Gibt es einen Zusammenhang zw. Christentum und Demokratie?

Die mittel-/westeuropäische Hexenverfolgung ab Ende 15. Jh., der werdende Rassismus, die tendenziell wachsende Negation weiblicher Kompetenzen und geistiger Fähigkeiten ist wesentlich mit der Antikenrezeption im Frühhumanismus und in der Renaissance verbunden.

Die Basis des
  • Republik-Gedankens
  • der Demosherrschaft
  • der Polis-Selbstverwaltung
  • des Individualismus und dessen Rechte und Pflichten
waren bereits antik fundiert gewesen; die intensive europäische/süd-/west-/mitteleuropäische Antikenrezeption ab dem späten 14. Jh. in Verbindung mit der kolonialen, überseeischen Expansion erneuerte die antik schon vorhandenen Ambivalenzen.

Da @andreassolar offensichtlich nicht gewillt ist, Fragen zu beantworten, möchte ich daher die Frage in den Raum stellen: Weiß jemand, worauf er sich bezieht? Ist die Kausalkette von Antikenrezeption zu sozialen Fehlentwicklungen (Rassismus, Misogynie usw.) eine gängige Hypothese?
Ich verstehe das nicht unbedingt als Kausalkette. Aber wir haben einerseits die attische Demokratie (und wohl auch noch einige weniger gute belegte Demokratien mehr unter den griechischen poléis) und die römische res publica als verfasstes Staatswesen mit - theoretischer - Beteiligung aller freien Bevölkerungsgruppen (sofern sie männlich waren), andererseits aber auch Metoiken, Barbaren und das Institut der Sklaverei. Mit der Entdeckung Amerikas kamen nun neue Barbaren hinzu, nämlich die indigenen Völker, die gewissermaßen so etwas wie einen Metoiken-Status in ihrem eigenen Land bekamen, geduldet, aber ohne volle Rechte und aus den afrikanischen Gegenden holte man sich Sklaven (biblisch gerechtfertigt durch den Fluch des Noah über den Sohn des Ham, Kana'an), welche die in Besitz genommenen Länderein bewirtschaften sollten.
 
Der Entrechtung der Indigenen traten Isabella von Spanien und später Karl V. durchaus entgegen, ineffektiv zwar, aber unter (und das erscheint mir hier maßgeblich) dem Verweis einerseits auf christliche Dogmen und andererseits auf die Tatsache, dass sie als Monarchen eine Verantwortung gegenüber ihren Untertanen empfanden. Zugegeben, mein Wissen über die Frühneuzeit und den späteren Verlauf der Kolonialisierung beider Amerikas nach der Renaissance ist begrenzt, aber mir ist nicht bekannt, dass irgendeine europäische Obrigkeit oder eine ausführende Kraft von Kolonialbestrebungen (wie z.B. Columbus selbst) jemals ihr Tun und Lassen mit "antiken" Denkmustern gerechtfertigt hätten.
 
Nun ja, man hat Encomiendas eingerichtet. Die Idee war, dass die Indigenen (nach europäischem Muster) unter Anleitung des Encomendero, den man sich als so etwas ähnliches wie einen Feudalherren vorstellen muss arbeiteten und in der arbeitsfreien Zeit im christlichen Glauben unterwiesen wurden. Ich denke, dass die Katholischen Könige (RRCC) dies in bester Absicht so einrichteten, aber das ist natürlich ein System - und die Americas lagen nun mal auch außerhalb des effektiven Kontrollbereichs der RRCC - das zu Missbrauch geradezu einlädt.

Ich weiß nicht genau ab wann, ich denke aber erst in der Bourbonenzeit, weiß es aber nicht genau, wurden die Indianergebiete (zumindest in Yucatán) auch als Repúblicas bezeichnet. Ich habe nie ganz verstanden, wie viel Autonomie mit diesem república-Begriff tatsächlich verbunden war.
 
Ist die Kausalkette von Antikenrezeption zu sozialen Fehlentwicklungen (Rassismus, Misogynie usw.) eine gängige Hypothese?
Zumindest bei der Misogynie dürfte es anhand Antikenrezeption keine Fehlentwicklung gegeben haben – die war wohl schon von Anfang an da: Der (physisch) Stärkere (Mann) kann Schwächere (Frauen) immer dominieren, sprich von der Macht fernhalten; er muss das nicht einmal begründen. Und wenn Frauen doch einmal zur Macht gelangten, dann hatte das dynastischen Gründe oder der Glanz ihres Mannes färbte auf seine Frau/Tochter ab.
 
