal-ungen, Lith-inger), so müssen wir sie wohl als “Cniv-inger” bezeichnen, oder als “*Hniva-lungen”.
Kurzum, diese westgotische Dynastie, das sind “ Hniva-lungen = Nibelungen”.Und so gehen wir wohl nicht fehl, wenn wir den histotischen König Geberich mit dem Gibich (Gifeca, Gjuki) der Sage identifizieren.
Wie aber kommt “Giebich” dann nach “Worms” ?
Worms, die Stadt des “Wurms” (sie hat einen Drachen im Wappen, ahd.”Wurmb = Schlange”) liegt weit weg von dem Herrschaftsbereich der Vesegothae, aber dort finden wir eine andere “Schlangen-Stadt”, die griechische Gründung Ophioussa am Flusse Tyras (Dnjestr). Sie war die Stadt des Schlangen-Titanen 'Ophion” aus der orphisch/thrakischen Mythologie. Ophioussa ist bisher noch niht archäologisch nachgewiesen wurde, im Gegensatz zu den benachbarten Städten Tyras und Nikomion (heute Belgorod und Roksolany). Mehrfachbenennungen waren in der Antike nicht selten, sodass es möglich ist, dass Ophioussa und Tyras der gleiche Ort sind.
Wie auch immer, die Anwohner des Flusses “Tyras” sind nun einmal “Tyranoi”, vulgo “ *Tronjer”, “Hagen” stammt also wohl von dort.
Die Nibelungen reisen im Nibelungenlied durch “Ostervranken” zur Donau, was keinen Sinn macht, denn wer von Worms aus zur Donau zieht, der kommt durch Schwaben/Würtenberg und nicht durch das “Östliche Franken”. Aber das Weltbild des Dichters ist von der fränkischen Trojaner-Herkunft (Fredegar) bestimmt, und in dieser Vorstellung verweilten die Franken eben eine Zeitlang in der Gegend des Pruth, und diese Gegend ist daher ein 'östliches Frankenland” für ihn.
Die Gegend war in den ersen Jahrhunderten unserer Zeitrechnung Herrschaftsgebiet der sarmatischen Roxolanen (iran.Rox, Rhos= Licht) und eine Erinnerung daran mag der Grund dass im Gedicht der Streit zwischen Vesegoten und Ostrogoten in einem “Rosengarten” ausgetragen wird.
Jordanes berichtet, im Übrigen, dass “Ammius uund Sarus” aus der “Rosomonorum gens” ein Attentat auf Ermanarich unternommen hätten (wohl etwa um 370). Die beiden heissen in der Edda “Hamdir und Sörli” und sind angeblich Söhne aus einer dritten Ehe der Gudrun/Kriemhild .(auch Saxo Grammaticus kennt die Geschichte dieser “Hellespontischen Brüder”).
Man braucht diese Identifikation nicht ernst zu nehmen, aber sie zeigt, dass die Überlieferug einen Zusammenhang zwischen der Nibelungen-Geschichte und der “gens Rosomonorum” (R.-Sippe) sah. Das griechische “Ophioussa” war vielleicht für Lateiner “Tyrus”, aber es war mit grosser Wahrscheinlichkeit für einen Teil der umgebenden Bevölkerung ein germanisches 'Rosgard” und/oder ein slavisches “Rosgorod”.
Die Situation , etwa um 240, ist klar: Ermanarich, mit der wachsenden Macht seines Ostrogothen-Reiches, hat gerade die Heruler unterworfen und strebt eine Gesamtherrschaft über die Steppe an, von den Karpathen bis zum Don und vielleicht noch weiter östlich (Näheres dazu bei Jordanes). Keiner seiner unmittelbaren Nachbarn kann sich mehr sicher fühlen, auch die “hunnischen” Butilingen nicht, qbwohl sie , laut Saxo und dem “Wolfdietrich A”, mit den Amalern Ermanarichs verwandt gewesen sein sollen.
Man sucht also Bundesgenossen, und das beste Mittel dafür ist Verschwägerung, “Gunther und Brynhild”. Soviel über die geographisch-politische Situation der Nibelungen-Sage.
Auf den eigentlichen Konflikt der Personen und die Handlung einzugehen ist hier nicht möglich. Es muss dabei nämlich unterschieden werden zwischen der Darstellung der nordischen Überlieferung und der des Nibelungenliedes. Die ersteren in ihrer simpleren und direkten Art können nicht von einer “burgundisch-fränkischen Tradition” abgeleitet werden. Sie stellen einen separaten Überlieferungs-Strang dar, in dem es ausschliesslich um die Macht geht. Hier gibt es nichts was dem psychologischen Profil der Kriemhild entspricht, wie es der Dichter des Nibelungenliedes konstruiert hat.
Soviel für den Augenblick also. Fortsetzung, falls gewünsht, demnächst in diesem Theater.
 
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