Joghurt und die osmanische Küche

@lynxxx: In Hamburg gibt es von hunderten Restaurants vielleicht zwei (!), die ein wenig Einblicke in diese hohe Kochkultur geben können.
Aber das "Agadash" am Kino meinst du sicher nicht, lol. :devil: Existiert dieser "Tempel anatolischer Spitzengastronomie" eigentlich noch?
 
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(bb: Das Arkadasch gibts noch, gehen ja auch nur deutsche Studis hin.)

Ich kann lynxxx nur voll und ganz beipflichten - ich habe die türkische Küche zunächst auf familiärer Ebene kennengelernt. Dann gab es in Gö in den 70er Jahren nur ein türkisches Restaurant, das auch fast nur von türkischen Gästen frequentiert wurde - also war die Küche da auch so wie zu Hause. Lecker!!!! :wolke:

Aber in vielen gibt es einen an deutsche Vorstellungen angepaßten Schlangenfraß, meist auch noch mit Weiß- und Rotkohlsalat garniert. Ekelhaft :schüttel: Andererseits fällst du immer noch auf, wenn du ohne Rücksicht auf die 'eingedeutschte' Speisekarte "cacik" bestellst und nicht Tsatsiki, oder im Imbiß ein "lahmacun" statt der türkischen Pizza, vor allem, wenn du das auch noch unfallfrei aussprechen kannst.... Döner kann superlecker sein - aber dann bitte nicht "mit alles".... eine weitere unsägliche Unart.

@TimurCan: du weißt nicht, was dir entgeht ohne Joghurt! In yoghurtlu kebap könnt ich mich reinsetzen!!! C,ok iyi!
 
Nur leider selten in ihrer "Köstlichkeit" in Deutschland auch probierbar. In Hamburg gibt es von hunderten Restaurants vielleicht zwei (!), die ein wenig Einblicke in diese hohe Kochkultur geben können. Dazu noch mal zwei, die wenigstens ein bischen die autentische Volksküche Anatoliens nach Art der Mutter nachkochen. (Stand Ende der 90er, danach habe ich mich nicht mehr auf dem Laufenden gehalten).

Ich kenne auch nur in Wien ein echt türkisches Restaurant (im ersten Bezirk) und dann noch ein griechisches (ist ja fast das gleiche) in Graz.

Ich persönlich kenne ja auch die Derivate der osmanischen bzw Balkan Küche aus familiären kreisen.
 
Falls Du zufällig ein Rezept für einen überdurchschnittlichen İmam Bayıldı (selbstverständlich vegetarisch, die Hackfleischdinger zählen ja nicht) in der Hinterhand haben solltest - ich wäre interessiert.

Ich habe dir mal im Anhang aus drei Kochbüchern das Rezept gescannt. Schaue mal, wie unterschiedlich die Rezepte sind, und für wie viele Personen gedacht. Ich kann dir keines empfehlen, da meine Zunge keinem Gourmet gehört. Eher einem Nilpferd...:rofl:Also ich kann es persönlich nicht beurteilen, vor allem, da ich die "Königin der Gemüse" gar nicht mag...

Ich werde aber die Anmerkungen dazu hierein posten, weil doch recht interessant:

aus:
Nevin Halici: Das türkische Kochbuch. Augsburg 1993.ISBN 978-3933366498
S. 106:

IMAM BAYILDI
DES IMAM GAUMENFREUDE
Die Bezeichnung dieses Gerichts - gefüllte Auberginen in Olivenöl - ist in einer Reihe von Büchern mit »Der Imam wurde ohnmächtig« übersetzt worden. Kein Türke aber würde ohnmächtig von einem Gericht, das aus zwei Hauptnahrungsmitteln besteht - es sei denn, es wirft ihn um vor Begeisterung.
Es gibt viele Geschichten über den Imam Bayıldı; diese hier stammt von einer älteren Dame in Konya und hat mit dem charakteristischen Eifer der türkischen Frau zu tun, eine gute Gastgeberin zu sein.
Früher war es in Anatolien üblich, daß der örtliche Imam von den Mitgliedern seiner Gemeinde zu einer Mahlzeit eingeladen wurde. Es galt als Ehre für den Haushalt, den Imam zu Gast zu haben.
Eines Tages hörte ein Ladenbesitzer auf dem Heimweg den Ruf zu den Abendgebeten und ging in die Moschee. Nach den Gebeten, so berichtet die Geschichte, lud er den Geistlichen zu einer Mahlzeit ein, ohne über die Situation in seinem Haus nachzudenken, und sie machten sich auf den Weg. An diesem Tag hatte die Frau des Ladenbesitzers Wäsche gewaschen und keine Mahlzeit vorbereitet. Natürlich war sie sehr aufgeregt, bereitete rasch ein Gericht aus gefüllten Auberginen in Olivenöl und servierte es. Als sie ängstlich in der Küche wartete, kam ihr Mann lächelnd herein und sagte: »Mach dir keine Sorgen, meine Liebe, der Imam war entzückt von deinem Gericht!«

