Erster Legat Asprenas in Kalkriese?

Und das machst du an dem Unterschied von Pfosten- und Schwellbalkenbauten fest?

Wie willst Du denn nachweisen, daß es dort einen überirdischen Schwellbalken gab ? Wenn ich richtig informiert bin, dann waren die Pfostenspuren auch immer mit römischen Zeltheringen vergesellschaftet. Das ist wahrscheinlich der Grund für diese Rekonstruktion: Copyright Dießenbacher Informationsmedien im Auftrag des Archäologischen Parks Xanten : http://u.jimdo.com/www32/o/sf284ac9...-auftrag-des-archäologischen-parks-xanten.jpg

Zudem verstehe ich dann auch nicht, warum die Kopfbauten und ALLE anderen festen Bauten immer gleich fundamentiert wurden und dieser potentielle Schwellbalkenbau ausschliesslich bei den Soldatenunterkünften auftritt ? Wo doch Kopfbau und Manschaftsunterkünfte in späterer Zeit zu einem Gebäude verscholzen sind.

Gruß
jchatt
 
Schwellbalken im archäologischen Befund (Anreppen, Speicher):

grabung1.jpg

Die obigen Darstellungen waren dem Beitrag Die früheste römische Besiedlung im Gebiet der späteren CUT von Gundolf Precht entnommen (Müller, Martin, Schalles, Hans-Joachim; Zieling, Norbert: Colonia Ulpia Traiana. Xanten und sein Umland in römischer Zeit, S. 171 - 209), dort waren manche Schwellbalken, anders als auf dem Foto aus Anreppen, sogar noch erhalten. Precht betont die Heterogentität der Holz-Lehm-Bauweise im archäologischen Befunde der vorkolonialen Siedlung bei Vetera, die er aufgrund der militärischen Funde als Veteranensiedlung und Stapelplatz von Vetera interpretiert.
 
Schwellbalken im archäologischen Befund (Anreppen, Speicher):

Anhang anzeigen 12128

Die obigen Darstellungen waren dem Beitrag Die früheste römische Besiedlung im Gebiet der späteren CUT von Gundolf Precht entnommen (Müller, Martin, Schalles, Hans-Joachim; Zieling, Norbert: Colonia Ulpia Traiana. Xanten und sein Umland in römischer Zeit, S. 171 - 209), dort waren manche Schwellbalken, anders als auf dem Foto aus Anreppen, sogar noch erhalten. Precht betont die Heterogentität der Holz-Lehm-Bauweise im archäologischen Befunde der vorkolonialen Siedlung bei Vetera, die er aufgrund der militärischen Funde als Veteranensiedlung und Stapelplatz von Vetera interpretiert.

Aber genau diese Spuren fehlen in Nijmegen/Oberaden ausschließlich nur bei den Soldatenunterkünften ! Warum nur dort ? Oder anders gefragt, wann wurde die eine Bauart bevorzugt, wann die andere und aus welchen Gründen?
Warum wurden im Gegensatz dazu die Zenturionen,Tribunen,Speicher und Zentralgebäude immer gleichbleibend anders erstellt ? (Ausführung wie in Deinem Beispiel)
Oder um es auf den Punkt zu bringen. Warum fällt diese abweichende Fundamentierung zufälligerweise auch mit anderen strukturellen Aspekten der Lagerkonstruktion zusammen wie Orthogonalität der Gebäude, normierten Radius der Lagerecken oder das Vorhandensein einer Hemistrigia? Handelt es sich möglicherweise um zwei völlig unterschiedliche Klassen von Lagern ?

Gruß
jchatt
 
Keine Ahnung. Vielleicht individuelle Vorlieben der jeweiligen Ingenieure. Ich sehe jedenfalls keinen vernünftigen Grund einen Unterschied in den Mannschaftsrängen in die unterschiedlichen Bauweisen hineinzurätseln.
 
Die 50% stimmen nur bei einer gleichmäßigen Verteilung.
Die ist aber kaum gegeben. Höchstens bei Statistikern.

Das ist sicher richtig. Es gibt etwa auch die Aussage, daß wer mal die 40 erreicht hatte, gute Chancen hatte, auch 60 zu werden. Genauere Diagramme gibts für diese Zeit natürlich nicht.
 
Genau so sehe ich das. Alles südlich der Lippe wurde durch Veteranen und Föderaten gesichert. Genaugenommen kann man auch in der Aufstellung von 14 n.Chr. keine ernste Bedrohungslage im Süden erkennen. Die Truppen waren bei den Germanicus-Feldzügen eher im Norden unterwegs und liessen Mainz ohne eine Legion unbewacht, so dass man spitz formuliert auch reine versorgungstechnische Gründe für den "Winter"-Standort Mainz anführen könnte.
Welche versorgungstechnischen Gründe sollten das sein, wenn alle Legionen im Norden standen?

