Hemmingen-Wilkenburg: Mal wieder ein neues Römerlager entdeckt...

Hier die Nordost-Ecke des Lagers an der alten Leine.
 

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Die Südostecke und Südwall sind ebenfalls bei GE erkennbar:
südost.jpg
südwall.jpg

Aber was zeichnet sich da als dünne Linie ab? Die Palisade?
Graben und Wall müssten doch breiter sein...

Gruß
jchatt
 
Es müsste sich um den Graben handeln: Die Linie ist dunkler als die Umgebung. Die Pflanzen können hier tiefer wurzeln, kommen so besser an Wasser.
 
Danke @Hermundure und @jchatt.

Ich habe die erkennbare Grabenstruktur einmal nachgezeichnet.
Als Kantenlänge des Südostgrabens messe ich 585 m.

Nebenbei stellt sich die Frage ob es Zufall ist, dass die Landstraße 389 hier genau parallel verläuft.
 

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Es müsste sich um den Graben handeln: Die Linie ist dunkler als die Umgebung. Die Pflanzen können hier tiefer wurzeln, kommen so besser an Wasser.

Ja. Es müsste der Graben sein. Der Radius der Struktur von über 30m wäre mit dem des Grabens der Südostecke in Oberaden konform. Der Wall bzw. die Holz-Erde-Mauer haben dort nur einen Radius von 22m.

Gruss
jchatt
 
Als Kantenlänge des Südostgrabens messe ich 585 m.

ziemlich genau die Länge der Ostseite des grossen augusteischen Lagers in Nijmegen.
Ich spekuliere einmal, dass es sich um die selben Truppen handeln könnte, die immer versuchten möglichst das gleiche Lager zu errichten.

Gruss
jchatt
 
Danke @Hermundure und @jchatt.

Ich habe die erkennbare Grabenstruktur einmal nachgezeichnet.
Als Kantenlänge des Südostgrabens messe ich 585 m.

Nebenbei stellt sich die Frage ob es Zufall ist, dass die Landstraße 389 hier genau parallel verläuft.
Salve Divico,
ich hatte in der letzten Zeit öfter (als Ortsfremder) in der Gegend zu tun, daher ein paar Anmerkungen:
Ich bin mit dem Navi (schnellster Weg) von Hannover A 7 nach Höxter gefahren und bin beide Mal einige Hundert Meter an dem Lager (unwissentlich natürlich) vorbeigekommen. In unmittelbarer Nähe befindet sich auch der heutige:grübel: Leineübergang. Erstaunlich, wie dicht einige Lager auch an heutigen schnellen Strecken liegen, vergleichbar Hedemünden, ein paar hundert Meter zur A 7. Gemeinsam wäre hier der Flussübergang.
Auf dem Hinweg bin ich über den Ith gefahren. Halleluja, was für Steigungen bis zum Pass, für ein Heer sicher sehr schwierig, und nur dann, wenn man den Pass beherrscht.
Rückweg war dann der etwas längere bequeme Weg über Hameln, von dort ins Landesinnere.
Wenn Höxter die Verlängerung der Lippelinie ist, ist es sicher ein ganz heißer Kandidat für einen größeren Verwaltungs- und Versorgungsstandort, hat gute Schiffsanlegemöglichkeiten und in der Ebene viel Platz, im Gegensatz zu anderen Weserorten.
Zugfahrt von Paderborn nach Hannover:
Man schlängelt sich auf nicht ganz einfachen Wegen bis an die Weser durchs Emmertal. Dort sticht neben Hameln sofort ein hoher Berg ins Auge auf der Niedersächsischen Seite. Ähnliche Lage wie Hedemünden, man hätte von dort oben die ganze Gegend im Visier, unterhalb des Berges Anlandemöglichkeiten. Irgendwas ist auf dem Berg drauf, konnte ich bisher aber nicht identifizieren, vielleicht Militär oder Lagerstätte für das Kernkraftwerk...
Als Römer hätte ich die Okkupation so begonnen: Anlegen eines großen Nachschubstandortes in Höxter, auf der anderen Weserseite im Abstand von 20-40 KM Brückenköpfe mit Standlagern. Dann hätte man nach dem Einmarsch schnell Truppen und Nachschub an den Brückenköpfen anlanden können. Nach der Okkupationsphase verlieren dann diese Brückenköpfe einen Großteil Ihrer Bedeutung, mehr zur Überwachung des Nachschubes...
 