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aus dem schon zitierten Buch:
Goldstein, Joyce [Mitarb.], Johnson, Peter [Mitarb.], Ehrhardt, Cornell Übers.]: Rund um das Mittelmeer : eine kulinarische Reise ; mit 235 Originalrezepten aus Marokko, Algerien, Tunesien, Ägypten, Israel, Libanon, Syrien, Türkei, Griechenland, Zypern, Italien, Spanien, Korsika und der Provence. München Christian Verlag 1995. 3-88472-265-4

S.207:

TÜRKEI
Imam Bayıldı
Der Imam fiel in Ohnmacht

Der Rezeptname läßt offen, ob der Imam aus Verzückung über das köstliche Gericht ohnmächtig wurde oder wegen der großen Menge an Öl, die bei der Zubereitung verwendet wird. Nevin Halıcı [siehe oben], eine Expertin der türkischen Küche, sagt jedoch, kein Türke würde jemals vor Schreck in Ohnmacht fallen, wenn er Auberginen in viel Olivenöl sieht, so daß dem Imam wohl vor Begeisterung die Sinne schwanden. Von allen türkischen Auberginengerichten sind diese gefüllten Auberginen am bekanntesten. Für dieses Rezept kann man auch 8-12 schlanke asiatische Auberginen nehmen; ihre Garzeit beträgt nur etwa 15 Minuten. Das Gericht läßt sich einige Tage im voraus zubereiten.


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Sarah Woodward Die türkische Küche. Rezepte aus dem Osmanischen Reich. 2002. ISBN-13: 978-3884725283

S. 83:

Gefüllte Auberginen

Die Aubergine gilt in der gesamten arabischen Welt als die Königin der Gemüse, aber die größte Wertschätzung wird ihr in der Türkei entgegengebracht. Man sagt, es gäbe über 200 traditionelle türkische Rezepte für die Zubereitung der Eierfrucht - ich habe den Verdacht, dass es noch wesentlich mehr sind. Der absolute Favorit ist das Gericht Imam Bayıldı oder „der Imam fiel in Ohnmacht" - ob aus Entzücken oder infolge übermäßigen Schlemmens konnte nie geklärt werden. Die Urheberschaft für das Rezept beanspruchen heute nicht nur die Türken, sondern auch die Syrer und Libanesen; und in einem griechischen Kochbuch las ich den Hinweis, dass das Rezept wahrscheinlich von einem lokalen Pascha in Griechenland stamme, der den Imam beeindrucken wollte. Wie dem auch sei, fest steht, dass das Gericht im gesamten Osmanischen Reich sehr beliebt war und dass es noch heute nicht nur im Vorderen Orient, sondern auch in ganz Südeuropa gern gegessen wird.

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letztere Autorin klärt uns auch endlich über den Ursprung des Joghurts auf:

Joghurt ist ein Wort türkischen Ursprungs. Der Sage nach sollen die Türken das Sauermilchprodukt auf einem Karawanenzug durch die Wüste entdeckt haben, als die in Kameltaschen verstaute Milch durch die Hitze gerann und durch die Schaukelbewegungen der Kamele zu Joghurt wurde.
Tatsächlich ist die Geschichte des Joghurts aber viel älter. Er kommt ursprünglich aus der Region des heutigen Nordiran und wurde von den arischen Völkern verbreitet. Bereits in der Bibel findet er Erwähnung als arabisches laban.
Joghurt war schon immer ein Charakteristikum der Küche des östlichen Mittelmeerraumes. Auf dem Balkan besteht ein typischer Imbiss der Hirten bis heute aus einer Schale Joghurt, einer Hand voll Oliven und einem großen Stück Brot. Die Griechen essen morgens gern Joghurt mit Honig, während das syrische Frühstück häufig aus labneh, dickem Joghurt, besteht, der mit Oliven und frischem Fladenbrot verzehrt wird. In der Türkei kann man noch immer in den Basaren Joghurt-Verkäufer mit über den Schultern an einem Tragjoch hinabhängenden Kübeln voll Joghurt vom selben Morgen ihre Runden drehen sehen. Der cremigste Joghurt ist der aus der Milch von Schafen und Ziegen, die immer die vorherrschenden Herdentiere auf dem Balkan und im Vorderen Orient waren.

