Wenn die Römer die Herrschaft über dem Mittelmeer hatten, ist es wesentlich problematischer, über See Truppen anzulanden, als sogar eine Wanderung über Pyrenäen oder die Alpen.
Meines Erachtens nach tat er genau das, was man NICHT von ihm erwartet hätte: Denke dich in den Gegner rein, überlege was er machen würde, und mache dann genau das Gegenteil von dem, was er erwarten würde. Das macht einen guten Feldherren aus, besonders einen wie Hannibal.
Allerdings schickten die Römer den Konsul Scipio mit einer Armee und einer Flotte nach Spanien, wobei er den Seeweg von Rom entlang der Küste Liguriens in Richtung Massilia nahm. Wäre Hannibal bei seiner Expedition zur See auf die Flotte Scipios getroffen, so kann man sich - angesichts der Seeschlachten im Ersten Punischen Krieg - den Ausgang denken: Hannibal wäre nie in Italien angekommen, sondern im wahrsten Sinn des Wortes untergegangen.
Hannibal wollte, das war seine erklärte Absicht, den Krieg gleich zu Beginn nach Italien tragen und zwar bevor es den Römern gelang ihr Heer in Iberien zu landen. Hannibal musste den Landweg nehmen, weil weder in Karthago noch in Iberien ausreichende Kapazitäten für einen Transport zur See zur Verfügung standen. In Iberien gebot Hannibal nämlich gerade einmal über 50 Penteren, 2 Tetreren und 5 Trieren und von diesen waren auch noch 18 Penteren und die Tetreren unbemannt. (1)
Ein weiterer nicht zu verachtender Aspekt ist, das Rom zu jener Zeit die vorherrschende Seemacht im westlichen Mittelmeer war. Karthago war zu jener Zeit primär eine Landmacht.
Das sehe ich auch als die wesentlichen Beweggründe an. Freilich lässt sich über das Vorgehen Hannibals nur spekulieren. Polybius und Livius sind ja keine Karthager gewesen und spätestens in der Hannibalausstellung in Karlsruhe wurde mir bewusst, dass wir über die Karthager in der Tat fast mehr ahnen als wissen.
Wie
Beetlebum schon sagte, war der 1. Punische Krieg ein Krieg auch der Flotten gewesen. Deren Debakel und vor allem, dass Karthago damit gegenüber Rom nicht im gewünschten Maß die Oberhand gewann, deutet für mich am allermeisten darauf hin, dass eigentlich der Weg Hannibals zu Lande die einzige Alternative war, wenn er nicht wiederum eine Wiederholung des 1. Punischen Krieges erleben wollte. Hannibal wollte aber mehr, nämlich Rom als gegnerische Macht ausschalten und das konnte nur in Italien geschehen und die Annäherung nach Italien war, da der Seeweg ausschied, jener über die zwei Gebirge. Das mag zwar tollkühn oder nur verwegen erschienen sein, aber war dennoch beinahe die einzige Alternative.
Bei allen Vorteilen eines Eindringens in Italien sehe ich aber auch wie schon manche bemerkten die Stärke der Römer auf eigenem Boden. Die Versorgungswege der Punier wurden ja schon angesprochen.
Der Alexanderzug mag zwar schon damals und vor allem bei den Römern bekannt und berühmt gewesen sein, aber dennoch sehe ich da zwei verschiedene Paar Schuhe. Alexander brach in ein Großreich auf, Rom war erst auf dem Sprung zu einer solchen Stellung. Auch kann man die italienischen Gebiete von der Besiedlung her nicht mit Persien vergleichen. Das Wagnis für Hannibal war aber, wie ich finde, fast ein Größeres. Er war nicht Herrscher eines Reiches in dem Maße wie Alexander zumindest die Makedonen halbwegs zu Gebote standen. Natürlich setzte Alexander in jeder Schlacht sein Leben und die Existenz seiner Armee aufs Spiel, aber er hatte dazu auch einen anderen Hintergrund, zumindest wenn ich mir anschaue wie er dann gezielt die persischen Städte einnahm und die Vorteile der Perser mit ihrer Flotte negierte...
Die wahren Gründe Hannibals für seine Alpenüberquerung werden wir nicht erfahren. Immerhin ist
Beetlebums quellenkritische Sichtweise wohl recht nah dran. Wir können ungefähr annehmen, was geschehen ist. Man kann die Alpenüberquerung Hannibals mit jener anderer Feldherren vergleichen und daraus seine Schlüsse ziehen. Gut, über die militärische Potenz der Bergvölker, welche ihn angegriffen haben, wissen wir wenig.
In meinen Augen, auch wenn ich nicht so viel wie vielleicht
Turgot,
Cato oder
Beetlebum dazu je gelesen habe (und Bücher dazu habe ich derzeit nicht mehr parat), spielte ein Hauptaspekt die Überlegung einfach diesen erfolglosen Kampf um die Küsten und Inseln mit Rom aus dem Wege zu gehen und Rom in die Defensive zu zwingen, so dass es nur noch Hannibals Schläge parieren konnte.
Gibt es denn Untersuchungen von Historikern, welche die Zahlen von Polybius hinterfragen und denen vielleicht andere entgegen stellen? Wie hoch war denn die Zahl der Kämpfer, welche nach realistischeren Schätzungen Hannibal in Spanien zusammenbringen konnnte? Waren darunter vielleicht einige, welche besonders anfällig für Unternehmungen wie eine Alpenüberquerung waren? Die Reiterei wurde ja schon erwähnt. Dennoch war es ja gerade diese, welche sich in Italien daraufhin auszeichnete.