Eine der Grundannahmen für diese Hypothese, die Milford H. Wolpoff mit seinem australischen Co-Autor Alan G. Thorne 1992 und dann erneut 2003 auf Englisch und deutsch publizierte, unterstellt, dass die
Out-of-Africa-Theorie unglaubwürdig sei: „Wir haben Schwierigkeiten mit der Behauptung, daß eine einzige Gruppe von Jägern und Sammlern weltweit alle anderen Menschengruppen in recht kurzer Zeit – beginnend vor etwa 200.000 Jahren – vollkommen abgelöst habe.“ 1994 wurde diese Grundannahme noch zugespitzter formuliert; demnach belegen die Funde, dass „die frühesten 'modernen' Menschen keine Afrikaner sind und nicht die Gruppe an Merkmalen aufweisen, die die Afrikaner jener oder irgendeiner anderen Epoche charakterisieren.“ Eine zweite Grundannahme wurde von einer Beobachtung in der Gegenwart abgeleitet und lautet: „Heutige Bevölkerungen behalten ihre physischen Besonderheiten bei, trotz Migration und Vermischung. So war es aber immer, solange der Mensch Europa und Asien bewohnt“, konkret, seitdem „Menschen vor mindestens einer Million Jahren erstmals Afrika verließen.“ Vor dem Hintergrund dieser Grundannahmen ist es möglich, zu erklären, warum die
Homo-Populationen in Afrika, Asien, Australien und Europa einerseits über hunderttausende Jahre getrennt voneinander lebten und unterschiedliche körperliche Merkmale entwickeln konnten, „die bis in die heutige Zeit überdauert haben“, obwohl „ein so starker Genaustausch zwischen den Gruppen statt [fand], daß die Menschen als eine einzige Art bestehengeblieben sind.“
(...)
Ausgehend von diesen Grundannahmen werden die der Gattung
Homo zugeschriebenen Fossilien von den Vertretern der Hypothese eines multiregionalen Ursprungs des modernen Menschen interpretiert. Hierzu veröffentlichten Wolpoff, Wu und Thorne 1984 eine längere Liste morphologischer Merkmale, die insbesondere für die früheren und die heutigen Menschen im Gebiet von China typisch seien. „Diese Zusammenstellung stützt sich großenteils auf Beschreibungen des Frankfurter Anthropologen
Franz Weidenreich, der in China während der 1930er und frühen 1940er Jahre die Relikte des
Peking-Menschen analysiert hatte.“ Im Ergebnis werden weder für Ostasien (fossiler
Homo: Peking-Mensch) noch für Indonesien (fossiler
Homo:
Java-Mensch) anatomische „Anzeichen dafür [gefunden], daß in diesen Regionen jemals für Afrika charakteristische Merkmale die vormals dort typischen ersetzt hätten.“ Auch die
Zhirendong-Funde wurden in diesem Sinne interpretiert.
Die gleiche Kontinuität – der gleitende Übergang von
Homo erectus zu
Homo sapiens, weitgehend unabhängig voneinander in mehreren Regionen – wurde 1992 und erneut 2003 von Thorne und Wolpoff auch aus in Europa entdeckten Fossilien abgeleitet. Als Beleg hierfür könne beispielsweise der rund 70.000 Jahre alte, späte
Neandertaler von
La Ferrassie gelten, der – im Unterschied zu älteren Neandertalern – „einen leichten Kinnvorsprung“ aufweist, ein Merkmal, das als typisch für den
frühen Homo sapiens gilt.