Ich denke, die Germanicus-Feldzüge sind in den Schriftquellen hinreichend genau beschrieben, um als gesichert annehmen zu können, dass Mainz ein Ausgangspunkt der Operationen war. So wurden die Vorstöße entlang der Lippe gegen Brukterer, Marser und Cherusker regelmäßig unterstützt durch Operationen gegen die Chatten, die von Mainz aus über den Taunus bis in den Raum Kassel führten. Dort ist man dann an der Werra (Hedemünden) und damit an einem perfekten Ort um Kontakt zu eigenen Truppen herzustellen, die gegebenenfalls von Vetera aus nach Osten vorgestoßen oder mit Schiffen über die Weser gekommen sind.

Für die Zeit zu Beginn der Germanicus-Feldzüge teilen die Schriftquellen zudem die römischen Truppen in ein obergermanisches und ein untergermanisches Heer. Mainz war dabei das Zentrum des obergermanischen Heeres, das zu dem Zeitpunkt aus vier Legionen bestand.

Schon zuvor, zu Beginn der offensiven Germanienpolitik Roms, war Mainz ein bedeutsames Zentrum. Offenbar hat Drusus dort residiert, denn dort wurde der Kenotaph für ihn errichtet und jährlich fanden zu seinen Ehren Truppenparaden an diesem Kenotaph vorbei statt. Ich halte es für gänzlich ausgeschlossen, dass Mainz in den Jahren zwischen Drusus und Germanicus geräumt wurde oder keine ständige Garnison hatte.

Weiter wäre ein Lager in Friesland kein Ersatz für diesen Standort gewesen. Als Aufmarschbasis für Vorstöße nach Germanien hinein war ein mögliches friesisches Lager auch gar nicht erforderlich. Schließlich hatte Drusus eigens einen Kanal gebaut, um Flotten von Nijmegen aus schnell in die Nordsee und die Flussmündungen schicken zu können.

MfG
 
Ich halte es für gänzlich ausgeschlossen, dass Mainz in den Jahren zwischen Drusus und Germanicus geräumt wurde oder keine ständige Garnison hatte.

Wie oben gesagt sollte man den pannonischen Aufstand berücksichtigen.
Zwischen 6 und 9 hatte Tiberius 10 Legionen und mehr dorthin gezogen, anscheinend auch die Mainzer Legionen. Zur Zeit der Varusschlacht dürften die noch nicht zurück gewesen sein.
 
hallo zusammen,

Mit den letzten Beiträgen von Maelonn und Stilicho schließt sich der Kreis wieder hin zu Asprenas. Wenn Varus als Statthalter mit drei Legionen aus Richtung Mainz kam und Asprenas mit den anderen beiden von der Lippe und man traf sich über den Sommer irgendwo im Bereich an der Weser zum Sommerlager, dann wird auch der Rückweg ähnlich gewählt worden sein.Varus wollte ja praktisch "auf dem Heimweg" den kleinen Aufstand niederschlagen,soweit ich von den Übersetzungen weiß. Dieser Heimweg hätte ihn aber nicht an die Lippe zurückgeführt. Schon garnicht, wenn die gesamte obere Rheinlinie ohne Truppen gewesen wäre. Asprenas aber zog schnell zum Rhein und sicherte die Gebiete am Unterrhein. Da gibt es von der Weser aber nicht viele Alternativen. Entweder direkt zur Lippe oder Richtung Hellweg auf dem Sandforde. Bekommt man aber Richtung Lippe Probleme an den Gebirgspässen, geht es nur noch Richtung Kalkriese.
Wenn Varus genau wie Asprenas zur Lippe unterwegs gewesen wäre,wäre das Heer zusammen marschiert und alle wären untergegangen oder keiner.
Und Asprenas war auch nicht Richtung Mainz unterwegs, das war nicht das untere Lager.

Wer also war in Kalkriese?


mfg Suebe65
 
Zwei der drei Varuslegionen sind inschriftlich in Haltern (dort nur Bleibarren) und Xanten belegt, in Xanten stand außerdem der einzige echte epigraphische Beleg für die Varusschlacht, nämlich der Kenotaph (Grabstein ohne Grab) des Marcus Caelius, die Varusschlacht selbst wird anhand von Tacitus als in der Nähe des Gebietes zwischen Ems und Lippe lokalisiert, die Rachefeldzüge gehen in erster Linie in das Gebiet zwischen Ems, Lippe und Weser. Die Annahme, dass die Varusschlacht weiter südlich zu suchen sei, steht daher im Widerspruch zu den Quellen.

Dass Asprenas irgendwo hinzog, wissen wir nur von Velleius. Zwei Worte sind dabei - wie oben angeführt - beachtenswert, servavit und descendendo. Das servavit spricht dafür, dass er sein Heer rettete, könnte also darauf hinweisen, dass er sich auf der schäl Sick befand, auf der anderen Seite spricht das descendendo, dass er den Rhein flussabwärts zog (von descendere 'hinabsteigen').
 
