Hat die Politik weltweit aus der halbdemokratischen Machtübernahme Hitlers gelernt?

Leider stellt sich das mit dem Wachsen einer jungen Demokratie nicht immer linear dar. Wenn politische Umbrüche, Inflation und Massenarbeitslosigkeit eintreten, vielleicht noch kriegerische Entwicklungen hinzukommen, kann jederzeit das gleiche Szenarium abrollen, wie wir das nach 1929 zu Weimrer Zeiten hatten. Ich bin da überaus pessimistisch, was sowohl Rassismus als auch autoritäre Systeme und Diktaturen angeht.

Die Geschichte ist noch nie geradlinig verlaufen. Nach der Blüterzeit einer Kultur kam stets auch ein Verfall. Daher ist auch nicht anzunehmen, daß die Zukunft anders verlaufen wird. Aber man kann aus der Vergangenheit lernen. Die Analyse einer Diktatur ist deswegen unumgänglich.
Schaut man sich die Weimarer Republik und dessen Verfall an, dann fällt folgendes auf:

- Wir haben es mit einer Nachkriegsgesellschaft zu tun.
Das heißt, wir haben es mit einer Vielzahl traumatisierter Menschen zu tun, die jahrelang fast ausschließlich Gewalt erlebt haben. Wir kennen das auch aus der jüngeren Geschichte (z. B. die US-Vietnam-Veteranen), daß sich solche Menschen nur sehr schwer wieder ins normale Leben eingliedern können. Auch die große Zahl in Deutschland, die bei den "Freikorps" einfach weiter Krieg machten, beweist das.

- In Deutschland gab es noch wenig demokratische Traditionen. Die einzige Revolution, durch die eine Demokratie in Deutschland entstehen sollte, war 1848/49 und wurde niedergeschlagen.
Der seit 1871 regierende preußische Staat hatte keinerlei demokratische Traditionen. Zwar gab es im Kaiserreich bereits einen Reichstag mit demokratischen Parteien, jedoch hatten sie wenig Entscheidungsbefugnis. Die eigentliche Politik wurde vom Reichskanzler bzw. vom Kaiser gelenkt. Beide waren dem Reichstag nicht rechenschaftspflichtig. Seit 1916 war Deutschland faktisch sogar eine Militärdiktatur.

- Die Staatbeamten blieben auch nach der Novemberrevolution 1918 in ihren Positionen und sympatisierten weiterhin mit dem Kaiserreich.

- Nicht zuletzt hatte die Weimarer Republik einige verfassungsmäßige Schwächen, die dann im GG 1949 beseitigt wurden.

Im Grunde genommen war die Zeit zwischen 1919 und 1933 zu kurz, um eine gefestigte Republik entstehen zu lassen mit Bürgern, die von der Demokratie überzeugt waren. Genau genommen war diese Republik sogar sehr häufig krisengeschüttelt und lediglich die Zeit von 1924-1929 war eine Zeit relativer Stabilität.
Selbst durch die Entstehungsgeschichte mit dem als Schmach empfundenen Versailler Diktat, trug diese Republik eine schwere Hypothek mit sich herum.

Hinzu kommen noch die Hintergründe, die Dieter nannte.

Das alles zusammen scheint es Hitler leicht gemacht zu haben, an die Macht zu kommen. Er brauchte nur genug Stimmen bei den Wahlen.

Interessant ist dagegen das Verhalten der Bevölkerung.
Hitler bekam bei keiner der auch nur halbwegs demokratischen Wahlen (insbes. im März 1933) den Stimmenanteil, den er gern gehabt hätte. Diktator konnte er erst durch das "Ermächtigungsgesetz" werden.
Erst die Jahre danach bescherten der NSDAP einen Zulauf, der selbst die Nazis überraschte. Sie mußten sogar einen Aufnahmestopp verhängen.
Die scheinbaren Verbesserungen vor allem beim Abbau der hohen Arbeitslosigkeit scheit u.a. den Ausschlag gegeben zu haben.
Aber auch die Aussicht, einer privilegierten Elite anzugehören, dürfte eine Triebfeder für diesen massenhaften Zulauf gewesen sein.
Weiterhn gab es natürlich auch im NS-Staat die schweigende Mehrheit und auch Nazi-Gegner.
Eine Bevölkerung besteht immer aus diesen verschiedenen Kategorien.
 
Dieses Thema ist aus http://www.geschichtsforum.de/f63/wussten-die-deutschen-sie-1929-1933-w-hlten-38523/ entstanden. Dort wurde die Phase bis 1933 analysiert. Hier möchte ich den Zeitraum von 1940/45 bis maximal 2000 betrachten.
Da uns allen die Geschichte Deutschlands vertrauter ist, könnten wir im 1. Schritt diskutieren, was DDR und BRD aus Hitlers Machtübernahme gelernt haben.
Die DDR hat vorsichtshalber ganz auf echte, demokratische Wahlen verzichtet. :still:
In der BRD wurde u.a. die Fünf-Prozent-Hürde ? Wikipedia nach dem 2. WK eingeführt.
Mich interessiert vor allem, was die einzelnen Bürger und Wähler aus dem Desaster des 3. Reich gelernt haben.