:pfeif:

PS: Ausspracheregeln der paar Sonderzeichen im Türkischen finden sich hier:

http://www.geschichtsforum.de/f42/einf-hrung-die-geschichte-des-osmanischen-reiches-20740/

Übrigens haben ja etliche Rezepte ineressante Namen, wie z.B. "Nachtigallennest", "Lippen der schönen Geliebten", "Des Sultans Entzücken", "Frauenschenkel", "Frauennabel", "Pudding Noahs", "Wesirfinger", "Kriegskämpfer-Helwa", und so weiter.

Achja, Hyokkose: Hättest du zufällig meine Links im ersten Post durchgesehen, dann hättest du auch dieses hier finden können:
..:: DER REPUBLIK TÜRKEI KULTUR UND TOURISMUS MINISTERIUM ::..

weitere:
..:: DER REPUBLIK TÜRKEI KULTUR UND TOURISMUS MINISTERIUM ::..

und hier ein Artikel für Vegetarier.
..:: DER REPUBLIK TÜRKEI KULTUR UND TOURISMUS MINISTERIUM ::..

Inwieweit diese Gerichte der Kulturministeriumsseite allerdings an den Touristengeschmack angepasst wurden, weiß ich nicht, schaut in die teilweise vorhandenen Quellen dort, dann weiß man evtl. mehr.

Guten Appetit. :winke:
 

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Achja, Hyokkose: Hättest du zufällig meine Links im ersten Post durchgesehen, dann hättest du auch dieses hier finden können:
..:: DER REPUBLIK TÜRKEI KULTUR UND TOURISMUS MINISTERIUM ::..

Den hatte ich tatsächlich nicht angeklickt, allerdings ist das Rezept nicht gerade überdurchschnittlich. Ich pflege z. B. die Auberginen in Gemüsebrühe statt in Wasser zu garen, das Ergebnis ist einfach besser.

Inwieweit diese Gerichte der Kulturministeriumsseite allerdings an den Touristengeschmack angepasst wurden, weiß ich nicht, schaut in die teilweise vorhandenen Quellen dort, dann weiß man evtl. mehr.

10 Knoblauchzehen und 1 Glas Olivenöl (aber Maisöl als Ersatz für Olivenöl???) sprechen nicht für eine übermäßige Anpassung zumindest an den deutschen Touristengeschmack.

Für Deinen Anhang vielen Dank. Das dritte Rezept ist recht interessant, auch wenn die Zubereitung relativ aufwendig ist und sehr am Knoblauch gespart wird.
 
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Joghurt ist ein Wort türkischen Ursprungs. Der Sage nach sollen die Türken das Sauermilchprodukt auf einem Karawanenzug durch die Wüste entdeckt haben, als die in Kameltaschen verstaute Milch durch die Hitze gerann und durch die Schaukelbewegungen der Kamele zu Joghurt wurde.
Tatsächlich ist die Geschichte des Joghurts aber viel älter. Er kommt ursprünglich aus der Region des heutigen Nordiran und wurde von den arischen Völkern verbreitet. Bereits in der Bibel findet er Erwähnung als arabisches laban.
Joghurt war schon immer ein Charakteristikum der Küche des östlichen Mittelmeerraumes. Auf dem Balkan besteht ein typischer Imbiss der Hirten bis heute aus einer Schale Joghurt, einer Hand voll Oliven und einem großen Stück Brot. Die Griechen essen morgens gern Joghurt mit Honig, während das syrische Frühstück häufig aus labneh, dickem Joghurt, besteht, der mit Oliven und frischem Fladenbrot verzehrt wird. In der Türkei kann man noch immer in den Basaren Joghurt-Verkäufer mit über den Schultern an einem Tragjoch hinabhängenden Kübeln voll Joghurt vom selben Morgen ihre Runden drehen sehen. Der cremigste Joghurt ist der aus der Milch von Schafen und Ziegen, die immer die vorherrschenden Herdentiere auf dem Balkan und im Vorderen Orient waren.

