Heutige Kaufkraft des Gulden

Man kann aber feststellen, wie viel man 1520 für eine Brot ausgab und wie viel heute für den BigMac (heute wird Inflation gerne am BigMac gemessen) und wie das im Verhältnis zum Gesamteinkommen stand (sofern man die Daten ausfindig machen kann).
Wie viel man anno 1520 für die Bestechung eines schottischen Clanchefs (BigMac) ausgeben musste, wird sich doch aus den Rechnungsbüchern der englischen und französischen Könige problemlos ermitteln lassen? :p
 
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Wenn man die Produkte in Warengruppen aufteilt passt das schon einigermaßen. Bitte nicht vergessen, Industrieprodukte sind im allgemeinen wesentlich günstiger in der Produktion als Handarbeit, wie sie zur damaligen Zeit fast ausschließlich vorkam.
Da wäre, wie ich das sehe aber noch das Problem mit der Geldmenge und den individuellen Budgets.

Klar kann man Warengruppen bilden und sich vor allem auf die Preise von Grundnahrungsmitteln etc. fokussieren, das blendet auf der anderen Seite aber doch aus, dass in früheren Gesellschaften in Ermangelung von Angeboten für andere Konsumgüter nichts oder nur marginale Teile des Budgets ausgegeben wurden, während das heute den überwiegenden Teil ausmachen dürfte.

Heißt, wenn man moderne Konsumgüter, die früher nicht zur Verfügung standen aus der Rechnung rausnimmt, spart man sich in dieser Hinsicht zwar Fragen, die sich nicht beantworten lassen, verzerrt doch aber auf der anderen Seite das Bild, wenn man damit auch einen Großteil der Ausgaben moderner Gesellschaften aus der Rechnung herausstreicht.


Dann wäre, was die Budgets an und für angeht auch noch fraglich, wie man damit umgehen müsste, denn was virtuell auf der Haben-Seite steht, ist ja auch nicht immer unbedingt vergleichbar, wenn man bedenkt, wie sich die sozialen Strukturen weiterentwickelt haben und wenn man bedenkt, dass die frühneuzeitliche Gesellschaft ja durchaus noch keine in allen Aspekten vollständig durchentwickelte Geldwirtschaft war, dass es im produzierenden Gewerbe massive Wettbewerbsbeschränkungen, keine geregelten Normalarbeitstage im hutigen Sinne etc. gab.


- Wenn durch Zunftregelungen, Markteinschränkungen, Verbesserung der Produktionstechnologie verhindert wurde und durch diese Mechanismen Preise für Produkte künstlich oben gehalten wurden, musste dafür natürlich ein größerer Anteil am Budget aufgewendet werden (ähnliches in der Landwirtschaft mitunter beim Flur- und Mühlenzwang). Aber das konnte von Region zu Region natürlich sehr stark variieren und bei an sich ähnlichen landwirtschaftlichen Erträgen oder ähnlichem handwerklichen Output-raten zu sehr verschiedenen Preisen führen.

- Die Preise aus der FNZ die man kennt, sind natürlich die überlieferten Preise der Marktfelcken, aber die mussten ja durchaus nicht den Preisen des lokalen Handels oder Tauschahndels innerhalb der Gemeinden und auf dem platten Land außerhalb der Marktplätze entsprechen.

- Wenn wir uns über heutige Budgets unterhalten, sind da ja auch Personengruppen inkludiert, die in der FNZ de facto nicht als Marktteilnehmer in Erscheinung traten.
Wie hoch war das durchschnittliche Budgets des Beziehers einer Alters- oder Invalidenrente oder eines Sozialhilfeepfängers 1520?