Und wenn Frauen doch einmal zur Macht gelangten, dann hatte das dynastischen Gründe oder der Glanz ihres Mannes färbte auf seine Frau/Tochter ab.
Das ist mir zu einfach. Natürlich waren Frauen in den meisten Zeiten und fast allen Kulturen, über die wir eine solche Aussage treffen können, eher benachteiligt. Dennoch hat es in der Geschichte immer wieder Frauen gegeben, die - natürlich als Teil einer Dynastie, aber eben oft auch gegen diese - aus eigener Kraft zu einer Machtposition kamen. Nun muss man nicht denken, dass etwa das Ägypten der Kleopatra (das Ägypten von Kleopatra VII.) oder das elisabethanische England plötzlich keine patriarchalen Systeme mehr gewesen wären, das blieben sie trotz starker Herrrscherinnen. Kleopatra war nicht als Herrscherin Ägyptens vorgesehen. Sie setzte sich gegen ihren Bruder durch (freilich mit Hilfe Caesars), klar, Elisabeth I. war nach dem Tod ihrer beiden älteren Geschwister die Thronerbin - aber sie war doch auch mehr - wir sprechen nicht umsonst vom elisabethanischen Zeitalter. Elizabeth I. versagte sich der dynastischen Pflichten und setzt James VI. von Schottland, den Sohn der von ihr ermordeten(? zumindest hingerichteten) Mary Stuart ein, der als englischer König James I. war. Dessen Großmutter, die Französin Mary de Guise sicherte ihrer Tochter Mary den Thron Schottlands. Mary war ja kaum 6 Tage alt, als ihr Vater, James V., an einer Krankheit starb - sein Tod wird immer mit der Niederlage der Schotten in einer Schlacht gegen die Engländer in Verbindung gebracht und es wird oft gesagt, er sei aus Gram gestorben, ich halte das für Blödsinn - es war Marie de Guise, die 19 Jahre lang die Geschicke Schottlands leitete und die Königinnenherrschaft ihrer Tochter sicherte. Ganz ähnlich im Übrigen Marys Schwiegermutter, Katharina von Medici, welche ihren Söhnen die Herrschaft über Frankreich sicherte.
Was wäre aus Otto III. geworden, wenn dessen Mutter Theophanu und Großmutter Adelheid nicht die Geschicke des Reiches gelenkt hätten?
Isabell von Kastilien war ebensowenig designierte Thronfolgerin, sie setzte sich gegen ihren Bruder und dessen Tochter durch, streute das Gerücht, dass ihre Nichte nicht die Tochter ihres Bruders sei, sondern die eines gewissen Beltran, weshalb ihre Nichte bis heute als la Beltraneja in der spanischen Historiographie präsenter ist, als unter ihrem richtigen Namen (den ich jetzt tatsächlich nachschlagen müsste). Die Herrschaft der Reyes Católicos, also Isabells von Kastilien und Ferdinands von Aragón wird auch nach Isabell das isabellinische Zeitalter genannt, die spanische Spätgotik ist als isabellinischer Stil bekannt.
Auch Boudicca war zwar Witwe eines keltischen Königs, aber sie war - was ihr Mann laut Tacitus nicht war (ein War Lord) - eine War Lady. Nachdem ihr Mann den Kampf gegen die Römer vermieden hatte, um seine Herrschaft wenigstens in Teilen zu bewahren und die römische Soldateska sie und ihre Töchter misshandelte, schwang sie sich zur Führerin eines Aufstands der Briten gegen die Römer auf, der die Römer das Fürchten lehrte. Auch die keltische Gesellschaft begegnet uns eigentlich als patriarchal - aber es ist Boudicca, die uns bekannt ist, der britische Aufstand ist nach ihr benannt, sie steht in einer Quadriga an der Themsebrücke gegenüber den Houses of Parliament.
All diese Frauen sind natürlich als Töchter oder Ehefrauen (und Mütter) Teil von Herrscherdynastien gewesen. Dass sie aber vom Glanz ihrer Männer und Väter profitiert hätten, kann man nicht sagen. Sie setzten sich in einer Männerwelt erfolgreich durch, oft gegen den Wunsch ihrer Verwandten oder auch von mächtigen Teilen des Hochadels.

