Hat die Inquisitionen je echte Satanisten gejagt?

Griffel

Mitglied
Ich habe da mal eine ganze "einfache Frage". Siehe Überschrift. Soweit ich mich an den Geschichtsunterricht erinnere, gab es im Mittelalter und der Neuzeit eigentlich gar keine Satans jünger im eigentlichen Sinne. Die meisten Leute, welche die Kirche verfolgt hat, waren ja meist unschuldig.

Hat irgendjemand andere Fakten, Fragezeichen.
 
Ich habe da mal eine ganze "einfache Frage". Siehe Überschrift. Soweit ich mich an den Geschichtsunterricht erinnere, gab es im Mittelalter und der Neuzeit eigentlich gar keine Satans jünger im eigentlichen Sinne. Die meisten Leute, welche die Kirche verfolgt hat, waren ja meist unschuldig.

Hat irgendjemand andere Fakten, Fragezeichen.
Was sind "Satansjünger im eigentlichen Sinne"? Und wieso kam das im Geschichtsunterricht vor? (Eigentlich kein Thema des Geschichtsunterrichts, wo die Inquisition allenfalls eine Stunde in der achten Klasse behandelt wird.
Ob die Opfer der Inquisition unschuldig waren oder nicht, ist auch so eine Frage. Deine Prämisse stellt mal wieder das Klischee von der Inquisition vor: Die Leute wurden erst gefoltert und dann verbrannt. Gab es, ohne Frage.
Wir reden aber von drei verschiedenen Inquisitionen:
1.) die mittelalterliche Häretikerverfolgung
2.) die frühneuzeitliche römische Inquisition (welche die Integrität der jüdischen Gemeinden gegen die katholische Mehrheitsbevölkerung schützte)
3.) die frühneuzeitliche spanische Inquisition (welche Neuchristen als Kryptojuden verfolgte, die spanische Inquisition ist es, welche Grundlage für das Klischee ist)

Hinzu kommt:
4.) die frühneuzeitliche Hexenverfolgung, die sich der Methoden der Inquisition bediente, dabei aber regelmäßig Rechtsbrüche in Kauf nahm, vor allem hier kam der Teufel ins Spiel. Diese fand in katholischen wie protestantischen Gebieten statt, teils gegen den Willen der jeweiligen Kirche, teils getrieben von der jeweiligen Kirche (etwa Bamberg) und teils mit dem feigen Mitläufertum der jewieligen Kirche und Landesfürsten.

So wie es scheint, redest du also eigentlich nicht von der Inquisition, sondern von der Hexenverfolgung.

Die römische Inquisition verfolgte z.B. einen katholischen Bischof, der jüdische Kinder hatte entführen lassen (dem passierte nichts weiter, die Kinder kamen zur Hälfte wieder zurück in ihre Herkunftsfamilien, zur Hälfte wurden sie christlich erzogen, ein aus damaliger Sicht wohl salomonisches Urteil, das wir heute als ungerecht empfinden. Ansonsten verfolgte sie u.a. Verbrechen, die an Kirchenleuten, von Kirchenleuten oder auf kirchlichem Grund passierten.
 
Ich habe da mal eine ganze "einfache Frage". Siehe Überschrift. Soweit ich mich an den Geschichtsunterricht erinnere, gab es im Mittelalter und der Neuzeit eigentlich gar keine Satans jünger im eigentlichen Sinne. Die meisten Leute, welche die Kirche verfolgt hat, waren ja meist unschuldig.

Hat irgendjemand andere Fakten, Fragezeichen.
Ab wann ist man denn ein "richtiger Satanist", und wer besitzt die Deutungshoheit darüber?

Reicht für eine "richtige Schwarze Messe" eine Persiflage des Christentums, ein paar umgedrehte Kruzifixe und eine einfache Gotteslästerung oder muss man dazu erst gegen a) das Tierschutzgesetz b) die sexuelle Selbstbestimmung, c) die Totenruhe verstoßen.

Gibt es da Grade der Erkenntnis wie bei den Freimaurern?

Reicht für das kleine Sataninum eine korrekte Paradise Lost Rezitation oder muss dazu erst ein Säugling oder eine Jungfrau geopfert werden?

Das was seit etwa 100 Jahren als Satanismus greifbar ist, das ist ja auch alles andere als eine anerkannte Religion mit einem verbindlichen Normenkatalog und einer Schrift. Eigentlich sind das nur Versatzstücke einer Pseudo-Religion. Der Verfall von Religion bewirkt bei vielen Menschen ein schwarzes Loch, und das muss gefüllt werden mit Esoterik, mit Pseudo-Religion oder mit Verschwörungstheorien.

Auch im Zeitalter der Aufklärung gab es ähnliche Tendenzen, das Zeitalter der Aufklärung hat die Autorität der Religion erschüttert, die Naturwissenschaft perfektioniert, aber es war auch sehr leichtgläubig. Scharlatane, Geisterseher und Goldmacher wie Cagliostro oder Casanova fanden viele leichtgläubige und Dumme, ihnen ihre Phantasie zu verkaufen, und ganz ähnlich wie heute hinterließ der Verfall der Autorität von Religion bei vielen Menschen ein tiefes Loch, und das wurde gefüllt damals wie heute mit Pseudo-Religion, Astrologie, Hypnose, Mesmerismus. Geisterseher und Goldmacher fanden viele Leichtgläubige. ,

Schwarze Messen, Verbrechen, sexuelle Perversitäten waren seit der Antike ein Vorwurf, um Gegner zu diskreditieren. Im Zuge der Templer-Prozesse und beim Kampf gegen Katharer wurden solche Vorwürfe laut, und sie waren ein Mittel, die Angeklagten zu diskreditieren. Dabei handelte es sich tatsächlich um Schauprozesse und erfundene Vorwürfe.

