Geschichte der Mikronationen

iamNex

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"Mikronationen" (ich meine nicht Zwergstaaten), oft auch "Scheinstaaten" genannt, sind "Staaten" die vorgeben unabhänig als Staat zu handeln bzw. zu existieren, aber von keinem Staat oder keiner Institution akzeptiert werden.
Aus dem Selbstverständnis der meisten Mikronationen heraus gab es aber eine Sezession oder eine Proklamation.
Man unterscheidet zwischen territorialen und virtuellen Scheinstaaten, wobei ich das letzere mal ausklammern würde.
Bedingt kann man auch Gebiete dazurechnen, die für eine Zeit staatenlos waren (Neutral-Moresnet)

Mikronation

Zwei Beispiele für solche Mikronationen sind zb.:

-Sealand: Ein "Fürstentum" auf einer englischen Maunsell-Militärfestung mitten im Meer, das 1967 seine Unabhänigkeit erklärte. Sealands Bevölkerungszahl lag zu keiner Zeit über 10.
Gegen englische Versuche das Ganze zu stoppen wehrten sich die "Bewohner" angeblich auch mit Schüssen.
Zwei Verfassungen und einen Putsch hat es gegeben.
Momentan besteht eine Exilregierung.
-Link
-Interview mit dem Fürsten von Sealand

-Principality of Hutt River: 1970 erklärte ein australischer Farmer in einem Brief an die Regierung die Sezession seiner Farm, und somit die Unabhängikeit seines Farmgebiets.
Die Bevölkerungszahl liegt bei ca. 20 Bewohnern, die auf der Farm arbeiten.
Gegen Bezahlung können sich Leute jedoch die "Staatszugehörigkeit" erkaufen, so liegt die Zahl derzeit bei ca. 18.000 Ausländern, die die Staatsangehörigkeit besitzen.
Seit 2005 hat die PHR sogar eine Verfassung.
-Link 1
-Link 2

Richtig ernst nehmen kann man das ganze natürlich nicht, interessant finde ich es aber trotzdem.
Mich interessiert, wie sich das Verhalten gegenüber solchen "Gebilden" in den letzen paar hundert Jahren verändert hat.
Heutzutage wird das ganze ja eher belächelt oder ignoriert, aber wie war das vor hundert Jahren? Wurde da sofort militärisch interveniert?
Hat da jemand noch mehr Infos?
 
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Fürstentum Seborga in Ligurien.

Die Unabhängigkeit dieses ca. 300-Einwohner-Staates wird davon abgeleitet, dass das Gebiet bei der Neuordnung Italiens auf dem Wiener Kongress schlicht und einfach vergessen und somit keinem Staat zugeordnet wurde. Anerkannt wird er von niemandem. Italien nimmt seine Unabhängigkeitsambitionen auch nicht ernst und hat daher bislang weder Truppen geschickt noch den selbsternannten Fürsten verhaften lassen. Ich bin mir aber eh nicht sicher, ob dieser ganze Staat nicht eher eine Art Spaßprojekt ist, um den Tourismus anzukurbeln und eigene Briefmarken verkaufen zu können.
 
Aus Spaß kann schneller ernst werden, als einem Lieb ist. Angeblich nutzen eine Angehörige des des in den 80ern gegründeten pseudofaschistischen Scheinstaates "Neue Slowenische Kunst" (Keine Übersetzung, die jugoslawischen Gründer wählten einen deutschen Namen!) während der Auflösung Jugoslawiens ihren scheinbar doch nicht wertlosen NSK-"Pässe" um die neuen Grenzen zu überschreiten.

Und der "Freistaat Flaschenhals" ein Merkwürdigkeit in Deutschland unmittelbar nach dem 1. Weltkrieg. Das kleine Gebiet lag zwischen französisch und amerikanischen Gebiet. Eher aus der Not ergriff die lokale Verwaltung die Macht, da sie ja allein gelassen wurde. So wurde in dem Mini-Staat aus 30 Dörfern sogar eigenes Geld geprägt. Eine proklamierte Unabhängigkeit des kurzzeitigen Schmuggler-Paradieses gab es allerdings nie.
 
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Aus Spaß kann schneller ernst werden, als einem Lieb ist. Angeblich nutzen eine Angehörige des des in den 80ern gegründeten pseudofaschistischen Scheinstaates "Neue Slowenische Kunst" (Keine Übersetzung, die jugoslawischen Gründer wählten einen deutschen Namen!) während der Auflösung Jugoslawiens ihren scheinbar doch nicht wertlosen NSK-"Pässe" um die neuen Grenzen zu überschreiten.