- Wie sieht es mit der arbeitstechnischen Auslastung des Budgetinhabers aus?
Bei uns ist es gesellschaftliche Konvention, dass sich mehr oder weniger der 8-Stunden-Arbeitstag durchgesetzt hat (in den USA sieht das schon anders aus).
Das bedeutet aber, dass die Meisten von uns technisch gesehen die Möglichkeit hätten einen Teil ihrer Freizeit in zusätzliche Arbeitskraft umzuwandeln um durch größeres erbrachtes Arbeitsvolumen ihr Budget zu vergrößern, so das das heutige Budget häufig einen Kompromiss zwischen notwendigem Verdienst und Freizeit darstellen.
Der Subsistenzbauer in der FNZ konnte aber möglicherweise nicht so große Quanta zusätzlicher Zeit erübrigen, weil er möglicherweise seinem Grundherren noch Hand- und Spanndienste schuldete, die er neben der eigenen Arbeit unentgeldlich zu erbringen hatte.


etc. etc.


Mir erscheint das doch sehr schwierig mit konkreten Vergleichen.
 
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Klar, man kann es sich auch mit Bedacht extra schwer machen. Ich sage es nochmal, natürlich kann man einen groben "Kaufkraftvergleich" zwischen heute und damals ziehen. Je weiter man in die Neuzeit kommt, umso einfacher wird das sicherlich. Die Dinge, die es damals ( um 1500) nicht gab, andere soziale Strukturen, eine andere Alterspyramide, andere Lebensvorstellungen und Prämissen können durchaus mit einbezogen werden. Niemand wird da einen Vergleich auf Heller und Pfennig machen können, aber zumindest für verschiedene Einkommens-und Berufsgruppen lassen sich durchaus Vergleiche ziehen.
 
Im Netz finde ich eine interessante Web-Seite.
Herausgeber „CompGen“ – Deutschlands größter Verein für Familienforschung

„Geld und Kaufkraft ab 1450“.
Abschnitt 1: „Geld und Kaufkraft ab 1450“.
Abschnitt 2: „Löhne und Preise“

Geld und Kaufkraft ab 1450 – GenWiki

Vielleicht ist diese Seite unbekannt. Ich glaube es lohnt sich hier mal reinzuschauen.
 
Ein Bauer mit einem wöchentlichen Einkommen von 1 Gulden war im Vergleich mit einem Schneider mit einem wöchentlichen Einkommen von 1 Gulden stinkreich.
Gehen wir mal davon aus, dass der Bauer hinsichtlich Nahrungsmittel zu 100% Selbstversorger war. Wenn er nun 1 Gulden pro Woche verdiente, konnte er davon relativ luxuriös leben, er konnte z. B. jede Woche die Wochenproduktion eines Schneiders an Kleidern aufkaufen.
Der Schneider hingegen musste von seinem Gulden den Einkauf seiner Lebensmittel und seiner Stoffe bestreiten und kam damit gerade so über die Runden.
Natürlich müssen selbst produzierte Güter in die Berechnung des Einkommens einfließen.
Ich glaube Hatl hat vor ein paar Monaten das wirtschaftsgeschichtliche Buch "A Farewell to Alms" erwähnt (danke dafür). Da wird für mich ziemlich überzeugend aufgezeigt, wie für manche Ökonomien wie die englische, die schon früh viele marktwirtschaftlichen Elemente aufwiesen und für die genug Daten überliefert sind, eine Berechnung von Durchschnittseinkommen bis zurück ins Mittelalter möglich ist.
Und wenn man meint, dass das nicht möglich ist, kann man halt gar nichts darüber aussagen, womit in heutiger Zeit ein Gulden aus dem 16. Jahrhundert zu vergleichen wäre.
 
Natürlich müssen selbst produzierte Güter in die Berechnung des Einkommens einfließen.
Und wie stellst du dir das in dem Fall, dass die selbstproduzierten Güter auch selbst verkonsumiert wurden und somit nirgendwo in irgendwelchen Rechnungsbüchern fassbar sind vor?

Man könnte da allenfalls Schätzungen betreiben, aber die können natürlich mit erheblichen Schwankbreiten daneben liegen.

Klar, man kann es sich auch mit Bedacht extra schwer machen.
Die Frage ist doch, was möchte man aussagen?