Barbarossa war in seinem letzten Beitrag noch in der Weimarer Republik, können wir einige seiner Gründe mit der 2. Nachkriegszeit bis ca.1965 vergleichen?

Schaut man sich die Weimarer Republik und dessen Verfall an, dann fällt folgendes auf:

- Wir haben es mit einer Nachkriegsgesellschaft zu tun.
Das heißt, wir haben es mit einer Vielzahl traumatisierter Menschen zu tun, die jahrelang fast ausschließlich Gewalt erlebt haben. Wir kennen das auch aus der jüngeren Geschichte (z. B. die US-Vietnam-Veteranen), daß sich solche Menschen nur sehr schwer wieder ins normale Leben eingliedern können. Auch die große Zahl in Deutschland, die bei den "Freikorps" einfach weiter Krieg machten, beweist das.
- Die Staatbeamten blieben auch nach der Novemberrevolution 1918 in ihren Positionen und sympatisierten weiterhin mit dem Kaiserreich.

Mit einer Nachkriegsgesellschaft und traumatisierten Menschen hatten wir es auch nach dem 2. WK zu tun.
Es blieben auch viele Beamte in ihren Positionen, sowohl in der BRD als auch in der DDR.
Dazu ist wohl noch zu sagen, dass die heute "alten" Jahrgänge im Nationalsozialismus groß geworden sind.der 1921er Jahrgang ist heute 90 Jahre alt und war 1933 noch viel zu jung um zu wählen. Im Gegenzteil diese Generation wurde ducrch Nationalsozialismus und Zusammenbruch erheblich geprägt. Nicht umsonst entstand in den 50er Jahren der "motorisierte Biedermeier" aus dieser Generation.

Zusätzlich zu kriegstraumatisierten Menschen und einer halbherzigen Aufarbeitung, kam in den 50-60ern die Generation an die politischen Schalthebel, die vom System 3. Reich mit seinen Jugendorganisationen schon als Kind und Jugendlicher indoktriniert worden war. Trotzdem hat sich die Geschichte in Deutschland nicht wiederholt.
Die ideologische Staatserziehung wurde in der DDR sogar bis in die späten 80er fortgesetzt, wenn auch mit geänderter politischer Richtung. Und trotzdem konnten die seit mehreren Generationen indoktrinierten Menschen in der DDR die Gunst der Stunde nutzen und sich selbst gewaltfrei von einem diktatorischen Regime befreien.

Kann man da sagen, die Politik und vor allem die Menschen in Deutschland hätten nichts aus der halbdemokratischen Machtübernahme Hitlers gelernt?

Für mich ergibt sich daraus, dass junge Demokratien eine längere Zeit brauchen, bis sie in der Lage sind, aus den polarisierenden Extrempositionen einen konsensfähigen Mittelweg zu finden, mit dem möglichst viele leben können.
Wenn allerdings dieser ausgewogene Mittelweg, der jeden einigermaßen mitnimmt und leben läßt, verlassen wird, kann sich ein Populist von jeder Seite vor die Masse der Unzufriedenen stellen und die passenden Parolen ausgeben.
Da ich nicht in Tagespolitik abgleiten möchte, wäre ich für entsprechende weltweite Beispiele aus der jüngeren Geschichte dankbar.

In einem 2. Schritt würde ich gern Deutschland verlassen und weltweit nach Beispielen suchen, ob es irgendwo nach Hitler wieder passiert ist.
Das einzige Land, das mir bisher eingefallen ist und das in etwa die Bedingungen erfüllt, ist Simbabwe ? Wikipedia .
Das sich von einer hoffnungsvollen jungen Demokratie zu einer Parteien-Diktatur entwickelt hat.
 
In der BRD wurde u.a. die Fünf-Prozent-Hürde ? Wikipedia nach dem 2. WK eingeführt.

Die 5 % Hürde ist noch immer umstritten. Ich würde sie weniger unter dem Aspekt der "Regierbarkeit", eher unter dem Aspekt "was verträgt eine Demokratie" betrachten. Jedenfalls hätte sie Hitler nicht verhindert, ebensowenig das Einziehen rechtsradikaler/-populistischer Partein in einige Landtage. Insofern kann m.A.n. kaum von einer Lehre gesprochen werden.

Grüße
excideuil
 
Die 5 % Hürde ist noch immer umstritten. Ich würde sie weniger unter dem Aspekt der "Regierbarkeit", eher unter dem Aspekt "was verträgt eine Demokratie" betrachten. Jedenfalls hätte sie Hitler nicht verhindert, ebensowenig das Einziehen rechtsradikaler/-populistischer Partein in einige Landtage. Insofern kann m.A.n. kaum von einer Lehre gesprochen werden.

Grüße
excideuil


Und die erste Große Koalition unter Kiesinger trug sich ja mit dem Gedanken, das Wahlrecht zu ändern, um der FDP den Garaus zu machen.
 
Wenn man jetzt mal von der direkt-konkret politischen Ebene weggeht, stellt sich aus gesellschaftsphilosophischer und -psychologischer Sichtweise die Frage:
war der Nationalsozialismus nur im Kontext des Zwischenkriegsdeutschland möglich oder besteht sozusagen für jede Gesellschaft ständig die Gefahr, faschistoid zu werden?

