Kalkriese als Ort der Varusschlacht zweifelhaft

Setzt man voraus, dass es sich beim Kalkriese-Wall um die von Tacitus geschilderte Befestigung bei den langen Brücken handelt, dann hätten die Römer diesen Wall auch verteidigen müssen - und zwar zu seiner Südseite hin. Auch das bedeutet, dass Kampfspuren südlich des Walls auftreten müssten. Sie finden sich aber, wie mehrfach erwähnt, nur nördlich davon in großer Häufung. Außerdem wäre der Wall ja dann gezielt angelegt worden, um den Tross zu schützen und ihm "einen Vorsprung" zu geben. Zu dem Zeitpunkt, da der Wall durchbrochen oder überrannt wurde, hätte dahinter also gar kein Tross mehr sein dürfen.

Hallo Maelonn,

die Überlieferung des Tacitus bezüglich der Schlacht an den Pontes Longi überrascht bezüglich seiner Detailgenauigkeit. Es ist durchaus anzunehmen, dass Tacitus auf zeitgenössische Quellen zurückgreifen konnte.
Der Fundkomplex Kalkriese und die Schilderung der Schlacht an den Pontes Longi weisen, wie gezeigt wurde, einige Kohärenzen auf, dagegen auch einige Aspekte, die nicht in Einklang zu bringen sind. An dieser Stelle wäre es angebracht, im Sinne quellenkritischer Arbeitsweise die literarische Überlieferung des Tacitus vor dem Hintergrund des Fundplatzes Kalkriese neu zu bewerten.

Einige Funde traten in Kalkriese auch südlich des Walles auf. In Ermangelung eines Fundkatalogs können wir dazu z.Zt. keine weiteren Aussagen treffen. Dass die Funde in diesem Bereich relativ gering sind könnte als Indiz gesehen werden, dass Tacitus bei den Schilderungen der Angriffe auf die römische Postenkette zu Beginn der Schlacht stark übertrieb. Ein Motiv könnte der intendierte Spannungsbogen „zunächst weichen wir zurück, danach können wir uns behaupten“ sein.
So könnte man weitere Punkte beleuchten und mit dem archäologischen Befund vergleichen.

In Bezug auf die Varusschlacht ist dieses weitaus schwieriger. Die spärlichen, allgemeinen und z.T. widersprüchlichen Schilderungen zur Schlacht und deren Verlauf lassen einen wissenschaftlich fundierten Abgleich der Quellen mit dem Fundkomplex kaum zu. In keiner der römischen Schilderungen ist von einem germanischen Wall die Rede, wodurch sich ein schwer zu lösender Konflikt bildet. Die quellenkritische Arbeit gestaltet sich in diesem Fall aufgrund der geringen Informationsdichte weitgehend „freihändig“, wodurch sie grundsätzlich in Frage zu stellen ist.
 
Wie kommst Du auf diese Behauptung?

Siehe CATOs Beitrag #666. Da wurde es schon weitgehend beantwortet. Von einem "z.T. sorgfältigen Umgang mit den Knochen" (WILBERS-ROST, Archäologie in Niedersachsen 2003) und "...andererseits ist an einigen Details der Niederlegung ein z.T. fürsorglicher Umgang mit den Toten erkennbar" (ROST, A.i.N. 2003) ist mittlerweile keine Rede mehr. Die Knochen wurden in offene Gruben hineingeworfen und durch Wassereinbruch kamen sie dann in ihre jetzige Lage, die dann fehlgedeutet wurde.
 
Siehe CATOs Beitrag #666. Da wurde es schon weitgehend beantwortet. Von einem "z.T. sorgfältigen Umgang mit den Knochen" (WILBERS-ROST, Archäologie in Niedersachsen 2003) und "...andererseits ist an einigen Details der Niederlegung ein z.T. fürsorglicher Umgang mit den Toten erkennbar" (ROST, A.i.N. 2003) ist mittlerweile keine Rede mehr. Die Knochen wurden in offene Gruben hineingeworfen und durch Wassereinbruch kamen sie dann in ihre jetzige Lage, die dann fehlgedeutet wurde.
In dem Band Kalkriese III der Römisch-Germanischen Forschungen (65) von 2007 ist deutlich davon die Rede, dass die Gruben verfüllt wurden und gezielte Überdeckung von Knochen wird auch auch postuliert (S. 84 u. 86). Nur in "oberflächennahen Schichten" wird die Möglichkeit angesprochen, dass es eine "natürliche Verfüllung einer nach der Aktion noch vorhandenen Mulde" gegeben habe. (Große Knochengrube). Auch von "sorgfältige[r] Niederlegung zumindest der Menschenknochen auf der Grubensohle" ist nach wie vor die Rede! Aber auch bei den kleineren Knochengruben ist von "vergraben" die Rede (S. 89).
Offensichtlich werden Möllers Überlegungen nicht von allen geteilt.
 
Das Beispiel des Gegenstempels C.VAL ist bezeichnend dafür, wie die Funde von Kalkriese in Hinsicht auf die gewünschte Varusschlachttheorie interpretiert werden.
Es wird ein Zusammenhang zum historischen Numonius Vala konstruiert, der jeder Grundlage entbehrt. (vgl. Beitrag # 667).
 
Das Beispiel des Gegenstempels C.VAL ist bezeichnend dafür, wie die Funde von Kalkriese in Hinsicht auf die gewünschte Varusschlachttheorie interpretiert werden.
Es wird ein Zusammenhang zum historischen Numonius Vala konstruiert, der jeder Grundlage entbehrt. (vgl. Beitrag # 667).