Zuletzt bearbeitet:
Wie oben gesagt sollte man den pannonischen Aufstand berücksichtigen.
Zwischen 6 und 9 hatte Tiberius 10 Legionen und mehr dorthin gezogen, anscheinend auch die Mainzer Legionen. Zur Zeit der Varusschlacht dürften die noch nicht zurück gewesen sein.

Das würde bedeuten, dass Asprenas gar keine Legionen hatte, die er hätte retten können.

Ich denke, wir können als gegeben voraussetzen, dass Varus in Germanien fünf Legionen zur Verfügung hatte. Drei davon hat er selbst kommandiert. Wie @ElQ gerade ausgeführt hat, deutet alles darauf hin, dass diese drei Varus-Legionen im Bereich der Lippe lagen. Haltern, Xanten etc. Die bildeten also zu Varus´ Zeiten das untergermanische Heer. Die beiden anderen Legionen kommandierte Asprenas. Und ein wahrscheinlicherer Stationierungsort als Mainz (beziehungsweise die umgebenden Lager) fällt mir nicht ein. Ich sehe nicht, wieso die Römer zu jener Zeit von der Aufteilung in Ober- und Untergermanien abgewichen sein sollten. Die haben sie bis zur Völkerwanderung aufrecht erhalten. Also kann man annehmen, dass Asprenas mit den ihm unterstellten Truppen den "Militärbezirk" Obergermanien unter Kontrolle hielt. Dessen Zentrum war nunmal Mainz. Von dort aus hat Drusus mit der Eroberung Germaniens begonnen.

Wie ich weiter oben dargelegt habe, deutet manches darauf hin, dass Asprenas die Legionen V und XVI kommandierte. Die Legio XVI Gallica war schon bei der Gründung des Lagers Mogontiacum dort stationiert. Ob sie ganz oder teilweise nach Pannonien oder zur Sicherung nach Rätien abgezogen wurde, ist unklar.

Nach der Varusnierderlage ließ Asprenas dann eine seiner beiden Legionen (XVI) in Mainz zurück und zog mit der anderen (V) rheinabwärts, um die Stellungen des vernichteten untergermanischen Heeres notdürftig abzusichern. Es war sinnvoll, diese Aufteilung in der Folgezeit so zu belassen und diese beiden "ortskundigen" Legionen durch die neu nach Germanien beorderten Legionen an ihren jeweiligen Standorten zu verstärken. So stand die "Fünfte" noch in Xanten, als im Jahr 14 Germanicus eintraf, um die meuternden Legionen zu beruhigen.

MfG
 
Ralf-Peter Märtin schreibt in "Die Varusschlacht", dass Asprenas in Mainz gewesen sei, als er die Nachricht von der Vernichtung der drei Legionen erhalten habe. Er stützt sich dabei auf Dio und Velleius, wobei ich die Quellen dieser beiden Autoren selbst nicht vorliegen habe.

Also in den englischen Übersetzungen finde ich nichts darüber, an welchem Ort Asprenas gewesen wäre?!

Was schreibt Märtin, warum die Legio I neu aufgestellt worden wäre?

In Mainz war wohl auch die XIIII Gemina stationiert gewesen, zumindest diese aber nach Pannonien abkommandiert.
 
Wenn Varus als Statthalter mit drei Legionen aus Richtung Mainz kam und Asprenas mit den anderen beiden von der Lippe und man traf sich über den Sommer irgendwo im Bereich an der Weser zum Sommerlager, dann wird auch der Rückweg ähnlich gewählt worden sein.

Wie kommst du darauf, dass Varus (und nicht Asprenas) aus Richtung Mainz kam, und vor allem, wie kommst du darauf, Asprenas wäre an der Weser gewesen?
 
Also in den englischen Übersetzungen finde ich nichts darüber, an welchem Ort Asprenas gewesen wäre?!
In der englischen Übersetzung von Märtin oder der von Dio bzw. Velleius? Ich kann dazu leider auch nicht mehr sagen als die Quellenangabe von Märtin zu wiederholen. Die Originale habe ich nicht.

Was schreibt Märtin, warum die Legio I neu aufgestellt worden wäre?
Er schreibt, dass die Möglichkeiten der Umgruppierung mit der Verlegung der anderen fünf genannten Legionen erschöpft gewesen seien und dass die Zahl der freiwilligen Rekruten nach den drastischen Verlusten der vorangegangenen Jahre (Pannonien) nicht mehr gereicht habe, die Verluste zu ersetzen und zusätzlich genügend Truppen für die Verstärkung der "Rhein-Armee" zu stellen. Deshalb habe Augustus sich genötigt gesehen, die Aufstellung einer neuen Legion zu befehlen. Als Quelle dafür nennt er, wie gesagt, Junkelmanns Werk "Legionen", das ich leider ebenfalls nicht aus eigener Anschauung kenne.