Einen sehr großen Einfluss auf diese Debatte hatten meines Erachtens das Milgram-Experiment ? Wikipedia , das Stanford-Prison-Experiment ? Wikipedia und der auf einem Versuch mit Schülern (Experiment wäre mir im Vergleich zu den beiden anderen zu hoch gegriffen) basierende Roman http://de.wikipedia.org/wiki/Die_Welle_(1981) .

Alles drei interessanterweise Arbeiten, die in den USA entstanden und die wohl ein Großteil der jüngeren Deutschen während ihrer Schulzeit kennenlernten. Aus meiner Schulzeit erinnere ich mich, dass man diese Versuche/Experimente gerne so deutete, dass grundsätzlich in jedem ein Faschist schlummerte, wenn der entsprechende Gruppendruck hoch genug war. Bezeichnenderweise keine Beiträge aus der Geschichtswissenschaft, die sich lange Zeit eher die Frage stellte, wie der Nationalsozialismus in seiner Epoche möglich wurde, wobei die kontroverseste Debatte darum wohl der Historikerstreit war. Allerdings trafen die genannten Experimente/Versuche wohl einen gewissen "Zeitgeschmack".
Der Protest gegen die Notstandsgesetze - der ja vor allem auf einer großen Angst vor einem neuen Faschismus beruhte - machte sich ja eine ähnliche Sichtweise zu eigen und war 1968 das konsensstiftende Ereignis, an dem auch Kreise weitab der eigentlichen "68er"-Szene teilhatten. Dass diese Werke auch heute noch einen großen Einfluss besitzen, zeigten die medial stark beachteten deutschen Verfilmungen "Das Experiment" (2001) und "Die Welle" (2008), jeweils ca. 30 Jahre nach den eigentlichen Vorbildern entstanden.

Persönlich hat mich dieser Ansatz nie ganz überzeugt. Als Schüler empfand ich ihn als Angstmacherei und ein wenig auch Schikane der Lehrer, mit dem entsprechenden historischen Wissen neige ich eher der Perspektive der heutigen Täterforschung zum Dritten Reich zu (in diese Richtung weisen etwa Mallmann/Paul, Karrieren der Gewalt, oder auch die Himmler-Biografie von Longerich), die von einem langen, durch persönliche Erlebnisse bedingten Verrohungsprozess einer Männerschicht ausgeht (mit dem Weg von den Schlachtfeldern des Ersten Weltkriegs, über die Freikorps und SA ins Dritte Reich), die dann hauptverantwortlich für die Kriegs- und Menschenrechtsverbrechen wurde.
 
Zumindest einige Lehren haben die VerfasserInnen des Grundgesetzes schon gezogen:

Keine Toleranz gegenüber den erklärten Feinden der Demokratie - verfassungsfeindliche Parteien können verboten werden (Art. 21, zuerst traf es 1952 die neonazistische Sozialistische Reichspartei). Wer die Grundrechte zum Kampf gegen die demokratische Ordnung mißbraucht, verwirkt diese. (Art. 18).

In der Weimarer Republik konnten deren Gegner dagegen ganz offen hetzen. Es gibt einen berühmten Artikel von Goebbels, in dem er die Weimarer Demokratie dafür verhöhnt, dass sie so dumm so sei, seiner Partei auch noch Abgeordnetenbüros, Diäten und Freifahrtscheine zu gewähren. Dies wäre heute nicht mehr möglich.

Art. 21 legt zudem fest, dass auch die innere Struktur von Parteien demokratisch organisiert sein muß. Eine nach dem 'Führerprinzip' wie die NSDAP organisierte Gruppierung wäre nicht verfassungskonform. Auch das hat sich als m. E. n. bewährt. Da radikale Parteien erfahrungsgemäß kompromißunfähige Querulanten anziehen, zerlegen diese sich recht häufig in inneren Kämpfen selbst.

Keines der Grundrechte darf in seinem Wesensgehalt angetastet werden (Art. 19), gleichgültig mit welcher Mehrheit ein solches Gesetz verabschiedet würde. Schon die Reichstagsbrandverordnung vom Februar 1933 setzte fundamentale Grundrechte außer Kraft. Auch dies wäre heute verfassungswidrig. Gegen ein solches Gesetz haben die Bürger sogar ein Widerstandsrecht (Art. 20).
 
Persönlich hat mich dieser Ansatz nie ganz überzeugt. Als Schüler empfand ich ihn als Angstmacherei und ein wenig auch Schikane der Lehrer, mit dem entsprechenden historischen Wissen neige ich eher der Perspektive der heutigen Täterforschung zum Dritten Reich zu (in diese Richtung weisen etwa Mallmann/Paul, Karrieren der Gewalt, oder auch die Himmler-Biografie von Longerich), die von einem langen, durch persönliche Erlebnisse bedingten Verrohungsprozess einer Männerschicht ausgeht (mit dem Weg von den Schlachtfeldern des Ersten Weltkriegs, über die Freikorps und SA ins Dritte Reich), die dann hauptverantwortlich für die Kriegs- und Menschenrechtsverbrechen wurde.

Das halte ich für zu kurz gesprungen.

-Ein Großteil der Veteranen des 1. WK war zu alt für den 2.