Moment mal, die Interpretation des Konterstempels CVAL für C. Numonius Vala basiert auf Wolters, und der ist kein Befürworter der Varusschlacht-bei-Kalkriese-Hypothese.
 
Das ist nur zum Teil richtig. Zuerst hat diesen Zusammenhang von Kaenel (Überlegungen zu einigen augusteischen Gegenstempeln aus Gallien, 1991) aufgestellt. Sowohl F. Berger (1992) als auch W. Schlüter (1993) griffen dieses Indiz für eine Datierung des Fundplatzes Kalkriese in das Jahr 9 n.Chr. auf.
R. Wolters hat sich dann der These 1995 in einem Aufsatz angenommen und sie sogar bestätigt. Allerdings geht er noch weiter, in dem er zu belegen meinte, dass besonders IMP mit Lituus nach C.VAL auf die Münzen kam und deshalb jünger sei. Den Gegenstempel IMP mit Lituus (der in Kalkriese auftritt) datiert Wolters in die tiberische Zeit (also Germanicus). VAR als Gegenstempel des Varus sieht er ebenfalls als sehr wahrscheinlich an.

Mittlerweile haben sich einige Zweifel an der Darstellung von C.VAL als Kontermarke des Numonius Vala gezeigt. Zum Einen ist das c im Namen des Vala nicht überliefert, zum anderen erscheint es auf der Kontermarke stets deutlich kleiner als der übrige Teil und ist von diesem durch einen Punkt getrennt.
Maria Paz Garcia-Bellido schlug die Lesarten c(ohors) V Al(audae) oder c(enturia) V Al(audae) vor und zieht damit eine Verbindung zur legio V (die übrigens unter L.Asprenas 9 n.Chr. und unter Caecina 15 n.Chr. gedient hat).

Allerdings sind diese Interpretationen auch nicht wirklich überzeugend.
 
Einige Wahrscheinlichkeit, dass der gute Caivs hieß besteht allerdings nach Leitnamenkontinuitätsprinzipien. Zwei Inschriften von C. Numius Vala sind belegt, eine davon kaiserzeitlich. (Leider kann ich nicht eruieren, wer jeweils gemeint ist). Da die eine Inschrift aber spätrepublikanisch mit ca. 30 v. Chr. datiert ist, gehe ich davon aus, dass zumindest dieser Numonius Vala nicht identisch sondern nur verwandt mit dem Legaten ist.

CIL 03, 00074, nahe Aswan
L(ucius) Trebonius / Oricula hic fui / C(aius) Numonius Vala hic fui / Imp(eratore) Caesare XIII c(on)s(ule) / a(nte) d(iem) VIII K(alendae) Apriles


AE 1987, 00206, aus Tibur, östlich von Rom
C(aius) Num[onius 3] / [V]ala [3] / q(uaestor) pr(aetor) [


 
Hallo Ihr Lieben,

ich möchte lediglich darauf hinweisen, dass das, was wir gemeinhin als wahr annehmen und worauf wir unsere weiteren Überlegungen aufbauen, sich in manchen Fällen im Nachhinein als falsch herausstellt.
Beispielsweise wurde die Schnippenburg lange Zeit als germanische Fluchtburg angesehen, bis Dr. Möllers belegen konnte, dass sie weder germanischen Ursprungs ist, noch jemals eine Fluchtburg war.

Zu Kalkriese
Die Münzfunde von Barenau/Kalkriese waren seit jeher bekannt. Mit dem Auffinden von drei Schleuderbleien durch Tony Clunn wurde auf die Anwesenheit römischen Militärs geschlossen. Durch die weiteren großflächig verteilten Funde schloss man auf eine Schlacht an diesem Ort. Mittels der Datierung durch die Münzfunde sah man rasch darin Zeugnisse aus der berühmten Varusschlacht. Durch das Auffinden von nachträglich in Gruben verscharrten Knochen glaubte man, mit einem zugedrückten Auge, die durch Tacitus überlieferte Bestattungsaktion des Germanicus belegen zu können. Für viele hat die Geschichte damit ein Ende.

Für kritische Zeitgenossen allerdings nicht:
Anmerkungen amerikanischer Militärhistoriker, die sich als erste dem relativ jungen Betätigungfeld der Schlachtfeldarchäologie widmeten, haben zu berechtigten Einwänden an dieser Darstellung geführt. Zum einen fehlen bis auf ein Exemplar Fundstücke der Germanen, zum anderen die zu erwartende Anzahl an kleineren Überresten von Fernkampfwaffen, d.h. insbesondere Pfeilspitzen und Schleuderbleie. Stattdessen überwiegt eine Anzahl an kleineren, zumeist zivilen Metallobjekten, die eine sehr bunte Mischung darstellen. Das spektakulärste Fundstück stellt nach wie vor eine römische Gesichtsmaske dar, deren Silberüberzug zuvor entfernt wurde (eine germanische Gesichtsmaske wurde übrigens am Opferplatz im Thorsberger Moor in Schleswig-Holstein gefunden).
Ebenfalls ungewöhnlich ist die große Häufung von Münzen in Kalkriese, wobei die für Legionäre atypischen Silbermünzen sogar überwiegen.