Was genau ist ein grober Kaufkraftvergleich wert, wenn dabei nicht berücksichtigt wird, ob die jeweiligen Gesellschaften ihre wirtschaftlichen Möglichkeiten ausschöpfen oder nicht?

Wenn wir annehmen, dass der Zeitaufwand für Arbeit im Durchschnitt in der FNZ deutlich höher war als heute, welche Aussagekraft hat dann die Erwerbsmöglichkeit von dem dabei herauskommenden Budet im Vergleich?

Die weniger aufgewendete Zeit für Arbeit heute im Vergleich zur FNZ, würde sich natürlich in einer reduzierten Gütermenge (vergleichen mit derjenigenn, die man bei identischer Arbeitszeit hätte) niederschlagen und damit die Kaufraft beeinflussen, bzw. das Ergebnis verzerren.
 
Wenn wir annehmen, dass der Zeitaufwand für Arbeit im Durchschnitt in der FNZ deutlich höher war als heute, welche Aussagekraft hat dann die Erwerbsmöglichkeit von dem dabei herauskommenden Budet im Vergleich?

Die weniger aufgewendete Zeit für Arbeit heute im Vergleich zur FNZ, würde sich natürlich in einer reduzierten Gütermenge (vergleichen mit derjenigenn, die man bei identischer Arbeitszeit hätte) niederschlagen und damit die Kaufraft beeinflussen, bzw. das Ergebnis verzerren.
Freizeit ist aus ökonomischer Sicht ein Gut, das Kosten verursacht dadurch, dass auf die Produktion anderer Güter verzichtet wird (Opportunitätskosten). In die Berechnung der gesamtwirtschaftlichen Produktion oder dws Realeinkommens fließt Freizeit aber aus guten Gründen nicht ein, was man sicher trotzdem kritisieren kann.
Gab es im Frühen Mittelalter nicht eine ganze Menge von kirchlichen Feiertagen? Und wenn an denen in der Regel nicht gearbeitet wurde, war das dann Freizeit, oder waren die einfachen Leute vielleicht gar nicht in der Lage, mehr zu arbeiten, weil Lebensbedingungen und Gesundheitszustand zu schlecht waren?
 
Freizeit ist aus ökonomischer Sicht ein Gut, das Kosten verursacht dadurch, dass auf die Produktion anderer Güter verzichtet wird (Opportunitätskosten). In die Berechnung der gesamtwirtschaftlichen Produktion oder dws Realeinkommens fließt Freizeit aber aus guten Gründen nicht ein, was man sicher trotzdem kritisieren kann.
Du wirst doch aber zustimmen, dass es schwer fällt, ein Budget, dass bei einem 8-Stunden Arbeitstag herumkommt 1:1 mit einem zu vergleichen bei dem 10 oder 12 Stunden lang gearbeitet wird, ohne sich da etwas für die Entzerrung der notwendig verzerrten Ergebnisse einfallen zu lassen.

Den Gegenwert eines Gegenstands in einem nominalem Geldwert zu betrachten, ist natürlich eine Möglichkeit, genau so könnte man den Geldwert aber auch auf die erbrachte Arbeitszeit beziehen und dann käme man möglicherweise zu einem völlig anderen Ergebnis.

Wenn man über die Kaufkraft etwas über den Wohlstand und die Lebensmöglichkeiten einer früheren Gesellschaft aussagen will (und wozu sollte der Vergleich sonst dienen), macht es doch keinen Sinn die Bedingungen unberücksichtigt zu lassen unter denen dieses Budget mit dieser Kaufkraft überhaupt zustande gebracht wurde.

Gab es im Frühen Mittelalter nicht eine ganze Menge von kirchlichen Feiertagen?
Ja die gab es. Dafür hatte man aber die arbeitsfreien Samstage noch nicht erfunden, das dürfte sich ausgleichen.

Die Netto-Arbeitszeit pro Tag dürfte aber länger gewesen sein, schon weil in einer Mangelwirtschaft so viel geschafft werden musste, wie ging um kontinuierlich Reserven für schlechte Zeiten zu bilden.

