Hi,
wie versprochen, Scan-Zitate, aus einem seriösem Werk. (Willkürliche) Auszüge in diesem Post, der Rest der Zitate im
Anhang.
Autor betrieb ausgedehnte Feldstudien, um den Rätseln der vielfältigen Küchen in jedem Tal mit charakteristischen Unterschieden aufzuspüren.
Es werden hier also nicht nur die osmanische Palastküche angesprochen, sondern auch die Volksküchen. der einfachen Bauern und Nomaden.
Patricia Rochard/Boehringer Ingelheim (Hg): Türkei. Abendland begegnet Morgenland. 16.-18. Jh. Eine Ausstellung im Rahmen der Internationalen Tage Ingelheim. Mainz 1992. S. 200 ff.
Große Imperien haben große Küchen hervorgebracht. Der fruchtbare Boden und die Tüchtigkeit der Bauern und Fischer des türkischen Reiches, verbunden mit der Begeisterung und dem Können seiner Küchenchefs und häuslichen Köche, haben feine, wohlschmeckende Gerichte entstehen lassen, die die türkische Küche neben der französischen und chinesischen zu einem der drei herausragendsten Beispiele für kulinarische Kunst in der Welt gemacht haben. Im Lauf ihrer Entwicklung, von der Küche der türkischen Stämme Zentralasiens bis zu der Küche von heute, hat die türkische Kochkunst einen individuellen Charakter angenommen, der in der Anlage der Küche, den Kochgeräten, den Gerichten und Garmethoden, dem Anrichten von Speisen und in bestimmten Sitten zum Ausdruck kommt. Abwechslungsreichtum und Vielfalt werden auf jedem Gebiet der Kochkunst gleichermaßen gepflegt.
Die Geschichte der türkischen Küche kann unterteilt werden in die zentralasiatische, die Seldschuken- und die osmanische Periode:
Die zentralasiatische Periode (vor 1038)
Das Wissen über die Nahrung und die Eßgewohnheiten der frühen türkischen Nomadenstämme in Zentralasien ist begrenzt und beruht auf Mutmaßungen. Wahrscheinlich ernährten sie sich, ebenso wie andere Nomadenstämme, von Schafs- und Pferdefleisch, ungesäuerten Backwaren oder Brot aus Weizenmehl, Milch und Milchprodukten wie Joghurt. Man weiß heute, daß Koumiss, ein fermentiertes Getränk aus Stutenmilch, und Ayran getrunken wurden. Hinweise aus Gemeinden von Kazantürken und Tataren in Anatolien, die noch immer viele zentralasiatische Bräuche bewahrt haben, deuten darauf hin, daß eine Reihe von Nahrungsmitteln aus der zentralasiatischen Periode bis heute überlebt hat. Mantı (eine Art Ravioli), Çörek (ringförmige Brötchen), verschiedene Pasteten und Tarhana (eine Art getrockneter Quark), sie alle stammen aus Zentralasien. Eine der frühesten schriftlichen Quellen über die präislamischen Türken, die Orhun-lnschriften, bezieht sich auf eine Begräbniszeremonie für einen Regenten der Göktürken, der zwischen dem sechsten und dem achten Jahr-hundert ein großes Reich in Zentralasien errichtete. Sie zeigt, daß diese Jäger sich hauptsächlich von Hirsch- und Hasenfleisch ernährt haben.
Die Periode der Seldschukenherrscher (1038-1299)
Aus der Zeit der Seldschukensultane haben mehr schriftliche Informationen über die Ernährung überlebt. Der »Divanu Lugat-i Turk«, ein Wörterbuch, das Kaşgarlı Mahmut in den Jahren 1072 und 1073 zusammenstellte, um die Araber Türkisch zu lehren, enthält nicht nur die Namen bestimmter Nahrungsmittel, sondern beschreibt auch einige Gerichte. Zu denen, die als alte türkische Gerichte bezeichnet werden, gehören: Tutmac Nudelsuppe); Yufka (flaches, ungesäuertes Brot); Katma, Juga oder Katmer (ein Schichtgebäck); Ekmek (Brot); Joghurt; Ayran; Kımız; Koumiss; Çörek (ein ringförmiges Brötchen); Pekmez (Sirup aus gekochtem Traubensaft); und Kavut Helva (eine Speise aus Reismehl). Es gibt auch Hinweise auf das Kochen in einer Erdgrube, auf die Verwendung von Grillrosten, Spießen und irdenen Kochgefäßen.