In einigen spektakulären Kriminalprozessen, zum Beispiel gegen die Gräfin Elisabeth Bathory, die in Blut gebadet haben soll, gegen den "Blaubart" und Kindermörder Gilles de Rai wurden auch satanische Praktiken, sadistische Praktiken erwähnt. Da wird man sich fragen dürfen, was Wahrheit, was Legende war, als völlig aus der Luft gegriffen, als rein fiktional wird man die Anschuldigungen aber nicht abtun können.


Ende des 17. Jahrhunderts erschütterte die Gift-Affäre den französischen Hof. Zahlreiche Personen wurden durch Gift umgebracht, und es waren darin auch Persönlichkeiten des Hofes involviert. Eine berüchtigte Giftmischerin, die nur La Voisin, die Nachbarin genannt wurde, betrieb einen schwunghaften Handel mit Gift und Liebestränken. Belastet wurde auch Madame de Montespan, die Mätresse des Königs. Sie hat Ludwig XIV. Liebestränke aus ekelhaften Substanzen eingeflößt, und ihr wurde nachgesagt, schwarze Messen gefeiert zu haben.

Der König beauftragte ein SEK, die Chambre Ardente (Brennende Kammer) mit den Untersuchungen. Was die Beamten herausfanden, war ein einziger Abgrund von Sex, Crime und Perversion, dass der König verbot, die Ergebnisse zu veröffentlichen.

Im Werk des Marquis de Sade werden immer wieder Schwarze Messen und sirrealistische Perversionen geschildert.. Da fragt man sich, ob das alles phantastische Fiktion sein kann, ob nicht doch so Manches, was de Sade phantastisch auf die Spitze treibt, nicht doch recht reale Vorlagen in der Event- und Partyszene von London oder Paris hat.
Was ist aber nun dran, an schwarzen Messen, an Orgien? So etwas wie eine Art BDSM und Gothic-Szene, eine Party und Eventszene bei der Rituale der Kirche verspottet oder persifliert wurden, hat es durchaus auch schon in früheren Zeiten gegeben. Peter der Große hatte noch als reifer Mann seine Freude an den derben Scherzen seiner "Sauf-Synode", wo Rituale der (katholischen) Kirche persifliert wurden. Kritik an der Kirche war über Jahrhunderte stark, und vielfach äußerte sich diese Kritik auch darin, kirchliche Rituale zu persiflieren.

In London gab es um 1700 einen "Hellfire Club". Aus Aussagen von Prostituierten lässt sich entnehmen, dass sadistische Praktiken häufiger von Kunden gewünscht wurden, da gibt es durchaus Parallelen zu BDSM und Gothic-Praktiken.

Auch im Mittelalter, in der frühen Neuzeit gab es Serienmorde, gab es spektakuläre Verbrechen, die an Fritz Haarmann oder Jack the Ripper erinnern. Ich halte es auch für keinen Zufall, dass das Genre des Schauerromans ausgerechnet in der Wende von Romantik und Industrieller Revolution entstand. Kinder und Jugendliche hatten relativ geringen Schutz.

Es ist aber letztlich müßig, zu fragen, wieviel an historischer Realität sich in Erzählungen von Hänsel und Gretel oder Oliver Twist niedergeschlagen hat, wie viele Kinder möglicherweise Opfer sexuellen Missbrauchs oder Mord wurden.



 
Für die Meisten war die Inquisition der Tod. Die Mehrzahl der Menschen, die unter Ihr leiden mussten, waren unschuldig. Aus heutiger Sicht war sie unnötig.
 
Für die Meisten war die Inquisition der Tod.
Dazu gab es in letzter Zeit wirklich ausreichend Diskussionen in diesem Forum.
Die Mehrzahl der Menschen, die unter Ihr leiden mussten, waren unschuldig.
"Unschuldig" in welchem Sinne? Dass sie kein heute als strafwürdig empfundenes Verhalten gesetzt hatten? Oder dass sie nicht der gegen sie erhobenen Vorwürfe schuldig waren?
 
Für die Meisten war die Inquisition der Tod. Die Mehrzahl der Menschen, die unter Ihr leiden mussten, waren unschuldig. Aus heutiger Sicht war sie unnötig.

Nein!

Der Ruf den die Inquisition hat, ist miserabel, dieser Ruf wird ihr auch erhalten bleiben, selbst wenn das gar nicht gerechtfertigt ist.

Ohne die Inquisition verteidigen zu wollen, die Sache ist ekelhaft genug, es geht um die Unterdrückung von Meinungen.

Es ist auch zu unterscheiden zwischen der Spanischen Inquisition und der Römischen Inquisition.

Ihrem Wesen nach war die Inquisition im Prinzip eine Zensurbehörde, und die Arbeit eines Inquisitors ist nicht, Beschuldigte auf den Scheiterhaufen zu bringen, sondern ihn dazu zu bringen, seinen Irrtum einzusehen. Einen reuigen Ersttäter durfte die Inquisition gar nicht verurteilen.

Tatsächlich war es nachweislich so, dass die meisten Inquisitionsverfahren mit Kirchenbußen, Hausarrest, einer Pilgerfahrt endeten.

Bei der Römischen Inquisition im 17. Jahrhundert lässt sich sagen, dass sie wirklich weitaus milder urteilte als jedes beliebige geistliche oder weltliche Gericht nördlich der Alpen.

Die Spanische Inquisition war im Prinzip eine Behörde der Krone. Sie hat wirklich jede Menge Dreck am Stecken. Die meisten ihrer Opfer waren Krypto-Juden und Muslime und solche, denen man es unterstellte. Die Spanische Inquisition hat aber den Hexenwahn nicht mitgemacht, hat Hexenflug und Hexenpakt abgelehnt. Auf der iberischen Halbinsel gab es sehr wenige Hexenprozesse, dafür aber relativ viele Lynch-Morde. In Barcelona hat die Spanische Inquisition sogar mal einen Prozess verhindert.

Es gibt einen sehr guten YT-Kanal von Geschichtsfenster eine Folge beschäftigt sich mit der Inquisition korrigiert da
 
Ab wann ist man denn, Zitat unseres Freundes >Scorpio< "ein "richtiger Satanist"".
Satanisten sind auch zugleich Kannibale und da gibt so einige.