Ich bin mit dem Navi (schnellster Weg) von Hannover A 7 nach Höxter gefahren und bin beide Mal einige Hundert Meter an dem Lager (unwissentlich natürlich) vorbeigekommen. In unmittelbarer Nähe befindet sich auch der heutige:grübel: Leineübergang. Erstaunlich, wie dicht einige Lager auch an heutigen schnellen Strecken liegen, vergleichbar Hedemünden, ein paar hundert Meter zur A 7.

So erstaunlich finde ich das nicht. Viele moderne Schnellstraßen verlaufen entlang uralter Verkehrswege. Auch das Schlachtfeld am Harzhorn liegt direkt an der Autobahn.

Auf dem Hinweg bin ich über den Ith gefahren. Halleluja, was für Steigungen bis zum Pass, für ein Heer sicher sehr schwierig, und nur dann, wenn man den Pass beherrscht.

Dass die Römer den Ith überquert hätten halte ich für äußerst unwahrscheinlich. Auch eine Überquerung des benachbarten Hils von Eschershausen in Richtung Leinetal bei Alfeld kommt sicher nicht in Frage. Diese bei Motorradfahrern wegen ihrer vielen engen Kurven und Steigungen sehr beliebte Strecke dürfte erst ab dem Mittelalter im Zuge der Glasproduktion um Grünenplan entstanden sein.

Die damals sicher viel weiter hinab bewaldeten Gebirge Ith und Hils mussten wohl entweder nördlich über Hameln oder südlich über Stadtoldendorf umgangen werden.

Wenn Höxter die Verlängerung der Lippelinie ist, ist es sicher ein ganz heißer Kandidat für einen größeren Verwaltungs- und Versorgungsstandort, hat gute Schiffsanlegemöglichkeiten und in der Ebene viel Platz, im Gegensatz zu anderen Weserorten.

Volle Zustimmung. Nicht umsonst hatte das Kloster Corvey im Mittelalter eine herausragende Bedeutung als Verwaltungszentrum.

Zugfahrt von Paderborn nach Hannover:
Man schlängelt sich auf nicht ganz einfachen Wegen bis an die Weser durchs Emmertal. Dort sticht neben Hameln sofort ein hoher Berg ins Auge auf der Niedersächsischen Seite. Ähnliche Lage wie Hedemünden, man hätte von dort oben die ganze Gegend im Visier, unterhalb des Berges Anlandemöglichkeiten. Irgendwas ist auf dem Berg drauf, konnte ich bisher aber nicht identifizieren, vielleicht Militär oder Lagerstätte für das Kernkraftwerk...

Es scheint sich um eine ehemalige Luftabwehrbatterie zu handeln. Die Fläche entspricht in der Größe tatsächlich etwa den Ausmaßen des neu entdeckten Lagers bei Hemmingen.
 

Reparierter Link.

[Edit]
Das ist mal wieder typisch Springer: die wissen vor den Archäologen, was diese gefunden haben.

Zumal es ohne eine VAR-gestempelte Münze überhaupt keinen Grund gibt, an Varus zu denken. In Frage kommen derzeit doch eher der immensum bellum, oder, wohl noch wahrscheinlicher, der Feldzug des Tiberius 4/5 n. Chr.
 
Zuletzt bearbeitet:
Das ist mal wieder typisch Springer: die wissen vor den Archäologen, was diese gefunden haben.
Kurioserweisr lästert darüber auch Sabine Hornung in ihrem empfohlenen Science Slam-Vortrag, nur eben in Bezug auf ihre Grabung.

Ich gebe zu, die Überschrift "Varus kam bis Hannover. Dann musste er sterben" klingt schon reißerisch. Allerdings werden im Artikel zwei mögliche Interpretationen genannt: zum einen vor Varus im Rahmen des immensum bellum 4 n. Chr. oder zum anderen mit den Varus-Legionen 9 n. Chr.. Eine Zuordnung des Lagers zu den späteren Kriegszügen 15 bzw. 16 n. Chr. ist aufgrund des bisher vorliegenden Münzspiegels eher unwahrscheinlich.

Die Drusus-Feldzüge in den Jahren vor der Zeitenwende werden aufgrund des Fundes einer späteren Münze (allerdings im schlecht erhaltenen Zustand) ausgeschlossen.

Reparierter Link.