Und nur weil es kirchliche Feiertage gab, heist es nicht, dass da nicht gearbeitet wurde. Wenn die Ernte eingebracht werden muss, bevor das nächste Unwetter sie verdirbt, dann muss sie eingebracht werden.

Vollkommen egal ob gerade "Sankt-irgendwas-Tag" ist oder nicht.
 
Bei der "Kaufkraft" kann man sicherlich die Arbeitszeitlänge der jeweiligen Epoche nicht berücksichtigen, wozu auch? Die Lebensumstände sind von Epoche zu Epoche unterschiedlich. Wenn es normal ist das Tageslicht voll auszunutzen, dann ist das halt so gegeben. Im Winter arbeitet man dafür halt weniger. Warum sollte man einen 10-12 Stundentag um 1400 nicht mit einem heutigen 8 Stundentag gleichsetzten können. Mir erschließt sich das nicht so richtig. Wollte man alle Parameter berücksichtigen ist schlicht kein Vergleich möglich.
 
Alle Vergleiche mit den Lebensumständen eines Menschen im Mittelalter und denen von heute stehen auf wackligen Füßen. Am besten finde ich noch die Methode, festzustellen, ob ein Handwerker mit seiner Familie – Fabrikarbeiter gab es ja noch nicht – von seiner Arbeit (gut oder schlecht) leben konnte.

Nach allem, was ich weiß, lebten Handwerker, sofern in Zünften organisiert, generell ziemlich gut, sonst wären sie nicht in den Stadtgremien vertreten. Natürlich gab es auch da Abstufungen im Ansehen: Manche Handwerker (z.B. Schmiede) standen höher in der Gunst als z.B. Schneider – wobei man auch da unterschieden muss, für welche Klientel dieser schneiderte. Ganz oben in der sozialen Hierarchie einer Stadt standen meist die Händler – hier besonders die Fernhändler.

Allerdings lebten nur Handwerksmeisterfamilien gut, schon ein Geselle, der eigentlich das gleiche handwerkliche Können drauf hatte, konnte gerade noch für sich sorgen, konnte keine Familie ernähren, lebte oft im Haus des Meisters, so dass ein guter Teil seine Lohns in Kost und Logis bestand; er musste hoffen, dass der Meister stirbt und er die Witwe oder die Tochter heiraten und damit die Werkstatt bzw. das Geschäft "beerben" konnte.

Ein Handwerker berechnete seine Preise nach dem Materialwert und der Arbeitszeit, die er für die Herstellung eines Produktes benötigte, plus Gewinnmarge. Diese Marge variierte, denn die Herstellungsmethoden und Preise wurden von den Zünften weitgehend vorgegeben: War er geschickt im Einkauf und vielleicht auch gut und fleißig, konnte seine Werkstatt mehr Produkte in gleicher Zeit billiger herstellen als die Konkurrenz und damit auch mehr Geld einnehmen.

Wenn man heutige Preise für Handwerksleistungen sieht, dann ist da von 50 € und mehr pro Stunde die Rede. Bei 8 Stunden wären das 400 € pro Tag oder ca. 8.000 € pro Monat. Davon gehen zwar noch Steuern und sonstige Vorsorgeaufwendungen ab, aber vom Rest kann man heute gut leben.

Ich denke, ähnlich war es im Hochmittelalter: Die Arbeit musste den Mann und seine Familie – und den/die Gesellen – ernähren. Aus den Stadt-Rechnungen der Zeit geht hervor, wieviel Geld für welche Leistungen ausgegeben wurden. Damit hat man auch die Kaufkraft der jeweiligen Währung. Natürlich nicht in der Weise 1 Gulden = x Euro, aber Annäherungswerte lassen sich damit herausfinden.

Irgendwo – vielleicht sogar in diesem Forum? – habe ich herausgefunden, dass im Hochmittelalter ein Reisender durchschnittlich 1 Gulden pro Tag für Kost und Logis in den Gasthäusern brauchte, bei einer billigen Absteige auch weniger.