Das sind natürlich alles Ausnahmen, es wäre falsch, aus diesen Ausnahmen die Schlussfolgerung zu ziehen, dass es einfach oder normal für Frauen gewesen sei, in Machtpositionen zu kommen. Dennoch kann man das nicht auf eine einfach Formel runterbrechen, dass, wenn Frauen an die Macht kamen, sie bloß vom Glanz ihrer Ehemänner oder Väter profitiert hätten.
 
Elisabeth I. war nach dem Tod ihrer beiden älteren Geschwister die Thronerbin - aber sie war doch auch mehr - wir sprechen nicht umsonst vom elisabethanischen Zeitalter.
Vor allem bedeutete der Umstand, dass eine Frau qua Dynastie formal Thronerbin oder Regentin sein konnte, ja nicht automatisch, dass diese so getroffene Regelung in praxi denn auch von allen akzeptiert wurde, des Öffteren führte sowas dann ja zum Auftreten anderer Thronprätendenten (in der Regel aus Nebenlinien der gleichen Dynastie, so dass Abstamung da nicht mehr unbedingt ein Legitimationsbonus war) oder zum Aufbegehren irgendwelcher Granden, die sich mit den Verhältnissen nicht abfinden wollten.

Als Karl VI. 1740 stirbt, ist qua der pragmatischen Sanktion Maria-Theresia v. Habsburg die offizielle Nachfolgerin, aber natürlich erheben sofort wegen verwandtschaftlicher Verhältnisse die Herzöge von Bayern und Sachsen Ansprüche und die neue Herrscherin hatte mehr oder minder sofort den Österreichischen Erbfolgerieg gegen halb Europa durchzukämpfen, um sich auch halten zu können.

Maria de Medici und Anna v. Österreich, übten in Frankreich zwar nie als Königinnen, sondern lediglich als Regentinnen für minderjährige Söhnen der verstorbenen Könige politische Macht aus, aber das wurde in beiden Fällen natürlich von entsprechenden Adelscliquen in Form offener Aufstände herausgefordert.

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Und wenn Frauen doch einmal zur Macht gelangten, dann hatte das dynastischen Gründe oder der Glanz ihres Mannes färbte auf seine Frau/Tochter ab.

Beim Thema "Dynastie" kommt ja auch noch hinzu, dass es ja durchaus Herrschaftssysteme gab, die ein wenig anders funktionierten, als das dynastische Modell, dass sich in Europa durchgesetzt hatte, wo es für den Herrscher exakt eine legitime Ehepartnerin gab (es sei denn, diese verstarb und es wurde erneut geheiratet) und wo lediglich Nachkommen aus dieser Verbindung nachfolgeberechtigt waren und sich in Teilen entsprechend komplizierte Nachfolgeregelungen herausbildeten, die als legitim anerkannt werden konnten.

Im Osmanischen Reich oder in China funktionierte das mitunter etwas anders, wie auch die Aushandlung von Macht unter den verschiedenen, in diesen Reichen mehr oder minder institutionalisierten Hofparteien, die sich deutlich von den Adelsfraktionen der europäischen Höfe unterschieden.
Vor allem im Osmanischen Reich, in dem es keine eindeutige Nachfolgeregelung gab und verschiedene Söhne eines verstorbenen Herrschers (mit verschiedenen Frauen) als Nachfolger in Frage kamen, gab es mitunter sehr heftige Machtkämpfe, in denen vor allem auch die Mütter der Prätendenten eine nicht unwesentliche Rolle spielen konnten.
Es gab in der Geschichte des Osmanischen Reiches, eine ganze Reihe Sultansmütter, die im 16. und 17. Jahrhundert, als es eine Reihe schwacher bis nicht wirklich regierungfähiger Sultane gab, eine enormme Machtfülle entwickelten, ohne Formal selbst Herrscherinnen zu sein und ohne selbst durch eine dynastische Nachfolgeregelung im europäischen Sinne an die Macht gebracht worden zu sein.
Zum Teil hatten umgekehrt, sie ihre Söhne auf den Thron gebracht und gegen andere Prätendenten durchgesetzt.
 