Die "Blutgräfin" aus Ungarn wurde ja schon gennant.
Ich würde in dieser Reihe auch noch nennen:
* Karl Denke,
* Alexander „Sawney“ Bean und seine gesammte Familie,
* Fritz Haarmann.
Und es gibt viele weitere.
Siehe dazu Wikipedia, die 31 erfassten "Kannibale"
(Kategorie:Kannibale – Wikipedia ).
 
Der Hexenhammer (Malleus Maleficorum) dt. J.W. R. Schmidt 1923 schrieb:
Was sich bei der Zauberei zusammenfindet

1. Der Teufel
2. Der Hexer oder die Hexe
3. Die göttliche Zulassung
"Es ist nicht zuzulassen, daß verbrecherische Weiber, die sich dem Satan ganz und gar ergeben, durch Täuschung der Dämonen und ihre Wahnvorstellungen irregeleitet glauben und erklären, daß sie zu nächtlicher Stunde mit der Diana, einer Heidengöttin, oder mit der Herodias und unzählig vielen Weibern auf gewissen Tieren ritten und weite Länderstrecken im Schweigen der tiefen Nacht durchmessen, ihr auch wie ihrer Herrin in allem gehorchen" usw. Deshalb müssen die Priester Gottes dem Volke predigen, sie wüßten, daß alles dies falsch sei, und nicht vom göttlichen, sondern vom bösen Geiste solche Wahngebilde dem Geiste der Rechtgläubigen vorgespiegelt würden; wenn es aber doch richtig ist, (so ist zu sagen): Satan selbst verwandelt sich in jene Gestalten und Körper verschiedener Personen und führt die Seele, die er gefangen hält, im Schlafe vermittels Gaukelet durch irgendwelche abgelegene Gegenden usw.
Auch das einzig Neue oder doch wenigstens nicht allgemein Anerkannte, was der Hexenhammer als sicher hinstellte, war jetzt für die große Menge amtlich beglaubigt und sanktioniert! Es war dies erstens die Behauptung, daß die Hexen wirklich und wahrhaftig ausführen; eine Frage, die damals viel erörtert und je nachdem bejaht oder verneint wurde; die Bulle Innozenz' VIII., die „Hexenbulle", sanktioniert diese Hexenfahrten usw. nicht! Der zweite Punkt, der sich in Gegensatz zum kanonischen Rechte setzte, demzufolge bußfertige, nicht rückfällige Ketzer zu lebenslänglichem Kerker verurteilt wurden, aber nicht verbrannt werden durften, bestand in der Lehre, daß die Inquisitoren selbst bußfertige, ihre
Ketzerei abschwörende Hexen ihrer besonderen Boshaftigkeit willen unter allen Umständen dem Scheiterhaufen überliefern durften, was sonst nur verstockten oder rückfälligen Ketzern als Strafe winkte.
Es konnte nun also der Kampf mit dem Hexenheere begonnen werden: Er ward gepredigt durch die berüchtigte Bulle Summis d e s i d e r a n t e s Innozenz' VIII. vom 5. Dezember 1484, die recht eigentlich den Ausgangspunkt jener schändlichen Raserei gegen vermeintliche Ketzer und Hexen bildet, der Hunderttausende, schmählich hingemordet, zum Opfer fielen. Der Hexenhammer bildet zu jenem verhängnisvollen Dokumente nur den Kommentar, weshalb es sich gewiß verlohnt, es hier in Text und Uebersetzung wiederzugeben, zumal es auch eine stehende Zugabe der Ausgaben des Malleus zu bilden pflegt.
PDF

Digitalisate:


Dass Menschen Magie, Trankmischerei und Hexerei betrieben steht außer Frage, schon die Pharaonen erwähnen ihre Zauberkräfte und das Alte Testament verurteilt vielfach Zauberei und Wahrsagerei. Es ist nicht zuletzt dies wo manche Bereiche der Wissenschaft ihren Ursprung haben, Alchemie, Medizin usw.
Die Bezeichnung Beelzebub könnte eine spöttische jüdisch-christliche Verballhornung Baal'se'Bub, Baal (Gott, Herr) der Fliegen, sein (muss der Teufel Fliegen fressen ist er arm dran, opfert man ihm hingegen reich ...), in dem Sinne hätte es eine ganze Menge Teufelsanbeter gegeben. Baal war einer der Hauptgötter in Syrien und Palästina, die Ägypter erwähnen ihn ebenfalls mehrmals, Ramses II. erzählt im Qadeš-Hymnus er wurde im Kampf zum Baal. [§158] Das ist kein Mensch, der unter uns ist, (sondern) Seth-Aapechti, der leibhaftige Baal. Thesaurus Linguae Aegyptiae [§222] wobei ich wie Baal war in Augenblick seiner Kraft/Macht.
Besonders die Qumran-Rollen beschäftigen sich viel mit Belial (Teufel), auch in der Bibel findet man "Söhne/Töchter Belials". Die Heerscharen der Finsternis haben in Qumran schon fast esoterische, metaphysische Anklänge, spätestens in der Gnosis wird das Böse zum metaphysischen Prinzip (ohne, dass dabei Läuterung der Seelen im Fegefeuer erlässlich würde). In der spätmittelalterlichen Kabbala stellt Sitra Ahra die dunkle Seite des Lebensbaum dar, ohne Licht herrscht ewige Finsternis, ohne Licht kann es kein Leben geben, Materie verdunkelt das Licht und schalt sich wie Asche um die Glut. Die jüdische Kabbala nimmt ihren Anfang frühestens im 12. eher erst 13. Jh und wurde im 15. Jh als christliche Kabbala rezipiert.
Satanism, A Social History (Massimo Introvigne, Brill 2016) definiert den geläufigen Begriff Satanismus als ein sehr junges Phänomen, modern im kunstgeschichtlichen Sinn, also nicht identisch mit kontemporär. Der Teufel nach Augustinus, Thomas von Aquin, Dante oder Shakespeare treffen für ihn nicht auf diese Bezeichnung zu.
Ich denke, dass für die Menschen im Mittelalter Teufel und Hölle Strafe, Peinigung und Qual bedeuteten und alles andere als anziehend waren und Satanismus insofern tatsächlich ein junges Phänomen ist betrieben von Menschen auf der Suche nach der Wahrheit dahinter und Hexerei, Alchemie usw. deswegen richtigerweise getrennt davon zu betrachten sind.

