Wahlrecht für Indianer
Da die Thematik Staatsbürgerrechte/Wahlrecht für Indianer weiter oben angeschnitten wurde, habe ich mich mal durch einige Seiten 'gefressen':
American Civil Liberties Union : Voting Rights Act Timeline
[ACLU: American Civil Liberties Union]
"1887:
Der Kongreß erläßt das Dawes General Allotment Gesetz, das nur denjenigen Indianern Bürgerrechte einräumt, die ihre Stammeszugehörigkeit aufgeben. Das Dawes-Gesetz zielt darauf ab, indianisches Land der weißen Besiedelung zu eröffnen und die Indianer zur Assimilation in die weiße Gesellschaft zu zwingen.
1890
Das Indian Naturalization Act gewährt Indianern Bürgerrechte, sie müssen dafür jedoch Anträge stellen.
20. Juli 1917
Das Oberste Gerichte von Minnesota urteilt im Verfahren Opsahl gg. Johnson, daß die Mitglieder des Red Lake Chippewa-Stammes kein Wahlrecht haben und nicht an County-Wahlen teilnehmen können, da die Stammesmitglieder sich nicht „zu Gehorsam und Unterordnung unter die Gesetze [von Minnesota verpflichtet“ haben.
26. Mai 1920
Im Verfahren Swift gg. Leach erhalten Indianer in North Dakota, die ihre Stammeszugehörigkeit aufgegeben haben, das Wahlrecht. Der Oberste Gerichtshof von North Dakota urteilt, daß 273 Indianer des Standing Rock Sioux-Stammes gemäß der Verfassung von North Dakota wählen dürfen, da sie „die Sitten und Lebenweise zivilisierter Menschen angenommen und eingehalten haben“.
2. Juni 1924
Das Indian Citizenship-Gesetz erklärt alle Indianer ohne Staatsbürgerschaft, die innerhalb der Grenzen der USA geboren sind, zu Staatsbürgern, wodurch sie auch das Wahlrecht erhalten. Trotz dieses Gesetzes werden Wahlrechte noch von Gesetzen der einzelnen Bundesstaaten geregelt, so daß viele Indianer bis 1948 von Wahlen ausgeschlossen sind.
6. August 1965
Präsident Lyndon B. Johnson unterzeichnet das Wahlrechtsgesetz, mit dem direkte Hindernisse für die Wahlbeteiligung von rassischen und ethnischen Minoritäten verboten werden; hiermit werden auch alle Praktiken verboten, die Personen das Wahlrecht aufgrund von Rasse vorenthalten. Außerdem müssen Wahlbezirke, in denen Diskriminierungen bekannt geworden sind, die Genehmigung des Bundes für ihre Wahlgesetze erhalten, bevor diese in Kraft treten können. [...] Das Gesetz verbietet Lesetests und andere Hindernisse bei der Aufnahme in Wahlregister. [...]
The Voting Rights Act Of 1965
(Seite des Justizministeriums)
"Die Zusätze [zum Wahlgesetz) von 1970 und 1975 [Auszug]
Der Kongreß hörte ebenfalls zahlreiche Aussagen über Wahlrechtsdiskriminierungen gegenüber hispanischen, asiatischen und indianischen Bürgern und der Zusatz von 1975 ergänzte das Gesetz um Schutz vor der Diskiriminierung von Bürgern, die sprachlichen Minderheiten angehören."
The American Indian Vote: Celebrating 80 Years of U.S. Citizenship
(Seite der Demokratischen Fraktion im Senat)
Das Wahlrecht der Indianer: 80 Jahre US-Bürgerrechte
7. Oktober 2004
[...]
Historische Hindernisse beim Wahlrecht für Indianer
Vor 80 Jahren erhielten Indianer mit dem Indian Citizenship-Gesetz von 1924 erstmals die US-Bürgerrechte und damit auch das Wahlrecht – 54 Jahre, nachdem afro-amerikanische Männer diese Rechte formal mit dem 15. Verfassungszusatz erhielten (1870) und vier Jahre, nachdem Frauen durch den 19. Verfasungszusatz diese Rechte erhielten (1920).
