Dann zum Warum hier wieder was Ellenlanges zum Lesen http://www.geschichtsforum.de/ne
Warum gewann Alexander bei Gaugamela?
Die meisten Aspekte wurden hier schon (z.B. von Angrivarier in seinen Postings auf Seite 7) genannt:
In meinen Augen weil
- Dareios Alexander in allen relevanten (Feldherren-)Belangen nicht das Wasser reichen konnte und
- Dareios oberste Führungsspitze diesem vermutlich nicht absolut loyal gesinnt war bzw. sich nicht ausreichend einbringen durfte (Näheres unten).
Im Detail:
Dareios kämpfte nicht in vorderster Front wie Alexander, vielmehr floh er lieber sobald es etwas brenzlig wurde (und lies dabei in Issos sogar seine Familie im Stich)
-> Keine letzte Entschlossenheit / kein absoluter Siegeswille: Wie will er diese Tugenden dann anderen vermitteln und seine Truppe motivieren?
Dareios war anscheinen unfähig aus Fehlern bzw. Beobachtungen zu lernen - insbesondere aus Issos (Details siehe unten).
Dareios hatte bei Gaugamela nach meiner persönlichen Einschätzung eigentlich das überlegenere Heer – Aber was machte er daraus?
Statt die Initiative zu ergreifen und selbst anzugreifen wartete er darauf, was der unterlegene Gegner tut
-> Zauderndes, zögerliches und unentschlossenes Handeln / evtl. sogar Angst
Damit gibt er Alexander die Möglichkeit zur umfassenden Analyse der Situation / der Schlachtaufstellung Darios, dem Durchspielen verschiedener Varianten, überlegter Planung …
Aus meiner Sicht Dareios schwerster Fehler: Seine Initiativ- und Planlosigkeit (siehe auch weiter unten).
Dazu kommen dann seine taktischen Fehlleistungen am laufenden Band in der Schlacht - und – meines Erachtens nach noch schlimmer – auch davor (
IMO sein drittschwerster Fehler):
- Dareios Truppen erwarteten einen nächtlichen Angriff (Wieder diese passive Haltung) der aber ausblieb: Schlechte Aufklärung, Ermüdung/Demotivation der Truppen.
- Es wird immer betont, die Perser hätten die Schlacht lange vorbereitet. Das ist insoweit erst einmal richtig, aber das geschah aus meiner Sicht ohne Sinn und Verstand da ein entsprechend fundierter Schlachtplan fehlte (Präperierung der Ebene für den Einsatz von Sichelwägen: s.o., die ausgelegten Fußangeln waren im Nachhinein genauso ein Bummerang für die eigenen Truppen, keine/mangelnde Analyse des Gegners hinsichtlich dessen Stärken und Schwächen und wie dagegen vorzugehen ist / stattdessen reines Vertrauen auf die zahlenmäßige Überlegenheit, es wurden keinerlei Lehren aus Issos gezogen …).
- Darios beobachtet dann zu Beginn der Schlacht auch wieder nur, was die Makedonen tun, statt selbst zu agieren: Er hätte sofort und engagiert umschließen müssen um den Makedoniern den (Handlungsspiel-)Raum zu nehmen (z.B. U-förmiges Vorrücken gegen den Anmarsch der Makedonen)
- Er setzt seine Truppenteile völlig unüberlegt ein: Er hätte zunächst mit Fernwaffen wie Pfeilen oder Speeren Lücken in die Phalangen reißen und parallel dazu die Kavallerie Alexanders binden müssen (z.B. mit der eigenen Reiterei) um die Makedonen gar nicht erst zur Entfaltung kommen zu lassen
- Und ohne einem jedermann bekannten Plan /Ziel (-> Vorgaben für jeden Einzelnen) brauche ich mich dann nicht wundern, wenn ein Verhalten in der Truppe um sich greift, dass auf den ersten Blick zumindest nach Disziplinlosigkeit aussieht (wenn nicht sogar ist): Man durchbricht die makedonischen Linien aber statt dann den Gegner aufzurollen wendet man sich lieber der Plünderung seines Lagers zu.
Aber auch das generell passive Verhalten gepaart mit stümperhafter taktischer Vorgehensweise genügt meines Erachtens alleine noch nicht, eine solche Schlacht zu verlieren: Schließlich ist Dareios zahlenmäßig drückend überlegen und kann etliche Verluste problemlos verkraften während auf der anderen Seite nahezu jeder Mann zählt (Die Perser waren ja schließlich auch einem Sieg schon sehr nahe).
Aber dann brauche ich zwingend eine effiziente Kommunikations- und Führungskette um schnell auf die Situation(en) auf dem Schlachtfeld reagieren zu können – Die hatte aber Dareios anscheinend auch nicht. Insbesondere scheinen vorab keinerlei Stellvertreter-Funktionen festgelegt worden zu sein. Als Dareios floh blieben die Signale „von Oben“ an die Truppe aus („Wer soll was wie weiter tun?“) – Da hört jeder irgendwann einmal zu kämpfen auf.
Diese augenscheinlich schlecht organisierte Kommunikation und Führung betrachte ich deshalb als zweitschwersten Fehler Darios.
Nun kann ich aber nicht glauben, dass grundsätzlich alle Perser so wenig taktisches Geschick, wie es Dareios an den Tag legte, aufzuweisen hatten. Deshalb gehe ich davon aus, dass entweder
a)dem Großkönig generell nicht widersprochen bzw. Ratschläge unterbreitet werden durften oder
b)Dareios Untergebene diesen bei der Vorbereitung und anschließenden Umsetzung der Schlacht mehr oder weniger ins offene Messer rennen ließen (Und damit eigentlich in Konsequenz ein Komplott / eine Verschwörung gegen Darios vorlag).
Ich persönlich tendiere zu b) - Evtl. kann aber auch jemand zu a) eine fundierte Aussage treffen.
P.S.: In meinen Augen ging Alexander wohl überlegt die Herausforderung Gaugamela an. Ungestümes Vorgehen (der Kavallerie) war dabei ein von ihm bewusst gewähltes taktisches Mittel – und damit überraschte er ja letztendlich auch Darios. Wer dies aber verwechselt und meint, Alexander wäre blind nach dem Motto „Augen zu und durch“ in diese Schlacht gegen einen übermächtigen Gegner gezogen – Ich glaube der wäre an Dareios Stelle dann genau wie dieser am Ende ebenfalls als Verlierer vom Platz gegangen.
Und um die Brücke zum ersten Posting zu schlagen: Nein, ich glaube nicht dass der Staub das Entscheidende war … (denn er behinderte beide Parteien gleichermaßen: Alexander verzichtete bewußt auf einen nächtlichen Angriff weil er da nichts sehen konnte)