Damit stellen sich folgende Fragen:
Handelt es sich in Kalkriese tatsächlich um die Überreste aus einer antiken Schlacht? Gegen welches Phantom sollen die Römer gekämpft haben?
Dr. Achim Rost kam zu dem Schluss, dass aus der zusammenhanglosen Fundsituation keine Details aus einem Schlachtverlauf rekonstruiert werden können.

Könnte es sein, dass die metallenen Stücke Beutegut darstellen, das aus rituellen Gründen an einem heiligen Ort bewusst deponiert wurde? Sind deshalb keine germanischen Objekte vorhanden?
Welche Bedeutung hat der seltsame Verlauf des Walles? Hatte er wirklich eine militärische Funktion? Deuten Drainagegräben nicht auf eine längere Nutzungsdauer hin?

Römische Funde wurden noch kilometerweit im Osten von Kalkriese entdeckt. Aber ist dies verwunderlich, wenn man eine in der Eisenzeit hoch frequentierte Kommunikationslinie intensiv absucht?
Es stellen sich immer neue Fragen, die nicht befriedigend beantwortet werden können. Der Fundkomplex Kalkriese wird, je tiefer man in die Materie einsteigt, immer rätselhafter. Ihn in den Kontext der Varusschlacht oder den Pontes longi einzuordnen und mit den überlieferten schriftlichen Quellen abzugleichen sind nur zwei von vielen möglichen Optionen.

Anlieger hätten sie (die Knochen) zeitnah bestattet - schon aus hygienischen Gründen (Geruch).

Und was folgt daraus?
Anwohner sind ja nun vor Ort nachgewiesen, das haben wir bereits besprochen. Die Leichen konnten also nicht vor Ort verwest sein, wie du richtig festgestellt hast, sondern an einem anderen Ort und sind nach einiger Zeit in Knochengruben rituell beigesetzt worden.

Nur in "oberflächennahen Schichten" wird die Möglichkeit angesprochen, dass es eine "natürliche Verfüllung einer nach der Aktion noch vorhandenen Mulde" gegeben habe. (Große Knochengrube).
Also ist man sich in Kalkriese nicht einmal sicher, ob die Knochengruben offen oder geschlossen waren?
 
Hallo, Cherusker!

Nochmals....es gibt keinen Fundkatalog! Die Einordnung der Funde aufgrund ihrer Lage und Art ist daher nicht abschließend möglich.
Ich verstehe ja Deinen Ärger über den fehlenden Fundkatalog. Ich kann nur nichts dafür, und ich mag nicht mit Nachdenken warten, bis mal ein Katalog vorliegt. Im übrigen argumentiere ich gar nicht mir der Lage jedes einzelnen Fundstücks, sondern mit ihrer statistischen Verteilung (nördlich/südlich des Walls) und mit der Topografie - die wir auch ohne Fundkatalog einigermaßen beurteilen können.

Und Dr.Rost gibt selber zu, daß man das auch nicht rekonstruieren kann. Die Amerikaner dagegen bewegen sich bei der Schlachtfeldarchäologie wohl nicht mehr auf "Neuland"...
Zaubern können die Amerikaner auch nicht. Das müssten sie aber können, um bei Kalkriese etwas zuverlässig rekonstruieren können. Gleichgültig ob die Kämpfe dort 9 n.Chr. oder 16 n.Chr. stattgefunden haben (DASS gekämpft wurde, betrachte ich jedenfalls als erwiesen!): Es ist knapp 2000 Jahre her und viele Spuren sind einfach unwiederbringlich verloren. Jedenfalls sind die Amerikaner auf der Basis dessen, was noch da ist, zu dem gleichen Schluss gekommen wie ich: Dort war nicht das bittere Finale der (von mir aus auch: irgendeiner) Schlacht! Da kann ich mir ja auf die Schulter klopfen. Vollkommen falsch liege ich ja dann wohl nicht.

Du hast aber nicht erwähnt, daß die Breite insgesamt 1 Kilometer betrug und davon waren ca. 100m ganzjährig zu nutzen. D.h. jetzt aber nicht, daß die anderen 900m unpassierbar waren.
Ganzjährig heißt: auch bei schlechtem Wetter. Im Hochsommer, nach langer Trockenheit, war die passierbare Zone vielleicht breiter. Alle Analysten gehen aber davon aus, dass die Varusschlacht im Herbst ausgetragen wurde. Und wenn schon Entwässerungsgräben nötig waren, um ein Unterspülen des Walls zu verhindern, dann dürfte die Fläche hangabwärts ziemlich matschig gewesen sein. Zumindest für den Tross war dieses Schlammfeld unpassierbar. Und die Legionseinheiten mussten nahe beim Tross bleiben, denn den galt es zu schützen.

Bisher bist Du in Deinen Überlegungen vom 1.Tag ausgegangen. Und da steht bei Cassius Dio (20): "Auch führten sie viele Wagen und Lasttiere mit sich wie in Friedenszeit, überdies begleiteten sie nicht wenige Kinder und Frauen und ein zahlreicher Troß, so daß sie auch deshalb schon ohne Ordnung und zerstreut marschierten." Somit muß Dein "militärischer Marsch" noch in ziemlicher Unordnung gewesen sein...
Zweifellos. Dio schreibt hier aber lediglich, dass Trossteile und Legionseinheiten durchmischt waren. Er schreibt nicht, dass die Leute im Gänsemarsch gezogen sind. Mit meinem Hinweis, dass es ein militärischer Marsch war, meinte ich, dass die "taktischen Einheiten" der Legionen, die für die Kommandeure "ansprechbar sein" (also auf Befehle reagieren können) mussten, sicher als Kolonnen marschiert sind. Und das waren, wie erwähnt, mindestens die Manipel, wahrscheinlicher sogar die Kohorten.

