Texte über berühmte Männer gab es natürlich schon früher und mancher Kommentar, etwa zu Euklid, hat auch Informationen weitergegeben. Beim ersten steht die Person, beim zweiten das Fach im Mittelpunkt.
Das ist wie bei der Kriegsgeschichte. Einzelanalysen von Kriegsgeschehen und Beschreibungen zur Auflockerung der Erzählung gab es schon lange, doch erst Hans Delbrück hat die Geschichte des Krieges eigentlich historisch betrachtet. Und das ist keineswegs trivial. Hier wurde mal nach Büchern zur Kriegsgeschichte gefragt und schnell wurden militärtheoretische Werke genannt. Sicher, Sun Tsu lässt sich als fachliches Werk der Antike vielleicht mit Euklid vergleichen. Allerdings ist beides weder als Geschichtsschreibung noch als historische Abhandlung einzuordnen. Clausewitz, Vom Kriege, ist eine wichtige Quelle zur Kriegführung der Napoleonischen Zeit, aber eben auch nur ein (bis heute wichtiges) militärtheoretisches Handbuch.
Aber häufig wurde die Entwicklung eines Fachs oder Problems nach dem Vorbild des Aristoteles zumindest kurz beschrieben. Und noch heute nutzen Schulbücher das mitunter, um einen leichten Einstieg zu bieten oder die Lernkurve im Rahmen zu halten. Allerdings blieb es in älteren Werken oft mehr als kryptisch. Vegetius etwa verwirrt Militärhistoriker bis heute: Oft ist nicht einmal klar, von welcher Zeit er gerade schreibt. In mathematischen Werken sind die fachlichen Probleme klarer, aber die Darstellung der Vorläufer krankt (egal welches Fach) an denselben Problemen. (Ich habe die Militärgeschichte als Beispiel genommen, weil ich mich bei den Autoren besser auskenne und nicht nachschlagen brauchte.)
In diesem Sinn gab es Geschichtsschreibung bezüglich jeder Wissenschaft seit den Aristotelikern, mit seinem verlorenen Lexikon wahrscheinlich seit Aristoteles selbst. Es handelt sich aber nicht um geschichtsschreiberische Literatur, sondern um die Methodik, von vergangenem Verständnis auszugehen, die bekanntlich Descartes von Bord warf, was nicht heißt, dass die 'Rückblicke' verschwanden.
Die Antwort hängt also davon ab, was mit der Formulierung der Frage gemeint war. Wenn es darum geht, wer die Informationen in Europa tradiert hat, war es wohl hauptsächlich das Fach selbst, während Geschichtsschreiber sich mit anderen Themen beschäftigten.
(Einmal davon abgesehen, dass wir von moderner Geschichtswissenschaft erst ab dem 19. Jahrhundert mit dem Durchsetzen der historisch-kritischen Methode sprechen können.)