:pfeif:

Jetzt ist natürlich die Frage, wer es in den Balkan gebracht hat. Ich vermute stark, die Skythen haben es den Thrakern gebracht.
 
hyo: gibt es nicht auch Knoblauchzubereitungen, bei denen nicht der typische Geruch sich stark entfaltet? (Keine Ahnung, wie gesagt, bin weder Gourmet noch Koch)

Ja, Sergej, das ist die Frage. Das "Problem" mit diesen Kochbüchern und dem Ausstellungskatalog ist, dass es keine Fußnoten gibt, um zu schauen, worauf sie sich beziehen. Die Texte legen aber nahe, dass wissenschaftliche Literatur herangezogen wurde. Wie seriös diese nun sind, lässt sich schwer sagen, aber wir haben nun wenigstens aussagekräftigere Zitate, als die ewigen Tourismusseiten, mit ihren teilweise kolportierten, nationalistischen und "propagandistischen" Inhalten zur Küche. Wahrscheinlich findet man in griechischen Kochbüchern, also welchen aus Griechenland in griechisch geschrieben, dass alle Rezepte griechisch wären, und bei türkischen Kochbüchern steht wahrscheinlich, dass alles türkisch ist, so wie ich mir sicher bin, dass in syrischen und libanesischen Kochbüchern kein einziges Gericht als türkischen Ursprungs bezeichnet wird.... ;)

Nachher scanne ich Auszüge zur türkischen Küche ein, und den chines., arab., iranischen Einfluss darin, bevor sie Anatolien erreichten, und dann die byzant. Einflüsse wirksam wurden.
Dann folgen noch einige Zitate zur arab. Küche, und den osman.-türk. Einfluss darin.
:winke:
 
Die Texte legen aber nahe, dass wissenschaftliche Literatur herangezogen wurde. Wie seriös diese nun sind, lässt sich schwer sagen, aber wir haben nun wenigstens aussagekräftigere Zitate, als die ewigen Tourismusseiten, mit ihren teilweise kolportierten, nationalistischen und "propagandistischen" Inhalten zur Küche.

Da brauchst du nicht mal Seiten. In den meisten Fremdenführern die ich aus Bulgarien gekauft habe, steht geschichtlich der größte Unsinn drinne.


Nachher scanne ich Auszüge zur türkischen Küche ein, und den chines., arab., iranischen Einfluss darin, bevor sie Anatolien erreichten, und dann die byzant. Einflüsse wirksam wurden.
Dann folgen noch einige Zitate zur arab. Küche, und den osman.-türk. Einfluss darin.
:winke:

Hmmmm, ich muss gleich mal was nachkochen probieren...
 
hyo: gibt es nicht auch Knoblauchzubereitungen, bei denen nicht der typische Geruch sich stark entfaltet? (Keine Ahnung, wie gesagt, bin weder Gourmet noch Koch)

Ja, Sergej, das ist die Frage. Das "Problem" mit diesen Kochbüchern und dem Ausstellungskatalog ist, dass es keine Fußnoten gibt, um zu schauen, worauf sie sich beziehen. Die Texte legen aber nahe, dass wissenschaftliche Literatur herangezogen wurde. Wie seriös diese nun sind, lässt sich schwer sagen, aber wir haben nun wenigstens aussagekräftigere Zitate, als die ewigen Tourismusseiten, mit ihren teilweise kolportierten, nationalistischen und "propagandistischen" Inhalten zur Küche. Wahrscheinlich findet man in griechischen Kochbüchern, also welchen aus Griechenland in griechisch geschrieben, dass alle Rezepte griechisch wären, und bei türkischen Kochbüchern steht wahrscheinlich, dass alles türkisch ist, so wie ich mir sicher bin, dass in syrischen und libanesischen Kochbüchern kein einziges Gericht als türkischen Ursprungs bezeichnet wird.... ;)

Nachher scanne ich Auszüge zur türkischen Küche ein, und den chines., arab., iranischen Einfluss darin, bevor sie Anatolien erreichten, und dann die byzant. Einflüsse wirksam wurden.
Dann folgen noch einige Zitate zur arab. Küche, und den osman.-türk. Einfluss darin.
:winke:

In den zwei griechischen Kochbüchern, die ich habe, stehen Rezepte drin und keine Geschichtslektionen.
 