Dann schildert Märtin recht ausführlich, mit welchen drakonischen Maßnahmen er "rekrutieren" musste, weil sich - nachdem seit Menschengedenken keine Aushebung angeordnet worden sei - niemand freiwillig meldete. Augustus soll die Bürgerlisten gegriffen und die "Drückeberger" Lose ziehen lassen haben. Als Strafe für die Verweigerung sei bei jedem fünften Bürger unter 35 und bei jedem zehnten über 35 das Vermögen konfisziert und das Bürgerrecht aberkannt worden. Als auch das nichts fruchtete, habe er Hinrichtungen angeordnet. Als selbst das erfolglos blieb, seien freigelassene Sklaven und eben der "großstädtische Pöbel" rekrutiert worden, den Tacitus erwähnt.

An dieser Stelle ist Märtin mit seiner Quellenangabe etwas "sparsam". Er nennt nur die Stelle in den Annalen von Tacitus, nicht aber die Quelle für die Maßnahmen des Augustus in Rom. Die Schilderung ist allerdings so ausführlich und detailreich, dass es sich unmöglich um unbegründete Theorien handeln kann. Ich vermute, dass all das mit dem Losverfahren und den Hinrichtungen und so aus Suetons "Vita Divi Augusti" stammt - das mir leider auch nicht im Original vorliegt.

Allein aus diesen Zeilen wird klar, wie viel ich noch lesen muss. Das mache ich irgendwann. Aber die Zeit, in der ich unbezahlten Tätigkeiten nachgehen darf, ist halt doch etwas begrenzt ;).

In Mainz war wohl auch die XIIII Gemina stationiert gewesen, zumindest diese aber nach Pannonien abkommandiert.
Genau. Und die ist nach der Varusniederlage nach Germanien zurückbeordert worden. Mainz wäre der "natürliche" Einsatzort für die "Vierzehner" gewesen.

Noch ein paar Sätze zu Deinem Hinweis, dass man den Pannonien-Krieg nicht aus den Augen verlieren darf. Das ist völlig richtig. Allerdings darf man auch die Markomannen nicht außer Acht lassen. Denen galt die ganze Aufmerksamkeit Roms, als der unselige Aufstand in Pannonien losbrach. Die Römer waren in Pannonien so beschäftigt, dass Augustus es sich unter keinen Umständen leisten konnten, direkt vor der Nase der Markomannen eine "neue Provinz" zu entblößen. Dazu war das Risiko viel zu groß, dass Marbod aus Wut über den gerade noch abgebrochenen Vernichtungsfeldzug gegen sein Reich mal eben die Abwesenheit der Römer nutzen würde.

Meiner Ansicht nach ist genau das der Grund, warum Varus mit drei Legionen durch ein Land zog, das eigentlich als befriedet galt. Die Verlängerung der Lippe-Linie führt direkt zu den elbgermanischen Stämmen, die mit Marbod verbündet waren. Aus demselben Grund durfte Mogontiacum nicht entblößt werden. Entlang des Main hätten die Legionen nämlich gegen Marbods Kerngebiet vorrücken oder auch seinen möglichen Vorstoß nach Südgermanien zumindest bremsen können. Nicht ohne Grund liegt das Lager Markbreit so zum Main wie das Lager Anreppen zur Lippe liegt. Beide Plätze waren meiner Ansicht nach ursprünglich als Ausgangsbasen für den Zangenangriff gegen die Markomannen gedacht.

MfG
 
In der englischen Übersetzung von Märtin oder der von Dio bzw. Velleius? Ich kann dazu leider auch nicht mehr sagen als die Quellenangabe von Märtin zu wiederholen. Die Originale habe ich nicht.

Weder bei Velleius noch bei Cassius steht, wo Asprenas sich befand. Bei Velleius nur das berühmte descendendo, bei Cassius wird nur berichtet, dass er Aliso (ohne Namensnennung) entsetzte.

Dann schildert Märtin recht ausführlich, mit welchen drakonischen Maßnahmen er "rekrutieren" musste, weil sich - nachdem seit Menschengedenken keine Aushebung angeordnet worden sei - niemand freiwillig meldete. Augustus soll die Bürgerlisten gegriffen und die "Drückeberger" Lose ziehen lassen haben. Als Strafe für die Verweigerung sei bei jedem fünften Bürger unter 35 und bei jedem zehnten über 35 das Vermögen konfisziert und das Bürgerrecht aberkannt worden. Als auch das nichts fruchtete, habe er Hinrichtungen angeordnet. Als selbst das erfolglos blieb, seien freigelassene Sklaven und eben der "großstädtische Pöbel" rekrutiert worden, den Tacitus erwähnt.

