@silesia: "Wirtschaftliche Mythen sehe ich nicht":
Ach ja? Dann geh doch mal versuchsweise auf die Strasse und stell gegenüber einem Zeitzeugen mal die deutsche Leistung beim sogenannten "Wirtschaftswunder" in Frage. Vielleicht mit dem Argument, dass u.A. die "Siegermächte" ohne CCCP ein Interesse daran hatten, dass der Grenzstaat BRD wirtschaftlich erfolgreich war als die DDR (Zum Siegen verdammt, sozusagen) und das man den Exportüberschuss überhaupt nur mit deren Förderung/Einkäufen aufbauen konnte.
Das stösst dann üblicherweise auf heftigen Widerstand, weil es allein deutscher Fleiss und deutsche Leistung gewesen sein müssen, die uns wieder an die Seite der anderen großen Wirtschaftsräume gebracht haben.
Und diese Reaktion wiederum ist für mich ein sanfter Hinweis auf eine Mystifizierung.
Man hätte sie darüber aufklären können, dass die "Schuldfrage"/Reparationen Kehrseite der Medaille "Alleinvertretungsanspruch" (idF Wiedervereinigung) usw. gewesen ist. Das hätten sie vermutlich verstanden.
Dazu würde ich sehr gerne etwas schreiben, es liegt mir auch schon auf der Zunge, aber: So, wie du es schreibst, habe ich es nicht verstanden.
Wofür genau soll die BRD einen "Alleinvertretungsanspruch" gehabt haben? Und vor allem: Welcher angebliche Prozess führte noch mal "in der Folge" - also automatisch - zur Wiedervereinigung?
Kannst du das noch mal etwas genauer ausführen?
@melchior:
Wenn ich nur sicher sein könnte, dass ich mich heute noch mit der Mehrheit der Deutschen auf den Schwur von Buchenwald einigen könnte, wäre ich hinsichtlich der aktuellen Prozesse viel entspannter. Leider verspanne ich mich derzeit eher bei den Fernsehnachrichten.
Faschismus ist nicht die NSDAP, sondern ein besonders in Krisenzeiten erfolgversprechendes System totalitärer Herrschaftsausübung, das nach einem festgelegten Spielplan abläuft. Und dazu gehört - nur als ein kleines Beispiel - die Zusammenlegung der Daten und Erkenntnisse von Polizei und Geheimdiensten. Klingelts?
Danke übrigens für den Link, das liest sich sehr spannend. Auch wenn das MfS darin für die Existenz von Akten zu führenden Nazis aus politischen Gründen gerügt wird, ohne darauf Bezug zu nehmen, dass es offenbar in der BRD keine vergleichbaren Aktenbestände gab - oder sie eben nicht ausgewertet wurden.
Stark verkürzt. Die DDR benötigte in ihrem Selbstverständnis keine Aufarbeitung der Geschichte des III. Reiches, da sie per se die antifaschistische Traditionslinie fortsetzte.
Touché. Da haben wir einen echten "Staatsmythos" der DDR aufgezeigt. Das hilft unserem Schüler Peter zwar nicht in seiner Fragestellung, aber ich würde dir Recht geben. Interessant trotzdem, dass die Vorbildfunktion des antifaschistischen Widerstands nicht im Gegenzug zu mehr Widerstand gegen autoritäre Strukturen in der DDR geführt hat.
Ich muss aber auch feststellen:
Der Spruch "Nazis gab es auch in der DDR" (dooooof...) kommt oft, manchmal auch "in führenden Positionen". Aber ich habe immer noch nicht ein einziges vorzeigbares Beispiel für diese Behauptung gefunden bzw. gezeigt bekommen.
Wenn ich nur die Forschungen zu den einzelnen Behörden in der BRD des letzten halben Jahres nehme, kann ich dir in der BRD hunderte davon zeigen. Und zwar nicht Mitläufer sondern (teilweise: Haupt-)täter.
Und derzeit läuft die Aufarbeitung dieser Tatsache darauf hinaus: Das ging doch garnicht anders, das spielt doch heute keine Rolle mehr, die sind doch alle tot.
Die deutsche Behörde ist aber leider eine sehr traditionsgebundene Einrichtung, und diese heute noch laufenden Traditionen wurden offensichtlich an vielen Stellen durch Faschisten fest gezurrt.
Da entsteht demnach gerade ein Mythos ganz anderen Kalibers.
Man brauchte Antibolschewisten am eisernen Vorhang, und da galt folgsame Planung und Ausführung von Verbrechen gegen Bürger von Polen, Tschechien, Ungarn und besonders der SU als "Schlüsselqualifikation", will mir scheinen.
Adenauer beschäftigt Globke, Kiesinger alleine war mit seiner Karriere schon einfach nur peinlich.
Und beide waren leider keine Mythen.