Wenn man heute reist, dann dürfte das ca. 100-300 € pro Tag kosten. Dann hätten wir den Vergleichswert 1 Gulden ~ 100-300 €. Warum? Übernachtungs- und Verpflegungsleistungen sind über Jahrhunderte ziemlich gleichgeblieben, deswegen können sie als Indikator für die Kaufkraft der jeweilige Währung dienen.
 
Irgendwo – vielleicht sogar in diesem Forum? – habe ich herausgefunden, dass im Hochmittelalter ein Reisender durchschnittlich 1 Gulden pro Tag für Kost und Logis in den Gasthäusern brauchte, bei einer billigen Absteige auch weniger.

Im Hochmittelalter???
Bis wann rechnest Du das Hochmittelalter, und ab wann verbreitete sich der Gulden?

Durchschnittliche Reisekosten (für Handwerker und ihre Gesellen?) mit einem Gulden pro Tag anzusetzen, halte ich sogar für frühneuzeitliche Verhältnisse für maßlos übertrieben.
 
Die Stadt Wien bietet einen Kaufkraftrechner an, der auf archivalischen Daten basiert:

Man kann dort eine Geldsumme und eine Jahreszahl eingeben und erhält dann etwa folgende Zahlen:

Für 1 Gulden erhält man im Jahr 1500:
8,6 Tage Arbeit
100 Kilo Brot
44,8 Kilo Fleisch
77,9 Liter Wein

Für 1 Gulden erhält man im Jahr 1600:
6 Tage Arbeit
38,5 Kilo Brot
10,4 Kilo Fleisch
12,1 Liter Wein
42,6 Liter Bier

Für 1 Gulden erhält man im Jahr 1700:
4 Tage Arbeit
24,1 Kilo Brot
6 Kilo Fleisch
7,4 Liter Wein
21,9 Liter Bier

Für 1 Gulden erhält man im Jahr 1800:
3,1 Tage Arbeit
16,3 Kilo Brot
4,8 Kilo Fleisch
9,6 Liter Wein
14,1 Liter Bier
 
Nach allem, was ich weiß, lebten Handwerker, sofern in Zünften organisiert, generell ziemlich gut, sonst wären sie nicht in den Stadtgremien vertreten.
Das Handwerker regelmäßig in den Stadträten mit vertreten waren, ist allerdings eine Entwicklung, die zumeist erst mit dem Spätmittelalter einsetzt und dass auch bei weitem nicht überall.

Manche Handwerker (z.B. Schmiede) standen höher in der Gunst als z.B. Schneider – wobei man auch da unterschieden muss, für welche Klientel dieser schneiderte.
Das dürfte deutlich zu kapitalistisch gedacht sein.
Der offenen Konkurrenz innerhalb der Handwerkszweige die es einzelnen Akteuren erlaubt hätten sich besonders von den anderen Handwerkern dieses Zweiges abzusetzen standen ja die regulierenden Mechanismen der Zünfte entgegen.
Ei zünftig organsierter Handwerker konnte nicht einfach alles, was er gern wollte feilbieten und schon gar nicht eine eigene autonome Preispolitik fahren, die die Entwicklung zu einem exklusiven Betrieb hin ermöglicht hätte, da hätte er Ärger mit der Zunftorganisation bekommen, wenn er das versucht hätte.

Ganz oben in der sozialen Hierarchie einer Stadt standen meist die Händler – hier besonders die Fernhändler.
Nicht unbedingt. Das städtische Patriziat, dass nicht zwangsläufig im Handel tätig war, sollte man nicht übersehen.
Fernhandel war wegenn der dait verbundenen Aufwendungen und Risiken auch in der Regel nicht das Metier einzelner Händler, sondern von Zusammenschlüssen, denen einzelne Händler zwar angehören konnten, die sie aber nicht besonders heraushoben, zumal diverse Handelszusammenschlüsse auch einfach nur Vereinbarungen auf Zeit waren, die immer wieder neu ausgehandelt werden mussten.