-Ein Großteil der der Kriegsverbrechen, des unmittelbaren Völkermodes oder sadistischer Menschenrechtsverletzungen in den KZs wurde von Leuten begangen, welche sich noch in ihren 20ern(!) befanden. Demanjuk ist z.B. Jahrgang 1920. Hans Stark Hans Stark ? Wikipedia wurde sogar noch nach Jugendstrafrecht verurteilt. In der breiten Masse war der Nationalsozialismus eine sehr junge Bewegung, die jungen waren dann auch die unmittelbar beteiligten Täter. Die Veteranen des 1. WKs innerhalb des Nationalsozialismus waren hingegen eher Ü40 und Schreibtischtäter.

-Die "Blutpumpe von Verdun" war etwas, was in den 30ern z.B. die Appeasementpolitik der Briten prägte, eine Wiederholung wollten die Verantwortlichen, die z.T. unmittelbar dabei waren unbedingt vermeiden. Im Industriezeitalter war klar, dass es im Kriegsfall wieder zu einem großen Schlachten kommen würde. Wieso sollten die Deutschen dann da besonders heiss drauf gewesen sein?

(EDIT: Gedanke: Hmm, Versailles revidieren...? Und der Jugend die Drecksarbeit überlassen... Die Leute, die während des 2. WKs schwere Verbrechen begangen waren ja 1933 oft noch keine 21 und waren politisch unmündig)

Das führt mich auch zum letzten Argument:
In den Stellungskriegen des 1. WKs waren ja nicht nur Deutsche, sondern auch Franzosen beteiligt. Aber die sind trotz Beteiligung am Ruhrkampf und co. in den 20ern natürlich nicht verroht, weil Franzosen ja überhaupt so tolle Liebhaber sind...?

Also wenn "Verrohungsprozess der deutschen Männerschicht" der aktuelle Forschungsstand sein soll, hab ich das Gefühl, dass die Forschung ziemlich daneben liegt...
 
Zuletzt bearbeitet von einem Moderator:
Wenn man jetzt mal von der direkt-konkret politischen Ebene weggeht, stellt sich aus gesellschaftsphilosophischer und -psychologischer Sichtweise die Frage:
war der Nationalsozialismus nur im Kontext des Zwischenkriegsdeutschland möglich oder besteht sozusagen für jede Gesellschaft ständig die Gefahr, faschistoid zu werden?

Einen sehr großen Einfluss auf diese Debatte hatten meines Erachtens das Milgram-Experiment ? Wikipedia , das Stanford-Prison-Experiment ? Wikipedia und der auf einem Versuch mit Schülern (Experiment wäre mir im Vergleich zu den beiden anderen zu hoch gegriffen) basierende Roman http://de.wikipedia.org/wiki/Die_Welle_(1981) .

Die Debatte war und ist wichtig, um daraus zu lernen. Insofern haben die Experimente und die Debatte um den "Kadavergehorsam" dazu beigetragen, dass der Konflikt zwischen Gehorsam gegenüber Autoritäten und dem eigenen Gewissen breiten Bevölkerungsschichten bewußt wurde.
Der Wert Gehorsam kann mit Pflichtgefühl durchaus positiv besetzt sein.

Das perfekte Pflichterfüllung und bedingungslose Gefolgschaft gegenüber Autoritäten und Vorgesetzten nicht über das eigene Wissen um die Menschenrechte gesetzt werden darf, mußte erst Eingang ins allgemeine Wertesystem finden.
...Allerdings trafen die genannten Experimente/Versuche wohl einen gewissen "Zeitgeschmack".
Der Protest gegen die Notstandsgesetze - der ja vor allem auf einer großen Angst vor einem neuen Faschismus beruhte - machte sich ja eine ähnliche Sichtweise zu eigen und war 1968 das konsensstiftende Ereignis, an dem auch Kreise weitab der eigentlichen "68er"-Szene teilhatten.
Über die Notstandsgesetze hinaus, setzte mit der 68er-Bewegung ein Umdenken beim Wertesystem ein, das bis in die Kinderzimmer reichte. Antiautoritäre Erziehung ? Wikipedia
 
Das halte ich für zu kurz gesprungen.

-Ein Großteil der Veteranen des 1. WK war zu alt für den 2.

-Ein Großteil der der Kriegsverbrechen, des unmittelbaren Völkermodes oder sadistischer Menschenrechtsverletzungen in den KZs wurde von Leuten begangen, welche sich noch in ihren 20ern(!) befanden. Demanjuk ist z.B. Jahrgang 1920. Hans Stark Hans Stark ? Wikipedia wurde sogar noch nach Jugendstrafrecht verurteilt. In der breiten Masse war der Nationalsozialismus eine sehr junge Bewegung, die jungen waren dann auch die unmittelbar beteiligten Täter. Die Veteranen des 1. WKs innerhalb des Nationalsozialismus waren hingegen eher Ü40 und Schreibtischtäter.

-Die "Blutpumpe von Verdun" war etwas, was in den 30ern z.B. die Appeasementpolitik der Briten prägte, eine Wiederholung wollten die Verantwortlichen, die z.T. unmittelbar dabei waren unbedingt vermeiden. Im Industriezeitalter war klar, dass es im Kriegsfall wieder zu einem großen Schlachten kommen würde. Wieso sollten die Deutschen dann da besonders heiss drauf gewesen sein?