[Edit]


Zumal es ohne eine VAR-gestempelte Münze überhaupt keinen Grund gibt, an Varus zu denken. In Frage kommen derzeit doch eher der immensum bellum, oder, wohl noch wahrscheinlicher, der Feldzug des Tiberius 4/5 n. Chr.

Ich denke, hier sollte man vorsichtig sein: zum einen wird Drusus aufgrund einer schlecht erhaltenen Münze ausgeschlossen (diese muß noch genauer untersucht werden), zum anderen sollte man Varus nicht unbedingt ausschließen.

Ich konnte leider aus den Berichten in der Presse nicht entnehmen, wieviele Münzen gefunden worden sind. Weiterhin ist noch zu beachten, ob das Gebiet des Marschlagers schon zur Gänze untersucht worden ist. Möglicherweise kommen da noch weitere Funde/Befunde ans Licht, die eine genauere Datierung ermöglichen.

Auf der Seite des Niedersächischen Landesamt für Denkmalpflege (Presseinformationen | Nds. Landesamt für Denkmalpflege) habe ich leider auch keine weiteren Informationen gefunden.
 
Hallo,

es steht ja noch nicht einmal zweifelsfrei fest, ob es sich bei der jüngsten Münze um ein Lugdunum I As handelt. Das wird nur angenommen - nicht mehr und nicht weniger. Der Erhaltungszustand ist zu schlecht, um eine sichere Aussage treffen zu können.

Zitat: "Fasziniert sind die Wissenschaftler aber vor allem von einer schlecht erhaltenen Kupfermünze, die durchaus aus einer Prägeserie aus Lyon stammen könnte."

Ende

Was mich auch stört ist die Aussage, dass 20.000 Mann in dem Lager Platz gehabt haben. Die Größe des Mainzer Legionenlagers (36 ha) ist fast kongruent mit dem in Marktbreit (37 ha) - und war für 2 Legionen konzipiert gewesen. Riesig allein sind bisher die Lager in Oberaden (ca. 56 ha), das 1. Marschlager in Dorsten-Holsterhausen (entdeckt 1952 - 58,5 ha) und Hachelbich (49-50 ha). Da ist der Spielraum für 3 Legionen gegeben.

Warten wir mal ab, was noch so gefunden wird...
 
@ Carolus,

lässt man die schlecht erhaltene Münze mal außen vor, so ist das halbierte Nemausus-As der Serie I die jüngste Münze. Es ist erst der 4. Fundort eines 1/2 Nemausus-Asses zwischen Weser und Elbe.

*Altenzaun (SA)
*Schwabhausen (TH)
*Hemmingen (NDS)
*Hedemünden (NDS)

Interessant ist auch Ptolemäus mit seiner Ortsangabe von Tropaea Drusi rechts der Weser und NW des Melibokon.
 
Ich weiß zwar nicht, ob das die Pressemitteilung des Niedersächsischen Landesamtes für Denkmalpflege ist, aber zumindest fand ich folgende Information auf der Seite der Stadt Hannover:


Nach dem jetzigen Erkenntnisstand ist davon auszugehen, dass das Lager zur sogenannten Okkupationszeit zwischen 12 v. Chr. und dem Varushorizont um 9 n. Chr. angelegt wurde.
Wilkenburg: Römisches Marschlager bestätigt | Wirtschaft & Wissenschaft 2015 | Aktuelles | hannover.de | Presse & Medien | Service | Hannover.de | Home - hannover.de


Wiki schreibt:

Durch eine systematische Flächenprospektion mit Metallsuchgeräten und durch Ausgrabungen im Bereich des Lagers wurden Bruchstücke bronzener Fibeln, einige römische Schuhnägel, eine Pinzette, weitere Buntmetallfunde sowie Kupfermünzen als Soldatengeld der Römer gefunden.

https://de.wikipedia.org/wiki/Römisches_Marschlager_von_Wilkenburg

Ich vermute, dass dann innerhalb des Lagerkomplexes alle metallischen Reste wohl gefunden worden sein dürften, also weitere Münzen sind m. E. wahrscheinlich nicht zu erwarten.
 
Ich vermute, dass dann innerhalb des Lagerkomplexes alle metallischen Reste wohl gefunden worden sein dürften, also weitere Münzen sind m. E. wahrscheinlich nicht zu erwarten.