Zuletzt bearbeitet:
Vor allem bedeutete der Umstand, dass eine Frau qua Dynastie formal Thronerbin oder Regentin sein konnte, ja nicht automatisch, dass diese so getroffene Regelung in praxi denn auch von allen akzeptiert wurde, des Öffteren führte sowas dann ja zum Auftreten anderer Thronprätendenten (in der Regel aus Nebenlinien der gleichen Dynastie, so dass Abstamung da nicht mehr unbedingt ein Legitimationsbonus war) oder zum Aufbegehren irgendwelcher Granden, die sich mit den Verhältnissen nicht abfinden wollten.

Als Karl VI. 1740 stirbt, ist qua der pragmatischen Sanktion Maria-Theresia v. Habsburg die offizielle Nachfolgerin, aber natürlich erheben sofort wegen verwandtschaftlicher Verhältnisse die Herzöge von Bayern und Sachsen Ansprüche und die neue Herrscherin hatte mehr oder minder sofort den Österreichischen Erbfolgerieg gegen halb Europa durchzukämpfen, um sich auch halten zu können.
Das gibt es ähnlich auch in Spanien bei Isabell II. Deren Vater, der in Spanien 1814 und nach dem 'Liberalen Jahrdritt' (Trienio liberal) erneut 1823 die Restauration durchführte, war seinem Bruder Carlos nicht absolutistsch genug. Nachdem nach dem Tod Ferdinands VII. Isabell die Königin wurde gab es mehrere Bürgerkriege, die als Guerras Carlistas (Karlistenkriege) bekannt sind, die Carlistas spielten auch noch im Spanischen Bürgerkrieg 1936 - 39 eine Rolle und existieren als Splittergruppe von lokaler Bedeutung bis heute.


Vor allem im Osmanischen Reich, in dem es keine eindeutige Nachfolgeregelung gab und verschiedene Söhne eines verstorbenen Herrschers (mit verschiedenen Frauen) als Nachfolger in Frage kamen, gab es mitunter sehr heftige Machtkämpfe, in denen vor allem auch die Mütter der Prätendenten eine nicht unwesentliche Rolle spielen konnten.
Das würde ich so nicht sagen. Es gab keine Primogenitur, also kein Erstgeburtsrecht. Daher wurden Frauen dem Sultan nur so lange zugeführt, wie sie ihm keinen Sohne geboren hatten; sobald der Sultan von einer Frau einen Sohn hatte, wurde sie ihm nicht mehr zugeführt, denn es wurde erwartet, dass die Söhne des Sultans, miteinander in Konkurrenz um die Herrschaft traten und der Überlebende am Ende die Herrschaft des Vaters übernahm. So sollten Bürgerkriege verhindert werden und die Thronprätendenten nicht in die Not kommen ihren Bruder auch mütterlicherseits zu meucheln. Süleyman der Prächtige brach mit dieser Regel und hatte mit seiner Frau Roxolane, die er wohl aufrichtig liebte, mehrere Kinder und Söhne. Und es passierte genau das, was das System verhindern sollte: Nach dem Tode Süleymans kam es zu Bürgerkriegen zwischen seinen und Roxolanes Söhnen.
 
All diese Frauen sind natürlich als Töchter oder Ehefrauen (und Mütter) Teil von Herrscherdynastien gewesen. Dass sie aber vom Glanz ihrer Männer und Väter profitiert hätten, kann man nicht sagen. Sie setzten sich in einer Männerwelt erfolgreich durch, oft gegen den Wunsch ihrer Verwandten oder auch von mächtigen Teilen des Hochadels.
@El Quijote eine kleine Zwischenfrage (auch wenn Sultane und Herrscherinnen nicht direkt auf einen Zusammenhang zwischen Christentum und Demokratie deuten) : wie schätzt du die Regentin Amalaswintha im Ostgotenreich ein?
 
Ich dachte eher daran, dass es ihr nicht gelang, ihre Vorstellungen zu ihrem Sohn durchzusetzen.
Und das war "am Ende"? Ich dachte, "am Ende" war für Amalaswintha nach dem Tod ihres Sohnes, für den sie die Regentschaft ausübte, ein gewisser Theodahad weitaus wirkmächtiger... - - aber wie auch immer: woher soll ich wissen, was du dachtest und umgekehrt.
...und sowieso: die Ostgotenische war ja nur Arianerin und hat keine Lanze für demokratische Verhältnisse gebrochen ;)
 
Während sich die alten Römer relativ früh von ihren Königen verabschiedeten, sprich keine Könige mehr duldeten, haben sich die sog. Barbaren, d.h. die anderen europäischen Völker, bis ins 18. Jahrhundert von ihren Königen regieren lassen und für sie in den Erbfolgekriegen gestorben, die für die Regierten kaum Bedeutung hatten – es war oft egal, wer sie regierte.

