IG Die Kreuzzüge *1

Es ging doch um Ägypten als Kornkammer... oder nicht?
Nein! Ich habe in #29 das "nicht-gekratzt"-Argument angezweifelt mit dem Hinweis auf die Bedeutung des Handels als solchem und der Handelswege, speziell der Ägypten berührenden. Die "Kornkammer" habe ich im darauf folgenden Satz erwähnt, d. h. als gesondert zu betrachtenden Faktor.
Auch die Rückfrage in #33 betreffs der sich möglicherweise in 1000 Jahren ändernden Bedürfnisse von Menschen bezog sich logischerweise nicht auf "Korn" (oder Agrarprodukte allgemein), sondern auf eine unbestimmte, aber bestimmbare Gesamtheit von Gütern - dazu gehört natürlich auch das erwähnte Bauholz - und den Handel damit.
 
Zuletzt bearbeitet:
Das wäre zwar in der Theorie vielleicht möglich gewesen, aber insbesondere die italienischen Handelsstädte haben hier mehrfach gezeigt, dass sie ihre Handelspolitik über die "gemeinsame Idee" stellten. (Literaturangabe liefere ich nach, es ging um Bauholz.)

Brauchts du nicht zu machen, ich habe hier zum Einen die Beschlüsse und Briefe Innozenz III. bzw. der Laterankonzilien auf denen der Handel mit "Kriegsgütern" sprich Holz, Eisen, Waffen, Pech etc. verboten wurde bzw. die "Ausnahmegenehmigungen" für die Venezianer und Pisaner die mehr oder weniger vom Ägyptenhandel abhängig waren, zumindest in sofern das ihre Gewinne ziemlich eingegangen wären. Das ist aber auch nicht weiter von Bedeutung denn der Ägyptenhandel wäre, womöglich auch noch zu wesentlich besseren Konditionen, in einem christlichen Ägypten weitergegangen.

Aber darüber hinaus muss man auch sehen, dass die Muslime, den Quellen nach, diese Angst vor Versorgungslücken hatten, bedeutet ja im Umkehrschluss nicht das es auch so war. Das Ägypten eine wirtschaftlich und strategisch besonders bedeutend war, darüber sind wir uns ja einig denke ich, auch wenn nicht "die ganze islamische Welt davon abhing". Jedoch meine ich das die Gefahr von einem christlichen Ägypten, im Süden eventuell (dann wären Kontakte sicherlich zu Stande gekommen) unterstützt durch ein christliches Nubien und im Nordosten durch ein christliches Syrien eine große Gefahr für die islamische Welt dargestellt hätte.

Naja, das würde voraussetzen, dass es möglich gewesen wäre, sämtliche Land- und Seerouten zu kontrollieren. Das gelingt heute nicht und damals wäre es erst recht nicht gelungen.
Außerdem war der islamische Raum ja kein monolithischer Block, wie das hier suggeriert wird. Da braucht man gar nicht auf das islamische Glaubensschisma zurückzugehen zwischen Sunna und Shi'a, da reichen die ethnischen Konflikte (Berber versus Araber, Türken (*räusper* Seldschuken) versus Araber, Kurden gegen Araber, arabische Stämme untereinander) vollkommen aus. Das sunnitische Kalifat wurde zwar fast überall anerkannt, hatte aber politisch nichts zu melden. Man brauchte es eher für die - meist nachträgliche - Legitimation des einen oder anderen fait accompli.
Es reichen doch die Hauptrouten, diejenigen über die man schnell (damaliges "schnell" natürlich) kommunizieren konnte.
Ich weiss nicht ob ich das suggeriert habe das die islamische Welt ein "Block" ist, aber Handel wurde nunmal immer und überall getrieben und vor allem da, wo es was zu holen gab, wie in Ägypten.
 