(EDIT: Gedanke: Hmm, Versailles revidieren...? Und der Jugend die Drecksarbeit überlassen... Die Leute, die während des 2. WKs schwere Verbrechen begangen waren ja 1933 oft noch keine 21 und waren politisch unmündig)

Das führt mich auch zum letzten Argument:
In den Stellungskriegen des 1. WKs waren ja nicht nur Deutsche, sondern auch Franzosen beteiligt. Aber die sind trotz Beteiligung am Ruhrkampf und co. in den 20ern natürlich nicht verroht, weil Franzosen ja überhaupt so tolle Liebhaber sind...?

Also wenn "Verrohungsprozess der deutschen Männerschicht" der aktuelle Forschungsstand sein soll, hab ich das Gefühl, dass die Forschung ziemlich daneben liegt...

Dazu werde ich dir wegen knapper Mittagspause später noch ausführlicher schreiben, nur kurz: ich sprach nicht von "der deutschen Männerschicht", sondern "einer", also einem relativ klar umrissenen Milieu.
 
Das halte ich für zu kurz gesprungen.

-Ein Großteil der Veteranen des 1. WK war zu alt für den 2.

Allerdings nicht, um Führungspositionen in der SS oder Gestapo, damit in den Konzentrationslagern, bei der Waffen-SS etc. zu übernehmen.

-Ein Großteil der der Kriegsverbrechen, des unmittelbaren Völkermodes oder sadistischer Menschenrechtsverletzungen in den KZs wurde von Leuten begangen, welche sich noch in ihren 20ern(!) befanden. Demanjuk ist z.B. Jahrgang 1920. Hans Stark Hans Stark ? Wikipedia wurde sogar noch nach Jugendstrafrecht verurteilt. In der breiten Masse war der Nationalsozialismus eine sehr junge Bewegung, die jungen waren dann auch die unmittelbar beteiligten Täter. Die Veteranen des 1. WKs innerhalb des Nationalsozialismus waren hingegen eher Ü40 und Schreibtischtäter.

Ja, aber das waren diejenigen, welche die Planungen für den Holocaust, die Partisanenbekämpfungen, die Konzentrationslager und weitere Unterdrückungsmaßnahmen übernahmen. Ich meine Leute wie Heinrich Himmler, Theodor Eicke, Gottlob Berger, Rudolf Höß, Philipp Bouhler, Reinhard Heydrich, Karl Brandt, Oskar Dirlewanger, Erich von dem Bach-Zelewski, Hermann Fegelein und weitere. Viele von ihnen wurden um 1900 geboren, viele nahmen - teilweise noch sehr jung - am Ersten Weltkrieg teil, viele bewegten sich nach dem Krieg innerhalb der paramilitärischen Welt der Freikorps und SA und erlebten ihren beruflichen Aufstieg dann innerhalb der SS während des Dritten Reichs.


-Die "Blutpumpe von Verdun" war etwas, was in den 30ern z.B. die Appeasementpolitik der Briten prägte, eine Wiederholung wollten die Verantwortlichen, die z.T. unmittelbar dabei waren unbedingt vermeiden. Im Industriezeitalter war klar, dass es im Kriegsfall wieder zu einem großen Schlachten kommen würde. Wieso sollten die Deutschen dann da besonders heiss drauf gewesen sein?

Es war ja gerade charakteristisch für die Nationalsozialisten, dass sie für die Revision des Versailler Vertrags und expansive Ziele darüber hinaus bereit waren, sehr weit zu gehen.

Das führt mich auch zum letzten Argument:
In den Stellungskriegen des 1. WKs waren ja nicht nur Deutsche, sondern auch Franzosen beteiligt. Aber die sind trotz Beteiligung am Ruhrkampf und co. in den 20ern natürlich nicht verroht, weil Franzosen ja überhaupt so tolle Liebhaber sind...?

Wie gesagt: es geht mir nicht um die Deutschen im Allgemeinen. Was die Franzosen im übrigen in ihrem eigenen Land nicht hatten, waren bürgerkriegsähnliche Zustände wie im Deutschland der frühen Weimarer Republik. Es gab nicht den extremen Anteil von Leuten, die Schwierigkeiten hatten - auch nach der Reduzierung der Armee - im zivilen Leben heimisch zu werden. Ein ganz klassischer Fall ist etwa Ernst Röhm, der nie eine zivile Karriere anstrebte, und sich innerhalb der Aufbauphase der SA auch als Söldner in Südamerika betätigte.
 
Allerdings nicht, um Führungspositionen in der SS oder Gestapo, damit in den Konzentrationslagern, bei der Waffen-SS etc. zu übernehmen.
Ja, aber das waren diejenigen, welche die Planungen für den Holocaust, die Partisanenbekämpfungen, die Konzentrationslager und weitere Unterdrückungsmaßnahmen übernahmen. Ich meine Leute wie Heinrich Himmler, Theodor Eicke, Gottlob Berger, Rudolf Höß, Philipp Bouhler, Reinhard Heydrich, Karl Brandt, Oskar Dirlewanger, Erich von dem Bach-Zelewski, Hermann Fegelein und weitere. Viele von ihnen wurden um 1900 geboren, viele nahmen - teilweise noch sehr jung - am Ersten Weltkrieg teil, viele bewegten sich nach dem Krieg innerhalb der paramilitärischen Welt der Freikorps und SA und erlebten ihren beruflichen Aufstieg dann innerhalb der SS während des Dritten Reichs.

