Inwiefern hat sich die BRD nach Anschluss der DDR verändert

S

Samuel88

Gast
Dass die DDR eine 180°-Wendung im Jahre 1989/90 hingelegt hat ist ja klar,
Aber hat sich die BRD nicht auch ein wenig verändert?
Oder gab es die Revolution "nur" in der DDR?
 
Aber hat sich die BRD nicht auch ein wenig verändert?

Sagen wir mal so, es sind vielfach die ehrlichen Meinungen zur Wiedervereinigung zu Tage getreten.
Gehørte es zu Zeiten der "Unmøglichkeit" zum guten Ton, fuer die Wiedervereinigung zu sein, gab es auf einmal auch andere Stimmen:
"Wie, dafuer Geld bezahlen?" Der eigene Geldbeutel war vielen wichtiger als der vorher vorgegebene Patriotismus.

2. Es gab, nachdem man mehr Kontakt zu Ostdeutschen hatte, das erkennen, dass es sich -aufgrund der vielen Jahre des getrennten aufwachsens in 2 verschiedenen Systemen- eigentlich um ein ganz anderes Volk handelte. Ausser der Sprache nicht viel gemein.

3. Die Wetterkarte in den Nachrichten war anders. =)

Ansonsten glaube ich aber, business as usual, das Leben ging ueberwiegend weiter wie gewohnt.

Gruss, muheijo
 
Sagen wir mal so, es sind vielfach die ehrlichen Meinungen zur Wiedervereinigung zu Tage getreten.
Gehørte es zu Zeiten der "Unmøglichkeit" zum guten Ton, fuer die Wiedervereinigung zu sein, gab es auf einmal auch andere Stimmen:
"Wie, dafuer Geld bezahlen?" Der eigene Geldbeutel war vielen wichtiger als der vorher vorgegebene Patriotismus.

2. Es gab, nachdem man mehr Kontakt zu Ostdeutschen hatte, das erkennen, dass es sich -aufgrund der vielen Jahre des getrennten aufwachsens in 2 verschiedenen Systemen- eigentlich um ein ganz anderes Volk handelte. Ausser der Sprache nicht viel gemein.

3. Die Wetterkarte in den Nachrichten war anders. =)

Ansonsten glaube ich aber, business as usual, das Leben ging ueberwiegend weiter wie gewohnt.

Gruss, muheijo


Und das sehe ich ganz anders. Trotz bedeutender sozialer, kultureller und mentalitätsgeschichtlicher Unterschiede sind doch unterm Strich die Gemeinsamkeiten größer, als die Unterschiede. Ich habe es schon an anderer Stelle geschrieben, dass man hier im Forum bei den 40-50 Jährigen, die die Zeit des Kalten Krieges noch selbst erlebt haben deutlich merkt, ob man in der alten Bonner Republik oder in der DDR aufgewachsen ist und sozialisiert wurde. Das gilt übrigens ganz unabhängig von der politischen Couleur. Bei balticbirdie, Timo, Anish, Flo, Repo, Jacobum, Silesia oder auch meiner Wenigkeit merkt man recht schnell, ob einer Wessi oder Ossi ist, während sich bei jüngeren Forianern wie Brissotin, Gaius Marius oder Themistokles meiner Meinung nach kaum noch ein West/Ost-Gegensatz feststellen lässt.

Die Berliner Republik hat sich im Vergleich zur alten Bonner BRD auch sehr stark gewandelt. Wirtschaftlich haben sich neue Standorte und Zentren gebildet. Manche "Zonenrandgebiete" haben sich zu neuen Zentren entwickelt. Politisch hat sich die BRD endgültig emanzipiert. Amerikaner, Briten, Franzosen und Russen sind abgezogen. Die "Nachkriegszeit" ist vorbei, und wir leben jetzt wieder in der "Vorkriegszeit", wobei Deutschland selbst Kontingente in aller Herren Länder entsendet und Deutschlands Sicherheit am Hindukusch verteidigt wird. Das wäre noch vor 20 Jahren für viele Briten und Franzosen eine Horrorvorstellung gewesen.

Die Parteienlandschaft hat sich deutlich verändert und zu einem 5 Parteiensystem entwickelt, in dem sich die Linke allmählich etabliert, auch wenn das Manchem ein Dorn im Auge ist. Die sogenannten "Volksparteien" verlieren an Einfluss, und selbst die CSU hat ihre absolute Mehrheit eingebüßt.

Den meisten Deutschen die sich noch etwas selbstständiges Denken bewahrt haben, wird bald klargeworden sein, dass es Jahre dauern würde, bis "blühende Landschaften" entstehen und das erhebliche finanzielle Opfer zu bringen sind. Trotz Meckerei haben aber die meisten Deutschen diese Opfer gebracht, und Äußerungen, die sich die Mauer zurückwünschen, sollte man nicht überbewerten.