Zuletzt bearbeitet:
Ich werde an dieser Stelle einmal vorschlagen das wir die Diskussion nach der genauen Bedeutung Ägyptens als Wirtschaftsfaktor in der islamischen Welt abbrechen und zum Ausgangsthema zurückkehren, die Quellen sagen was sie sagen.
Trotzdem will ich das Thema nicht einfach verschwinden lassen und würde um Verschiebung ins "Der Islam und die Welt der Araber"-Forum bitten, umd dort unter einem neuen Titel und vllt. mit Verstärkung durch Orientexperten weiterzumachen. :)
Du bist doch Mod ElQijote, P.S. trete der IG bei.:)
 
Ich werde an dieser Stelle einmal vorschlagen das wir die Diskussion nach der genauen Bedeutung Ägyptens als Wirtschaftsfaktor in der islamischen Welt abbrechen und zum Ausgangsthema zurückkehren, die Quellen sagen was sie sagen.
Trotzdem will ich das Thema nicht einfach verschwinden lassen und würde um Verschiebung ins "Der Islam und die Welt der Araber"-Forum bitten, umd dort unter einem neuen Titel und vllt. mit Verstärkung durch Orientexperten weiterzumachen. :)

Ich habe das einmal vorgenommen und die entsprechenden Beiträge in das neue Thema http://www.geschichtsforum.de/f36/b...aktor-der-islamischen-welt-mittelalter-22377/ kopiert (nicht verschoben, weil sonst die Diskussion hier etwas zerrissen wäre).
 
Aber wir sind uns ja einig das die reale Situation ein Eingreifen Amalrichs in Ägypten unabdingbar gemacht hatte.

Meine naive Vision bezüglich einer "Koexistenz" zwischen Kreuzfahrern und Ägypten (#19) wird hier offenbar von niemandem geteilt.:(
Ich möchte wenigstens noch darauf hinweisen, dass ich hier in der Nachfolge von Heinrich von Sybel stehe:;)
"Das Verhältniß der Jerusalemiten zu den Aegyptern ist in früherer Zeit gemeiniglich so aufgefaßt worden, als ob es seit den Tagen Gottfrieds immerfort ein Lebensinteresse für die Herrschaft der Christen im Morgenlande gewesen sei, die Fatimiden zu schlagen und deren Land, wenn möglich ganz und gar zu erobern. Dem entgegen hat Sybel in mehreren seiner Arbeiten zur Geschichte der Kreuzzüge aufs klarste dargelegt, wie geringe Gefahren den Christen, angesehen von den allerersten Zeiten des Reiches Jerusalem, aus Aegypten drohten." (Bernhard Kugler, Geschichte der Kreuzzüge. Berlin: Grote, 1880, S. 168 = Allgemeine Geschichte in Einzeldarstellungen, hg. v. W. Oncken, Band II.5)
Aber sei's drum - bin jetzt still.
 
Ich habe das einmal vorgenommen und die entsprechenden Beiträge in das neue Thema http://www.geschichtsforum.de/f36/b...aktor-der-islamischen-welt-mittelalter-22377/ kopiert (nicht verschoben, weil sonst die Diskussion hier etwas zerrissen wäre).

Vielen Dank.

Meine naive Vision bezüglich einer "Koexistenz" zwischen Kreuzfahrern und Ägypten (#19) wird hier offenbar von niemandem geteilt.:(
Ich glaube ich schrieb das ich auch der Meinung bin das es möglich gewesen wäre, wenn nicht die Schwäche der Fatimiden Nur ad-Din auf den Plan gerufen hätte. Es war wahrscheinlich auch so das man in der Anfangszeit nicht allzu viel Angst vor den Ägyptern hatte. Ich geb dir und von Sybel da recht. Die "Angst um Ägypten" kommt ja eigentlich durch die Zengiden, die sich des Landes bemächtigen wollten und nicht durch die Ägypter an sich.
 
Dann möchte ich mich an der Stelle auch einmal äußern...

Meine naive Vision bezüglich einer "Koexistenz" zwischen Kreuzfahrern und Ägypten (#19) wird hier offenbar von niemandem geteilt...

Ich teile diese so allgemein auch nicht - übrigens neben einigen anderen Punkten, welche Du ansonsten genannt hattest.
(Bspw. ging es nie darum, den Islam bzw. die Muslime als solche zu vernichten o.dgl., sondern darum, daß das Heilige Land bzw. die Heiligen Stätten den Christen gehörten. Davon zeugt bspw. die Tatsache, daß den Muslimen in den Kreuzfahrerstaaten durchaus ihre Religion incl. religiöser Praxis belassen wurde.)