Gut beschrieben!

Das ist die "Kindergeneration" des Ersten Weltkrieges bzw. die "Generation 1900".

Das Führungskorps wird grundlegend dargestellt in Wildt, Generation des Unbedingten: das Führungskorps des Reichssicherheitshauptamtes.
 
-Ein Großteil der Veteranen des 1. WK war zu alt für den 2.

Ein großer Anteil des Offizierskorps war 1918 als junge Unteroffiziere oder Leutnante im ersten Weltkrieg und wurden dann 1939 reaktiviert. Dazu musst du bedenken, dass es sicherlich die jungen Soldaten die mit 18, 19 oder 20 vom ersten Weltkrieg besonders getroffen waren, einfach weil sie vom Krieg aus ihrer Kindheit herausgerissen wurden.
Der Jahrgang 1900 war durchaus nicht zu alt für den Dienst an der Waffe. Wer 1918 zum kaiserlichen Heer eingezogen wurde war 1939 häufig Unteroffizier, zumindest wenn er in irgendeiner Weise eine fachliche Begabung hatte. Ich hatte in der Familie zwei Urgroßväter (Jahrgänge 1899 und 1900) die beide 1939 zur Wehrmacht eingezogen wurden.

Außerdem waren es nicht nur die Veteranen die mit dem Schrecken des ersten Weltkriegs zu kämpfen hatten. Denke an die Kinder, derne Väter völlig verstört von der Front nach Hause kamen, denen die welt zu Hause so unwirklich vorkam, weil sie Tausende Tote in den Schützengräben gesehen haben.

Ein Wort zu den SS-Leuten in den 20ern. Wenn wir die Ausländischen Hilfskräfte einmal beiseite lassen war diese Generation eine, die von dne Nationalsozialisten seit ihrer Jugend indoktriniert worden ist. Der Jahrgang 1920 13 Jahre. Wie leicht lässt man sich in diesem Alter von fantastischen Ideen begeistern? Doch wohl sehr leicht. Und über die Nationalsozialisten kann man viel sagen, aber von Beeinflussung und Propaganda hatten sie sehr viel Ahnung. Grade diese Generation, die Generation von 1920 war eien der fanatischsten. Sie hatte die "positiven*" Effekte des Nationalsozialistischen Herrschaftsantrittes miterlebt, war 1939 im besten Alter und kannte keine andere ideologische Ausrichtung.

*Postiv in dem Sinne, dass die Propaganda Aufschwung, politische Ordnung und Arbeitsbeschaffung hervorhob.
 
Ich hätte noch eine anderen Aspekt anzubieten.

Die Weimarer Republik war gescheitert an rechtsradikalen politischen Kräften. Die Bonner Verfassung ist stark geprägt von dem Bemühen, einem solchen Scheitern vorzubeugen.

Allerdings wurden dabei mMn andere Möglichkeiten des Scheiterns wenig berücksichtigt. Solche existieren allerdings.

Es könnte zum Beispiel sein (in einem hypothetischen Fall ohne Gegenwartsbezug), dass irgenwelche Kräfte versuchen, die Staatskasse des demokratischen Staates zu plündern, und das unter Nutzung der demokratischen Instituionen. Wenn ein solcher Coup gelingt, ist die Demokratie pleite und wirkungslos, das Geld (= Macht) verbleibt zu 100 % außerhalb des demokratischen Raums.

Die Demokratie wäre dann gescheitert, die demokratische Verfassung hätte es nicht verhindert, vielleicht sogar versehentlich Beihilfe geleistet.

Nun ja, vielleicht müssen wir das ja erst noch lernen. Falls ein solcher Fall mal eintritt. Rein hypotheisch.
 
Die Staatsverschuldung blieb im Grundgesetz nicht unberücksichtigt und floß in den allerdings stets etwas zahnlosen Artikel 109 ein:

GG - Einzelnorm

Als sich in den letzten Jahren die Finanzlage der Staatskassen verschärfte, baute man die sog. Schuldenbremse ein:

http://de.wikipedia.org/wiki/Schuldenbremse_(Deutschland)

Ob es hilft, wird die Zukunft zeigen; wir gleiten da aber jetzt sehr ins aktuell Politische.

P.S.: Pleitestaaten sind zwar meistens sehr siech, aber nicht handlungsunfähig und können sogar über lange Zeiträume existieren. Da blicke man mal auf so manches Mitglied des Heiligen Römischen Reiches.
 
Die Weimarer Republik war gescheitert an rechtsradikalen politischen Kräften. Die Bonner Verfassung ist stark geprägt von dem Bemühen, einem solchen Scheitern vorzubeugen.

Das Scheitern der Weimarer Republik beruht auf einem Bündel von Ursachen. Zu nennen ist das Fortbestehen der alten Eliten des Kaiserreichs, die Schwäche der demokratischen Parteien und ihre Unfähigkeit, Kompromisse zu schließen, die Deklassierung der Mittelschichten durch Inflation und ab 1930 durch die Weltwirtschaftskrise mit Massenarbeitslosigkeit.