Literatur:
Die Divergenz von Magie und Religion: Von der Antike bis zur Neuzeit (Caroline Thongsan)
Magie: Rezeptions- und diskursgeschichtliche Analysen von der Antike bis zur Neuzeit (Bernd-Christian Otto)
Gottesnähe und Schadenzauber: die Magie in der griechisch-römischen Antike (Fritz Graf)
Satanskult und Schwarze Messe. Ein Beitrag zur Phänomenologie der Religion (Gerhard Zacharias)
The Satanic Mass: A Criminological Study (H.T.F. Rhodes)
The Invention of Satanism (A. Dyrendal, J.R. Lewis, J.Aa. Petersen)
 
Zuletzt bearbeitet:
Da sind wir wieder bei Hexenverfolgung. Während ultramontan die Inquisition im Prinzip Hexerei zwar als reale Möglichkeit anerkannte, aber bestimmte, dass bei jedem Hexenverdacht ein Arzt konsultiert werden solle (und fortan wurde in Rom keine Hexe mehr "entdeckt"), grassierte cismontan überkonfessionell und teilweise gegen den erklärten Willen der Geistlichekeit und/oder Obrigkeit die Hexenverfolgung.
 
Nun, der spanische Inquisitor Alonso de Salazar y Friás wurde Anfang des 17. Jahrhunderts in mehrere Hexenprozesse im Baskenland verwickelt. Salazar war ein Mann der Ratio und versuchte der Sache wirklich auf den Grund zu gehen. Obwohl er nicht verhindern konnte, dass mehrere Menschen hingerichtet wurden, so führte sein Einsatz doch dazu, dass der Hexenwahn in Spanien ein Ende nahm.

Doch, zu deiner Frage. Salazar berichtet, dass es mit Menschen zu tun hatte, die Felsenfest behaupteten, Hexen bzw. Hexer zu sein. Darunter mehrere Kinder. Auch ein achtjähriges Mädchen, von dem es hieß, sie hätte so wild mit dem Teufel kopuliert, dass sie fast verblutete. Die auch die Aufmerksamkeit und Angst der Menschen zu genießen schien. Jedoch ließ Salazar ein paar ehrwürdige alte Damen der Sache nachgehen. Am Ende entdeckten sie, dass das Mädchen noch eine Jungfrau war und gar nicht so genau wusste, wie der sexuelle Akt funktionierte. Salazar ließ sie geißeln und mit deutlicher Ermahnung den Eltern übergeben.

Nun, wie definiert man Satanisten? Ein Mensch, der sich von Christentum abwendet, mit dem Teufel Kontakt aufnehmen will (oder sogar glaubt, es wäre ihm gelungen) und so erhofft, übernatürliche Kräfte zu bekommen. Das traf wohl auf einige zu. Nach dem hatte Salazar mit "echten" Satanisten zu tun.

Auch andere berühmte Kritiker des Hexenwahns wie Johann Weyer und Friedrich Spee berichten, dass ihnen Menschen unterkamen, die trotz Todesdrohung darauf beharrten, mit dem Teufel im Bunde zu sein. Dafür gibt es viele Gründe, Drogen, psychische Erkrankung, gesteigerter Wahn, der Wunsch sich mithilfe des Teufels zu rächen oder zu bereichern, Lust an der Provokation usw.

Das wird auch auf die meisten heutigen Satanisten zutreffen. Auch bei denen gehe ich davon aus, dass sie nicht wirklich mit dem Teufel in Kontakt sind und zaubern können.

Doch viele werden damals eben wirklich versucht haben, in Kontakt mit dem Teufel zu kommen, um so übernatürliche Kräfte zu bekommen. So mancher wird auch geglaubt haben, dass es ihm gelungen ist. Einige werden sich wohl auch so in den Wahn gesteigert haben, dass sie wirklich Verbrechen begingen.

Nun nicht, dass man mich falsch versteht, sicher der überwältigende Teil der Verfolgten war total unschuldig. Und ja, auch die wirklich glauben, dass sie mit dem Teufel im Bund stehen, waren ja unschuldig, da sie sich ihr Verbrechen nur einbildeten.

Salazar, Weyer und Spee gab dies sehr zu denken und sie kamen auf die ersten Ideen in Richtung Unzurechnungsfähigkeit. Es machte sie auch zu entschiedenen Gegnern der Hexenverfolgung.

Ein interessanter Fall ist auch Peter Stump. Dieser wurde 1589 auf bestialische weiße, als Werwolf hingerichtet. Jedoch war er Opfer einer unbarmherzigen Justiz, Aberglaubens und Missgunst, oder haben wir es hier mit dem ersten bekannten Fall eines Serienmörders zu tun? Denn das, was man ihm vorwarf, klingt stark nach Ted Bundy oder Jeffrey Dahmer. Die Menschen konnten sich womöglich so extreme Gewalttaten nur mit dem Bund mit dem Teufel erklären.
 
Das wird auch auf die meisten heutigen Satanisten zutreffen. Auch bei denen gehe ich davon aus, dass sie nicht wirklich mit dem Teufel in Kontakt sind und zaubern können.
...alles andere wäre auch sehr befremdlich ;)

Wir sollten klären, wie der Begriff Satanismus verwendet werden soll. Ich kleines Licht kenne ihn nur im Kontext des Okkultismus als Modeströmung des ausgehenden 19. Jhs.
 
Ja das war auch als Scherz gedacht.