Da das Lager ursprünglich schon 1992 entdeckt wurde, würde es mich nicht wundern wenn zwischenzeitlich Informationen durchgesickert sind und dort schon illegale Sondengänger am Werke waren. :mad:

Was aber wieder richtig Freude macht: die zuständigen Archäologen scheinen schon richtig heiß auf das nächste zu entdeckende Marschlager zu sein, wie auch aus dieser Reportage hervorgeht:

Sat1 Regional - Sensationsfund: Archäologen entdecken Römerlager bei Hannover
 
Das ist mal wieder typisch Springer: die wissen vor den Archäologen, was diese gefunden haben.
Kurioserweisr lästert darüber auch Sabine Hornung in ihrem empfohlenen Science Slam-Vortrag, nur eben in Bezug auf ihre Grabung.

Ja, der Varus. Wenn der wüsste, wie ausgerechnet er noch nach 2000 Jahren in den Gazetten herumspukt! Der Varus ist halt immer noch für eine Schlagzeile gut. Erinnert mich irgendwie an die Sache in Barkhausen wo man schließlich das Sommerlager des Varus vor einigen Jahren entdeckt hat, nur um dann später deutlich zurückzurudern. Peinlich!

Fakt ist doch, daß es momentan so aussieht das von der Datierung her alles mögliche in Frage käme:
Drusus, Tiberius, Varus oder sogar Thrax!
Aber seien wir ehrlich: Varus, das wäre es doch. Wenn man dann noch weitere Marschlager finden würde, vieleicht sogar in Richtung Kalkriese oder in eine ganz andere Richtung. Ich mag garnicht daran denken. Was könnten wir hier diskutieren.:yes:
Dabei ist aber höchst fraglich, ob sich dieses Marschlager überhaupt datieren lässt.

Macht aber auch nix.
In gut zwei Monaten ist Weihnachten. Und überall gibt es schon Spekulatius!
Und die Redakteure bei Springer haben offensichtlich schon viel davon eingekauft.=)
 
Guten Morgen Salvus,

Maximinus Thrax kann man auf Grund der Münzfunde und der geschweiften Fibel ausschließen.

Grüße
 
Interessant wäre es schon, wenn man eine Kette von Marschlagern finden und Varus zuordnen könnte. Mir ist nicht ganz klar, was Varus eigentlich bei den Cheruskern wollte. Vellejus Paterculus und auch Florus schreiben, daß er sich auf einer Gerichtsreise befand. Eine solche alljährliche Reise zu den Conventi (Gerichtsbezirken) war in einer Provinz üblich. Allerdings nicht in Begleitung von 3 Legionen plus Auxilia. In einer befriedeten Provinz wie Syrien, wäre der Statthalter nur mit seinen Beamten und einem Teil seiner Singulares (max. 500-1000 Mann) losgezogen. Ganz so befriedet kann diese neue "Provinz" also nicht gewesen sein.

Wir können also annehmen, daß Varus im Gebiet der Cherusker zu Gericht saß. Aber wo kam er her? Welche andere Gebiete besuchte er auf seiner Gerichtsreise? Kam er von Norden aus dem Gebiet der Chauken und Angrivarier und nahm den Weg entlang von Weser und Leine? Zurück wollte er über die Lipperoute, von der er dann erfolgreich abgelenkt wurde.

Es wäre interessant zu erfahren, welche Stämme Varus überhaupt als Teil seiner Provincia betrachtete, die er mit römischem Recht beglücken wollte. Ich kann mir kaum vorstellen, daß er die Langobarden an der Elbe dazu zählte und auch diese in diesem Sommer besucht hatte.

Und wer übernahm eigentlich die Verwaltung des Südens der Germania Magna? Es scheint, daß die Germania auch in den Zeiten zwschen Drusus und Germanicus noch ungeteilt war, Varus also auch das Oberkommando über die Legionen in Mainz hatte. Es gibt aber keine Quellen, daß er jemals im Gebiet der Chatten oder gar der Hermunduren unterwegs war. Letztere wären wohl ebenso wie die Langobarden überrascht gewesen, wäre ein römischer (Pro)Prätor aufgetaucht und hätte ihnen verkündet, daß sie jetzt zum römischen Reich gehören. Ich nehme an, den Süden übernahm sein Legat in Mainz. Eine durchaus übliche Delegierung statthalterischer Kompetenz.

Weitere Marschlager, sofern man sie Varus zuordnen kann, wären also wertvoll um Art und Umfang der Provincia des Varus besser zu verstehen.
 
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