Na soweit kommt´s noch...
Köche sollen sich mal lieber auf das kochen konzentrieren, als auf Geschichtslektionen :winke:

Imam Bayildi oder Melitsanes Gemistes (Gefüllte Auberginen) schmeckt übrigens hervorragend. Kann gut nachvollziehen, dass der gute Imam vor lauter Enzücken ohnmächtig wurde :)

@Hykkose: Auf gar keinen Fall Maisöl nehmen, nur mit Olivenöl entwickelt das Gericht sein Aroma.
 
Aber nicht hier. Wir sind in einem Geschichtsforum, deshalb ist die Herkunft der Gerichte interessant, nicht die Art des Kochens heute. (Mich nerven eh schon die tausenden TV-Kochsendungen, sowas von langweilig) :D
 
Aber nicht hier. Wir sind in einem Geschichtsforum, deshalb ist die Herkunft der Gerichte interessant, nicht die Art des Kochens heute. (Mich nerven eh schon die tausenden TV-Kochsendungen, sowas von langweilig) :D

Schon recht.
Du weisst ja wie ich denke. Meine türkischen Mitbürger erzählen was von den großen und starken türkischen Eroberern und der tollen türkischen Küche. Und ich frage dann eben, wie ein turkmenischer Reiter auf Eroberungstour Weizen anbauen, Auberginen ernten und Olivenbäume pflanzen sowie Olivenöl pressen konnte ?

Fleisch unter dem Sattel kneten lassen bzw. die Entwicklung diverser Milchprodukte (z.B. Joghurt) kann ich mir schon eher vorstellen. Schließlich lebten die Turkmenen als Räuber und Viehzüchter.

Dem steht dann die Tatsache entgegen, dass viele Namen der Gerichte türkischen oder arabischen/persischen Ursprunges sind.

Letztlich darf sich jeder die Erklärung aussuchen, die er mag.
 
BB: NEIN! Deshalb habe ich das Rezept ja auch extra in den Anhang gesteckt, und nur den kulturgeschichtlich relevanten Teil hierein gepostet. Dieser Thread sollte schön allen Besuchern offen bleiben, weiß ich doch, dass in vielen Foren wie wild herumgezofft wird, ohne mehr als Großmutters Aussage als Beleg zu haben. Nun haben manche eine bessere Argumentationsbasis.

@Mike: Du unterliegst da einem Denkfehler. Erstens, interessiert es mich nicht, was deine türk. Nachbarn sagen. Mögen das auch alles radikale Nationalisten sein, mit schwachsinnigen Genealogien, uns hat das nicht zu interessieren. Zweitens, habe ich schon oben was dazu geschrieben, leider hast du es nicht gelesen. Die Türken kamen nicht aus heiterem Himmel, bzw. direkt aus dem Altai nach Istanbul und die heutigen Türken sind nicht alle in direkter Linie aus Zentralasien. Mir geht es nicht um die Nomadenküche, mir geht es um die heute oder Anfang des 20. Jh. sichtbare Küche und deren Vorläufer, bzw. Genese. Einiges mag sich aus Zentralsasien bis heute so gehalten haben (z.B. Manti, ne Art Ravioli), das meiste jedoch wurde erst in den letzten 500 Jahren entwickelt und wurde zu dem, wie wir es heute sehen. Und wer war der "Hauptentwickler"?
Da kann sich keiner eine "Erklärung" raussuchen, wie er es gerne mag. Oder stelle deine ganz neuen Thesen auf möglichst wissenschaftlicher Grundlage uns vor.
Ansonsten lies dir z.B. nochmals hyokkose kurzen Artikel zur Sprachwissenschaft durch!

Du hast uns schon hier von deiner Unkenntnis wissen lassen:
http://www.geschichtsforum.de/287080-post334.html
(Dazu mit äußerst unfairen Seitenhieb, den ich nie vergessen habe) Bitte bringe Literatur, oder lasse deine privaten Theorien zuhause.
 
Zuletzt bearbeitet:
hyo: gibt es nicht auch Knoblauchzubereitungen, bei denen nicht der typische Geruch sich stark entfaltet?
Das wäre ja schade drum.

@Hykkose: Auf gar keinen Fall Maisöl nehmen, nur mit Olivenöl entwickelt das Gericht sein Aroma.
Ich denke im Traum nicht daran, Olivenöl durch Maisöl zu ersetzen. Jedenfalls nicht bei einem İmam Bayıldı!