Aber ein Christ ist jemand der an Gott glaubt und hofft mit ihm in Kontakt zu kommen (beten), der Wissen über Gott erlangen will (Bibel studieren), der davon moralische Werte bekommt, Feste und Rituale im Bezug auf den Glauben zelebriert (Heilige Messe) und sich davon Vorteile erhofft (einen Platz im Himmel.
Das werden die meisten Satanisten im Bezug auf den Teufel auch tun.
Da bleiben aber zwei Fragen offen! Erstens ist der Satanismus eine richtige Religion bzw. Ideologie, im Bezug auf ein abgestecktes Weltbild? Die andere Frage wäre, kann man ohne Gemeinschaft wirklich eine Religion praktizieren. Wenn sich jemand in einen Wahn steigert und dann der Inquisition auffällt, was heißt das im Bezug auf "echten" Satanismus.
 
Ein interessanter Fall ist auch Peter Stump. Dieser wurde 1589 auf bestialische weiße, als Werwolf hingerichtet. Jedoch war er Opfer einer unbarmherzigen Justiz, Aberglaubens und Missgunst, oder haben wir es hier mit dem ersten bekannten Fall eines Serienmörders zu tun? Denn das, was man ihm vorwarf, klingt stark nach Ted Bundy oder Jeffrey Dahmer. Die Menschen konnten sich womöglich so extreme Gewalttaten nur mit dem Bund mit dem Teufel erklären.

Die Prozessakten sind leider nicht vollständig erhalten. Was wir heute über Peter Stubbe, den Werwolf von Bedburg wissen, stammt aus Flugblättern über den Fall und aus den Erinnerungen des Kölner Bürgers Hermann Weinsberg.



So wie du formulierst, klingt es fast, als sei Stubb oder Stump ein armes unschuldiges Prozessopfer eines Justizmordes gewesen. Er wurde gerädert, seine Tochter, mit der er ein inzestuöses Verhältnis einging und eine Nichte wurden als Komplizinnen verbrannt. Das war eine äußerst grausame Hinrichtungsart.

Grausam und bestialisch waren aber auch die Taten, die man Stubb zur Last legte und die er zum Großteil wohl auch begangen hat. Er sagte aus, dass er sich mit Hilfe eines Gürtels aus Wolfsfell in einen Werwolf verwandelte.

Hermann Weinsberg stand der Verwandlung in einen Werwolf skeptisch gegenüber. Nach allem Anschein war Stubb ein Serienmörder, ein Frauen- und Kindermörder, der, der seine Opfer verspeiste und in einer inzestösen Beziehung mit seiner Tochter lebte.

Von Sexualpathologie, von Psychiatrie hat man zu Peter Stumps Zeiten noch nichts gewusst, er war ein Frauen- und Kindermörder, ein Kannibale dessen dunkle Passion und Handlungsmuster im Rahmen der zeitgenössischen Werwolf-Phantasien erklärlich waren.

Auch für Stump bot der Werwolf-Mythos ja eine Erklärung, eine Deutung, wenn er sich in einen Wolf verwandelt, wenn seine (Wer)Wolf-Natur ihn dazu zwingt, Kinder und junge Mädchen zu überfallen, zu töten und aufzufressen- dann ist er für seine Taten als Mensch ja auch nicht voll verantwortlich.

Wenn man die Werwolf-Verwandlung einmal sich wegdenkt, dann hat man bei Peter Stump an Tathergang, Opfergruppe Parallelen wie man sie auch von anderen Serientätern kennt wie Fritz Haarmann, der seinerzeit als "Werwolf von Hannover" in die Geschichte einging.

Nur weil die Exekution grausam war, wird noch lange kein Justizmord aus dem Fall des "Werwolfs von Bedburg", und schon gar nicht sollte man in den Romantizismus verfallen, Kinder- und Frauenmörder zu "Justizopfern" zu stilisieren.

Die Strafe spiegelte die Tat: Grausam und barbarisch war sie und musste sie sein, sonst hätte sie keinen Sinn gehabt. Grausam und barbarisch waren aber auch die Taten und der Täter.

Da ging es um mehrere Morde an Kindern, da ging vermutlich auch um jahrelangen Missbrauch, und da wurden Opfer gegessen, da ging es um überaus grausame Details, und da gab es am Ende des Tages doch so viele Indizien auf Verbrechen zum Magenumdrehen, dass man sehr begründete Zweifel haben muss, dass es sich bei Peter Stump um ein bedauernswertes Justizopfer handelte.
 
Die Menschen konnten sich womöglich so extreme Gewalttaten nur mit dem Bund mit dem Teufel erklären.

Wir können inzwischen auf gut ein Jahrhundert Erfahrung zurückblicken in der Psychiatrie, wir haben die Erkenntnisse der forensischen Psychiatrie, der Psychologie, der Verhaltensforschung, der Sexualpathologie. Wir können anhand von Studien, anhand von historischen Fällen einigermaßen rekonstruieren, wie Serienmörder ticken, wie sie zur Tat getriggert werden, was dabei in ihnen vorgeht. Man kann anhand von Erfahrungen vielleicht sogar einigermaßen sicher vorhersagen, wie ein Serientäter sich verhalten wird.

Das alles können wir, das wissen wir, aber eine befriedigende Erklärung, warum jemand Frauen oder Kinder umbringt- die haben wir ebenso wenig, können sie auch nicht haben, weil es eben keine Begründung, keine Entschuldigung dafür gibt, eine Frau oder ein Kind umzubringen. Mord aus Habgier, Leidenschaft, Ehrgeiz- das kann man nicht entschuldigen, aber doch zumindest nachvollziehen, weshalb man einen Zeugen oder einen Thronprätendenten beseitigt. Selbst für vollkommen sinnlose, brutale Taten kann man vielleicht noch ansatzweise Verständnis aufbringen, man könnte für einen jugendlichen Täter, der in Kokain-Paranoia einen Menschen niedersticht im weitesten Sinne noch einen Ansatz von Bedauern empfinden.