Ich möchte wenigstens noch darauf hinweisen, dass ich hier in der Nachfolge von Heinrich von Sybel stehe:;)
"Das Verhältniß der Jerusalemiten zu den Aegyptern ist in früherer Zeit gemeiniglich so aufgefaßt worden, als ob es seit den Tagen Gottfrieds immerfort ein Lebensinteresse für die Herrschaft der Christen im Morgenlande gewesen sei, die Fatimiden zu schlagen und deren Land, wenn möglich ganz und gar zu erobern. Dem entgegen hat Sybel in mehreren seiner Arbeiten zur Geschichte der Kreuzzüge aufs klarste dargelegt, wie geringe Gefahren den Christen, angesehen von den allerersten Zeiten des Reiches Jerusalem, aus Aegypten drohten." (Bernhard Kugler, Geschichte der Kreuzzüge. Berlin: Grote, 1880, S. 168 = Allgemeine Geschichte in Einzeldarstellungen, hg. v. W. Oncken, Band II.5)

Diese Passage ist mir gut bekannt, nur ist dabei zu beachten, daß wir hierbei zwei Dinge nicht vermischen sollten: die - übrigens wirklich sehr gute - Analyse eines Heinrich von Sybel und wie es die Kreuzfahrer seinerzeit selbst sahen bzw. empfenden.
Anm.: Daß Ägypten in der Hand eines Nureddin - und eines Saladin später sowieso - wegen der dadurch entstehenden Verbindung Ägyptens mit Syrien durchaus eine Gefahr für die Existenz der lateinischen Staaten darstellte, haben mW übrigens auch Sybel und Kugler nicht bestritten.

Ich möchte meinerseits darauf hinweisen, daß ich mich gemäß der Arbeiten von Jonathan Riley-Smith ausgerichtet habe.
Und wenngleich man sowohl Heinrich von Sybel als auch Bernhard Kugler trotz ihres Alters noch immer lesen bzw. empfehlen kann, möchte ich darauf hinweisen, daß es dennoch nicht schaden kann, den aktuellen Forschungsstand zu berücksichtigen - angesprochen bspw. in folgenden Diskussionen:
http://www.geschichtsforum.de/f117/kreuzz-ge-sollen-rehabilitiert-werden-10357/
http://www.geschichtsforum.de/f48/das-europ-ische-christentum-im-hochmittelalter-10506/
http://www.geschichtsforum.de/f48/die-kreuzz-ge-als-antwort-auf-die-islamische-expansion-7337/
 
Gehen wir weiter wieder einen Schritt weiter:
Die Ägyptenfeldzüge und detaillierten -angriffspläne beschränkten sich bisher auf die Christen der Levante und die Byzantiner. Zwar griffen die Sizilianer 1154 Ägypten an, ihr Angriff war aber nichts weiter als ein erfolgreicher Plünderungszug.
Im Abendland wurde die Idee eines Angriffs auf Ägypten durch Richard I. verbreitet. Auf dem Dritten Kreuzzug wurde ihm bewusst das die Eroberung des Heiligen Landes sinnlos war, solange Ägypten in muslimischer Hand ist. Offenbar plante er einen Ägyptenfeldzug noch während des Dritten Kreuzzugs. In der [FONT=&quot]Itinerarium peregrinorum et gesta regis Ricardi [/FONT][FONT=&quot]heißt es hierzu das die französischen Kreuzfahrer sich weigerten Ägypten anzugreifen und das nur das Heilige Land für sie als Ziel in Frage kam. Richard soll daraufhin gesagt haben, wenn er sie nicht überzeugen könne werde er sich ihnen anschließen. So kam es dann auch, seinen Plan behielt er aber im Hinterkopf. Dennoch kommt es nie zu dem Ägyptenfeldzug, da er 1192 nach Europa zurückkehren musste.
Es konnte nachgewiesen werden das die Idee des Ägyptenfeldzugs spätestens gegen Ende 12. Jahrhunderts auch den Papst erreicht haben muss. 1199 erhielt Papst Innozenz III. eine Brief von Aymar dem Mönch, Patriarch Jerusalems, der ihm die Verhältnisse in Ägypten seit Saladins Tod schilderte und ihm riet einen neuerlichen Kreuzzug nach Ägypten zu "lenken".