Es war wohl das Christentum, das die Monarchien förderte und damit Demokratie verhinderte. Oder wie sonst ist der Spruch des Glaubenskriegers Karl den Großen* "ein Gott, eine Kirche, ein Glaube, ein Reich" und in der Folge ein Reichsoberhaupt zu verstehen?

* Schon Konzil von Nicäa – oder war’s Konstantin der Große? – legte fest: "Ein Gott, ein Reich, eine Kirche".
 
Während sich die alten Römer relativ früh von ihren Königen verabschiedeten, sprich keine Könige mehr duldeten, haben sich die sog. Barbaren, d.h. die anderen europäischen Völker, bis ins 18. Jahrhundert von ihren Königen regieren lassen und für sie in den Erbfolgekriegen gestorben, die für die Regierten kaum Bedeutung hatten – es war oft egal, wer sie regierte.

Es war wohl das Christentum, das die Monarchien förderte und damit Demokratie verhinderte.

Und die römischen Kaiser vor Konstantin? Die ägyptischen Pharaonen? Die Herrscher der Sumerer, Babylonier, Assyrer, die persischen Großkönige? Der Kaiser von China? Sie alle hatten mit dem Christentum nichts am Hut. Waren diese Reiche also Demokratien? Gab es dort keine Erbfolge- und Bürgerkriege?
Wenn man in einem Geschichtsforum aktiv ist, sollte man doch wissen, dass eine monarchische Staatsform nun wirklich kein Spezifikum des christlichen Abendlandes ist.

LG Frederuna
 
Wenn man in einem Geschichtsforum aktiv ist, sollte man doch wissen, dass eine monarchische Staatsform nun wirklich kein Spezifikum des christlichen Abendlandes ist.
Natürlich nicht, und das, was du mir hier unterstellst, habe ich auch nicht gesagt. Sondern dass das Christentum monarchische Staatsform förderte.

Wenn man in einem Geschichtsforum aktiv ist, sollte man doch wissen, dass genaues Lesen die Vorasusetzung für eine Diskussion ist. :)

Demokratie im christlichen Deutschland konnte sich z.B. erst entwickeln, nachdem die Kirchen an gesellschaftlichen und politischen Einfluss verloren haben. Siehe dazu auch mein Statement zu der evangelischen Kirche #177.
 
Während sich die alten Römer relativ früh von ihren Königen verabschiedeten, sprich keine Könige mehr duldeten, haben sich die sog. Barbaren, d.h. die anderen europäischen Völker, bis ins 18. Jahrhundert von ihren Königen regieren lassen und für sie in den Erbfolgekriegen gestorben, die für die Regierten kaum Bedeutung hatten – es war oft egal, wer sie regierte.
Naja, die Römer kehrten ja schließlich mit Augustus zur Monarchie zurück und nannten ihre Herrscher halt nicht mehr reges, sondern caesares et augusti, hatten auch wenig Probleme mit dem Königstitel in ihren Klientelstaaten. Und wenn man dann sagt "die anderen europäischen Völker" hätten sich "bis ins 18. Jhdt. von ihren Königen regieren lassen", für wen nimmt man dann eigentlich in Anspruch, die Nachfahren der Römer zu sein? Im HRR beanspruchte man das ja für sich.
Wer sind die Nachfahren der Römer? Die Sprecher der romanischen Sprachen? Da sehe ich - neben den norditalienischen Republiken - in Italien, in Frankreich und in Spanien .... Könige.

Auch bei den "Barbaren" war erst das Königtum da. Die Christianisierung lief - in der offiziellen Geschichtsschreibung zwar von oben nach unten (Chlodwig ließ sich taufen und dann waren die Franken christlich) - aber das darf man wohl kaum so sehen. Königtum war Gefolgsschaftswesen und wenn dem König die Gefolgschaft versagt wurde - was oft genug in der Geschichte vorkam - dann wurde er im besten Fall vergessen, im weitaus häufigeren Fall ermordet, und wenn er zweifelhaftes Glück hatte - nach der Christianisierung - "nur" geblendet und ins Kloster gesteckt.
 