Bei Sexualstraftaten, bei purer Mordlust unter dem Deckmantel der Religion stößt Verständnis an ihre Grenzen. Habgier, Eifersucht, gekränkte Eitelkeit all die klassischen Mordmotive- das kann man nicht billigen, aber das gehört noch irgendwo zur Kains-Natur, zur Wolfsnatur des Menschen. Jeder Mensch kann unter bestimmten Bedingungen zum Mörder werden, Eifersucht, Geltungsdrang, Eitelkeit-das trägt jeder Mensch in sich, die einen mehr, die anderen weniger. Kaum jemand wird nicht schon einmal mit dem Gedanken gespielt haben, einen Feind aus dem Weg zu räumen, hat nicht schon einmal vom Tod des Lehrers, des Chefs, der Schwiegermutter usw. gedacht haben. Die Erfahrungen der Geschichte haben mehrfach gezeigt, dass Kultur und Zivilisation nur ein dünner Firnis ist, dass die Kains-Natur des Menschen sich sehr barbarisch entladen kann, dass auch Bildung kein Schutz ist gegen Barbarei.

Sexualmord, Mord an einer Frau oder einem Kind, Mord an Menschen, die am verletzlichsten sind- das geht doch weit über das hinaus, was die meisten Menschen an Aggressivität in sich tragen. Die Psychologie, die Psychiatrie, Forensik und Pathologie kann vielleicht rekonstruieren wie ein Jack the Ripper, ein Fritz Haarmann, ein Jürgen Bartsch zu dem wurden, was sie waren. Auch diese sind ja nicht als Bestien auf die Welt gekommen. Mit dem jugendlichen Jürgen Bartsch könnte man sogar Mitgefühl haben.

Psychiatrie, Forensik, Verhaltensforschung Pathologie und Sexualpathologie sind heute in der Lage, die Entwicklung pathologischer Fälle nachträglich rekonstruieren zu können. Es gibt gewisse Erfahrungswerte, die Aufschluss darüber geben können wie Sexualstraftäter reagieren werden.
Davon haben unsere Vorfahren vor 400-500 Jahren noch nichts gewusst. Ein Mensch wie Peter Stubbe, der Taten beging, die sich nur ein Teufel ausdenken konnte- der galt eben als vom Teufel besessen. Von der menschlichen Psyche, von Psychiatrie, Forensik wusste man noch nichts.

Wir wissen heute, dass kein Teufel, sondern eine verquere Psyche die Täter motiviert. Wir nennen sie Geisteskranke und Psychopathen, wir wissen, dass es sie gibt, wir wissen von Geisteskrankheiten und wir suchen in der Nomenklatur der Psychiatrie nach Ursachen. Wir kennen vielleicht auch einige Grundregeln wie man Kinder und Frauen besser schützt, solche Täter verwahrt. Im Grunde aber sind wir genauso ratlos wie unsere Vorfahren. Eine Erklärung, warum es solche Menschen gibt, die haben auch wir nicht.

Vermutlich kann es die auch gar nicht geben, weil es eben auch keine Begründung, keine Rechtfertigung gibt und geben kann, eine Frau oder ein Kind umzubringen. Ob man die Tat nachträglich religiös-theologisch erklärt oder eben psychiatrisch-pathologisch bleibt sich eigentlich ziemlich gleich. Ratlos sind am Ende beide Erklärungen, beiden bleibt am Ende nur übrig zu konstatieren, dass es eben solche Täter gibt und man nur versuchen kann, sich so gut wie möglich vor ihnen zu schützen.

Weder die theologisch-religiöse, noch die psychiatrisch-pathologische Erklärung ist in der Lage, solche Täter vor der Tat zu erkennen oder die nächste Tat vorherzusehen. Trotz all der Fortschritte auf dem Gebiet der Psychiatrie und Pathologie hinterlassen solche Taten Ratlosigkeit.
 
Nun, ob Stump, wirklich ein Mörder und Vergewaltiger war, können wir nicht mit Sicherheit sagen. Er kann auch, wie so viele Opfer des Hexenwahns geworden sein, ohne realen Hintergrund. Wo möglich, stammt der Kannibalismus auch von Tierbiss. Das konnte man damals nicht einwandfrei ergründen. Soviel ich weiß, wurde er und seine Tochter gefoltert. So kann sich die ganze Sache auch viel weniger spektakulär abgespielt haben und eher sadistische Gelüste der Richter oder der Berichtschreiber spiegeln. Es dürfte wohl auch nicht wundern, wenn man die Geschichte mit der Zeit immer grausamer und reißerischer wiedererzählt. An der Sache mit der Blutgräfin muss man auch ein großes Fragenzeichen dahinter stellen. Vor allem das bekannteste Detail, das sie im Blut von Jungfrauen badete, um ihre Schönheit zu erhalten, ist erst Jahrzehnte nach ihrem Tod aufgekommen. Aber um auf Stump zurückzukommen, ja, es klingt stark nach dem Muster eines Serienmörders und ja, es kann sehr gut sein, dass dies eben einer der frühesten bekannten Fälle, die wir kennen ist, der in diese Richtung weist. Auch der Ritter Gilles de Rais war wohl, zweihundert Jahre früher einer. Bei de Rais dürfen wir wohl sogar sicher sein, dass er wirklich ein Monster war.

Der springende Punkt ist und warum ich das Erwähnte habe, ist, dass es womöglich Menschen gab, die als Hexen oder Werwölfe verurteilt wurden und echte Gewaltverbrechen begangen haben. Dass manche sich auch so in den Wahn, sie wären mit dem Teufel im Bund gesteigert haben, dass sie Gewaltverbrechen begingen. Ja und es wird auch welche gegeben haben, die in Folge einer psychischen Erkrankung gewalttätig wurden (oder warum auch immer) und um dies für sich zu verarbeiten, in einen Teufelskult flohen.

Doch ob es nun ein Justizmord war oder er für unglaubliche Verbrechen bestraft wurde, werden wir nie mit Sicherheit wissen können. Doch dass die Hinrichtung grausam war, das ist wohl außer Frage.
 