An dieser Stelle ist Märtin mit seiner Quellenangabe etwas "sparsam". Er nennt nur die Stelle in den Annalen von Tacitus, nicht aber die Quelle für die Maßnahmen des Augustus in Rom. Die Schilderung ist allerdings so ausführlich und detailreich, dass es sich unmöglich um unbegründete Theorien handeln kann. Ich vermute, dass all das mit dem Losverfahren und den Hinrichtungen und so aus Suetons "Vita Divi Augusti" stammt - das mir leider auch nicht im Original vorliegt.

Das findet sich so bei Cassius Dio.

Noch ein paar Sätze zu Deinem Hinweis, dass man den Pannonien-Krieg nicht aus den Augen verlieren darf. Das ist völlig richtig. Allerdings darf man auch die Markomannen nicht außer Acht lassen. Denen galt die ganze Aufmerksamkeit Roms, als der unselige Aufstand in Pannonien losbrach. [...] Nicht ohne Grund liegt das Lager Markbreit so zum Main wie das Lager Anreppen zur Lippe liegt. Beide Plätze waren meiner Ansicht nach ursprünglich als Ausgangsbasen für den Zangenangriff gegen die Markomannen gedacht.

Das mit der Verteidigung halte ich für einigermaßen plausibel, wenn auch nur bedingt gegen die Markomannen, das mit dem Zangenangriff gegen die Markomannen dagegen nicht. Die saßen doch in Böhmen. Das ist doch ein bisschen weit. Da wären sicher eher die Donaulager im Raum zwischen Linz und Bratislaver Pforte interessant gewesen: Wesentlich näher dran und auch nicht aufwendiger zu übersteigende Gebirge.
 
Welche versorgungstechnischen Gründe sollten das sein, wenn alle Legionen im Norden standen?

Es hätte die Logistik gesamt entlastet, wenn ein paar Legionen im Winter näher zu den Getreideproduzenten (Mainz-Gallien) verlegt worden wären, statt aus diesen Gegenden das gesamte Getreide nach Germanien zu verfrachten. Die auch für den Feind ungünstigen Wetterverhältnisse im Winter hätten eine Entlastung an den Brennpunkten evtl. zugelassen.
Aus diesem Grund kann ich auch nicht das Argument nachvollziehen, daß mit dem Nachweis der Winterlager am linken Rheinufer, sich die Germanienstrategie auf dieses Ufer beschränkt hätte. Wer sagt denn das die Sommerlager in der selben Periode nicht auch rechtsrheinisch waren ?


Ich denke, die Germanicus-Feldzüge sind in den Schriftquellen hinreichend genau beschrieben, um als gesichert annehmen zu können, dass Mainz ein Ausgangspunkt der Operationen war. So wurden die Vorstöße entlang der Lippe gegen Brukterer, Marser und Cherusker regelmäßig unterstützt durch Operationen gegen die Chatten, die von Mainz aus über den Taunus bis in den Raum Kassel führten. Dort ist man dann an der Werra (Hedemünden) und damit an einem perfekten Ort um Kontakt zu eigenen Truppen herzustellen, die gegebenenfalls von Vetera aus nach Osten vorgestoßen oder mit Schiffen über die Weser gekommen sind.

Das liegt schon nahe. Aber explizit erwähnt werden die Legionen nicht.
Die stelle bei Tacitus "Arminius wollte den Chatten zur Hilfe kommen, aber Caecina schreckte ihn" verstehe ich so, dass Arminus durch die Caecina-Legionen an der Lippe oder sogar nördlicher gebunden war.

Für die Zeit zu Beginn der Germanicus-Feldzüge teilen die Schriftquellen zudem die römischen Truppen in ein obergermanisches und ein untergermanisches Heer. Mainz war dabei das Zentrum des obergermanischen Heeres, das zu dem Zeitpunkt aus vier Legionen bestand.
Das legt natürlich nah, dass es vorher (Varus,Asprenas) auch so war.
Nur verlegt man die letzten kriegerischen Auseinandersetzungen eigentlich alle eher weiter nördlich (Tiberius). Der Angriff des Saturninus auf Marbod durch das Chattengebiet z.B. wäre seltsam wenn er von Mainz aus erfolgt wäre. Denn die Chatten werden nördlicher vermutet, Marbod eher südlicher.

Schon zuvor, zu Beginn der offensiven Germanienpolitik Roms, war Mainz ein bedeutsames Zentrum. Offenbar hat Drusus dort residiert, denn dort wurde der Kenotaph für ihn errichtet und jährlich fanden zu seinen Ehren Truppenparaden an diesem Kenotaph vorbei statt. Ich halte es für gänzlich ausgeschlossen, dass Mainz in den Jahren zwischen Drusus und Germanicus geräumt wurde oder keine ständige Garnison hatte.