Königtum war Gefolgsschaftswesen und wenn dem König die Gefolgschaft versagt wurde - was oft genug in der Geschichte vorkam - dann wurde er im besten Fall vergessen, im weitaus häufigeren Fall ermordet, und wenn er zweifelhaftes Glück hatte - nach der Christianisierung - "nur" geblendet und ins Kloster gesteckt.
(und die Haare bekam er geschoren, war wohl ein merowingischer Brauch beim Könige im Abseits parken)
 
(Chlodwig ließ sich taufen und dann waren die Franken christlich)
Ich habe ja den Verdacht - den ich nicht belegen kann - dass die Franken eigentlich vor Chlodwigs Taufe keine Heiden, sondern arianische Christen waren und aus Gründen der Opportunität (mehrheitlich katholische Untertanen) und Opposition zu Theoderich dem Großen, der die arianischen Könige durch Heirats- und Adoptiuonspolitik zu dominieren versuchte, vom arianischen zum katholischen Bekenntnis wechselten.

(und die Haare bekam er geschoren, war wohl ein merowingischer Brauch beim Könige im Abseits parken)
Zur Erklärung: Das Scheren der Haare, auf das Dekumatland hier Quellen paraphrasierend anspielt, ist die Metapher für das Abschieben ins Kloster (> die Abgeschobenen bekamen eine Tonsur).
 
Ich habe ja den Verdacht
Das wird ausführlich in einem RGA Ergänzungsband beleuchtet inklusive der Chlodwig Taufe und Schlacht bei Zülpich.
Das Tonsur scheren war für die merowingischen "Capillati" angeblich zusätzlich demütigend, aus mir nicht einleuchtenden Gründen war hohen Merowingern die Haartracht sehr wichtig (wie heute in entsprechend rüden Kreisen die Frisuren auch) ;)
 
Während sich die alten Römer relativ früh von ihren Königen verabschiedeten, sprich keine Könige mehr duldeten, haben sich die sog. Barbaren, d.h. die anderen europäischen Völker, bis ins 18. Jahrhundert von ihren Königen regieren lassen und für sie in den Erbfolgekriegen gestorben, die für die Regierten kaum Bedeutung hatten – es war oft egal, wer sie regierte.
Also zunächst mal unterschlägst du vollständig, dass die Römer denn auch diejennigen gewesen sind, die dann nach den Krisen der Republik wieder zur Monarchie zurückehrten. Ob der Monarch nun den Titel eines "Rex", eines "Princpes" oder eines "Imperator", ist ja am Ende reine Wortklauberei.

Die Vorstellung, dass Erbfolgekriege für die Regierten keine Bedeutung gehabt hätten, ist weit gefehlt, weil selbst in Erbmonarchien die Sprossen der vorherigenn Herrscher in der Regel nur dann annerkannt wurden, wenn sie bereit waren zu beschwören, dass unter ihnen die althergebrachten Rechte in diesen Gebieten unangetastet blieben.
Von dem her machte es, im Besonderen für die Oberschichten durchaus einen Unterschied, wer da regierte. Ein König oder was auch immer, dessen Nachfolge sie gebilligt und der ihre Rechte anerkannt hatte, oder aber möglicherweise ein Usurpator, der dazu nicht bereit war, oder anders herum im Falle seiner Akzeptanz als Herrscher möglicherweise sogar bereit war bestehende Rechte und Privilegien auszuweiten um sich Unterstützung zu kaufen, machte natürlich einen Unterschied.

Auch die einfache Bevölkerung konnte daran duchaus ein Interesse haben, z.B. wenn im 16. und 17. Jahrhundert verschiedene Prätendenten verschidenen religiösen Ansichten folgten und die Möglichkeit bestand, dass diese versuchen würden, dass auch bei ihren Untertanen durchzusetzen.

Es war wohl das Christentum, das die Monarchien förderte und damit Demokratie verhinderte. Oder wie sonst ist der Spruch des Glaubenskriegers Karl den Großen* "ein Gott, eine Kirche, ein Glaube, ein Reich" und in der Folge ein Reichsoberhaupt zu verstehen?
Wenn das pöse pöse Christentum die Demoratie verhinderte, dann müsstest du jetzt zunächst mal erklären, warum die außerchristliche Welt nicht en Masse Demokratienn hervorbrachte, wo sie doch dort nicht durch das Christentum behindert wurden?