Nun, ob Stump, wirklich ein Mörder und Vergewaltiger war, können wir nicht mit Sicherheit sagen. Er kann auch, wie so viele Opfer des Hexenwahns geworden sein, ohne realen Hintergrund. Wo möglich, stammt der Kannibalismus auch von Tierbiss. Das konnte man damals nicht einwandfrei ergründen. Soviel ich weiß, wurde er und seine Tochter gefoltert. So kann sich die ganze Sache auch viel weniger spektakulär abgespielt haben und eher sadistische Gelüste der Richter oder der Berichtschreiber spiegeln. Es dürfte wohl auch nicht wundern, wenn man die Geschichte mit der Zeit immer grausamer und reißerischer wiedererzählt.

Die Prozessakten sind nicht erhalten, die einzigen Quellen, die zu dem Fall existieren, sind Flugschriften, darunter mehrere deutsche und eine englische Quelle. Die Flugblätter sind alle recht zeitnah entstanden, und in zahlreichen Details berichten sie das Gleiche. Die englische Quelle ist ausführlicher, und sie überliefert einige Details, die in deutschen oder niederländischen Flugblättern sich nicht finden. Da die Flugblätter in vielen Details die gleichen Informationen überliefern, auch relativ zeitnah entstanden sind, kann man schon davon ausgehen, dass die Autoren aus den Prozessakten zitierten.

Ob und wieweit Peter Stubbe gefoltert wurde, ob man Geständnisse von ihm erpresst hat, ist fraglich. Durchaus nicht unwahrscheinlich. Nach Weinsbergs Chronik verhielt sich Stubb wie ein reuiger armer Sünder. Weinsberg schrieb, dass Stubb gestanden habe, ohne Folter, dass man ihm die Geräte gezeigt und er daraufhin gestanden habe.

In einigen Punkten stimmen alle Quellen überein:

1. Wolfsverwandlung
2. Inzest und Missbrauch mit der Tochter Beel (Sibylle) Stump.
3. Mord an 13 Kindern, darunter dem eigenen Sohn, dessen Gehirn Stump verzehrte.
Vergewaltigung an mehreren Frauen, Mord an Schwangeren, Verzehr ihrer Föten, Tötung von Vieh erscheint in verschiedenen Flugschriften, es gibt aber zur Überführung des Täters verschiedene Überlieferungen, und in einigen Punkten widersprechen sich die Quellen, finden sich in einem englischen Flugblatt Informationen, von denen die anderen Quellen nichts wissen.

In wesentlichen Punkten gibt es aber eine Übereinstimmung, die Quellen sind zeitnah entstanden, man kann davon ausgehen, dass die Autoren aus den Prozessakten zitierten. Die Übereinstimmung in zentralen Punkten spricht doch eher gegen die These, dass die Autoren der Flugschriften völlig unbelegte Behauptungen überlieferten, dass es sich um einen Schauprozess handelte, bei dem das Urteil von vornherein feststand.
Es ist auch fraglich, ob von Stubb oder seiner Tochter tatsächlich Geständnisse durch die Folter erpresst wurden, es gibt durchaus Indizien dafür, dass Peter Stubb freiwillig gestand und sich in die Rolle des "armen Sünders" einfügte. Die Quellenlage ist wie gesagt dürftig. Die Prozessakten sind nicht erhalten, lediglich Flugblätter, und diese überliefern teilweise widersprüchliche Informationen. Einiges was zur Überführung des Täters überliefert wurde, bewegt sich im Rahmen zeitgenössischer Mythen, die sich auch in anderen Werwolf-Prozessen finden.

Was sich anhand der Quellen an Fakten rekonstruieren lässt, ist wenig. Die Flugblätter berichten aber relativ zeitnah, es gibt Detail, die andere Quellen nicht kennen. In vielen Punkten stimmen die Quellen aber überein. Man muss ihnen durchaus nicht alles glauben. Wolfsverwandlung, Teufelspakt-das sind Dinge, die der erfahrbaren Realität widersprechen. Grausam war Stubbes Hinrichtung zweifellos. Sie entsprach aber der Logik der frühneuzeitlichen Strafjustiz, dass die Strafe die Tat wiederspiegeln sollte. Die Faktenlage ist dürftig, was sich aber aus den Quellen rekonstruieren lässt, reicht durchaus aus, einem den Magen umzudrehen.
Man muss den Quellen, den deutschen und englischen Flugblättern und Weinsbergs Chronik durchaus nicht alles glauben, vieles ist durchaus fraglich. Wir haben aber nur diese Quellen, man kann ihnen misstrauen, man kann Indizien anzweifeln.

Wenn man sie aber völlig verwirft, wenn man sagt, es kann auch ganz anders gewesen sein, es kann Peter Stubbe ein Justizopfer gewesen sein, es kann seine Exekution auch Ausfluss sadistischer Motive der Richter gewesen sein, es kann Peter Stubb ein Opfer eines Justizmordes gewesen sein, dann verlässt man völlig den Bereich der Quellen, dann begibt man sich auf das Feld der reinen Mutmaßung. Man kann Quellen misstrauen, kann ihre Objektivität in Frage stellen. Ohne Quellen aber sind wir gar nichts, und wenn man Quellen verwirft, weil einem das Ergebnis ideologisch nicht gefällt, dann verlässt man den Bereich der Wissenschaft und begibt sich auf das Gebiet der Pseudo-Wissenschaft.

Für die These, dass mit Peter Stubb ein berüchtigter Serienmörder und Kannibale exekutiert wurde, der mehr als 20 Jahre sein Unwesen trieb, der mit seiner Tochter jahrelang Missbrauch trieb, der zugab, seinen Sohn getötet zu haben und sein Gehirn verspeiste- dafür gibt es Indizien und Quellen, man mag ihnen nicht alles glauben, mag ihnen in manchen Punkten misstrauen, aber es gibt diese Quellen.

