Zunächst mal
@EmilWeinhaus : Willkommen an Bord ;-)
Der französische Begriff "la verge" steht für Penis oder Rute. Die Schweizerin Ursula Pia Jauch, die oben zitiert wurde, übersetzt: "Schwanz".
Das allerdings ist reine Interpretation.
Wenn Friedrich selbst in seinem Brief an den bekanntermaßen schwulen Vorleser Darget schreibt: "Meine Hämorrhoiden grüßen liebevoll Ihren Schwanz", kann es ja wohl keinen Zweifel darüber geben, dass er seine Homosexualität ausgelebt hat.
Dabei kann es sich, immer vorausgesetzt, dass hier tatsächlich "Schwanz" gemeint war, was nach wie vor nur eine Hypothese ist, genau so gut um eine nicht ausgelebte Phantasie oder einfach um einen derben Scherz auf Kosten Dargets gehandelt haben.
Das lässt sich möglicherweise als Indiz für homoerotische Phantasien und Neigungen verwenden aber nicht als Nachweis auf ganz konkrete Praktiken.
Friedrich wollte wollte offenbar das Wort in seinem Brief nicht ausschreiben, weil es damals als unschicklich galt. Wenn eine schweizerische Expertin, die des Französischen mächtig ist, meint, dass "v..." mit "Schwanz" übersetzt werden muss, dann dürfte sie richtig liegen. Welche andere plausible Erklärung sollte es denn sonst dafür geben, das Wort nicht auszuschreiben?
Fragen wir mal anders:
Gesetzt Friedrich und Darget hätten tatsächlich homosexuellen Verkehr miteinander gehabt, welche Veranlassung hätte Friedrich haben sollen, dass in einem persönlichen Brief zu zensieren?
Denn in diesem Fall hätte es sich zwischen beiden ja von selbst verstanden, gesellschaftliche Konventionen in dieser Hinsicht eher für zu vernachlässigend zu betrachten, immerhin wäre dann ihre ganze Beziehung an und für sich gegen die gesellschaftlichen Konventionen gewesen.
Warum dann ausgerechnet in solchen Feinheiten sklavisch an Konventionen festhalten, zumal in einem persönlichen Brief, der weder für die Öffentlichkeit noch für einen größeren Kreis von Vertrauten gedacht war?
die Kommentare von berühmten Zeitgenossen, die mit Friedrichs Favoriten gesprochen haben
.... sollte man mit äußerster Vorsicht genießen.
Das Unterstellen homosexueller Praktiken war, wie von anderer Seite schon angesprochen wurde ein durchaus gängiges Mittel um eine unliebsame Person zu diskreditieren und Friedrichs wohl etwas barsche Art wird Anlass zu so einigen Streitereien und bösen Blut gegeben haben, die Tatsache, dass nicht jeder der an den Hof kam die Vergünstigungen oder Stelle erhielt, die er sich möglicherweise versprochen hatte kommt hinzu.
Und der Umstand dass Friedrich sich ostentativ von seiner Frau distanzierte ohne dass in seinem Leben als Erwachsener etwas über tiefergehende Beziehungen zu Frauen oder Maitressenwirtschaft bekannt geworden wäre, war natürlich dazu geeignet Gerüchte in diesem Sinne nachgerade zu provozieren.
Offenbar wird das bis heute von vielen als unwürdig für einen preußischen Herrscher empfunden, weshalb man es lieber leugnen möchte.
Du solltest in diesem Forum ein paar Dinge beachten.
Dazu gehört unter anderem, dass globale Anschuldigungen hinsichtlich irgendwelcher politischer und sonstiger weltanschaulicher Agenden, wenn sie sich nicht näher begründen lassen, hier nicht so gern gesehen werden.
Diese Einlassung unterstellt letztendlich nichts anderes, als dass du die Teilnehmer dieser Diskussion, die deinen Interpretationen nicht folgen für einen Verein von homophoben Ewiggestrigen hältst, die mehr Interesse an der Heldenverehrung eines seit bald 250 Jahren toten Königs haben, als an der Diskussion historischer Themen.
Das ist ehrlich gesagt etwas daneben.
Zum ersten leben wir im 21. Jahrhundert und die wenigesten in diesem Forum dürften Homosexualität für irgendwas ehrenrühriges halten.
Zum zweiten ist das hier ein Geschichtsforum, keine Hohenzollern-Hofschranzenvereinigung. Wenn du dich hier ein wenig durch die Fäden ließt wirst du feststellen, dass Leute, denen es vor allem um Heldenverehrung irgendeiner Form geht in diesem Forum i.d.R. ziemlich schnell frustrieren und aufstecken, weil das hier nicht ihren Vorstellungen entspricht.
Zur Betrachtung gehört neben dem kummulativen Sammeln von Quellen und Literatur auch deren Einordnung in Quellengattungen und die unvermeidliche Quellenkritik.
Unter diesem Gesichtspunkt wird man was dritte wie Casanova und Voltaire über Friedrich geschrieben haben und aus dem Mund anderer Wissen wollten, von dem was Friedrich selbst geschrieben hat, unterscheiden.
Was von Seiten Dritter behauptet wird, die mit irgendjemandem gesprochen haben wollen, der angeblich dies und das behauptet habe, werden wir bei dem Thema weitgehend vergessen können, zumal wenn nicht einmal konkret Namen als Gewärsleute sondern nur pauschal "Leibgardisten" o.ä. genannt werden.
Das kann sowohl Erfindung der jeweiligen Autoren sein (die Figur wäre nicht ungewöhnlich) als auch Aufnahme kursierender Gerüchte, die sich möglicherweise mehr aus Friedrichs zurückhaltung gegenüber Frauen speisten, als durch tatsächliche greifbare Beziehungen zu Männern.
Das ist extrem unsicher.
Was Friedrich selbst geschreiben hat, ist sicherlich ernster zu nehmen, und die eine oder andere homoerotische Figur wird man da sicherlich finden, wobei gerade in persönlichen Briefen, sofern es sich beim Adressaten um jemanden mit bekannten homosexuellen Neigungen handelt, natürlich auch immer die Möglichkeit mitschwingt, dass Friedrich damit auch einfach mehr den Empfänger auf die Schippe nahm, als damit tatsächliches über sich selbst Preis zu geben.
Bei der von dir heranzitierten Stelle übergehst du völlig den Umstand, dass die vorgeschlagene Deutung lediglich eine Hypothese ist, die du aber als Tatsache behandelst.
Und selbst wenn dem so wäre, könnte man die Stelle als Beleg homoerotischer Phantasien verhandeln (oder eben als derben Scherz auf Kosten eines homosexuellen Adressaten), aber er wäre nach wie vor kein Beleg für homosexuelle Praktiken, geschweigedenn ein Beleg dafür um welche Praktiken es sich da gehandelt habe und ob Friedrich in diesem Fall homosexuell oder möglicherweise auch bisexuell oder pansexuell veranlagt gewesen sein mag.
Ich würde eine dezidiert homosexuelle Veranlagung nach wie vor für eher unwahrscheinlich halten, einfach weil der Einwand, dass da Überlieferungen über seine Jugendzeit dagegen sprechen nicht vom Tisch ist.
Das Friedrich homosexuellen Verkehr hatte halte ich nach wie vor durchaus für denkbar, sehe aber keinen tatsächlichen Beweis, der das untermauern würde.
Es ist und bleibt hypothetisch.