Und ich meine damit nicht nur, dass diese Einheiten auf Kommando innerhalb kürzester Zeit kampfbereit sein mussten. Ansprechbar zu sein, heißt auch, dass die Einheiten auf Befehl schnell in der Lage sein mussten, zum Beispiel Hindernisse wegzuräumen. Kein hoher Offizier wäre da durch die Reihen marschiert und hätte wahllos Soldaten eingesammelt, damit die dann einen umgefallenen Baum wegräumen. In so Situationen erwarten die Kommandeure, dass sie einem Untergebenen einen entsprechenden Auftrag geben und dass der dann seine Mannschaftsdienstgrade pronto! springen lässt. Dauert das zu lange, führt dies selbst in einem demokratisch kontrollierten Militär wie der Bundeswehr regelmäßig zu "unwirschen" Reaktionen. Wie mag das erst bei Römers ausgesehen haben, wo der Sanktionskatalog von Prügel- bis Todesstrafe gereicht hat?

wie breit so eine Marschkolonne war, ist auch nicht überprüfbar.
Überprüfbar nicht. Man kann es aber "errechnen". In wie vielen Reihen muss eine Kohorte marschieren, damit sie in vertretbarer Zeit Formation einnehmen kann? Fünf? Wahrscheinlich eher zehn. Wenn zehn Leute nebeneinander gehen, laufen bei einer Kohorte schon 50 bis 60 hintereinander. Bei zwei Meter Abstand zwischen jedem, ist die Kolonne einer Kohorte schon mindestens 100 Meter lang. Im Einsatzfall brauchen die eine halbe Minute, um sich zu formieren. Das dürfte schon das Äußerste sei, was unter militärischen Gesichtpunkten zur damaligen Zeit noch tolerierbar gewesen ist.

Und vermutlich hat es nicht nur eine solche Marschsäule gegeben, sondern mehrere. Es wäre kaum praktikabel gewesen, zum Beispiel die Reiterei in diese Kolonnen einzugliedern. Die Reiter dürften eher rechts und links des Zugs marschiert sein, auch als Flankendeckung.

Nur so war ein Marsch überhaupt durchführbar. Wären sie alle hintereinander gegangen, wäre der Varuszug tatsächlich 30 bis 50 Kilometer lang gewesen. Die waren damals aber gar nicht fähig, in dem Gelände 30 Kilometer, geschweige denn 50 Kilometer täglich zurückzulegen. Die Kolonne wäre also länger gewesen als die tägliche Marschleistung. Fazit: Unmöglich. Zumal es damals (und noch bis in die frühe Neuzeit hinein) militärisch unerlässlich war, im Gefechtsfall innerhalb möglichst kurzer Zeit möglichst viele Soldaten gleichzeitig dicht an den Feind heranzubringen. Die mussten zusammenbleiben! Das war oberster Grundsatz. Aus genau diesem Grund sind auch preußische Truppen noch in langen Linien zum Kampf angetreten: damit sie beim Sturm alle gleichzeitig beim Feind ankamen - für den Bajonetteinsatz.

Germanicus hat sich extra Zeit genommen, um an den Ort zu ziehen. Das war nicht so eine Aktion nebenbei... Und daß nicht alle Knochen gefunden wurden, das dürfte klar sein. Aber ein Legionär konnte schon Menschen- von Tierknochen unterscheiden und Germanicus hatte sehr viele Legionäre zur Verfügung.
Tacitus schreibt, dass Germanicus seine Legionen in den Kampf geschickt hat, "damit nicht die ganze Wucht des Krieges auf einmal hereinbreche". Dass er zum Beispiel Caecina durch das Brukterergebiet geschickt hat, "um den Feind zu zersplittern". Das war keine Bestattungsmission, das war ein Präventivschlag, weil er fürchten musste, dass "der Feind" nunmehr doch zum Sturm auf die Rheinlinie ansetzt (was offenbar schon unmittelbar nach der Varusniederlage zu befürchten war). Nach den Kämpfen hat er dann angefangen zu bestatten - in Reichweite eines zersplitterten, nicht eines besiegten Feindes.

Stell Dir das nicht so vor, dass die Legionäre plötzlich alle die Rüstung abgelegt und die Bestattungstunika angezogen hätten. Da waren Truppenteile abgestellt, die die Landungsplätze der Schiffe verteidigen, Furten und Pässe sichern, strategisch wichtige Positionen besetzen und den Weg für den Rückmarsch unter Kontrolle halten mussten. Und auch die Bestatter selbst sind noch unter Waffen gewesen und haben ständig mit Feindkontakt rechnen müssen.

Und: Sicher konnten die (frische) Tier- und Menschenknochen unterscheiden. Aber erstens waren diese Knochen nicht mehr frisch und zweitens bezweifle ich, dass die Legionäre unter solchen Bedingungen unterscheiden wollten. So wichtig war denen das nicht. Aus den Bürgerkriegen um die Nero-Nachfolge ist überliefert, dass die Gefallenen auf dem Schlachtfeld bei Cremona, mitten in Italien, wochenlang unbestattet liegen geblieben sind. Auch die Gefallenen der Sieger. "Pietät" war die letzte Erwägung, die da eine Rolle spielte.
 