Allerdings lebten nur Handwerksmeisterfamilien gut, schon ein Geselle, der eigentlich das gleiche handwerkliche Können drauf hatte, konnte gerade noch für sich sorgen, konnte keine Familie ernähren, lebte oft im Haus des Meisters, so dass ein guter Teil seine Lohns in Kost und Logis bestand
Allerdings bildet sich der Gesellenstand in der Handwerker hierarchie erst relativ spät innerhalb der Zünftigen Handwerkszweige heraus, betrieben vor allem von den Meistern, die versuchten sich klarer abzugrenzen und zunehmend versuchten ihren Kreis exklusiver zu halten.
Beim aufkommen des Zunftwesens, gab es die Stufe des Gesellen häufig noch nicht, so dass ein ausgelernter Lehrling zügig Meister werden konnte.

Ein Handwerker berechnete seine Preise nach dem Materialwert und der Arbeitszeit, die er für die Herstellung eines Produktes benötigte, plus Gewinnmarge.
Nein, jedenfalls nicht, wenn er zünftig organisiert war.
Wenn er zünftig organisiert war, handelte er Preise über die Zunft sehr häufig mit seinen Kollegen aus, um ruinöse Konkurrenz und böses Blut zu vermeiden und die Profite schön oben zu halten, damit alle davon gut leben konnten.
Selbstständige Preisgestaltung der Produzenten gehört in eine Gesellschaft mit zunehmend kapitalistischer Produktionsweise, die von ihrem Wertesystem her wirtschaftliche Konkurrenz als vorteilhaft für alle und damit legitim akzeptiert.
Das tat die mittelalterliche Gesellschaft nicht, weswegen über Privilegien, die z.B. die Zünfte als Organisation und ihre Mitglider inhaben konnten ein System der dezidierten Konkurrenzvermeidung geschaffen wurde.
Die Zunft, wird man in diesem Sinne als ein Kartell eines bestimmten Erwerbszweiges betrachten können, dass von der damaligen Gesellschaft als legitimer Zustand akzeptiert wurde.
Und wer nur durch eine Zwangsmitgliedschaft in einem Kartell überhaupt an der Produktion und am Markt teilnehmen konnte, weil Unzünftigen die Ausübung der Handwerke, auf die die Zünfte ein regionales Monopol hatten untersagt war, der versuchte nicht duch eine eigene Preispolitik aus der Reihe zu tanzen, wissend, dass er damit seine Linzenz riskierte, weil die Zunft das gar nicht gern sehen konnte.

War er geschickt im Einkauf und vielleicht auch gut und fleißig, konnte seine Werkstatt mehr Produkte in gleicher Zeit billiger herstellen als die Konkurrenz und damit auch mehr Geld einnehmen.
Auch das setzt mehr Freiheiten vorraus, als gegeben waren.

Die Rohstofflieferanten und Händler waren ja in der Regel in ähnlicher Weise organisiert und konnten in ihren Preisen in der Regel ebenso nicht frei variieren.

Wenn man sich die Zunft als frühmoderne Kartelle denkt, wird man auch ins Kalkül ziehen müssen, dass es möglicherweise auch Absprachen über Produktionsquoten gab (jedenfalls in Bereichen, in denen die Nachfrage häufig durchaus ausgelastet werden konnte) um Konkurrenzkämpfe zu unterbinden.

