Fortschritt in der Geschichte- gibt es ihn, lässt er sich definieren?

Da ging es ebenfalls genau um die Frage: "Was ist Fortschritt?" Da meinte Helmut Schmidt sinngemäß: Alles wäre Fortschritt, egal wie sich die Dinge entwickeln, selbst wenn es in Deutschland wieder eine Dikatur kommen sollte, was man nicht hofft, aber selbst das wäre Fortschritt, weil die Dinge immer weiter voranschreiten. Einen Rückschritt gibt es nicht.

Hallo,
oder anders: Fortschritt ist jede Veränderung der Verhältnisse.

Das Wertungsproblem entsteht nun daraus, der Veränderung etwas Positives zu entnehmen, was aus der allgemeinen Belegung des Begriffes "Fortschritt" stammt. In diesem Sinne wäre als "fortschrittliche" Veränderung nur eine Verbesserung der Verhältnisse zu akzeptieren.

Das führt zu der Frage, was eine Verbessung kennzeichnet. Dazu hat psbvbn1 eine Idee vorgetragen, auch andere wurden genannt: Lebensverhältnisse, Erkenntnisse, etc.

Grüße
Thomas
 
Kann man also sogar die Roten Khmer als "Fortschrittspartei" werten? In den Extremen hört für mich die Gültigkeit dieser Definition gefühlsmäßig auf.
 
Kann man also sogar die Roten Khmer als "Fortschrittspartei" werten? In den Extremen hört für mich die Gültigkeit dieser Definition gefühlsmäßig auf.

Hallo Pope,
das war nur auf die Vereinfachung von Schmidt bezogen. Es fehlt hier an Kriterien, das Positive an der Veränderung zu messen.

Von daher wäre Deine Frage eine rhetorische. :)
Grüße
Thomas
 
Deshalb kann ich dieser Trivialdefinition von Fortschritt auch nichts abgewinnen. Es ist alles Fortschritt.

Aber genau das ist ja das Problem. Wenn man will, kann man alles zum Fortschritt erklären. Wenn man keine Kriterienauswahl trifft, dann ist jede Sekunde, jede Stunde und jeder Tag dem Fortschritt gewidmet.

Aber wir reden ja hier nicht über Geologie, wo das Wort "Fortschritt" gewiss nicht oft vorkommt. Wir reden hier über Geschichte - genauer: die Menschheitsgeschichte. Und wenn objektive Wissenschaftler sich anmaßen, "willkürlich" bzw. subjektiv Geschichte in Epochen zu teilen, wieso soll man dann nicht auch die Geschichte der Menschheit nach biologischen Meßgrößen hin untersuchen? Population, Verbreitung, Tragfähigkeit, Gesundheit, Anfälligkeit, Überlebenswahrscheinlichkeit, usw..

Die Frage wäre dann, ob wir aus den rein biologischen Zahlen zu einem Ergebnis kommen, was als "Beschreibung des Fortschritts der Menschheit" ausreicht. Oder zeichnet die Menscheit weitere, komplexere Eigenschaften aus?
 
Deshalb kann ich dieser Trivialdefinition von Fortschritt auch nichts abgewinnen. Es ist alles Fortschritt.

Aber genau das ist ja das Problem. Wenn man will, kann man alles zum Fortschritt erklären. Wenn man keine Kriterienauswahl trifft, dann ist jede Sekunde, jede Stunde und jeder Tag dem Fortschritt gewidmet.

Aber wir reden ja hier nicht über Geologie, wo das Wort "Fortschritt" gewiss nicht oft vorkommt. Wir reden hier über Geschichte - genauer: die Menschheitsgeschichte. Und wenn objektive Wissenschaftler sich anmaßen, "willkürlich" bzw. subjektiv Geschichte in Epochen zu teilen, wieso soll man dann nicht auch die Geschichte der Menschheit nach biologischen Meßgrößen hin untersuchen? Population, Verbreitung, Tragfähigkeit, Gesundheit, Anfälligkeit, Überlebenswahrscheinlichkeit, usw..