...und lange Rezepte und Kochthreads - sollte das nicht vielleicht besser langsam in den Smalltalk? :devil:
Ich bin ja schon still...
 
Angaben bezgl. der Rezepte bitte auf der oben verlinkten Seite vom Kulturministerium nachschlagen. Online gibt es bestimmt auch jede Menge Rezepte. Ggf. kann ich nochmals was scannen und als Anhang anhängen, aber bitte hier historisch bleiben und öffentlich zugänglich lassen. Ende der Durchsage. :)
 
So, hier nun Auszüge von den Türken mit den Einflüssen bei ihrer Wanderung und der Weiterentwicklung ihrer Küche:
aus obigem: Goldstein, Joyce, Johnson, Peter: Rund um das Mittelmeer 1995.
S. 149:
"Die Erwähnung dieses Ereignisses mag jedoch daran erinnern, daß die Türken seit mehr als neun Jahrhunderten ein Mittelmeervolk sind und seither maßgeblich das Geschick der Region sowohl in kultureller wie auch in militärischer und politischer Hinsicht mitbestimmt haben.
Diese herausragende Stellung der Türken schlug sich auch in der Kochkunst nieder; als letzte der großen kulinarischen Traditionen, die sich am Mittelmeer herausbildeten, zählt die türkische Küche gleichzeitig auch zu den gehaltvollsten und einflußreichsten."
"Und auch dieser Umstand hat sich in der Kochkunst niedergeschlagen, denn es gibt Elemente in der türkischen Küche, die sich an den verschiedensten Stationen dieser langen Reise durch Asien entwickelt haben oder übernommen wurden.
Die früheste Periode der türkischen Geschichte hat nur wenige kulinarische Spuren hinterlassen. Mantı, eine Art Ravioli, die noch heute gegessen werden, haben die Uiguren, der erste nachweislich seßhafte türkische Volksstamm, zweifellos von ihren chinesischen Nachbarn übernommen, denn das Wort leitet sich aus dem Chinesischen ab, und das Gericht erinnert stark an wan-tan (chinesische Teigtaschen). Die kulinarische Lust am Füllen von Nudeln, aber auch an Innereien und Gemüsen, ist in der türkischen Küche allerdings derart verbreitet, daß es sich dabei um ein ursprüngliches Element der Tradition handeln muß und nicht um etwas, das passiv von den Chinesen übernommen wurde.
Die türkische Küche ist die einzige mediterrane Kochkultur, die deutlich erkennbare ostasiatische Vorläufer aufweist."
"Ihre Einführung in die klassische Kultur des Islams verdanken die Türken den Persern. Persische Historiker nationalistischer Ausrichtung führen daher auch stets an, daß die nachfolgenden türkischen Völker, von denen die persischsprechenden Länder beherrscht wurden, als jene weiter nach Westen vordrangen, fraglos den höher entwickelten kulturellen Vorbildern folgten, die sie vorfanden. Diese Bewertung bedarf jedoch einer Modifizierung, insbesondere auf kulinarischem Gebiet.
Eines der frühesten schriftlichen Zeugnisse der türkischislamischen Kultur, ein türkisch-arabisches Wörterbuch aus dem elften Jahrhundert[s.o], zeigt deutlich, daß die türkische Küche auch vor dem Kontakt mit den Persern nicht einer Tabula rasa glich. Es führt beispielsweise zahlreiche Begriffe auf, die sich auf Brot und seine Zubereitung beziehen und von denen viele noch heute in abgewandelter Form in der türkischen Sprache zu finden sind; diese Begriffe verweisen auf die Existenz einer reichen, originär türkischen Backtradition, die später praktisch von selbst mit der mediterranen Brotkultur verschmolz. Die gleiche Quelle zeigt auch, daß die frühen Türken Milcherzeugnisse liebten, darunter Joghurt und dessen Nebenprodukte sowie verschiedene Arten von Käse. Joghurt ist im Vorderen Orient seit der Antike bekannt, doch haben die Türken zweifellos eine wesentliche Rolle bei seiner Verbreitung gespielt - sowohl im Mittelmeerraum wie auch in anderen Ländern.