Wenn man heutige Preise für Handwerksleistungen sieht, dann ist da von 50 € und mehr pro Stunde die Rede. Bei 8 Stunden wären das 400 € pro Tag oder ca. 8.000 € pro Monat. Davon gehen zwar noch Steuern und sonstige Vorsorgeaufwendungen ab, aber vom Rest kann man heute gut leben.
Davon gehen erstmal vor allem auch Material- und Transportkosten runter.
Außerdem sind davon ja auch noch die damit verbundenen Verwaltungsarbeiten zu bezahlen, auch wenn die in kleineren Handwerksbetrieben gern von Familienangehörigen übernommen werden.
Aber irgendwer muss ja neue Aufträge aushandeln, Terminieren etc. während bestehende Aufträge abgearbeitet werden, im Besonderen wenn es sich um Außenaufträge handelt und der Meister nicht mal eben zwischen Werkstatt und Büro hin und her springen kann.
Kosten für regelmäßige Erneuerung der Maschinen um konkurrenzfhähig zu bleiben und in der Regel größere Energikosten kommen auch dazu.

Aus den Stadt-Rechnungen der Zeit geht hervor, wieviel Geld für welche Leistungen ausgegeben wurden.
Aber nicht, was eine Leistung realiter in eine größeren Gebiet im Schnitt kostete.

In einer Stadt mit zünftigem Handwerk galten die von den Zunftstrukturen bestimmten Preise, die aber in der Regel hoch angsetzte Kartellpreise gewesen sein dürften.
20 Km außerhalb, in ländlichen Gebieten, die nicht mehr in die Jurisdiktion der Stadt fielen konnte es das gleiche Handwerk, oder jedenfalls einzelne Zweige davon auch in Form nicht zünftiger Handerker geben, die nicht an die Kartellpreise in der Stadt gebunden und daher wesentlich flexibler waren, was die Preisbildung angeht, die dafür aber eben vom städtischen Markt ansgeschlossen waren.

Irgendwo – vielleicht sogar in diesem Forum? – habe ich herausgefunden, dass im Hochmittelalter ein Reisender durchschnittlich 1 Gulden pro Tag für Kost und Logis in den Gasthäusern brauchte, bei einer billigen Absteige auch weniger.
Auch das wird davon abhängen, ob es eine Konkurrenzssituation gab und vor allem wird man bei Reisenden noch die Problematik der Wechselkurse oder der akzeptanz regional gültiger Währungen in Betracht ziehen müssen.

Was am Ende auf der Abrechnung steht, dass ist das Eine, was der Reisende tatsächlich zahlte, ganz etwas anderes, wenn er z.B. seine Mittel erst in eine akkzeptable Währung umtauschen und dafür möglicherweise noch horrende Aufschläge bezahlen musste, oder das Gasthaus selbst Fremdwährung zwar akzeptierte allerdings zu einem horrenden Wechselkurs, der möglichereise in keinem Verhältnis zu den sonst gängigen Wechselkursen in der Region stand.
 
Zuletzt bearbeitet:
Man kann dort eine Geldsumme und eine Jahreszahl eingeben und erhält dann etwa folgende Zahlen:

Für 1 Gulden erhält man im Jahr 1500:
8,6 Tage Arbeit
100 Kilo Brot
44,8 Kilo Fleisch
77,9 Liter Wein

Für 1 Gulden erhält man im Jahr 1600:
6 Tage Arbeit
38,5 Kilo Brot
10,4 Kilo Fleisch
12,1 Liter Wein
42,6 Liter Bier

Für 1 Gulden erhält man im Jahr 1700:
4 Tage Arbeit
24,1 Kilo Brot
6 Kilo Fleisch
7,4 Liter Wein
21,9 Liter Bier

Für 1 Gulden erhält man im Jahr 1800:
3,1 Tage Arbeit
16,3 Kilo Brot
4,8 Kilo Fleisch
9,6 Liter Wein
14,1 Liter Bier
Wenn die Zahlen so stimmen, dann fällt vor allem auf, dass derjenige, der für den Gulden arbeitet, sich im Jahr 1500 pro Tag Arbeit am meisten dafür kaufen kann. Im Jahr 1600 kann er sich wesentlich weniger für einen Tag Arbeit kaufen. Danach fallen die Werte nur noch langsam ab, aber sie verschlechtern sich außer beim Wein bis 1800 weiter:

Für 1 Tag Arbeit erhält man im Jahr 1500 (gerundet auf die erste Nachkommstelle):