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Im Abendland wurde die Idee eines Angriffs auf Ägypten durch Richard I. verbreitet. Auf dem Dritten Kreuzzug wurde ihm bewusst das die Eroberung des Heiligen Landes sinnlos war, solange Ägypten in muslimischer Hand ist. Offenbar plante er einen Ägyptenfeldzug noch während des Dritten Kreuzzugs.
Demzufolge kam Richard die "ägyptische Idee" erst vor Ort (oder doch schon "im Abendland"?). Eigentlich kann ich mir schlecht vorstellen, dass ein Mann wie er diese Möglichkeit nicht von vornherein mit bedacht und als strategische Alternative erwogen hätte. Zweite Unsicherheit: Hat er tatsächlich den Ägypten-Zug erwogen, obwohl er dann Saladin "im Rücken" gehabt hätte? Wenn ja, hat er sich sehr stark gefühlt.

In der [FONT=&quot]Itinerarium peregrinorum et gesta regis Ricardi [/FONT][FONT=&quot]heißt es hierzu das die französischen Kreuzfahrer sich weigerten Ägypten anzugreifen und das nur das Heilige Land für sie als Ziel in Frage kam.[/FONT]
Interessenlage und Motive der 1192 in Palästina versammelten "Franken" ist nicht ganz klar. Runciman schreibt (S. 841), dass die Heerführer am 20.06.1192 noch "zögerten, ob sie den Angriff gegen Jerusalem aufgeben und stattdessen nach Ägypten einfallen sollten", aber ich vermisse nähere Darlegungen dazu.
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[FONT=&quot]Es konnte nachgewiesen werden das die Idee des Ägyptenfeldzugs spätestens gegen Ende 12. Jahrhunderts auch den Papst erreicht haben muss. 1199 erhielt Papst Innozenz III. eine Brief von Aymar dem Mönch, Patriarch Jerusalems, der ihm die Verhältnisse in Ägypten seit Saladins Tod schilderte und ihm riet einen neuerlichen Kreuzzug nach Ägypten zu "lenken".[/FONT]
Auch hier die Frage, ob die "ägyptische Idee" dem Stuhl Petri bis gegen Ende des 12. Jh. (oder gar bis 1199) fern lag. Die Option selber war ja von den Feldzügen Amalrichs seit dreißig Jahren in der Welt, und dass Rom ihr grundsätzlich ablehnend gegenüber gestanden hätte, ist mir nicht bekannt.
 
Demzufolge kam Richard die "ägyptische Idee" erst vor Ort (oder doch schon "im Abendland"?). Eigentlich kann ich mir schlecht vorstellen, dass ein Mann wie er diese Möglichkeit nicht von vornherein mit bedacht und als strategische Alternative erwogen hätte. Zweite Unsicherheit: Hat er tatsächlich den Ägypten-Zug erwogen, obwohl er dann Saladin "im Rücken" gehabt hätte? Wenn ja, hat er sich sehr stark gefühlt.
Der Chronist schreibt Folgendes:
„Auf des Königs Anregung stimmte jeder zu das 20 aufrichtige Juroren den weiteren Kurs des Zuges entscheiden sollten und alle würden ihr Einverständnis geben dafür geben ohne zu widersprechen. Daher wurden die Folgenden erwählt um eine Entscheidung zu treffen: Fünf Templer, fünf Hospitaler, 5 geborene Syrer(Nochkommen der Kreuzfahrer) und fünf französische Anführer. Die 20 versammelten sich und nachdem sie die zuvor genannten Dinge für einige Zeit besprochen hatten antworteten sie ohne Zweifel, dass der am meisten vorteilshafte Plan der wäre, Babylon (Cario) zu belagern. Als die Franzosen das hörten widersprachen sie resolut, sie protestierten dass sie nirgendwo anders hingehen würden als zu einer Belagerung Jerusalems."

Interessenlage und Motive der 1192 in Palästina versammelten "Franken" ist nicht ganz klar. Runciman schreibt (S. 841), dass die Heerführer am 20.06.1192 noch "zögerten, ob sie den Angriff gegen Jerusalem aufgeben und stattdessen nach Ägypten einfallen sollten", aber ich vermisse nähere Darlegungen dazu.