Für viele hat die Geschichte damit ein Ende.

Für kritische Zeitgenossen allerdings nicht:


Ach? Und alle anderen Zeitgenossen sind deshalb unkritisch? Das ist schon ein wenig vermessen!


Anmerkungen amerikanischer Militärhistoriker, die sich als erste dem relativ jungen Betätigungfeld der Schlachtfeldarchäologie widmeten, haben zu berechtigten Einwänden an dieser Darstellung geführt. Zum einen fehlen bis auf ein Exemplar Fundstücke der Germanen, zum anderen die zu erwartende Anzahl an kleineren Überresten von Fernkampfwaffen, d.h. insbesondere Pfeilspitzen und Schleuderbleie.

Haben wir alles schon gehört und gelesen. Zum Pfeilspitzenproblem habe ich schon mindestens zwei Mal meinen Senf dazu gegeben, der aber komischerweise immer ignoriert wird: Der Gebrauch von Bögen ist wetterabhängig.

Ebenfalls ungewöhnlich ist die große Häufung von Münzen in Kalkriese, wobei die für Legionäre atypischen Silbermünzen sogar überwiegen.

Meiner Hypothese, dass es sich hierbei um Zuwendungen für den germanischen Adel handelte, wurde ja im Verlauf der Diskussion und der Nebendiskussion "Wirtschaft und Thesaurierung" aufs heftigste widersprochen (obwohl zweifelhaft ist, dass die arroganten Römer sich wirklich für die inneren Verhältnisse in Germanien interessierten). David Wigg hat im Übrigen in einem Beitrag versucht zu klären - natürlich nur hypothetisch -, warum hier so viele Silbermünzen und überdurchschnittlich viele Goldmünzen gefunden wurden. Er glaubt, dass es für die Zentralmacht einfacher war, Sold in Gold und Silber als in "Kleingeld" zu transportieren. Das Geld sei also relativ frisch zu den Legionen gekommen.

Anlieger hätten sie zeitnah bestattet - schon aus hygienischen Gründen (Geruch).

Und was folgt daraus?
Anwohner sind ja nun vor Ort nachgewiesen, das haben wir bereits besprochen.
Das ist so nicht ganz richtig: Es konnte nachgewiesen werden, dass die Siedlungen in Venne und Engter vor und nach dem Schlachtereignis bewohnt waren, aber nicht, ob sie kontinuierlich bewohnt waren. Damit ist dann auch diese Schlussfolgerung wohl obsolet:
Die Leichen konnten also nicht vor Ort verwest sein, wie du richtig festgestellt hast, sondern an einem anderen Ort und sind nach einiger Zeit in Knochengruben rituell beigesetzt worden.
Eine Verbringung der Knochen von einem vollkommen anderen Ort ist nun eine ganz neue Hypothese, die auch einigermaßen absurd ist. Warum sind die einen Knochen, nämlich die unter dem zusammengebrochenen Wall im Skelettverband, die Knochen der Gruben aber nicht? Das erklärt sich am vernünftigsten damit, dass hier ein dramatisches Ereignis stattfand, nicht durch nachträgliche Deponierungen auf einem Kultplatz.

Der Versuch zu beweisen, dass in Kalkriese nicht ein Teil der Varusschlacht stattfand - was ich ja durchaus akzeptiere - führt n den letzten Tagen zu manch absonderlicher Behauptung.

Also ist man sich in Kalkriese nicht einmal sicher, ob die Knochengruben offen oder geschlossen waren?
Doch, doch, die Knochengruben waren bedeckt. Nur besteht die Möglichkeit, dass sie nicht das umgebene Bodenniveau erreichten und dass dann durch Erosion weitere Erde nachrutschte.
 
Ich verstehe ja Deinen Ärger über den fehlenden Fundkatalog. Ich kann nur nichts dafür, und ich mag nicht mit Nachdenken warten, bis mal ein Katalog vorliegt.
Die drei bisher zu Kalkriese erschienenen Bände der Römisch-germanischen Forschungen kann man durchaus als vorläufige Fundkataloge verstehen. Insofern ist Cheruskers Ärger nicht wirklich verständlich.

Noch was zu den amerikanischen Experten, die immer wieder ins Feld geführt werden:
Meines Erachtens wird der amerikanischen Schlachtfeldarchäologie zu viel zugetraut. Die Schlachtfeldarchäologie ist eine der jüngsten Disziplinen der Archäologie, die amerikanische Schlachtfeldarchäologie hat ihre Erfahrungen insbesonderne mit neuzeitlichen Schlachten gemacht. Dies ist keine grundlegende Kritik an ihr, auch kein wirklich stichhaltiges Argument gegen die Konsulatation der Amerikaner durch die Kalkrieser und soll es auch nicht sein. Aber bevor ich nicht mal einige Argumente aus den amerikanischen Expertisen gelesen habe, ist mir das ganze zu abstrakt. Bisher werden nämlich nicht die Argumente der Amerikaner vorgebracht, sondern die Amerikaner selbst - und das kanns ja nicht sein.
 
Hallo, El Quijote!