Es ist aber auch deutlich geworden, dass die Wiedervereinigung die Wirtschaftskraft Deutschlands überforderte, und ein Resultat davon ist, dass der alte Sozialstaat der Vergangenheit angehört und eine ganze Reihe von Sozialleistungen gekürzt oder abgeschafft wurden. Sozialhilfe gibt es nicht mehr, und sarkastisch ausgedrückt könnte man konstatieren, dass die Zwangsarbeit in Form von 1- Eurojobs wieder eingeführt wurde.


Buisiness as usual mag wohl eher eine Wunschvorstellung sein. Die Bewohner der alten Bonner Republik hatten sich im Kalten Krieg eigentlich recht gut mit der deutschen Teilung arrangiert. Das wiedervereinigte Deutschland konnte aber nicht mehr von Bonn aus regiert werden, und es hat sich gezeigt, dass die Wiedervereinigung auch die alte BRD bis zur Unkenntlichkeit verändert hat.
 
@Scorpio, du magst ja prinzipiell richtig liegen. Die Veränderungen der Parteienlandschaft und der Abschied vom Sozialstaat alter Prägung haben aber nix mit der Wiedervereinigung zu tun, auch wenn Politiker uns dies oft weismachen wollen. Denn woanders, zum Beispiel in Frankreich, gibt es diese Entwicklung genauso.
 
War die Politik Gorbatschows (Perestroika) ausschlaggebend für den Mauerfall

Hallo!
Ich möchte gerne wissen ob die Politik Gorbatschows zu dem Mauerfall und der folgenden Wiedervereinigung beigetragen hat?
Wäre es denn vermutlich auch ohne seine politischen Änderungen in der UdSSR zu einem Mauerfall gekommen?
Ist seine Politik denn überhaupt aufgegangen oder blieb es nur bei einem "Versuch" die Politik in der UdSSR zu ändern?
 
Zumindest in einem Punkt hatte Gorbi - in der SU gab es keinen Mauerfall - zum Mauerfall beigetragen: das DDR-Regime machte sich unglaubwürdig, als es plötzlich die Auslandszeitschrift des großen Bruders Sputnik nicht mehr zum Verkauf zuließ, um den Wandel in der SU vor den eigenen Bürgern geheim zu halten.
 
Ich möchte gerne wissen ob die Politik Gorbatschows zu dem Mauerfall und der folgenden Wiedervereinigung beigetragen hat?

Natürlich hat sie das. Die Bürger in der DDR haben sehr genau registriert, dass in der Sowjetunion ein anderer Wind wehte. Die Umwälzungen in der DDR 1989 - eigentlich ging es primär um "Glasnost und Perestroika" auch zwischen Elbe und Oder. An Mauerfall und gar schnelle Wiedervereinigung dachte man zunächst nicht einmal im Traum, das erschien einfach zu wirklichkeitsfremd.
 
der Abschied vom Sozialstaat alter Prägung haben aber nix mit der Wiedervereinigung zu tun, auch wenn Politiker uns dies oft weismachen wollen. Denn woanders, zum Beispiel in Frankreich, gibt es diese Entwicklung genauso.

Dagegen könnte man die These stellen, dass mit dem Zusammenbruch des Ostblocks das sozialistische System weithin als gescheitert angesehen werden konnte, in dern Augen der breiten Wählerschaft keine Zukunft mehr hatte; die marktwirtschaftliche Ordnung hatte keine Konkurrenz mehr zu befürchten und konnte es sich deshalb erlauben soziale Strukturen abzubauen.
 
Seine Politik der "freien Hand" gegenüber den anderen Ostblockstaaten hat viel dazu beigetragen. Aus meiner Sicht den Prozess allerdings nur beschleunigt. Die alten starren Generationen der DDR-Führung, die noch die politischen Kämpfe der SPD und KPD und 2 Weltkriege erlebt haben, standen doch bereits vor der Ablösung durch eine neue andere Generation, die mit Gewalt in der Vergnagenheit viel weniger zu tun hatte. Auch das trug aus meiner Sicht dazu bei, daß es 1989 nicht zu einem militärischen Eingreifen mit Schußbefehl bei Demonstrationen kam.
Viel ursächlicher für den eigentlichen Zusammenbruch der ehem. DDR war da die freie Grenzöffnung der Ungaren, die eine weitere Abschottung der Ostblockstaaten verhinderte.
 
Hallo!
Ich möchte gerne wissen ob die Politik Gorbatschows zu dem Mauerfall und der folgenden Wiedervereinigung beigetragen hat?
Wäre es denn vermutlich auch ohne seine politischen Änderungen in der UdSSR zu einem Mauerfall gekommen?
Ist seine Politik denn überhaupt aufgegangen oder blieb es nur bei einem "Versuch" die Politik in der UdSSR zu ändern?

Ich mag dieses Wort "Wiedervereingung" nicht. Was sind 45 Jahre in der Weltgeschichte?
1945 hörte Deutschland auf zu existieren.
Nur 45 Jahre später kam zusammen, was zusammen gehört (Willy Brand)

Es wäre so oder so gekommen, Samuel.
Wenn die Luft raus ist, muss man handeln.
 