11,6 Kilo Brot
5,2 Kilo Fleisch
9,1 Liter Wein


Für 1 Tag Arbeit erhält man im Jahr 1600:

6,4 Kilo Brot
1,7 Kilo Fleisch
2 Liter Wein
7,1 Liter Bier


Für 1 Tag Arbeit erhält man im Jahr 1700:

6 Kilo Brot
1,5 Kilo Fleisch
1,9 Liter Wein
5,5 Liter Bier


Für 1 Tag Arbeit erhält man im Jahr 1800:

5,3 Kilo Brot
1,5 Kilo Fleisch
3,1 Liter Wein
4,5 Liter Bier
 
Davon gehen erstmal vor allem auch Material- und Transportkosten runter.
Ich weiß nicht, was Du für Handwerkerrechnungen zu bezahlen hast. Wenn ich eine Handwerkerrechnung bekommen, stehen da immer Material und Transportkosten gesondert drauf. Ich habe noch nie gesehen, dass das im Stundenlohn inclusive gewesen wäre.


Nach einer Modellrechnung der Deutschen Handwerkszeitung beträgt der Brutto-Stundenlohn für einen Gesellen nur ein Drittel dessen, was der Kunde zu bezahlen hat:

 
Danach fallen die Werte nur noch langsam ab, aber sie verschlechtern sich außer beim Wein bis 1800 weiter:

Zwischendurch sah es aber auch mal wieder besser aus, für 1 Tag Arbeit erhält man im Jahr 1750:

8 Kilo Brot (mehr als 1600, 1700 und 1800)
1,7 Kilo Fleisch (wie 1600, mehrals 1700 und 1800)
2,7 Liter Wein (mehr als 1600 und 1700, weniger als 1800)
8 Liter Bier (besser als 1600, 1700 und 1800)
 
Sind das Werte aus ein und der selben Region? Sind die Werte nur für diese Jahre bekannt/ermittelt?

Von etwa 1350 bis etwa 1850 gibt es da durchaus einzelne starke jährliche Abweichungen, die aus Klimafaktoren, Seuchen, Kriegen und politischen Gegebenheiten resultieren. 10-25 Jahre mit den Durchschnittswerten sind da sicherlich aussagekräftiger.
 
Sind das Werte aus ein und der selben Region? Sind die Werte nur für diese Jahre bekannt/ermittelt?

Das steht doch da:

"Die Fleischpreise sind jene für Rindfleisch. Bis 1772 handelt es sich dabei um die durchschnittlichen Jahresmittel aus den Rechnungsbüchern des Wiener Bürgerspitals sowie jenen des Stifts Klosterneuburg. Ab 1781 bis 1850 handelt es sich um Jahresmittel aus den Marktprotokollen der Stadt Wien. Das in den Quellen üblicherweise in Pfund angegebene Gewicht wurde in Kilogramm umgerechnet (Umrechnung: 1 Pfund = 0,56001 kg).

Um eine möglichst vollständige und geschlossene Preisreihe zu erhalten, wurden für jene Jahre, für die keine Fleischpreise überliefert sind, wie in der facheinschlägigen Forschung üblich, die Fleischpreise aus Preisen anderer Güter berechnet, deren Preisverlauf eine hohe Korrelation mit jenem der Preise für Fleisch aufweist. Für einige Jahre, in denen auch Preise von Waren mit ähnlichem Preisverlauf gänzlich fehlen, wurden die Werte linear interpoliert. [...]"
 
Zwischendurch sah es aber auch mal wieder besser aus, für 1 Tag Arbeit erhält man im Jahr 1750:
Was mich vor allem bei den Zahlen verwundert, ist, dass diejenigen für 1600 und 1700 so nah bei einander liegen.

Ich hätte wegen des Dreißigjährigen Krieges, der Bevölkerungsverluste und der zu erwartenden Inflation wegen der Notwendigkeit dauernd Truppen zu finanzieren in dieser Zeit einen recht erheblichen Ausschlag erwartet.
 
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