Die Frage wäre dann, ob wir aus den rein biologischen Zahlen zu einem Ergebnis kommen, was als "Beschreibung des Fortschritts der Menschheit" ausreicht. Oder zeichnet die Menscheit weitere, komplexere Eigenschaften aus?

Und wenn man nun dieses unsägliche Wort "Fortschritt" ausklammert?
Wer hat dann etwas dabei gewonnen? Der Mensch ist nun einmal prädestiniert dazu, zu denken. Wobei natürlich keiner weiss, ob das Tiere nicht auch können.
Will damit sagen, jeder Gedankenfunke in einem Gehirn ist schon Fortschritt.
 
Zuletzt bearbeitet:
Ich glaube auch, daß Helmut Schmidt bei seiner Definition von Fortschritt einen ideologielosen liniaren Zeitstrahl zu Grunde legt.
Mich würde mal interessieren, wie jeder einzelne hier im Forum sich "Fortschritt" vorstellt. Also ein Aufruf an alle: Schreibt doch mal alle eure Gedanken auf zum Thema: "Was ist Fortschritt?", ohne einen anderen Teilnehmer dabei zu bewerten.
Ich denke, das kann interessant werden.
;)
 
Die Frage wäre dann, ob wir aus den rein biologischen Zahlen zu einem Ergebnis kommen, was als "Beschreibung des Fortschritts der Menschheit" ausreicht. Oder zeichnet die Menscheit weitere, komplexere Eigenschaften aus?

Die Existenzbedingungen dürften ein Basiskriterium sein, welches man nur mit weiteren Kriterien ergänzen könnte, wenn es erfüllt wäre. Also hätten wir eine Kriterienpyramide vor uns, die soziologischen Aspekte (z.B. die angesprochene Kommunikationsdichte) dürften erst berücksichtigt werden, wenn die auf die physischen Lebensumstände bezogenen Kriterien erfüllt wären.

Das erinnert mich an eine alte Vorlesung des Urgesteins Koch in der strategischen Unternehmensplanung: die Theorie des Gewinnvorbehalts. Strategische Unternehmensplanungen sind danach zunächst am Existenzminimum auszurichten, welches sich im worst case der wahrscheinlichen Erwartungen ergibt. Der Gedanke läßt sich vielleicht auf das "Unternehmen Menschheit" übertragen. Oder anders und etwas älteren Datums: erst das Sein, dann das Bewußtsein. Was nützen mir Kommunikationen, wenn ich nichts zu essen habe? In dem Fall würde ich kaum von Fortschritt sprechen.

Damit ergäben zwei weitere Vorschläge: läßt sich Fortschritt einfacher negativ abgrenzen (was also ist Rückschritt?). Und weiterhin: auf welche Grundgesamtheit beziehe ich ihn: Gruppe, Region, Nation, Menschheit? Der Fortschritt einer Gruppe kann mit existenziellen Nachteilen einer Region verbunden sein.

Was mache ich hier eigentlich? Es sollte sich die Geschichtswissenschaft Bewertungskriterien einfallen lassen, wozu ist sie da? Brauchen wir die denn überhaupt? Wozu dient die Bewertung des Fortschritts? Um darzulegen, dass man alles richtig oder falsch gemacht hat? Um zu verurteilen, auch wenn man nicht wiederherstellen kann? Um künftige Handlungen daran auszurichten?

Grüße
Thomas
 
Ich hätte da noch einige merkwürdige Gedanken dazu:
Fortschritt, also die Fortbewegung der Menschheitsgeschichte, nicht zu verwechseln mit der Höherentwicklung des Menschen und seiner Gesellschaft, kann man über längere Zeiträume als Kurve betrachten, die beschreibt, dass Ereignisse stattfinden, sich Ideen (Meme genannt) ausbreiten, neue Erfindungen vonstatten gehen, Kriege die Anzahl an Menschen herabsetzen,...
Doch wenn man sie sich stationär, lokal begrenzt ansieht, dass sit diese Kurve gequantelt, d.h. die Argumente nehmen nur diskrete Werte an. Das ist leicht einsichtlich, da Erfindungen, Massenmorden ja in endlich kleinen Zeitintervallen passieren, die aneinandergereiht, also global betrachtet, eine Kurve ergeben!
 
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