Es ist ja nicht so, dass mit dem Mauerfall alles klar gewesen wäre. Am 4. Dezember 1989 gab es eine Montagsdemo, von der es einige Photos gibt. Leider habe ich nur eines im Netz gefunden, welches weniger aussagekräftig ist, weil man nicht ausreichend Transparente lesen kann. Es ist deutlich ersichtlich, dass die Demonstrierenden sich alles andere als einig über den weiteren Verlauf sind, einige sagen "Wiedervereinigung sofort!", die anderen "Heims ins Reich - nein Danke!"
Image
Es gibt noch ein weiteres Bild, von weiter rechts aufgenommen, auf dem die Diskrepanz der verschiedenen Montagsdemonstranten sehr viel deutlicher zu erkennen ist.

In diesem Zusammenhang ist auch der Appell Für unser Land recht aufschlussreich: Die darin propagierten Ideen sind zwar z.T. recht wirklichkeitsfremd, aber interessant.
 
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Dieser Appell war im Grunde eine "intellektuelle Spinnerei" und wurde nicht Ernst genommen. Allein die Unterzeichnung durch Krenz, dem man kein Wort glaubte, machte ihn unglaubwürdig.
Ich habe auf den Demos im November 89 erlebt, dass die Forderung nach Einheit zunächst von bewusst umsympathischen, scheinbar alkoholisierten Typen kam. Ich denke, es waren Stasi-Provokateure...
 
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Betrunkene und Kinder sagen die Wahrheit.
Kann es sein das sich die Anzahl der Russischen Übersiedler(demokratie) in die Bundesrepublik vergrößert hat? Skorpio ich dacht es gibt noch Amerikanische Miliärbasen? Und eine Menge Zivilisten die hier geblieben sind.
 
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Allein die Unterzeichnung durch Krenz, dem man kein Wort glaubte, ...

Das fand ich uebrigens seinerzeit sehr erstaunlich. Auf Besuch in Berlin ein Wochenende nach dem Mauerfall dachte ich, dass man in der DDR zufrieden sei, dass der Honecker weg war und ein juengerer, scheinbar offener Mann an die Macht kam. Aber Krenz war wohl auch nicht sonderlich beliebt, du bestætigst das grad nochmal.
Warum eigentlich? Hatte er eine so miese Vergangenheit?

Gruss, muheijo
 
Warum eigentlich? Hatte er eine so miese Vergangenheit?
Er war über viele Jahre als "Kronprinz" aufgebaut worden. Dazu kam sein notorisches Dauergrinsen und die bei ihm übertriebene Euphorie in Form von Applausbekundungen (Spitzname: "Land des Lächelns"). Sein ergebener China-Besuch nach dem Tianmen-Massaker lag zudem gerademal ein halbes Jahr zurück. Modrow hätte man vielleicht akzeptiert, Krenz niemals.
 
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Inwiefern hat sich die BRD nach Anschluss der DDR verändert
War bestimmt ganz harmlos gemeint - aber diese Formulierung ist m. E. mehr als unglücklich.
Der "Anschluß" ist üblicherweise die Bezeichung für die Besetzung Österreichs durch Nazi-Deutschland. Die Wiedervereinigung sollte man nicht als Anschluß bezeichnen.
 
die marktwirtschaftliche Ordnung hatte keine Konkurrenz mehr zu befürchten und konnte es sich deshalb erlauben soziale Strukturen abzubauen.
Diese Erklärung setzt voraus, daß der Sozialstaat im Westen im wesentlich wg. östlicher Konkurrenz aufgebaut wurde.
Das mag in den 50er Jahren noch eine Rolle gespielt haben (wobei die damaligen Sozialleistungen verglichen mit heute marginal waren), für den wesentlichen Ausbau des Sozialstaats in den 70er Jahren spielte das überhaupt keine Rolle mehr, da gab es nur noch Binnenmotive.

Die Diskussionen und Reformforderungen ab 1990 hatten nur mittelbar mit der deutschen Einheit zu tun (weil es plötzlich mehr Zahlungsempfänger gab), aber der eigentliche Grund dafür war derselbe wie in den anderen westeuropäischen Staaten: Man konnte die steigenden Kosten nicht mehr tragen.
 
War bestimmt ganz harmlos gemeint - aber diese Formulierung ist m. E. mehr als unglücklich.
Der "Anschluß" ist üblicherweise die Bezeichung für die Besetzung Österreichs durch Nazi-Deutschland. Die Wiedervereinigung sollte man nicht als Anschluß bezeichnen.

Das empfinden aus heutiger Sicht aber eine ganze Menge Leute eben geauso.
 
Das empfinden aus heutiger Sicht aber eine ganze Menge Leute eben geauso.

1. Wer sind "eine ganze Menge Leute"?
2. Das wolltest Du - zumindest hoffe und denke ich dies - so nicht geschrieben haben, daß die deutsche (Wieder-)Vereinigung von 1990 auf eine Ebene mit dem Anschluß Österreichs ans Deutsche Reich von 1938 gerückt wird.
 
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