...

Es gibt ja einige solche Spaßprojekte die eine erstaunliche Lebensdauer entwickeln: Welcome To The Conch Republic - Key West

In Argentinien riefen genoesische Einwanderer die "República de la boca" aus, einem Stadtteil am Hafen. Das war einst als ernsthafter Protest gedacht (man entwarf eine Fahne, ein eigenes Wappen und meldete die Gründung angeblich an Italiens König), lebte jedoch später als Künstlerprojekt weiter und gab zeitweilig auch Pässe heraus.
 
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In Spanien gab es 1873 die "Constitución federalista" die praktisch den Spanischen Staat in unabhängige und souveräne Kantone auflöste. Die meisten der tatsächlich gebildeten "Republiken" (sogar winzige Orte wie Jumilla) hielten nur einige Tage. Die Hafenstadt Cartagena jedoch hielt sich 6 Monate lang.
Sie musste von der spanischen Armee erst in aller Regel belagert werden. Die Stadt enthielt den Marinehafen und -Arsenal, war stark befestigt und fiel erst nach langen und harten kämpfen.

Da man über recht große Edelmetallreserven verfügte, gab die "Regierung" eine eigene Währung heraus, die Paradoxerweise höher als die ofiziellen Peseten und "Duros" der Zentralregierung bewertet wurden.

Hier sind einige Daten, Bilder und auch die Abbildung der Währung:

http://www.fdomingor.jazztel.es/canton de cartagena.html
 
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Nicht unbedingt ein "Spaßprojekt", sondern als ernsthafter Protest gegen die Vorbereitungen des Baus eines atomaren Zwischenlagers in Gorleben war die "Republik freies Wendland", die ebenfalls eigene Pässe ausgab.

Deren Gründung wurde vom damaligen Innenminister Niedersachsens als "Hochverrat" bezeichnet. Geräumt wurde die aus zuletzt knapp 100 Hütten bestehende Republik schließlich durch Polizei und Bundesgrenzschutz, wobei sämtliche Gebäude zerstört wurden.

Die Verteidigung der "Republik Freies Wendland" (1980) / Aktionen / Zivilcourage / Themen / Home - Institut für Friedenspädagogik Tübingen e.V.

Der damalige niedersächsische Innenminister Egbert Möcklinghoff, meinte im NDR, die Gründung eines solchen Staatswesens auf niedersächsischem Boden sei eigentlich sogar Hochverrat
 
Einen frühen Vorläufer nicht zu vergessen: Die Republik Libertalia. Der Territoriumlose Staat der Piraten. So etwas wie Neverland (das von Tinkerbell und Hook, nicht das von Michael Jackson) in blutig.
 
Ohne Territorium kann man aber kein Staat sein.
Rein völkerrechtlich gesehen müssen 3 Grundlagen erfüllt sein, um von einem Staat sprechen zu können:
- er muss ein Staatsgebiet haben;
- dieses Staatsgebiet muss bewohnt sein;
- es muss eine souveräne Regierung geben.
Diese Anforderungen sind nicht allzu streng zu sehen. Beim Staatsgebiet reicht es, wenn ein bestimmter Kern feststeht, auch wenn der genaue Grenzverlauf strittig ist. Souveräne Regierung heißt, dass sie (weitestgehend) unabhängig von anderen Regierungen ist und in ihrem Staat tatsächliche Macht ausübt (also nicht z.B. bloß eine Exilregierung ist).
Ob ein Staat vom Ausland oder den UN als Staat anerkannt wird, ist rein rechtlich gesehen irrelevant. Sie spielt nur in der Praxis eine große Rolle. Insbesondere versuchen neue Staaten, in die UN aufgenommen zu werden.
 
Ohne Territorium kann man aber kein Staat sein.
(...)
- er muss ein Staatsgebiet haben;
(....)
Ob ein Staat vom Ausland oder den UN als Staat anerkannt wird, ist rein rechtlich gesehen irrelevant.