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Eintopf (Yahni), Speisen am Spieß (Kebabs), eine Suppe aus Weizenmehl und Joghurt (in Anatolien Togya Çorbasi genannt), Sauerrahm, Joghurt, Käse, Getränke wie Milch, Ayran, Koumiss und Wein - all das wurde laut den Erzählungen von Dede Korkut verzehrt. Die literarischen Werke von Mewlana Jala-luddin-i Rumi, der im 13. Jahrhundert lebte, enthalten viele Hinweise auf die Eßkultur dieser Zeit. Mewlana, der die Philosophie von Harmonie und Zusammenarbeit vertrat, die Menschen in Liebe vereinen kann, liefert unschätzbare Informationen zum Thema Essen.
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Als der Seldschukenherrscher Alaaddin Keykubat I. (1227-1237) zum ersten Mal als Monarch in Konya, der Hauptstadt des Seldschukenreiches, eintraf, gab es Feuerwerke und Zeremonien, wie man sie nie zuvor gesehen hatte, und es wurden Bankette und Trinkgelage ausgerichtet. In H. T. H. Houtsma's Ausgabe der »Seldschukenarchive« werden diese Festmähler wie folgt beschrieben: »Verschiedene Arten von Reis und geschmorte Hauptgerichte, gedünstete und gebratene Gemüse, Fleischragouts, ungeschälte, in heißer Asche gegarte Gemüse, Braten, gegrillte Hühner, Tauben, Rebhühner und Wachteln, alles in Gold- und Porzellanschüsseln, wurden gemäß den Traditionen der beiden ogusischen Türkenstämme auf einem erhöhten Platz angerichtet. Ogusischen Bräuchen entsprechend trank man Koumiss und eine Vielfalt von gesüßten Fruchtsäften.«
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Die Germiyan-Oğlu-Beyi-Yakup-Bey-Suppenküche in Kütahya beispielsweise bot ihren Mitgliedern und Reisenden, die Obdach suchten, zwei Mahlzeiten und vier Laibe Brot täglich: ein Fleischgericht täglich (sowohl das Gericht als auch das Brot mußten hervorragend sein); Reis und Weizensuppe; Fleisch, Reis und Gemüse, wie Spinat und Rüben; Helva aus Mehl, Butter und Zucker sowie süßes Backwerk mit Honig. Für diejenigen, die zu spät für die Mahlzeiten eintrafen, gab es Butter, Käse und ungesäuerte Brotfladen.
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Die osmanische Periode (1299-1923)
Während der osmanischen Periode wurde die türkische Küche immer mehr verfeinert. In den Palastküchen und in den Häusern des Adels und hoher Beamter erreichte die spezialisierte Kunst der Köche ein sehr hohes Niveau. So entstand die Istanbuler Küche oder Palastküche, die als Höhepunkt der türkischen Kochkunst gilt. Als Sultan Mehmet II. der Eroberer, 1453 Konstantinopel besetzte, befahl er als erstes den Bau eines Palastes, in dem er residieren konnte. In einem berühmten kaiserlichen Dekret legte er die Anstandsregeln fest, denen bei Hofe zu folgen war, die Regeln des Protokolls, denen gehorcht werden mußte, und die Tischsitten, die im 1478 vollendeten Topkapi-Palast gelten sollten.