Es waren aber nicht nur die rechtsradikalen Kräfte, die die Weimarer Republik aushöhlten, denn sowohl NSDAP wie KPD hatten am rechts- und linksextremen Rand eine beträchtliche Anhängerschaft. In der Endphase der Republik setzte eine Radikalisierung des öffentlichen Lebens ein, mit antidemokratischen Tendenzen in Militär, Justiz und Beamtenschaft.

Es könnte zum Beispiel sein (in einem hypothetischen Fall ohne Gegenwartsbezug), dass irgenwelche Kräfte versuchen, die Staatskasse des demokratischen Staates zu plündern, und das unter Nutzung der demokratischen Instituionen. Wenn ein solcher Coup gelingt, ist die Demokratie pleite und wirkungslos, das Geld (= Macht) verbleibt zu 100 % außerhalb des demokratischen Raums.

Die Staatsverschuldung Deutschlands beträgt gegenwärtig rund 2 Billionen Euro, sodass es hier wenig zu "plündern" gibt, ganz abgesehen davon, dass es heutzutage keine angehäuften Staatschätze mehr gibt. Die Einnahmen der demokratischen Staatswesen resultieren aus den von Bürgern und Unternehmen zu entrichtenden Steurn und wer sich unberechtigterweise in deren Besitz setzen will, muss einen Staatsstreich oder Putsch anzetteln.
 
Ein Wort zu den SS-Leuten in den 20ern. Wenn wir die Ausländischen Hilfskräfte einmal beiseite lassen war diese Generation eine, die von dne Nationalsozialisten seit ihrer Jugend indoktriniert worden ist. Der Jahrgang 1920 13 Jahre. Wie leicht lässt man sich in diesem Alter von fantastischen Ideen begeistern? Doch wohl sehr leicht. Und über die Nationalsozialisten kann man viel sagen, aber von Beeinflussung und Propaganda hatten sie sehr viel Ahnung. Grade diese Generation, die Generation von 1920 war eien der fanatischsten. Sie hatte die "positiven*" Effekte des Nationalsozialistischen Herrschaftsantrittes miterlebt, war 1939 im besten Alter und kannte keine andere ideologische Ausrichtung.

*Postiv in dem Sinne, dass die Propaganda Aufschwung, politische Ordnung und Arbeitsbeschaffung hervorhob.

Gerade diese Generation der um 1920 Geborenen muß aber nach dem Krieg einen ordentlichen Lernprozeß gemeistert haben. Denn die rechten Parteien kamen mW fast nie über 5 %.
 
Der Schock von '45 war ja auch enorm. Die Niederlage und die Propaganda der Siegermächte haben ihren Anteil dazu geleistet, dass die Generation von 1920 sich politisch umorientiert hat. Dazu kam ien allgemeiner Rückzug aus dme politischen Leben. Das Thema Politik war in dne Anfangsjahren der BRD ein eher unbeliebtes. Das Thema was man vor '45 gemacht hat tabu. Datzu kam, dass viele Nutznießer des Nazi-Regimes in der BRD ein gutes auskommen gefunden hatten und es im Prinzip in der stabilen BRD keinen wirklichen Grund gab eine Rechtsradikale Partei zu wählen, die Deutschland in einen neuen Krieg führt.

Im übrigen waren ja nicht alle Mitglieder dieser Generation fanatische Nazis, der anteil war in jener Generation nur höher als in anderen, wird aber auch hier 20% nicht überschritten haben. Die Zahl basiert auf den Untersuchungen der Military Intelligence Division über den Zusammenhalt im Deutschen Heer, nach der in regulären Armeeeinheiten 10-15% überzeugte Nationalsozialisten waren und nur in SS und Spezialeinheiten der antiel weitaus höher lag. Ich denke aufgrund des Querschnitts durch die junge männliche Bevölkerung den die Wehrmacht mit Sicherheit bot, ist die Zahl 20% ein guter Schätzwert.

edit: Natürlich nur wenn die Zahlen der MID verlässlich sind.
 
Der Schock von '45 war ja auch enorm. Die Niederlage und die Propaganda der Siegermächte haben ihren Anteil dazu geleistet, dass die Generation von 1920 sich politisch umorientiert hat. Dazu kam ien allgemeiner Rückzug aus dme politischen Leben.
Ein Schock kann eigentlich nur die Enthüllung der Naziverbrechen gewesen sein und nur für die, die es wirklich nicht geahnt hatten. Die Kriegsniederlage kam nicht überraschend.




Das Thema Politik war in dne Anfangsjahren der BRD ein eher unbeliebtes. Das Thema was man vor '45 gemacht hat tabu.
Wie kommst du darauf, dass Politik kein Thema war?
Ich kann es auch nicht belegen, vermute aber, dass die Wahlbeteiligung höher war als heute.

...Im übrigen waren ja nicht alle Mitglieder dieser Generation fanatische Nazis, der anteil war in jener Generation nur höher als in anderen, wird aber auch hier 20% nicht überschritten haben. Die Zahl basiert auf den Untersuchungen der Military Intelligence Division über den Zusammenhalt im Deutschen Heer, nach der in regulären Armeeeinheiten 10-15% überzeugte Nationalsozialisten waren und nur in SS und Spezialeinheiten der antiel weitaus höher lag. Ich denke aufgrund des Querschnitts durch die junge männliche Bevölkerung den die Wehrmacht mit Sicherheit bot, ist die Zahl 20% ein guter Schätzwert.

edit: Natürlich nur wenn die Zahlen der MID verlässlich sind.