Und dass das Christentum per se auf die Förderung von Monarchien hinausgelaufen wäre, ist auch nicht zutreffend. Es bildeten sich bereits im Mittelalter diverse Stadtrepubliken heraus und in der FNZ begannen sich mit der Schweiz und den Niederlanden auch durchaus auch größere monarchiefreie Zonen in Europa herauszubilden.
Die waren zwar nicht im modernen Sinne demokratisch, aber Bereit Monarchen und vor allem Monarchen mit Absolutheitsanspruch zu akzeptieren, waren diese auch nicht so ohne weiteres.

Die Kirchen haben aber gegen diese Entwicklung republikanischer Körperschaften, die eine Monarchie ausschlossen, in der Regel nichts unternommen, ausgenommen da, wo diese Entwicklung die direkte Herrschaft der Kirche durch eine solche Entwicklung in Gefahr war, wie z.B. im Fall Kölns, wo dann der Versuch der städtischen Oberschichten sich selbstständig zu machen mit dem Herrschaftsanspruch des Erzbischofs kollidierte.

Funfact: das endete damit, dass der Erzbischof den Kürzeren zog und die Bürger Kölns die Anerkennung als Freie Reichsstadt durchsetzen konnten.
Mit der Konsequenz, dass der Erzbischof von Köln in der Stadt köln selbst als stadtfremde Person galt und um Erlaubnis nachsuchen musste, wenn er Köln selbt betreten wollte.

Natürlich nicht, und das, was du mir hier unterstellst, habe ich auch nicht gesagt. Sondern dass das Christentum monarchische Staatsform förderte.
Was durchaus nicht unbedingt zutreffend ist.

Z.B. hat das Papsttum durchaus die schweizerische Eidgenossenschaft immer sehr dadurch gefördert schweizerische Söldner anzuwerben und die Kantone, aus denen diese Leute kamen durchaus ordentlich dafür zu entlohnen, dass sie Truppen stellten.

Die Päste hatten auch nie irgendwelche Probleme damit sich mit den italienischen Stadtrepubliken gegen die Römisch-Deutschen Kaiser zu verbünden.

Wenn man in einem Geschichtsforum aktiv ist, sollte man doch wissen, dass genaues Lesen die Vorasusetzung für eine Diskussion ist. :)
Dann frage ich mich, warum dir das nach jahrelanger Aktivität noch nicht zu Bewusstsein gekommen ist, jedenfalls lieferst du regelmäßig Beispiele dafür, dass du es nicht beherzigst.

Demokratie im christlichen Deutschland konnte sich z.B. erst entwickeln, nachdem die Kirchen an gesellschaftlichen und politischen Einfluss verloren haben. Siehe dazu auch mein Statement zu der evangelischen Kirche #177.
Demokratie hat sich vor allem deswegen in Deutschland relativ langsam entwickelt, weil sich die Monarchen in den Deutschsprachigen Gebieten in der Regel so zu verhalten wussten, dass die Bevölkerung damit leben konnte.
Warum z.B. Monarchen abservieren, die sich durchaus für soziale Verbesserungen einsetzen, wie es etwa die letzten 3 Preußenkönige getan hatten, wenn auch sicherlich mit dem Kalkül sich auf diese Weise den Thron zu erhalten?

Die Briten haben ihre Monarchie um 1700 herum de facto entmachtet und dulden sie deswegen bis heute, in Preußen hat die Monarchie Konsequenzen aus der französischen Revolution gezogen und sich in einer Weise verhalten, die in der Bevölkerung mitunter durchaus populär war.
Hätten die Französischen Könige, statt durch Kriege am anderen Ende der Welt ihr Land zu überschulden und die Staatsfinanzen dadurch und durch einen ausufernden Ämterverkauf zu ruinieren, stattdessen ihre Energien darein investiert Regierungen zu stützen, die dem Verhalten des Wirtschaftsbürgertums in Sachen Arbeitsbedingungen grenzen gesetzt hätte und hätten sie stattdessen Rentensysteme und Krankenversicherungen eingeführt, wie das 100 Jahre später die Hohenzollern taten, wären sie auch nicht wegrevolutioniert worden.

Sowohl König Louis Phillippe, als auch Napoléon III. verhielten sich als Monarchen Frankreichs z.T. klug genug, dass sie für die Bevölkerung auch im 19. Jahrhundert akzeptierbar waren.
Möglicherweise wäre Frankreich eine Monarchie geblieben, wenn es nicht 1870/1871 in den Krieg mit den deutschen Staaten geschlittert und der Monarch dabei inn Gefangenschaft geraten wäre.
 
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