Das wird aber dann das grøsste Problem sein. Es gibt ja wohl kaum einen Flecken auf der Erde, der nicht zu einem bereits existierenden Staat gehørt.
Es muesste also demnach zumindest eine Anerkennung desjenigen Staates geben, dem man Gebiet durch die Staatsgruendung streitig macht, oder einer gewissen Zahl an anderen auslændischen Staaten.
Ohne irgendeine Anerkennung, und sei es nur durch die blosse passive Hinnahme seiner Existenz und Ueberlassung der Ausuebung der Staatsgewalt, kann es keinen (neuen) Staat geben.
(Bsp. Steuern, Polizeigewalt, Gesetzgebung)

Was steht eigentlich auf Hochverrat in Deutschland? Wære es grundsætzlich mit dem Vølkerrecht vereinbar, wenn sich z.B. eine Stadt in D unabhængig machen wuerde?

Gruss, muheijo
 
Für Hochverrat gibt es in Deuitschland mindestens 10 Jahre.

Ansonsten noch einmal: Rein völkerrechtlich gesehen ist es völlig egal, ob ein Staat anerkannt wird. Er muss nur die genannten Merkmale erfüllen. Somaliland z. B. wird von niemandem anerkannt, ist aber rechtlich gesehen eindeutig ein Staat.
 
Es gibt ja wohl kaum einen Flecken auf der Erde, der nicht zu einem bereits existierenden Staat gehørt.
Jein.
Das gilt für fast alle Landgebiete. Auf See dagegen wäre manches möglich, das wird auch diskutiert.
Und auf dem Land gibt es Flächen, bei denen gibt es nur sehr vage Ansprüche existierender Staaten.

Da wäre z. B. die Antarktis zu nennen. Da gibt es zwar internationale Verträge, die binden aber nur die beteiligten Staaten, theoretisch könnte eine Siedlergruppe ein Stück Antarktis für eine Neugründung in Beschlag nehmen.

Dann gäbe es Beispiele wie Somalia, wo sich der "Alteigentümerstaat" aufgelöst hat. Da wäre es wohl legitim, wenn sich eine Region als neuer Staat konstituiert.

Das bizarrste Beispiel ist wohl das Westjordanland. Völkerrechtlich ist das eigentlich Niemandsland.
Der letzte völkerrechtliche Eigentümer war das Osmanische Reich. Nach dessen Untergang wurde es von Großbritannien als Völkerbundsmandat verwaltet - aber nie in Besitz genommen.
1947 gehörte es zu den Gebieten, die die UN für einen zu gründenden arabischen Staat vorsah - dieser Staat wurde aber nie gegründet.
Anschließend wurde es von Jordanien annektiert, mit sehr zweifelhafter Rechtsgrundlage - ist inzwischen auch uninteressant, weil Jordanien 1988 wieder auf das Gebiet verzichtete.
Seitdem ist die Region rein staatsrechtlich herrenlos. Die dort wohnenden Bevölkerungsgruppen könnten im Prinzip nach Belieben irgendwelche Staaten gründen - de facto können sie es natürlich nicht, aber das hat andere Gründe, und den Nahost-Konflikt wollen wir hier nicht diskutieren.

Es muesste also demnach zumindest eine Anerkennung desjenigen Staates geben, dem man Gebiet durch die Staatsgruendung streitig macht, ...
Das ist zwar üblich und sinnvoll, aber nicht immer der Fall.
China hat Taiwan auch nach 60 Jahren noch nicht anerkannt.
Auch sonst lassen sich Beispiele vorstellen, wo ein Territorium (vor allem ein geographisch getrenntes, z. B. eine Insel) sich für eigenständig erklärt - der "alte Besitzerstaat" das aber nicht anerkennt. Aber trotzdem keine aktiven Versuche macht, die Kontrolle wieder zu erringen.

Völlig unabhängig von der Anerkennung durch andere Staaten ist so eine Neugründung dann aber selber ein Staat, einfach durch die Macht des Faktischen.

Wære es grundsætzlich mit dem Vølkerrecht vereinbar, wenn sich z.B. eine Stadt in D unabhængig machen wuerde?
Das Völkerrecht wäre da nicht das Problem - aber die deutschen Gesetze.
 
Jein.
Dann gäbe es Beispiele wie Somalia, wo sich der "Alteigentümerstaat" aufgelöst hat. Da wäre es wohl legitim, wenn sich eine Region als neuer Staat konstituiert.