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Die bereits im Mewlewije-Kloster im 13. Jahrhundert auszumachende kulinarische Spezialisierung fand ihre Vollendung im 15. Jahrhundert. Das gesamte Personal der Palastküchen strebte danach, exquisite Gerichte zu kreieren, und experimentierte mit neuen Ideen, um bestehende Gerichte zu verbessern. Der Adel und die Beamten bewirteten einander regelmäßig und wetteiferten darum, die besten Speisen anzubieten. Diejenigen, deren Küchen denen des Palastes nicht nachstanden, erlangten Ruhm, und die Sultane beehrten sie mit einem Besuch. So wurde während der Regierungszeit von Sultan Mehmet II. der Großmufti Abdullah Molla (das Oberhaupt der islamischen Staatskirche, das im Rang direkt nach dem Großwesir kam, dem Oberhaupt der Regierung) für seine Großzügigkeit, seinen Reichtum, seine Vornehmheit und seine Küche berühmt. Eines Abends, zur Zeit des Fastenbrechens im Ramadan, versammelte der Sultan seine Minister und stattete der Residenz des Muftis einen unangemeldeten Besuch ab. Der Diener, der sich plötzlich dem Sultan gegenübersah, eilte aufgeregt zu seinem Herrn. Der Mufti ermahnte den Diener, nicht in Panik zu geraten, und wies ihn an, dem Sultan sein eigenes Mahl zu servieren und den anderen Gästen zwei oder drei Tabletts von den Speisen zu reichen, die für den Harem reserviert waren. Nach dem Mahl lobte der Sultan die Üppigkeit der Gerichte und bewunderte die Bedienung und das Tafelgeschirr, wollte aber wissen, wieso das Kompott aus getrockneten Früchten (Hoşaf), das auf das Reisgericht folgte, nicht in einer ebenso kunstvollen Schüssel serviert worden sei wie die anderen Speisen. Der Mufti erklärte, um die Textur der Frucht nicht zu verderben, erlaube er nicht, daß sie mit zerstoßenem Eis angerichtet werde, sondern lasse statt dessen den Saft in einer Schalenform gefrieren und das Kompott in dieser Eisschale reichen. Ebenso wie in den Palastküchen wurden in den Küchen aller großen osmanischen Häuser Köche beschäftgt, die sich innerhalb der kulinarischen Kunst spezialisiert hatten.
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Unter osmanischer Herrschaft wurden nur die besten Zutaten nach Istanbul gebracht. Der Verkauf minderwertiger Nahrungsmittel wurde durch ein System sehr strenger Kontrollen verhindert.
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Zweifellos hat es in der Entwicklung der türkischen Küche viele gegenseitige Befruchtungen gegeben. Als die Türken von Zentralasien nach Westen kamen, wurden sie beeinflußt von den Küchen der Länder, die sie durchquerten, und auch von einigen Speisen früherer anatolischer Kulturen. Ein wichtiges Merkmal der türkischen Küche ist ihre Fähigkeit, alles erfolgreich anzupassen, was sie übernommen hat.
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Çerkez Tavuğu (tscherkessisches Huhn), Arnavut Çiğeri (albanische Leber), Kürt Köftesi (kurdische Fleischbällchen) und Arap Köftesi (arabische Fleischbällchen) sind Beispiele für ausländische Gerichte, die in der türkischen und anatolischen Küche weit verbreitet sind.[..]
Mahlzeiten und Sitten
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Es heißt, diese Mahlzeit habe ihren Namen erhalten, weil die Männer, die den ganzen Abend außer Haus waren, um zu trinken, mitten in der Nacht heimzukommen pflegten und ihre Frauen baten, ihnen ein Frühstück oder eine Suppe zu machen, um das Getrunkene zu kompensieren. Die Frau, ärgerlich, aber aus Respekt schweigend, murmelt: »Nimm, leg dich aufs Ohr und laß mich in Ruhe!«
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Tischdecken und Bedienung
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Im elften Jahrhundert wurden zu religiösen Festtagen oder anläßlich von Hochzeiten eines Khans Bankettgerichte, bekannt als Kenc Liyu, in Form eines Minaretts aufgetürmt, das bis zu 30 Arşin (ein altes türkisches Maß, das etwa 70 cm entspricht) hoch war, und das die Besucher dann zerstörten und verzehrten.
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Im Palast von Istanbul gab es Festmähler, bei denen bis zu 100 Speisen gereicht wurden; in Anatolien waren es bis zu 40.
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Es wird vorgeschlagen, als Mezes mindestens 40 oder 50 verschiedene Dinge und reichlich Haselnüsse, Pistazien und Mandeln anzubieten; der Tisch sollte üppig gedeckt sein mit Fischrogen, Kaviar und verschiedenen Arten von Pastirma (Dörrfleisch, gewürzt mit Kümmel und Knoblauch), und mit Ausnahme von Reis sollten schwere Speisen wie gefüllte Pasteten und dergleichen vermieden werden. Angeblich wurden in späteren Zeiten in verschiedenen Tavernen Istanbuls Abendmahlzeiten mit ungefähr der gleichen Vielfalt an Speisen angeboten, und der Bezirk Yedi Kule (Sieben Türme) soll wegen seiner Mezes einen besonderen Ruf gewonnen haben.
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