Zum Pfeilspitzenproblem habe ich schon mindestens zwei Mal meinen Senf dazu gegeben, der aber komischerweise immer ignoriert wird: Der Gebrauch von Bögen ist wetterabhängig.
Ersten das. Und zweitens war er unter bestimmten Bedingungen selbstmörderisch. Bogenschützen damals entsprachen dem, was in modernen Heeren Kurzstreckenartillerie (Mörser) ist. Und wenn heute Mörsereinheiten in direktem Richten (Sichtkontakt zum Feind, keine Sicherungseinheiten dazwischen) schießen müssen, sind sie so gut wie tot. Habe ich aber auch schon mal angedeutet. Bogenschützen zu Varuszeiten hatten das Problem, dass sie eine Waffe führten, die mit beiden Händen bedient werden musste. Sie konnten keinen Schild verwenden und mussten beim ersten direkten Angriff den Bogen wegwerfen, um sich mit der Hilfswaffe (Gladius) überhaupt noch verteidigen zu können - ohne jede Defensivwaffe. Kurz und gut: In der Enge konnte man keine Bogenschützen in Stellung bringen! Oder höchstens einmal.

Die drei bisher zu Kalkriese erschienenen Bände der Römisch-germanischen Forschungen kann man durchaus als vorläufige Fundkataloge verstehen. Insofern ist Cheruskers Ärger nicht wirklich verständlich.
Mir persönlich reichen die bekannten Erkenntnisse auch erstmal. Statistisch gesehen. Trotzdem wäre es natürlich interessant, zu wissen, wo genau denn die Schleuderbleie lagen. Auf einem Fleck (verlorene Munition) oder verteilt (Spuren von Beschuss)? Insofern verstehe ich Cheruskers Frust durchaus. Anlass, meine Meinung zu ändern, sehe ich deshalb allerdings noch nicht.

Noch was zu den amerikanischen Experten, die immer wieder ins Feld geführt werden:
Meines Erachtens wird der amerikanischen Schlachtfeldarchäologie zu viel zugetraut. Die Schlachtfeldarchäologie ist eine der jüngsten Disziplinen der Archäologie
...
Dies ist keine grundlegende Kritik an ihr, auch kein wirklich stichhaltiges Argument gegen die Konsulatation der Amerikaner durch die Kalkrieser und soll es auch nicht sein. Aber bevor ich nicht mal einige Argumente aus den amerikanischen Expertisen gelesen habe, ist mir das ganze zu abstrakt.
Da stimme ich Dir zu. Genau genommen sind wir da aber nur wieder bei Cheruskers Klage, dass es noch keine Dokumentation gibt. Die sollte dann ja auch Aufschluss darüber geben, was denn die Schlachtfeldarchäologen gesagt haben. Das will ich für mich aber erstmal nicht zum Maßstab machen. Ich begüße es schon, dass man in Kalkriese festgestellt hat, dass hier eine militärische Auseinandersetzung untersucht wird und dass für deren Verständnis ein Mindestmaß an Wissen über militärische Fragen notwendig ist. Das ist nämlich neu. Ich kenne einige Vor- und Frühgeschichtler. Aber keiner davon hat Ahnung von Militär.

Das war ja auch mein Ansatz, hier im Forum vorzuschlagen, dass man die Fundsituation mal unter diesem Aspekt betrachtet. Was war sinnvoll und was überhaupt möglich? Natürlich können sich die Amerikaner irren. Natürlich kann auch ich mich irren. Entscheidend sind aber gar nicht die Antworten, sondern dass man sich erstmal der Fragestellung bewusst wird!

MfG
 
Mich würde es auch nicht mehr wundern, wenn demnächst jemand behauptet, die Knochen seien von einem Hund verscharrt worden.
Wenn ich nur bedenke, daß Dr.Rost dem Germanicus die Fähigkeit zur Beurteilung des Schlachtfeldes und -verlaufs abspricht: "Denkbar ist, dass Germanicus und seine Soldaten beim Besuch des Schlachtfeldes zu einer Fehlbeurteilung gekommen sind, als sie die noch im Gelände erkennbaren Reste der von Germanen errichteten Wallanlage für das unter ungünstigen Bedingungen entstandene letzte Lager des Varus hielten." (Archäologie in Niedersachsen 2003). Aber fast 2000 Jahre später muß man sich mit merkwürdigen Erklärungen diverser Fachleute begnügen und diese für bare Münze nehmen.
Und nochmals...ohne eindeutigen Fundkatalog ist das alles ein Stochern im Nebel. Es muß klar ersichtlich sein, wo die einzelnen gefundenen Gegenstände gelegen haben und nicht was man gefunden hat und dann beliebig einordnen. Beispiel: ein gefundenes Schleuderblei am oder im Wall hat eine andere Bedeutung als wenn es im Sumpf gefunden wurde. Auch müssen die Gegenstände bestimmt werden......wie lange war das Schwertblech schon bekannt? Fast eine Dekade, oder?

Und wenn Dr.Rost schon erhebliche Probleme mit der Rekonstruktion der Schlacht hat, dann erübrigt sich doch alles andere.....
 
@El: Noch was zu den amerikanischen Experten, die immer wieder ins Feld geführt werden:
Meines Erachtens wird der amerikanischen Schlachtfeldarchäologie zu viel zugetraut.
Das hat mich auch schon die ganze Zeit gestört. Die Referenz der Amerikaner ist das Custer-Schlachtfeld, wo man anhand von Hülsen den Weg einzelner Gewehre und damit der Schützen nachzeichnen kann. Es existieren zum Vergleich von indianischer Seite auch Augenzeugenberichte.
Ein antikes Schlachtfeld ist doch etwas völlig anderes !
 