Das bizarrste Beispiel ist wohl das Westjordanland. Völkerrechtlich ist das eigentlich Niemandsland.
Der letzte völkerrechtliche Eigentümer war das Osmanische Reich. Nach dessen Untergang wurde es von Großbritannien als Völkerbundsmandat verwaltet - aber nie in Besitz genommen.
1947 gehörte es zu den Gebieten, die die UN für einen zu gründenden arabischen Staat vorsah - dieser Staat wurde aber nie gegründet.
Anschließend wurde es von Jordanien annektiert, mit sehr zweifelhafter Rechtsgrundlage - ist inzwischen auch uninteressant, weil Jordanien 1988 wieder auf das Gebiet verzichtete.
Seitdem ist die Region rein staatsrechtlich herrenlos. Die dort wohnenden Bevölkerungsgruppen könnten im Prinzip nach Belieben irgendwelche Staaten gründen - de facto können sie es natürlich nicht, aber das hat andere Gründe, und den Nahost-Konflikt wollen wir hier nicht diskutieren.


Das ist zwar üblich und sinnvoll, aber nicht immer der Fall.
China hat Taiwan auch nach 60 Jahren noch nicht anerkannt.
Auch sonst lassen sich Beispiele vorstellen, wo ein Territorium (vor allem ein geographisch getrenntes, z. B. eine Insel) sich für eigenständig erklärt - der "alte Besitzerstaat" das aber nicht anerkennt. Aber trotzdem keine aktiven Versuche macht, die Kontrolle wieder zu erringen.

Völlig unabhängig von der Anerkennung durch andere Staaten ist so eine Neugründung dann aber selber ein Staat, einfach durch die Macht des Faktischen.


Das Völkerrecht wäre da nicht das Problem - aber die deutschen Gesetze.


Demnach war die DDR auch so ein Gebilde.
Fällt mir noch ein, Südrhodesien, das jetzige Simbabwe, einseitige Unabhängigkeitserklärung der Weißen.

Aber Palästina, das prägnante Beispiel, wie die nicht einzulösenden Versprechen der Entente im 1. WK den Weltfrieden bis heute gefährden.
 
Wie steht es eigentlich um dieses seltsame "Projekt" in ?Brandenburg?, glaub ich? Da wurde doch dieses oder letztes Jahr genauso einen Möchtegern-Staat gegründet.

Zum Staatsgebiet: Interessant ist dabei die Frage um künstliche Landflächen in internationalen Gewässern, bspw Borhinseln. Und auch Sealand liegt doch auf einer künstlichen Insel, wenn ich das richtig erinnere?

P.S.: Wer weiß, wann es die ersten anerkannten Länder im Cyberspave gibt; könnte mir vorstellen, dass sich das mit dem Staatsterritorium in den nächsten 100 Jahren erledigt (würd aber auch kein Geld darauf verwetten; naja, nicht viel zumindest...).
 
Was steht eigentlich auf Hochverrat in Deutschland? Wære es grundsætzlich mit dem Vølkerrecht vereinbar, wenn sich z.B. eine Stadt in D unabhængig machen wuerde?

Da frag mal die Bayernpartei. :D

Reinecke
...
Zum Staatsgebiet: Interessant ist dabei die Frage um künstliche Landflächen in internationalen Gewässern, bspw Borhinseln. Und auch Sealand liegt doch auf einer künstlichen Insel, wenn ich das richtig erinnere?

Infos zu Sealand im ersten Beitrag.

Bdaian

Es gibt ja einige solche Spaßprojekte die eine erstaunliche Lebensdauer entwickeln: Welcome To The Conch Republic - Key West

Oh ja die Conch Republik und der Krieg gegen die USA :D Classic.

Krass finde ich eigentlich wie die Freie Rebublik Wendeland von Staatsgewalt her niedergeschlagen wurde.
Ich denke wenn man es ignoriert hätte, hätte es womöglich keine weiteren Auswirkungen gehabt.

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Lustig finde ich auch die Republik Kugelmugel in Österreich.
Kugelmugel ? Wikipedia

Ein Kugelförmiges Haus auf dem Prater, das sich als unabähnig betrachtet und Pässe ausstellt. :D wobei das wohl eher Künstlerprotest ist.
 
Krass finde ich eigentlich wie die Freie Rebublik Wendeland von Staatsgewalt her niedergeschlagen wurde.
Ich denke wenn man es ignoriert hätte, hätte es womöglich keine weiteren Auswirkungen gehabt.

Doch: Die Arbeiten an der "Tiefbohrstelle 1004" zur Erkundung einer möglichen Atommüll-Lagerstelle hätten nicht weitergehen können, lag die "Republik" doch genau auf dem Gelände der Baustelle.
 
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