Die Bedeutung von Mainz zur fraglichen Zeit steht ausser Frage. Die Verehrung von Drusus muss aber ihren Grund nicht in einem Legionslager haben. Veteranenansiedlungen haben in Spanien offenbar zu einer ähnlichen Verehrung des Augustus geführt.

Weiter wäre ein Lager in Friesland kein Ersatz für diesen Standort gewesen. Als Aufmarschbasis für Vorstöße nach Germanien hinein war ein mögliches friesisches Lager auch gar nicht erforderlich. Schließlich hatte Drusus eigens einen Kanal gebaut, um Flotten von Nijmegen aus schnell in die Nordsee und die Flußmündungen schicken zu können.
MfG

Und dieser auch später (bei Germanicus) strategisch wichtige Kanal sollte doch von einer Garnison geschützt worden sein, oder ?
Über den Ort und Charakter dieses Kanals ist viel gestritten worden. Wenn man nach vergleichbaren römischen Kanälen sucht, stößt man unweigerlich auf den Corbulo-Kanal. Dieser Küstenkanal wurde offenbar angelegt um eine gezeitenunabhängige Verbindung zwischen den Rheinarmen herzustellen. Man konnte so die noch heute sehr schwierigen Stömungsverhältnisse an der Küste umgehen.
Für den Drususkanal(kanäle!) wird eine Verbindung des Flevo-Sees mit der Nordsee erwogen. Eine Rekonstruktion der damaligen Küstenlinie ist wohl heute nicht mehr möglich. Man vermutet in dieser Zeit aber eine Transgression. In Belgien hat [FONT=&quot]H. Thoen die Transgressions-Linien archäologisch bestimmt. (De Belgische kustvlakte in de Romeinse tijd, Brussel 1978). Laut [/FONT]Dr. W. Bruijnesteijn van Coppenraet deckt sie sich dort mit der 5-10 Meter Höhenlinie. Deshalb kommt er zu dieser Küstenrekonstruktion der Küstenlinie der damaligen Niederlanden. Trans- en regressies

Ich konnte es mir nicht verkneifen einen möglichen Kanal und einen Ort dort einzutragen :red:
Drusus_kanal.jpg

So wie der Verlauf dort eingetragen ist entspricht er der Beschreibung bei Sueton, der ja von mehreren Kanälen jenseits des Rheins spricht. Über ihn wäre man in die Ems gelangt, ohne in die Nordsee einlaufen zu müssen. Also ein Küstenkanal genau wie der Corbulokanal. So ein Wasserweg existiert übrigens noch heute. Der Stadtgraben von Groningen ist Teil dieses Kanals.

Gruß
jchatt
 
So ein Wasserweg existiert übrigens noch heute. Der Stadtgraben von Groningen ist Teil dieses Kanals.

Prinses-Margriet-Kanaal und Van Starkenborghkanaal sind allerdings erst in den 1930er Jahren, der Eemskanaal im 19. Jhdt. gebaut worden. Deshalb ist das "noch heute" etwas irreführend.
 
Prinses-Margriet-Kanaal und Van Starkenborghkanaal sind allerdings erst in den 1930er Jahren, der Eemskanaal im 19. Jhdt. gebaut worden. Deshalb ist das "noch heute" etwas irreführend.

Das stimmt. Es sollte auch nur zeigen das die verkehrstechnische Nützlichkeit auch in späterer Zeit erkannt wurde. Der neuzeitliche Kanal funktioniert auch nur mit Schleusen.

Gruß
jchatt
 
Es hätte die Logistik gesamt entlastet, wenn ein paar Legionen im Winter näher zu den Getreideproduzenten (Mainz-Gallien) verlegt worden wären, statt aus diesen Gegenden das gesamte Getreide nach Germanien zu verfrachten. Die auch für den Feind ungünstigen Wetterverhältnisse im Winter hätten eine Entlastung an den Brennpunkten evtl. zugelassen.
Das erscheint mir nicht schlüssig. Im Winter wird Getreide weder angebaut noch geerntet und muss demnach auch nicht mehr transportiert werden. Der größte Transportaufwand entstand im Sommer, wenn die Legionen "im Einsatz" waren. Im Winter musste das Getreide dann bereits in den Winterlagern gestapelt sein - egal wo diese Lager waren. Und sie waren in den Jahren vor der Varusschlacht allem Anschein nach eben NICHT am Rhein.