Kaiser Franz I., der an einer Darmerkrankung litt, wurde durch eine Joghurt-Diät kuriert, die ihm ein Höfling verordnete, der einige Zeit in der Türkei verbracht hatte; diese Begebenheit ist der erste Beleg für den Verzehr von Joghurt im Europa der frühen Neuzeit. Und das Wort »Joghurt«, das von allen europäischen Sprachen übernommen wurde, ist türkischen Ursprungs. Ferner finden wir in unserem Wörterbuch spezielle Gerichte erwähnt, wie etwa tutmaç und börek."
"Die persische Küche war in der Tat hoch entwickelt, und sie hatte bereits, zwei Jahrhunderte bevor die Türken dem Machtbereich des Islam angehörten, einen prägenden Einfluß bei der Entstehung der arabischen Küche ausgeübt. Die Türken wußten die persische Kost durchaus zu schätzen. Sie liebten die gleichen Eintopfgerichte mit Fleisch und Früchten, die die Araber in Marokko und Spanien einführten, und von dieser Art von Gerichten haben einige bis heute in der Türkei überlebt, wenn auch nur als archaische und regionale Spezialitäten."
"Aber die Perser scheinen mindestens ebensoviel von den Türken übernommen zu haben. Kebab, der Sammelbegriff für alle Arten von gegrilltem Fleisch, ist persisch, aber unser Wörterbuch aus dem elften Jahrhundert beweist, daß die Türken seit frühester Zeit mit der Kunst des Grillens vertraut waren. Überdies war - und ist - die Auswahl an kebab-Gerichten, die die Türken kreierten, weitaus größer als die der Perser. Ähnliches gilt auch für pilav, gegarten Reis oder ein Gericht, das auf gegartem Reis basiert. Die Bezeichnung selbst ist die türkisierte Version des persischen Wortes pulau, und Reis wurde, wenn auch nur in kleinen Mengen, in Persien verwendet, bevor die Türken kamen, denen Reis in ihrer ursprünglichen Heimat unbekannt war; und von Persien aus fand Reis durch die Araber im gesamten Mittelmeerraum Verbreitung. Aber die Entstehung der Pilaw-Gerichte in all ihrer Vielfalt verlief parallel zum Aufstieg der Türken in der islamischen Welt, und selbst in Persien wurden viele Reisgerichte unter türkischen Namen bekannt. Pilaw hielt man überall für typisch türkisch."
"Eine Reihe rein türkischer Gerichte erfreute sich bei den Persern ebenfalls großer Beliebtheit. Tutmaç wurde von einem persischen Dichter des 13. Jahrhunderts als »der Kalif der kulinarischen Welt« gepriesen, und bugra, vermutlich der Vorläufer einiger heutiger börek-Arten, nahm in Persien die gleiche herausragende Stellung ein wie später Pilaw. Die weite Verbreitung von Gerichten, die mit Mehl, Teig bzw. Nudeln zubereitet werden, läßt sich vermutlich ebenfalls auf den Einfluß der Türken zurückführen.
Vor diesem Hintergrund scheint es angebracht zu sein, von einer gemeinsamen türkisch-persischen Küche zu sprechen, bei deren Entstehung keine der beiden Parteien eine dominante Rolle einnahm. Es war diese gemischte Küche, die die Türken mit nach Anatolien brachten;"
"Die seldschukische Küche läßt sich anhand der Speisenfolge für ein königliches Bankett beurteilen, das 1237 in Konya stattfand: eine Auswahl von Kebabs, darunter gebratene Ente und Huhn am Spieß; mit Pfeffer gewürzter Pilaw; eine Reihe von gebratenen und geschmorten Gemüsegerichten und als Nachspeise zerde, ein mit Safran aromatisierter Reisauflauf aus Persien. Einzelheiten über die Kost im seldschukischen Anatolien findet man überraschenderweise auch in den Werken des persischen Dichters und Mystikers Dschalaluddin Rumi [s.o.]."
"Im Kapitel über Griechenland haben wir bereits gesehen, daß die Türken in dieser Beziehung die einflußreichere Partei waren. Griechische Beiträge kann man jedoch in mindestens drei Bereichen deutlich erkennen. Ein halbes Dutzend Lehnwörter, die sich auf die Zubereitung von Broten beziehen - von denen heute allerdings keines mehr eine wesentliche Rolle spielt -, lassen auf einen griechischen Einfluß bei den Backwaren schließen; die allmähliche Verdrängung der langen flachen Fladenbrote, die noch heute in Persien und Zentralasien beliebt sind, durch runde Brotlaibe geht vermutlich ebenfalls auf griechische Vorbilder zurück. Als zweites wäre die große Zahl von Fisch- und Meerestierbezeichnungen