Siehe oben, zudem gibt es Briefe in denen Richard ähnliches schreibt, es kommt jedenfalls nicht heraus das er schon vorher einen Angriff auf Ägypten plante. Wobei man natürlich auch davon ausgehen kann das er in Gedanken damit spielte, Beweise dafür das er es aktiv plante, gibt es eben erst seit dem Kreuzzug, zB.
Richards Brief an die Genuesen 1192:
“Richard, durch die Gunst Gottes König von England, Herzog der Normandie und Aquitaniens und Graf von Anjou, an die ehrwürdigen Männer und liebsten Freunde, den Erzbischof, den podestá, die Konsuln und den Rat und andere gute Männer der Genuesen, denen dieser Brief zukommen soll.
Bis heute kümmertet ihr euch mehr als alle anderen Menschen um die dringenden Nöte des Heiligen Landes von Jerusalem, wir finden das diejenigen Dinge, die wir planen, für den Vorteil dieses Landes, euch mitgeteilt werden sollen. Ihr sollt daher wissen, dass nächsten Sommer, für die Ehre Gottes und zur Bestürzung der Ehre der Heiden, wir, falls ihr einverstanden seid, mit allen unseren Streitkräften nach Ägypten hineineilen wollen, nach Babylon und Alexandria. [...]“

Auch hier die Frage, ob die "ägyptische Idee" dem Stuhl Petri bis gegen Ende des 12. Jh. (oder gar bis 1199) fern lag. Die Option selber war ja von den Feldzügen Amalrichs seit dreißig Jahren in der Welt, und dass Rom ihr grundsätzlich ablehnend gegenüber gestanden hätte, ist mir nicht bekannt.
Die Quellenlage gibt hier keinen Aufschluss darüber. Ich schrieb ja auch, "spätestens dann erreicht haben muss". Aber wie auch bei Richard, gibt es keine Belege dafür das schon früher aktiv dafür plädiert wurde Ägypten anzugreifen. Zum Einen natürlich auch weil dies sich schwerer zu Propagandazwecken einsetzen ließ wie das Angriffziel Jerusalem, zum Anderen würde ich das strategische Geschick der Päpste im Allgemeinen in Frage stellen, da aber bis auf den Brief Aymars schneinbar keine anderen "Beratungsschreiben" in dieser Hinsicht erhalten sind bin ich lieber vorsichtig mit Äußerungen in diese Richtung. Das sie davon schonmal gehört hatten kann natürlich trotzdem sein.
 
Das der Papst Ägypten als Ziel ernsthaft hat in Erwägung ziehen müssen ist spätestens mit dem Briefwechsel Innozenz III. mit dem Patriarchen von Jerusalem anzunehmen. Aymar informierte Innozenz 1199 über Schwächung Ägyptens in den Machtkämpfen nach Saladins Tod. Gleichzeitig empfahl Aymar dem Papst, zu versuchen die Ayyubiden dazu zu überreden, Jerusalem freiwillig herauszugeben, da in der aktuell schwierigen Situation des ayyubidischen Reiches, der Schutz der Heiligen Stadt dem Sultan Schwierigkeiten machen musste.
Außerdem war Ägypten um 1200, besonders in den Jahren 1201 und 1202 von schweren Hungersnöten geplagt. Wasser und Nahrungsmittelknappheit führten zu einer regelrechten Entvölkerung ganzer Landstriche. Der arabische Historiker Abd al-Latif, der Ägypten am Anfang des 13. Jahrhunderts besuchte beschrieb die Situation im Jahre 1201 sehr eindrücklich, Massensterben, Kannibalismus und das Elend der Lebenden, die so schwach vor Hunger und Durst waren, dass sie kaum die Kraft hatten zu gehen geschweige denn zu kämpfen. (Abd Al-Latif Al-Bagdhadi: Kitab Al-Ifadah Wa'L-I'Tibar, Kairo 1204, herausgegeben und übersetzt von Kamal Hafuth Zand, London 1964.)
Es ist nicht sicher ob Innozenz III. dank dieser Informationen Ägypten als Angriffsziel für den 4. Kreuzzug selbst auswählte. In der Forschung geht man im Allgemeinen davon aus, das dies ein Beschluss der französischen Barone war. Im Vertrag mit dem Dogen von Venedig wurde das allerdings nicht festgehalten, weil man den meisten Kreuzfahrern nicht die Illusion nehmen wollte, Jerusalem anzugreifen.
Auf jeden Fall schickten sowohl die Venezianer als auch die Kreuzfahrer boten zum Papst um ihren Vertrag bestätigen zu lassen, mit der Zusatzinformation das man eigentlich Ägypten angreifen werde, der Papst bestätigte die Pläne. Es kam nicht zur Ausführung der Pläne, wie allgemein bekannt ist, sondern zur Eroberung Zaras und dann Konstantinopels. Verschiedene Theorien an der Ursache dafür ließen meist 2 Punkte außer acht.