Zu den %-Zahlen kann ich nichts sagen, an den Wahlergebnissen der 50/60er Jahre kann man diese nicht ablesen.
Ich vermute eher, dass sie traditionell und schichtenzugehörig gewählt haben, d.h. sie übernahmen idR die Partei, die ihre Eltern in den 20ern gewählt hatten. Demokratiefortsetzung mit 25 Jahren Zwangspause.
 
Ein Schock kann eigentlich nur die Enthüllung der Naziverbrechen gewesen sein und nur für die, die es wirklich nicht geahnt hatten. Die Kriegsniederlage kam nicht überraschend.
Ich denke ob die niederlage überraschend kam und wie viel man von dne Naziverbrechen wusste hing sehr vom Wohnort, von der Vorbildung, der Herkunft und vom Beruf ab. Die Kombination aus dem tatsächlichen Untergang des "tausendjährigen Reiches", dem Umfang der Naziverbrechen und der Besatzung waren wohl ein schwerer Schock. Doch dieses Thema kann Bände füllen und ich würde hier ungern so weit vom Thema abweichen.

Wie kommst du darauf, dass Politik kein Thema war?
Ich kann es auch nicht belegen, vermute aber, dass die Wahlbeteiligung höher war als heute.
Trenne bitte Wahlbeteiligung von aktiver politischer Beteiligung. Im Gegensatz zu der Zeit nach 1968 sprach man weder in dne Familien, noch im Freundeskreis viel über Politik. Man ging zur Wahlurne, machte sein Kreuz bei der partei mit dem C im Namen (außer in den klassischen Industriegebieten) und ging nach Hause, weil man wusste, dass Land war unter Onkel Adenauer in besten Händen war. Der politische Diskurs fand hingegen fast ausschließlich zwischen den Parteien statt und weniger in der Öffentlichkeit.

Ich vermute eher, dass sie traditionell und schichtenzugehörig gewählt haben, d.h. sie übernahmen idR die Partei, die ihre Eltern in den 20ern gewählt hatten. Demokratiefortsetzung mit 25 Jahren Zwangspause.
Das wiederrum ist eine fragliche These. Einerseits weichen die Wahlergebnisse der politischen Partein der 20er Jahre und ihrer Nachfolgeparteien in den 50ern doch stark voneinander ab und zweitens frage ich mich wo eine Generation, die seit ihrer Jugend nur Krieg und Diktatur kannte diese demokratische Tradition herholen sollte? Immerhin waren in den 50er Jahren viele Familien zerrissen, Kreigstraumata wurdne unterdrückt und vieles mehr. Milieuunabhängig war die Wahlentscheidung natürlich nicht, vor allem die SPD erhielt ihre Stimmen vor dem Godesberger programm klassisch aus den Arbeitervierteln. Allerdings fehlte der CDU das elemt, dass das Zentrum in seinem Milieu verankert hatte. Das Zentrum hatte ohne die katholische Minderheit (Schlesien und Rheinland) praktisch keinen Identitätsstiftenden Charackter mehr, sondern wurde zur Volkspartei. Nach deiner Theorie hätte das 1949 neu gegründete Zentrum schnell den Platz der CDU einnehmen müssen, zumindest in den katholischen Gebieten, weil das Zentrum ja das milieu katholisch vertrat, während die CDU ein Sammelbecken aus Katholiken und Protestanten war und vom Arbieter bis zum Geschäftsmann einen großen Teil der Bevölkerung ansprach. Spätestens ab 1953 gab es praktisch das Parteiensystem Weimars nicht mehr. Es gab nurnoch Christdemokraten, die man mit ein wenig guten Willen als Nachfolger des Zentrums sehen kann, die aber nicht mehr den charackter der katholischen Minderheitenpartei hat, Sozialdemokraten, die sich langsam der gesamten Bevölkerung öffneten und die Liberalen, die allerdings auch eine Fülle politischer Bewegungen aus der Zwischenkriegszeit repräsentierten (Deutsche Staatspartei/DDP, DVP, Wirtschaftspartei). Wenn deine Theorie stimmen würde hätte sich nach 1949 ein ähnliches Parteinsystem wie 1918 gebildet, es hat sich aber ein stabiles, fast schon elitäres Dreiparteinsystem mit klar verteilten Rollen gebildet, dass von den 50er Jahren bis in die 80er Jahre Bestand hatte.
 
Wenn deine Theorie stimmen würde hätte sich nach 1949 ein ähnliches Parteinsystem wie 1918 gebildet, es hat sich aber ein stabiles, fast schon elitäres Dreiparteinsystem mit klar verteilten Rollen gebildet, dass von den 50er Jahren bis in die 80er Jahre Bestand hatte.

Ich sehe das wie rena.

Das Dreiparteiensystem Ist kein Widerspruch, sondern Ergebnis des Wahlrechs und des neuen föderalen Systems, dass für die Bündelungen sorgte, szsg. eine erzwungene Entwicklung.

Beispielhaft und anschaulich sind die Flügel der FDP, in der Nachkriegszeit Jahrzehnte durch DVP und DDP geprägt, wie Hamm-Brücher einmal feststellte.
 
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