Für die These, dass Stubb ein unschuldiges Justizopfer war, dass es die Taten gar nicht gab, dass seine Verurteilung nur dem Sadismus der Richter und dem Voyeurismus und der Sensationsgier der Zeit geschuldet war- dafür gibt es gar keine Indizien, Quellen oder Berichte. Es ist diese These eine bloße Behauptung, und sie kann nicht aufrecht erhalten werden, denn eine These muss verifizierbar sein.




An der Sache mit der Blutgräfin muss man auch ein großes Fragenzeichen dahinter stellen. Vor allem das bekannteste Detail, das sie im Blut von Jungfrauen badete, um ihre Schönheit zu erhalten, ist erst Jahrzehnte nach ihrem Tod aufgekommen. Aber um auf Stump zurückzukommen, ja, es klingt stark nach dem Muster eines Serienmörders und ja, es kann sehr gut sein, dass dies eben einer der frühesten bekannten Fälle, die wir kennen ist, der in diese Richtung weist. Auch der Ritter Gilles de Rais war wohl, zweihundert Jahre früher einer. Bei de Rais dürfen wir wohl sogar sicher sein, dass er wirklich ein Monster war.

Auch bei Elisabeth Bathory muss man den Quellen nicht alles glauben, kann man die Objektivität stellenweise in Frage stellen. Die Indizien und Quellen, die dafür sprechen, dass Bathory tatsächlich eine Serienmörderin war, lassen sich ähnlich wie im Fall Stubb nicht einfach wegdiskutieren. Györky Pollack und Michael Farin, die als Herausgeber einer aktuellen Quellensammlung zum Fall Bathory sich eingehend mit den zeitgenössischen Quellen und der Entstehung der historischen Legenden um Bathory beschäftigten, halten beide Bathory keineswegs für unschuldig.
Doch ob es nun ein Justizmord war oder er für unglaubliche Verbrechen bestraft wurde, werden wir nie mit Sicherheit wissen können. Doch dass die Hinrichtung grausam war, das ist wohl außer Frage.

Für die These, dass Stubb ein Serienmörder und Kannibale war, dafür gibt es zumindest Quellen und Indizien. Denen muss man nicht alles glauben, in einigen Punkten stimmen die Flugblätter überein, in anderen widersprechen sie sich.

Für die Justizmord-These gibt es dagegen überhaupt keine Indizien, keine Quellen, gar nichts! Die Hinrichtung war nach heutigem Empfinden grausam. Wir wissen aber nicht, ob Stubb noch lebte, als ihm der Henker die Glieder brach, wir wissen nicht, ob seine Tochter noch lebte, als man sie verbrannte. Nach modernem Verständnis war Beel Stump ein Missbrauchsopfer, wieweit sie Mittäterin war, das wissen wir nicht.

Stubb muss seine Taten gestanden haben. Es ist fraglich, ob Geständnisse erfoltert wurden. Wenn man Weinsberg glaubt, verhielt sich Stubb als reuiger Sünder, gestand seine Verbrechen ohne, dass er gefoltert wurde. Alle Flugschriften erwähnen Mord an 13 Kindern.

Stubbs Exekution war eine spiegelnde Strafe, nach modernem Verständnis zweifellos barbarisch. Aber hat der Täter das auch so empfunden? Wenn man Hermann Weinsberg glaubt, hat Stubb sich konform verhalten, sich als reuiger, armer Sünder gezeigt. Es ist durchaus möglich, dass er freiwillig gestand. Ein Täter, der gestand, der sich als reuiger armer Sünder hinrichten ließ.

Man muss den Quellen nicht alles glauben, mag ihre Objektivität bezweifeln. Wolfsverwandlung, Teufelspakt-das sind Dinge, die der erfahrbaren Realität widersprechen. Man kann eingestehen, dass wir vieles einfach nicht sicher wissen.

Quellen aber völlig verwerfen und etwas hineininterpretieren, was dort nicht steht, heißt die Basis des Verifizierbaren verlassen, heißt aus dem Bauch heraus zu argumentieren. Man muss Quellen nicht alles glauben, mag aus guten Gründen ihre Neutralität bezweifeln. Vieles wissen wir einfach nicht, vieles bleibt fraglich. Aber das kann ja keine Rechtfertigung dafür sein, dass man Quellen völlig verwirft und das, was man nicht genau weiß füllt mit reinen Vermutungen.
 
Der springende Punkt ist und warum ich das Erwähnte habe, ist, dass es womöglich Menschen gab, die als Hexen oder Werwölfe verurteilt wurden und echte Gewaltverbrechen begangen haben. Dass manche sich auch so in den Wahn, sie wären mit dem Teufel im Bund gesteigert haben, dass sie Gewaltverbrechen begingen. Ja und es wird auch welche gegeben haben, die in Folge einer psychischen Erkrankung gewalttätig wurden (oder warum auch immer) und um dies für sich zu verarbeiten, in einen Teufelskult flohen.
Da die Quellen (ausschliesslich Pamphlete, Flugblätter und Bericht eines Kölner Bürgers) für den Fall Stump spärlich und unzuverlässig sind erscheint es auch möglich, dass hier die Taten von nach dem Truchsessichen Krieg (1580er Jahre) entlassene Söldnerbanden, welche zwischen Erft und Rhein ihr Unwesen trieben, in der Gestalt Stumps subsumiert worden sind.

Doch ob es nun ein Justizmord war oder er für unglaubliche Verbrechen bestraft wurde, werden wir nie mit Sicherheit wissen können. Doch dass die Hinrichtung grausam war, das ist wohl außer Frage.
Die Hinrichtung orientierte sich an der Carolina:
Schwerer Mord, Raubmord, Gattenmord = Rädern (Männer) / Lebendig Begraben (Frauen)
Strafverschärfende Massnahmen: Reissen mit glühenden Zangen, Enthaupten
Hexerei, Giftmord, Ketzerei, Sodomie, Inzest (damals breiter gefasst) = Verbrennen für die angebl. Mittäterinnen Katharina Trumpin, Beell Stump
 
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