Zum Einen wird oft mit dem Reichtum Byzanz' vor allem im Hinblick auf den Schwarzmeerhandel argumentiert, was Venedig zum Angriff auf dasselbe bewogen haben soll. Das mag sicherlich richtig sein, dennoch hatte Venedig einige Privilegien und proftierte ganz erheblich vom byzantinischen Handel. Im Gegensatz dazu waren die Handelsbeziehungen zu Ägypten eher rudimentär, vor allem nachdem Saladin den innerägyptischen Handel für Europäer verboten hatte. Dennoch muss das Handelsvolumen Venedigs mit Ägypten beträchtlich gewesen sein, als der Handel mit den Arabern Ägyptens auf dem 3. (und später auch auf dem 4.) Laterankonzil verboten wurde, sandten die Venezier erbost nach dem Papst, seine Beschlüsse würden die Stadt noch zu Grunde richten. Die Ausicht auf unbeschränkte Macht über den Rotmeer-Handel, die Einnahmen aus dem Fernosthandel mit Indien und China und vor allem die Pilgerströme aus Nordafrika und Spanien, die über Ägypten ins Higaz zogen, hatten ihre Wirksamkeit auf die Venezier. Was wäre möglich gewesen mit Ägypten in der Hand?
Zum anderen legen die wenigsten Studien ihr Augenmerk auf die Zeit nach den Verhandlungen mit den Boten der Kreuzfahrer 1201. Queller und Madden konnten zeigen, dass die Art der Flotte und Ausrüstung, die die Venezier für den Kreuzzug bauen bzw. zusammenstellen ließen, für einen Feldzug gegen Konstantinopel ungeeignet waren und besser für einen Angriff auf das Nildelta gepasst hätten. ([FONT=&quot]Queller, Donal E, und Madden, Thomas F.: The Fourth Crusade. The Conquest of Constantinople, Philadelphia 21997.) Als die Flotte der Kreuzfahrer nun vor Konstantinopel lag, nachdem sie Isaak II. 1203 wieder auf den Thron geholfen hatten, dieser aber die Versprechungen nach Entschädigung, die sein Sohn den Kreuzfahrern gemacht hatte, nicht halten konnte, mussten die Venezier handeln. Der Bau der Flotte war eine erhebliche Investition die wieder "reingeholt" werden musste. Die bisherigen Operationen hatten aber schon einige Ressourcen verschlungen, man konnte nicht einfach nach Ägypten weitersegeln und auf das Beste hoffen (konnte man schon, aber im Gegensatz zu den eifernden Kreuzfahrern waren die Venezier kühle Strategen, die die Erfolgschancen dafür zurecht sehr niedrig einschätzten), ein Kreuzzugsheer will eben auch versorgt werden. Als Isaak II. dann 1204 gestürzt wurde und damit jegliche Chance auf Entschädigung zu nichte gemacht wurde war der Zeitpunkt endgültig gekommen, wenn die Byzantiner nicht zahlten holte man sich eben das, was einem zustand, mit Gewalt.
[/FONT]
[FONT=&quot]Das tat dem Ägyptenhandel jedoch keinen Abbruch, 1210 und in den Jahren danach bekommen die Venezier vor allem in Alexandria wieder einige Privilegien zugesprochen. (Nachzulesen in Latein bei, Tafel/Thomas: Urkunden zur späteren Handelgeschichte der Stadt Venedig, Band 1...ist komplett als PDF bei google.books zu bekommen) Diese wurden dahingehend interepriert, als dass sie eine Belohnung für das "Umlenken" des Kreuzzugs sein sollten. Es ist sogar nicht auszuschließen das dies der Wahrheit entsprach, nur geplant oder im Voraus verabredet war die Umlekung nicht. Das wiederum hinderte die Venezier sicher nicht daran sich trotzdem eine Belohung abzuholen.
[/FONT]
 
Laut wikipedia (Vierter Kreuzzug ? Wikipedia) war der Papst ziemlich empört über die Eroberung Konstantiopels. Ich habe auch mal gelesen das die Kreuzfahrer wegen der Eroberung der dalmatischen Stadt Zara kurzzeitig exkommuniziert wurden, kann das aber nicht durch Quellen belegen.
 
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