griechischen Ursprungs anzuführen, was trotz der Tatsache, daß sich die Türken rasch zu tüchtigen Seeleuten entwickelten und schon bald über eine der schlagkräftigsten Flotten im Mittelmeer verfügten, darauf hindeutet, daß es die Griechen waren, die ihnen die eßbaren Schätze des Mittelmeeres schmackhaft machten. Als drittes ist festzustellen, daß die Verwendung von Olivenöl, seit der Antike ein Merkmal der griechischen Küche, für die Türken offensichtlich eine Novität darstellte, auch wenn einige türkische Verwendungsarten von Olivenöl, etwa für kalte Gemüsegerichte, keine griechischen Vorbilder zu haben scheinen.
Für die endgültige Ausprägung der türkischen Küche waren diese speziellen Beiträge jedoch weniger bedeutsam als die allgemeine Verfügbarkeit neuer Zutaten aus dem gesamten Osmanischen Reich und die wichtigen Impulse, die die Küche durch die Entwicklung einer imperialen Kultur erhielt."
"Die Rolle der Paläste bei der Entstehung einer hochentwickelten Kochkultur ist im Falle der Osmanen besonders gut dokumentiert. Als perfekte Bürokraten fertigten sie sogar Berichte über bestimmte Mahlzeiten der Sultane an, zu denen auch der von Sultan Mehmed II. im Jahr der Eroberung Konstantinopels (1453) zählt. Und es gibt auch Aufzeichnungen über die riesigen Mengen an Nahrungsmitteln, mit denen man die kaiserlichen Küchen belieferte. So wurden 1661 unter anderem 36000 Scheffel Reis konsumiert, und 1723 verbrauchte der Hof 60000 Hammel, zusammen mit einer Fülle anderer Fleischarten. Die Verarbeitung all dieser Nahrungsmittel oblag einem Küchenstab, der Tausende von Arbeitskräften umfaßte und streng nach Funktion und Dienstalter organisiert war. Diese komplizierte Hierarchie diente nicht allein der Verköstigung des Sultans und seiner Familie. Der Topkapi-Palast, Wohnsitz der Sultane, war gleichzeitig das Regierungszentrum, eine Stadt im Miniaturformat, wo bis zu zehntausend Menschen arbeiteten und täglich verköstigt werden mußten. Darüber hinaus wurden verschiedene weltliche und religiöse Würdenträger, die außerhalb der Palastmauern lebten, als Zeichen der Gunst regelmäßig vom Hof mit Speisen beliefert. Somit gab es also wenigstens zwei Kanäle, auf denen die Palastküche mit der Außenwelt kommunizierte. Auch wenn nur wenige Menschen in der Lage waren, die Palastküche zu kopieren, zeigen doch viele autobiographische Schriften, daß bis zum Ende des Osmanischen Reichs zumindest die Wohlhabenden, die in ihren Villen am Bosporus residierten, im wesentlichen die gleichen Speisen aßen wie die Palastbewohner."
"Dennoch gehört die türkische Küche noch immer zu den herausragenden Traditionen des Mittelmeerraums; die Palette an Aromen und Speisen, die sie bietet - Suppen, Hülsenfrüchte, Kebabs, Fisch, Pilaws, Gemüsegerichte, Pasteten, Milchdesserts, sauer eingelegte Speisen -, ist vermutlich einzigartig. Die kulinarischen Anleihen der Nachbarländer sind noch heute offensichtlich, auch wenn dies häufig ignoriert oder abgestritten wird."

Kompletter hier:
 

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Bezüglich der gerichte mit Joghurt als Beigabe,habe ich ja schon erwähnt daß ich es überhaupt nicht essen kann.Ich erinnere mich vor ein paar Jahren bei einer Türkischen Familie auf Besuch eingeladen geworden zu sein.Es gab dort gedämpften Spinat mit Zwiebeln und es wurde kalt serviert.Leider mit einem großen Schlag Joghurt obenauf.
Ich aß es,aber wiederwillig.
In der Osmansichen Küche gab es viele Pilav Gerichte.....
Aber warum der Joghurt so geliebt wird,würde mich mal interessieren.
 
In der Osmansichen Küche gab es viele Pilav Gerichte.....
Aber warum der Joghurt so geliebt wird,würde mich mal interessieren.

Das kann man nicht erklären...entweder man tut es, oder nicht.

Ich mag Joghurt einfach, und bin (da ich kulturell 100% Bulgare bin) damit aufgewachsen.
 
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