Ersten das. Und zweitens war er unter bestimmten Bedingungen selbstmörderisch. Bogenschützen damals entsprachen dem, was in modernen Heeren Kurzstreckenartillerie (Mörser) ist. Und wenn heute Mörsereinheiten in direktem Richten (Sichtkontakt zum Feind, keine Sicherungseinheiten dazwischen) schießen müssen, sind sie so gut wie tot. Habe ich aber auch schon mal angedeutet. Bogenschützen zu Varuszeiten hatten das Problem, dass sie eine Waffe führten, die mit beiden Händen bedient werden musste. Sie konnten keinen Schild verwenden und mussten beim ersten direkten Angriff den Bogen wegwerfen, um sich mit der Hilfswaffe (Gladius) überhaupt noch verteidigen zu können - ohne jede Defensivwaffe. Kurz und gut: In der Enge konnte man keine Bogenschützen in Stellung bringen! Oder höchstens einmal.

Heutzutage kommt es doch nicht mehr auf den Nahkampf mit Messern und Bajonett an. Aber Du gehst doch davon aus, daß die Germanen auf dem Wall standen. So...der Weg ist 50m entfernt. Wie greifst Du diesen an? Mit dem Gladius? Nein, mit Bogenschützen, Schleuderer und vielleicht noch (auf nährerer Distanz) mit dem geworfenen Pilum. Wie sollte denn dann ein Germane durch die engen Walldurchgänge überhaupt noch vor den Wall gelangen können? Unterschätz nicht die Auswirkungen von Bogenschützen. Auf einer Entfernung bis zu 100m waren sie sehr effektiv.

P.S.
Ob ein Bogen bei Regenwetter überhaupt nicht mehr zu gebrauchen war oder ob er nur an Durchschlagskraft verlor? Das werde ich über ein paar Bekannte auch noch erfahren...
Wenn Regen die Bogenschützen nutzlos werden ließ, dann durften die Mongolen, Parther, usw. eigentlich nur bei schönem Wetter kämpfen?

Und noch was....bei pontes longi standen die Römer im Matsch...grins Dort steht: "Und überall stellten sich die gleichen Schwierigkeiten den Römern in den Weg: das grundlose Sumpfgelände, auf dem man nicht fest auftreten konnte und beim Vorwärtsgehen ausglitt, ..." Tacitus (Annalen, I.Buch (64)).
 
Mit der Forderung nach Pfeilspitzen und der wiederholten Erläuterung einesmöglichen Einsatzes wird genau das getan, was vorher bei anderen als nicht möglich bezeichnet wurde. Hier wird ein Verlauf gezeichnet, eine Spekulation als Zwingend hingestellt.
Weder wissen wir, wie es vor Ort ablief, noch wie die genaue Personenzusammensetzung vor Ort aussah.
Cherusker und Cato gehen mit ihrer Forderung davon aus, dass wohlgeordnete Truppen vor Ort einen Feind bemerkten und sich zur Schlacht stellten, die Bogenschützen spannten (oder sogar bereits gespannt hatten) und dann hätten feuern müssen.

Dabei wird nach wie vor aus dem Fehlen eines Fundes ein Argument gemacht, eine Erwartung, die sich nicht auf einen Vergleich stützen kann. Würde man dem Schweigen der Funde Bedeutung zumessen und einen derartigen Verlauf zeichnen, dann würde jede uns bekannte Schlacht ausfallen, denn ob nun Caecina, Varus oder Cerealis (ein übertriebenes und unrealistisches Beispiel), alle würden sie damit ausfallen.

Die Eingangsfrag, die sich mir beim Ausbleiben von Pfeilspitzen stellt:
- Waren Bogenschützen in Kalkriese vor Ort?
Antwort: Wir wissen es nicht.

- Falls doch: warum finden sich von ihnen keine Spitzen im Wall?
mögliche AntwortEN: A Sie konnten wetterbedingt ihre Bögen nicht einsetzen.
B Sie haben nicht geschossen, da sich ihnen keine Gelegenheit bot zum Schuss (zu geringe Distanz, Verwicklung der Gegner in Nahkämpfe)
C Sie haben nicht geschossen, da sie selbst direkt in die Nahkämpfe verwickelt waren.
D Sie haben in eine andere Richtung geschossen.
E Es waren welche darin, aber aufgrund des Zeitenganges haben sich die (dementsprechend nicht übermäßig vielen) nicht erhalten.

Mit Sicherheit lassen sich weitere Antworten finden. Und keine davon ist mehr als eine Spekulation.
Also lassen wir bitte die Pfeilspitzendiskussion und "wie sind Bogenschützen zu bewerten" doch bitte einfach weg.

Was die Gegenprägung angeht ist mir nicht bekannt, an welchen Posten das Recht diese schlagen zu lassen hing. Da es sehr wohl Prägungen gibt, die bestimmten militärischen Einheiten zugeordnet werden, ist die Möglichkeit, das ein Standortkommandeur oder hochrangiger Offizier dies veranlaßen konnte gegeben.

