Es hätte die Logistik gesamt entlastet, wenn ein paar Legionen im Winter näher zu den Getreideproduzenten (Mainz-Gallien) verlegt worden wären, statt aus diesen Gegenden das gesamte Getreide nach Germanien zu verfrachten. Die auch für den Feind ungünstigen Wetterverhältnisse im Winter hätten eine Entlastung an den Brennpunkten evtl. zugelassen.
Das erscheint mir nicht schlüssig. Im Winter wird Getreide weder angebaut noch geerntet und muss demnach auch nicht mehr transportiert werden. Der größte Transportaufwand entstand im Sommer, wenn die Legionen "im Einsatz" waren. Im Winter musste das Getreide dann bereits in den Winterlagern gestapelt sein - egal wo diese Lager waren. Und sie waren in den Jahren vor der Varusschlacht allem Anschein nach eben NICHT am Rhein.
Aus diesem Grund kann ich auch nicht das Argument nachvollziehen, daß mit dem Nachweis der Winterlager am linken Rheinufer, sich die Germanienstrategie auf dieses Ufer beschränkt hätte. Wer sagt denn das die Sommerlager in der selben Periode nicht auch rechtsrheinisch waren ?
Es ist in anderen Diskussionen schon mehrfach Thema gewesen: Bereits das erste (uns bekannte) große rechtsrheinische Drususlager - Oberaden - wies eine feste Innenbebauung auf, die Lager am linken Rheinufer (ausgenommen Mainz und Nijmegen) hingegen nicht. Diesen Umstand kann man nur so deuten, dass die Legionen tief in Germanien überwinterten. Bis infolge der Varusschlacht alle Standorte dort aufgegeben wurden. Erst in der Folgezeit wurden die linksrheinischen Lager fest ausgebaut.
Das liegt schon nahe. Aber explizit erwähnt werden die Legionen nicht.
Die stelle bei Tacitus "Arminius wollte den Chatten zur Hilfe kommen, aber Caecina schreckte ihn" verstehe ich so, dass Arminus durch die Caecina-Legionen an der Lippe oder sogar nördlicher gebunden war.
Das ist nicht die einzige Stelle, da gibt es noch viele andere. Zum Beispiel die Aussage, dass Germanicus bei einem Vorstoß gegen die Chatten bei den noch sichtbaren Resten des Lagers Station gemacht habe, welches von Drusus auf dem "monte taunorum" angelegt worden sei. Er ist dabei sicher nicht von der Lippe aus durch den Taunus gezogen, um nach Nordhessen zu gelangen.
Während der Germanicusfeldzüge spielten sich die Kämpfe in der Tat im Wesentlichen nördlich der Lippe und zwischen Rhein und Weser ab. Jedenfalls legt Tacitus in seinen Berichten diesen Schwerpunkt. Auffällig dabei ist, dass er dem Caecina (unserem Kenntnisstand nach der Legat der "untergermanischen Legionen") immer nur die Legionen 1, 5, 20 und 21 zuordnet, die ihre Standorte in Köln und Xanten hatte. Bei der Benennung der Truppen, die Germanicus selbst mit der Flotte verfrachtete, tauchen dann plötzlich andere Nummern auf, nämlich die, deren Stationierungsorte ich in oder bei Mainz annehme.
In dem Zusammenhang: Wenn wir von Stationierungsorten reden, sollten wir nicht in Kategorien denken, die das Brettspiel Risiko nahelegt. Man kann getrost davon ausgehen, dass nicht alle Legionäre in einem Lager eingepfercht waren. Sie verteilten sich zweifellos in einem weiträumigeren Operationsgebiet. Betrachten wir nur mal Untergermanien. Da ordnen wir jeweils zwei Legionen den Lagern in Köln und Xanten zu. Es gab dazwischen aber eine ganze Kette von anderen Lagern, die mehr oder weniger regelmäßig besetzt gewesen sein müssen.
Das legt natürlich nah, dass es vorher (Varus,Asprenas) auch so war.
Nur verlegt man die letzten kriegerischen Auseinandersetzungen eigentlich alle eher weiter nördlich (Tiberius).
Eben. Nur tauchen in den Tacitusberichten dann hin und wieder die vier schon erwähnten Geisterlegionen auf. Wiki ist sicher nicht die Bibel, aber die Geschichte von Mogontiacum ist dort recht anschaulich dargelegt. Da ist kein Bruch in Belegung oder Nutzung erkennbar. Hier der Link:
Chronologie von Mogontiacum ? Wikipedia
Der Angriff des Saturninus auf Marbod durch das Chattengebiet z.B. wäre seltsam wenn er von Mainz aus erfolgt wäre. Denn die Chatten werden nördlicher vermutet, Marbod eher südlicher.
:grübel:
Wo ist angedeutet worden, dass der Angriff auf Marbod durch das Chattengebiet erfolgen sollte? Und: Marbod saß zwar südlicher, mit ihm verbündet waren aber die Stämme, die bis hinauf ins Elbgebiet siedelten. Diese Stämme hätte Saturninus sicher nicht ungeschoren gelassen. Gegen die wäre er in der Tat wohl nicht von Mainz aus vorgegangen. Musste er ja auch nicht. Schließlich gab es auch noch Vetera und die Lippe.
Und dieser auch später (bei Germanicus) strategisch wichtige Kanal sollte doch von einer Garnison geschützt worden sein, oder ?
Ich habe nicht bestritten, dass es ein Lager in Friesland gab. Es war eine strategische Entscheidung von Germanicus, die Flüsse für die "Rückeroberung" Germaniens zu nutzen. Da ist es nur logisch, dass er die Mündungen dieser Flüsse irgendwie gesichert hat, um sich nicht jedesmal den Zugang erzwingen zu müssen. Ich habe lediglich bezweifelt, dass in den Lagern an der Nordsee vier Legionen stationiert werden mussten. Die konnte man nahe bei ihren gallischen Versorgungsquellen am Rhein stehen lassen und sie dann bei Beginn der Sommeroffensive den Rhein hinunter schippern.
Über den Ort und Charakter dieses Kanals ist viel gestritten worden. Wenn man nach vergleichbaren römischen Kanälen sucht, stößt man unweigerlich auf den Corbulo-Kanal. Dieser Küstenkanal wurde offenbar angelegt um eine gezeitenunabhängige Verbindung zwischen den Rheinarmen herzustellen.
Die Quellen belegen aber, dass Drusus und auch Germanicus durch die Nordsee gefahren sind. Sie sind auch nicht nur über die Ems, sondern auch über die Weser ins Kriegsgebiet gefahren. Von Gezeitenunabhängigkeit kann angesichts der Verluste auf den Rückfahrten ebenfalls keine Rede sein.
MfG