Was halten Sie von den Schlafwandlern und von Trading With The Enemy?
Zum Thema "Schlafwandler" gab es hier im forum eine breite Diskussion, der ich wenig hinzuzufügen habe:
Insgesamt eine honorige Darstellung, weil sie sich bemüht eine gesamteuropäische Perspektive auf die Entstehung des Krieges zu werfen.
Mit der Rezeption bei einigen, die versuchen darauf aufbauend Verantwortung für den Krieg umzuverteilen, habe ich allerdings so meine Probleme, ganz einfach weil die durch die Entscheidung Wiens für Krieg und das Hinarbeiten der Falken in der Berliner Regierung und im deutschen Militärapparat, einmal nicht wegzudiskutieren sind.
Leute, ich sage nicht, Herr Preparata irrt sich nicht in manchen Dingen. Aber Sie sagen, A bis Z Schrott! Jedoch, wir wissen nicht genau, wie das war. Sie weisen alles en bloc zurück. Ist das vernünftig? Ich habe das Buch nicht einmal beendet.
Das ist die falsche Herangehensweise. Die richtige wäre zu hinterfragen, was er neues Liefert und was davon er quellenfundiert belegen kann.
Was wäre das denn deiner Meinug nach? Ich finde da nämlich nichts.
Es hat mich immer begeistert, dass die drei größten (Blackberry sagt ß) Imperialisten auf der Welt sich gegen Deutschland verbündeten.
Taten sie das? Oder war der Beitritt Großbritanniens zur Tripple-Entente mehr durch den Wunsch zu einem endgültigen Ausgleich mit Russland motiviert und nicht so sehr durch die Gegnerschaft gegenüber Deutschland?
Da du angiebst Clark gelesen zu haben, müsste dir diese Lesart und die Besordnis der verantwortlichen britischen regierung im Hinblick auf die Verteidigungsfähigkeit Indiens, ja geläufig sein, es wird ja im Kapitel über die britische Sicht recht ausführlich angesprochen.
Frankreich und England, jahrhundertelang Erzfeinde wurden plötzlich 'Freunde'. England und Russland, Rivalen mit Interessenkonflikten in Zentralasien werden Verbündete?
Frankreich hatte nach 1871, sich einem vereinigten Deutschland gegenüber sehend schlicht nicht mehr die Kapazitäten, sich auf die Dauer Rivalität mit Großbritannien und Deutschland zu leisten und entschied eben, dass Deutschland das dringendere Problem sei.
Sowohl die Briten als auch die Russen brauchten brauchten in der ersten Dekade des 20. jahrhunderts Ruhe. Die Briten hatten durch den Burenkrieg, der sie doch einige Anstrengungen gekostet hatte und die Überlegungen hinsichtlich Indien vor Augen, dass die Probleme das Empire zusammen zu halten größer wurden und eine direkte militärische Konfrontation mit Russland in Asien konnten sie sich ohne großes Landheer nicht leisten.
Russlands Position in Ostasien bricht mit der Niederlage im Russisch-Japanischen Krieg von 1904/1905 mehr oder minder zusammen und war angesichts des Britisch-Japanischen Bündnisses von 1902 so einfach nicht wieder herzustellen, daraus folgte die Westorientiereung des russischen Expansionsdrangs. Außerdem wäre da die Instabilität nach der Revolution von 1905 zu nennen.
Insgesamt also für beide Seiten gute Gründe sich zu einigen und keiner davon hatte orriginär im besonderen Maße etwas mit Deutschland zu tun, sondern allenfalls mit dem Umstand des Deutsch-Österrischisch-Ungarischen Bündnisses, dass der neuerlichen Westorientierung Russlands ungelegen kommen musste.
Die Briten fanden vielleicht die Russen eine härtere Nuss zum knacken als Deutschland.
Zum einen bestand ja bereits die russisch-französische Zusammenarbeit, als die Briten zur Entente stießen. Heißt die Briten hatten nicht die Wahl zwischen Deutschland und Russland, sondern entweder auf eine Einigung mit Deutschland oder eine mit Russland und Frankreich.
Welche Probleme hätten den Briten aus Konfrontation mit Deutschland erwachsen können?
Der Abbruch der wirtschaftlichen Zusammearbeit hätte beide im gleichen Maße getroffen, wenn nicht die Deutschen schlimmer, weil die Briten mit Ausnahme der Ostsee sämtliche Seewege als Ausfallstore ihres Handels weiter in der Hand hätten halten können, die Deutschen aber nicht.
Überlegene Flotte , mit der gegen die Seemacht Britanniens was auszurichten gewesen wäre, hatten die Deutschen nicht, die Deutsche Bucht hätte man relativ einfach abriegeln können und die paar wenigen Truppen in den Kolonien, die Deutschland unterhielt hätten den Briten auch nicht lange Widerstand leisten können.
Bei einer Konfrontation mit Russland und Frankreich, hätten die Briten in Indien, Indochina und Nordost-Afrika sehr wahrscheinlich wesentlich gravierendere Probleme erwarten können.
Aus dieser Perspektive, mit welcher Seite liegt da also grundsätzlich eine Einigung näher?
Zumal wenn man jetzt die beginnende deutsche Flottenpolitik als finanzielle Belastung des Empire durch Anheizen der Rüstungsspirale und die Wankelmütigkeit und Risikoaffinität der deutschen Politik unter Bülow und die diplomatische Ungeschicklichkeit Wilhelm II. noch mit in die Rechnung mit einbezieht?
Es sieht wirklich eher so aus, dass es leichter war, Deutschland zu umkreisen und erledigen und sich mit Russland später zu beschäftigen als umgekehrt.
Aber nur wenn man es nicht zu Ende denkt. Was, wenn Deutschland und Österreich-Ungarn erledigt gewesen wären, hätte denn Frankreich noch auf der Seite Großbrittaniens gehalten oder die Russen daran gehindert die britische Machtstellung in Indien zu zerschlagen?
Deutschland und Österreich-ungarn zu "beseitigen", wäre aus britischer Sicht schön blöd gewesen und entspricht offensichtlich auch nicht dem Handeln der britischen Politik.
Hätten sich die Briten den Untergang Deutschlands gewünscht, hätten sie im bezug auf die Versailler Friedesnkonferenz sicherlich nicht mäßigend auf die Teilnehmer eingewirkt und der französischen Position das Rheinland von Deutschland abzutrennen, so wie ganz Oberschlesien, Westpreußen und Masuren ohne jede Volkabstimmung an Polen abzutreten entsprochen statt sich, mit dem Erfolg, dass in Oberschlesien und Masuren abgestimmt wurde, so wie die Grenzmark Posen-Westpreußen, der Kreis Marienwerder und das Elbinger Land, bei Deutschland verblieben, für die deutsche Position zu verwenden.
Das gehört dann nebenbei zu den Fakten auch mit dazu.
Siehe z.B.
- Magret Mc Millan: "Peacemakers"
- Adam Tooze: "Sintflut"
- Jörn Leonard "Der überforderte Frieden"