Aus diesem Grund kann ich auch nicht das Argument nachvollziehen, daß mit dem Nachweis der Winterlager am linken Rheinufer, sich die Germanienstrategie auf dieses Ufer beschränkt hätte. Wer sagt denn das die Sommerlager in der selben Periode nicht auch rechtsrheinisch waren ?
Es ist in anderen Diskussionen schon mehrfach Thema gewesen: Bereits das erste (uns bekannte) große rechtsrheinische Drususlager - Oberaden - wies eine feste Innenbebauung auf, die Lager am linken Rheinufer (ausgenommen Mainz und Nijmegen) hingegen nicht. Diesen Umstand kann man nur so deuten, dass die Legionen tief in Germanien überwinterten. Bis infolge der Varusschlacht alle Standorte dort aufgegeben wurden. Erst in der Folgezeit wurden die linksrheinischen Lager fest ausgebaut.

Das liegt schon nahe. Aber explizit erwähnt werden die Legionen nicht.
Die stelle bei Tacitus "Arminius wollte den Chatten zur Hilfe kommen, aber Caecina schreckte ihn" verstehe ich so, dass Arminus durch die Caecina-Legionen an der Lippe oder sogar nördlicher gebunden war.
Das ist nicht die einzige Stelle, da gibt es noch viele andere. Zum Beispiel die Aussage, dass Germanicus bei einem Vorstoß gegen die Chatten bei den noch sichtbaren Resten des Lagers Station gemacht habe, welches von Drusus auf dem "monte taunorum" angelegt worden sei. Er ist dabei sicher nicht von der Lippe aus durch den Taunus gezogen, um nach Nordhessen zu gelangen.

Während der Germanicusfeldzüge spielten sich die Kämpfe in der Tat im Wesentlichen nördlich der Lippe und zwischen Rhein und Weser ab. Jedenfalls legt Tacitus in seinen Berichten diesen Schwerpunkt. Auffällig dabei ist, dass er dem Caecina (unserem Kenntnisstand nach der Legat der "untergermanischen Legionen") immer nur die Legionen 1, 5, 20 und 21 zuordnet, die ihre Standorte in Köln und Xanten hatte. Bei der Benennung der Truppen, die Germanicus selbst mit der Flotte verfrachtete, tauchen dann plötzlich andere Nummern auf, nämlich die, deren Stationierungsorte ich in oder bei Mainz annehme.

In dem Zusammenhang: Wenn wir von Stationierungsorten reden, sollten wir nicht in Kategorien denken, die das Brettspiel Risiko nahelegt. Man kann getrost davon ausgehen, dass nicht alle Legionäre in einem Lager eingepfercht waren. Sie verteilten sich zweifellos in einem weiträumigeren Operationsgebiet. Betrachten wir nur mal Untergermanien. Da ordnen wir jeweils zwei Legionen den Lagern in Köln und Xanten zu. Es gab dazwischen aber eine ganze Kette von anderen Lagern, die mehr oder weniger regelmäßig besetzt gewesen sein müssen.

Das legt natürlich nah, dass es vorher (Varus,Asprenas) auch so war.
Nur verlegt man die letzten kriegerischen Auseinandersetzungen eigentlich alle eher weiter nördlich (Tiberius).
Eben. Nur tauchen in den Tacitusberichten dann hin und wieder die vier schon erwähnten Geisterlegionen auf. Wiki ist sicher nicht die Bibel, aber die Geschichte von Mogontiacum ist dort recht anschaulich dargelegt. Da ist kein Bruch in Belegung oder Nutzung erkennbar. Hier der Link: Chronologie von Mogontiacum ? Wikipedia

Der Angriff des Saturninus auf Marbod durch das Chattengebiet z.B. wäre seltsam wenn er von Mainz aus erfolgt wäre. Denn die Chatten werden nördlicher vermutet, Marbod eher südlicher.
:grübel:
Wo ist angedeutet worden, dass der Angriff auf Marbod durch das Chattengebiet erfolgen sollte? Und: Marbod saß zwar südlicher, mit ihm verbündet waren aber die Stämme, die bis hinauf ins Elbgebiet siedelten. Diese Stämme hätte Saturninus sicher nicht ungeschoren gelassen. Gegen die wäre er in der Tat wohl nicht von Mainz aus vorgegangen. Musste er ja auch nicht. Schließlich gab es auch noch Vetera und die Lippe.

Und dieser auch später (bei Germanicus) strategisch wichtige Kanal sollte doch von einer Garnison geschützt worden sein, oder ?
Ich habe nicht bestritten, dass es ein Lager in Friesland gab. Es war eine strategische Entscheidung von Germanicus, die Flüsse für die "Rückeroberung" Germaniens zu nutzen. Da ist es nur logisch, dass er die Mündungen dieser Flüsse irgendwie gesichert hat, um sich nicht jedesmal den Zugang erzwingen zu müssen. Ich habe lediglich bezweifelt, dass in den Lagern an der Nordsee vier Legionen stationiert werden mussten. Die konnte man nahe bei ihren gallischen Versorgungsquellen am Rhein stehen lassen und sie dann bei Beginn der Sommeroffensive den Rhein hinunter schippern.