Jedoch oblag es den einzelnen Bundesstaaten, Gesetze zur Durchführung von Wahlen zu erlassen, so daß noch weit nach 1924 einzelne Staaten ihre Macht dazu mißbrauchten, Indianern das Wahlrecht vorzuenthalten. Zum Beispiel durften Indianer in New Mexico bis 1962 nicht wählen.
Juristische Hindernisse. Historisch gesehen wurden hauptsächlich vier Argumente von einzelnen Bundesstaaten herangezogen, um ihre Praxis zu rechtfertigen, Indianer von Wahlen auszuschließen:
1) Indianer ständen unter Aufsicht des Bundes bzw seien „Mündel“ des Bundes, daher seien sie nicht unabhängig und nicht kompetent zum Wählen
2) Auf Reservationsland lebende Indianer seien Bürger ihrer Reservation und nicht des betreffenden Bundesstaates (obgleich der Supreme Court bereits 1881 geurteilt hatte, daß alle Reservationsindianer Bürger ihres Bundesstaates sind)
3) Indianer bezahlten keine Steuern an den Bundesstaat und sollten daher nicht die Möglichkeit erhalten, sich an Entscheidungen über die Verwendung von Steuern zu beteiligen, und
4) Indianer seien nicht „zivilisiert“ und ihre fortdauerndeBeteiligung an ihren Stammesgemeinschaften schließe die Teilnahme an anderen Wahlen von vorneherein aus.
Kulturelle Hindernisse. Insbesondere dieses letztgenannte Argument – daß sich Indianer „zivilisieren“ müßten, um das Wahlrecht zu erhalten – verkomplizierte das ohnehin schon komplexe und schwierige Thema der Bürgerrechte der Indianer und deren Teilnahme. Viele Indianer hatten kein Interesse an der US-Staatsbürgerschaft und wollten diese sogar ablehnen. Manche waren der Meinung, die Staatsbürgerschaft von eben der Regierung anzunehmen, die die eigene Gemeinschaft unterdrückt hatte, käme einem Verrat gleich oder sei bestenfalls Dummheit.
Vergangene Bemühungen der Regierung, Mitglieder der Gemeinschaften zu erfassen oder zu identifizieren, zielten auf Vorhaben ab, entweder deren Land zu nehmen, eine Gemeinschaft umzusiedeln oder Kinder mit Gewalt in Schulinternate zu verbringen. Diese Erfahrungen hatten sich in die kollektive Erinnerung der indianischen Gemeinschaft eingegraben und werden deutlich im anhaltenden Widerstand gegen die „Registrierung“ für einen Paß, für die Teilnahme an Wahlen oder sich überhaupt für etwas registrieren zu lassen, das mit einer Regierungsbehörde verbunden war.
Diese Bedenken wurden durch die Bestimmungen vieler Staaten (darunter Idaho, Minnesota, North und South Dakota) noch erhöht, daß Indianer ihre Stammeszugehörigkeit aufgeben und sich gemäß dem Mehrheitsstandard „zivilisieren“ mußten, um Wahlrecht zu erhalten. Die negative Assoziation zwischen Verrat an der eigenen Gemeinschaft und dem Wahlrecht hatte lang anhaltende Auswirkungen auch auf heutige Einstellungen zur Wahlbeteiligung in den indianischen Gemeinschaften.
[...]
Anhaltende Hindernisse bei der indianischen Wahlbeteiligung
Aufteilung der Stimmen. Wahlbezirke werden immer noch so zugeschnitten, daß die indianischen Stimmen nicht in ihrer vollen Stärke repräsentiert werden. Willkürliche Zuordnung, diskriminierende Neuzuordnungspläne etc. können sich alle negativ auf die Fähigkeit der indianischen Gemeinschaften auswirken, mit ihren Stimmen ihre Meinung zum Ausdruck zu bringen.