Über den Ort und Charakter dieses Kanals ist viel gestritten worden. Wenn man nach vergleichbaren römischen Kanälen sucht, stößt man unweigerlich auf den Corbulo-Kanal. Dieser Küstenkanal wurde offenbar angelegt um eine gezeitenunabhängige Verbindung zwischen den Rheinarmen herzustellen.
Die Quellen belegen aber, dass Drusus und auch Germanicus durch die Nordsee gefahren sind. Sie sind auch nicht nur über die Ems, sondern auch über die Weser ins Kriegsgebiet gefahren. Von Gezeitenunabhängigkeit kann angesichts der Verluste auf den Rückfahrten ebenfalls keine Rede sein.

MfG
 
Weder bei Velleius noch bei Cassius steht, wo Asprenas sich befand. Bei Velleius nur das berühmte descendendo, bei Cassius wird nur berichtet, dass er Aliso (ohne Namensnennung) entsetzte.
Dann kann ich nicht sagen, was Märtin meint. Möglicherweise schließt er den Aufenthalt in Mainz nur aus der Formulierung.

Das findet sich so bei Cassius Dio.
Danke für die Info.

Das mit der Verteidigung halte ich für einigermaßen plausibel, wenn auch nur bedingt gegen die Markomannen, das mit dem Zangenangriff gegen die Markomannen dagegen nicht. Die saßen doch in Böhmen. Das ist doch ein bisschen weit. Da wären sicher eher die Donaulager im Raum zwischen Linz und Bratislaver Pforte interessant gewesen: Wesentlich näher dran und auch nicht aufwendiger zu übersteigende Gebirge.
Zangenangriffe haben die Eigenart, dass sie nicht nur aus einer Richtung vorgetragen werden, sondern aus mehreren. ;) Zudem: Marbod hatte sein Kernland zwar in Böhmen. Seine Machtbasis war aber das wie auch immer geartete Bündnis mit diversen anderen Stämmen, darunter die Elbgermanen. Ein Großangriff gegen die Markomannen musste sich also auch gegen diese Stämme richten. Ich habe keine Idee, welche Funktion das Lager Marktbreit sonst gehabt haben sollte. Aber das führt vom Thema weg...

MfG
 
Es ist in anderen Diskussionen schon mehrfach Thema gewesen: Bereits das erste (uns bekannte) große rechtsrheinische Drususlager - Oberaden - wies eine feste Innenbebauung auf, die Lager am linken Rheinufer (ausgenommen Mainz und Nijmegen) hingegen nicht.

Gib mir noch mal ein Update,ist gesichert, dass die linksrheinischen Lager (ausgenommen Mainz und Nijmwegen) keine Innenbebauung aufwiesen oder ist die Innenbebauung bisher bloß noch nicht nachgewiesen?

jchatt schrieb:
Das liegt schon nahe. Aber explizit erwähnt werden die Legionen nicht.
Die stelle bei Tacitus "Arminius wollte den Chatten zur Hilfe kommen, aber Caecina schreckte ihn" verstehe ich so, dass Arminus durch die Caecina-Legionen an der Lippe oder sogar nördlicher gebunden war.
Das ist nicht die einzige Stelle, da gibt es noch viele andere. Zum Beispiel die Aussage, dass Germanicus bei einem Vorstoß gegen die Chatten bei den noch sichtbaren Resten des Lagers Station gemacht habe, welches von Drusus auf dem "monte taunorum" angelegt worden sei. Er ist dabei sicher nicht von der Lippe aus durch den Taunus gezogen, um nach Nordhessen zu gelangen.

Ich glaube, hier besteht zwischen euch kein Widerspruch. Germanicus zog vermutlich von Mainz aus gegen die Chatten, Caecina hatte er Legionen unterstellt, die gewissermaßen die Flanke sicherten und die Cherusker banden. Caecina war demnach wohl im Westfälischen unterwegs. Aber der Angriff auf die Chatten scheint ja auch nur eine Vorbereitung auf den Hauptangriff auf die Cherusker gewesen zu sein, dann wieder mit der gesamten Streitmacht von Caecina und Germanicus, um die Chatten während des späteren Hauptfeldzuges davon abzuhalten, den Römern in den Rücken zu fallen oder die entblößte Rheingrenze anzugreifen.

Ich habe keine Idee, welche Funktion das Lager Marktbreit sonst gehabt haben sollte.

Als Mainlager dieselbe Funktion wie die Lippelager: Sicherung des Flusses als Aufmarschtrasse für den Vorstoß nach Germanien. Aber doch nicht bis nach Böhmen. Zwischen Markbreit und Tschechien liegen doch noch die ganzen unübersichtlichen Mittelgebirge. Man denke auch an die späteren Markommanenkriege Marc Aurels, die auch in den Donaumarken stattfanden.
 
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