Taktiken der Wählerunterdrückung. Mit dem Ansteigen des Anteils indianischer Wähler, kann die Aufmerksamit für den Einfluß ihrer Stimmen leider auch Bemühungen auslösen, sie am Wahltag von der Abgabe ihrer Stimmen abzuhalten. Eine der am häufigsten eingesetzten Taktiken, die auch in der jüngsten Vergangenheit noch zum Einsatz kam, besteht darin, daß Wahlbeobachter am Wahltag den registrierten Status indianischer Wähler bestreiten.
Restriktive Identifizierungserfordernisse. Es gab noch kürzliche in einer Reihe von Staaten restriktive Identifizierungserfordernisse für Wähler. Viele Indianer verfügen nicht über vom Bund oder einem Einzelstaat ausgestellte Papiere, was auf die gerade angesprochenen historischen Gegebenheiten sowie auf kulturelle Gegebenheiten zurückzuführen ist; andere brauchten entsprechende Papiere bisher nicht. Diejenigen, die über Papiere verfügen, haben häufig einen vom Stamm ausgestellten Ausweis (tribal ID card), die in manchen Staaten immer noch nicht zur Identifizierung des Wählers anerkannt wird.
Sprachliche Hindernisse. Absatz 2 des Wahlrechtsgesetzes sieht für viele indianische Gemeinschaften „Sprachenschutz“ vor. Es werden bei jedem Wahlgang Anstrengungen unternommen sicherzustellen, daß den indianischen Wählern sprachliche Assistenz zur Verfügung steht.
Entfernung zum Wahllokal. Große Teile von „Indian County“ sind sehr ländlich und abgelegen. Begrenzte Möglichkeiten des einzelnen Staates führen oft dazu, daß Wahllokale über 60 Meilen von den Wählern entfernt sind. Da es auf den meisten Reservationen keinen Öffentlichen Transport gibt, das Geld für Benzin nicht zur Verfügung steht und häufig im November auch widrige Wetterbedingungen herrschen, bedeuten weit entfernte Wahllokale, daß Indianer von der Wahl ausgeschlossen sind.
Der kürzliche Anstieg indianischen Engagements und indianischer Wähler im Vorfeld des 80. Jahrestages der Staatsbürgerschaft ist das Ergebnis eines langen juristischen Kampfes und kultureller Diskussionen. Obwohl viele Hindernisse beseitigt wurden, sind noch einige vorhanden.[...]"
Report: Significant Barriers to Native American Voting Rights in South Dakota Persist - Leadership Conference on Civil Rights
"Bericht: Immer noch erhebliche Hindernisse beim Wahlrecht für Indianer in South Dakota
18. Mai 2006
Seit 1966 wurden 66 Klagen von Indianern wegen des Wahlrechts eingereicht, 17 davon in South Dakota, wo nur 8,3% der Bürger Indianer sind. Ein Bericht von RenewtheVRA.org zeigt, daß diese hohe Rate von Klagen auf die schlechte Umsetzung der durch das Wahlrechtsgesetz (VRA) von 1965 gegebenen Rahmenbedingungen zurückgeht.
[...]
Bis in die 1940er Jahre waren Indianer offizielle vom aktiven und passiven Wahlrecht ausgeschlossen. Die neun bundesstaatlich anerkannten indianischen Stämme in South Dakota sind immer noch entscheidenen sozio-ökonomischen Nachteilen unterworfen und sehen sich bei der Teilnahme an Wahlen Hindernissen gegenüber.
Zudem schloß der Staat [South Dakota] Indianer noch bis 1975 in drei als „unorganisiert“ eingestuften Counties – Todd, Shannon und Washabaugh – von der Wahl aus. Die entsprechende Zuordnung wurde aufgrund des hohen indianischen Bevölkerungsanteils getroffen."