Was nun die Schätzung der Liegzeiten angeht halte ich die Schätzung von 2 oder 10 Jahren durchaus als die extremsten Wahrscheinlichkeiten. Davon weiter ab- oder zuzurechnen würde den auswertenden Fachleuten widersprechen, die eine Mindestliegezeit von 2 Jahren nun mal als gegeben setzen.
Auch die Spekulation ob die germanischen naturgegebenheiten nicht die Zeit verkürzen sind wenig weiter führend. Zumal unter diesem Licht dann die Schilderung der Situation, die Germanicus am Varusschlachtfeld vorfand komplett neu zu bewerten sein müßte...
So wie das Rätsel der fehlenden germanischen Waffen im Raum steht (allerdings nicht nur den Varusschlachtbefürwortern sondern auch den Gegnern), so bleibt den Kritikern immer noch die Problematik, eine plausible Erklärung für die Knochengruben zu finden.
Der Fund paßt nunmal auf eine einzige literarische Quelle. Das darum keine 100%ige Sicherheit erreicht wird ist richtig und sollte auch erwähnt sein. Aber das die Wahrscheinlichkeit, je nach Betrachtungsweise und persönlicher Intention da bis sehr hoch ist, das läßt sich entgegen der Behauptungen hier nicht leugnen.
 
Heutzutage kommt es doch nicht mehr auf den Nahkampf mit Messern und Bajonett an.
Die Schlachtschilderung des 2. Wk sind voll von Nahkämpfen mit Klappspaten, Seitengewehr und Messern. Und auch die modernen Armeen bilden nicht umsonst auch den Nahkampf aus. Noch in Vietnam pflanzten sowohl GIs als auch die NVA zu den meisten größeren Gefechten auf engem Raum das Bajonett auf.

Aber Du gehst doch davon aus, daß die Germanen auf dem Wall standen. So...der Weg ist 50m entfernt. Wie greifst Du diesen an? Mit dem Gladius? Nein, mit Bogenschützen, Schleuderer und vielleicht noch (auf Das ist genau das, was du anderen vorwirfst, das sie ohne das wir es aus dem Fund schließen könnten, eine Verlaufsskizze anfertigst.
Und just widerspricht dir Tacitus Ann. 2,20. Der erste Angriff auf einen Wall wird hier nicht durch Beschuß eingeleitet. Die Artillerie und die Schützen werden erst nach dem abgeschlagenen Nahkampfangriff erwähnt. Und in diesem Fall konnte der Angriff im Vorfeld in Ruhe geplant werden, die Situation war aufgeklärt worden. Etwas, das man im Varuskontext bspw. nicht erwarten darf.

Wie sollte denn dann ein Germane durch die engen Walldurchgänge überhaupt noch vor den Wall gelangen können?
Auch hier setzt du eine bestimmte Verwendung des Walles voraus. Wozu diente der Wall nun? Gemäß dem Fall, er war germanisch, machten die Germanen wirklich Ausfälle oder blieben sie dahinter? Oder überwanden sie ihn "athletisch"?

Ob ein Bogen bei Regenwetter überhaupt nicht mehr zu gebrauchen war oder ob er nur an Durchschlagskraft verlor? Das werde ich über ein paar Bekannte auch noch erfahren...
Wird die Sehne feucht, verliert der Bogen an Spannkraft. Um gezielt weiter zu schießen, muß dann erst neu "justiert" werden, soll heißen, der Schütze muß sich auf die neue reale Pfundzahl einrichten. Sollte die Feuchtigkeit zunehmen, ist eine Justierung nur schwer bis nicht möglich. Wird die Sehen richtiggehend nass ist an einen Schuss nicht mehr zu denken.
Wird eine feuchte oder gar nasse Sehne genutzt kann dies sowohl die Sehen als auch bestimmte Bögen ruinieren.
In jedem Fall ist die Durchschlagskraft vermindert, ein durchdringen von Hülzern bspw. wird unwahrscheinlich, so deren äußere Schichten nicht ebenfalls völlig durchgeweicht sind.

Wenn Regen die Bogenschützen nutzlos werden ließ, dann durften die Mongolen, Parther, usw. eigentlich nur bei schönem Wetter kämpfen?
Die berittenen Völker haben neben dem Bogen das Problem der Pferdehufe. Ist der Boden zu weich oder morastig ist dieser Einsatz nahezu ausgeschlossen. Aber in der Tat suchten die meist aufgrund ihrer Beweglichkeit in der Initiative befindlichen Reitervölker wohl gutes Wetter aus, da auch zuviel und änderlicher Wind für ihre Art der Kriegsführung hinderlich war. Aber das sie den Nahkampf nicht mieden zeigen diverse Belagerungen durch die Mongolen vor allem im Orient.
Der Einfluß des Wetters auf den Krieg ist jedenfalls unbestritten. Bis in die Neuzeit gilt dies.
 
Was die Gegenprägung angeht ist mir nicht bekannt, an welchen Posten das Recht diese schlagen zu lassen hing. Da es sehr wohl Prägungen gibt, die bestimmten militärischen Einheiten zugeordnet werden, ist die Möglichkeit, das ein Standortkommandeur oder hochrangiger Offizier dies veranlaßen konnte gegeben.

Heißt das, die Interpretation des Gegenstempels CVAL á la García Bellido als c(ohors) V Al(audae) wäre doch möglich?
 
Eine Interpretation als (legio) V A(laudae) wäre sicherlich denkbar. Ein Gegenstempel einer einzelnen Legions(!)kohorte erscheint mir persönlich dagegen als extrem unwahrscheinlich, zumal diese ja nicht genannt wird oder die Lesart dann lauten müßte: c(ohors) V (Semikolon, das Programm macht leider nen Zwingersmiley drauß) A(laudae). Dergestalt kenne ich keine Inschriften oder Interpretationen von solchen. Die Nennung von kleineren militärischen Einheiten koppelt sich i.d.R. an die Namen der jeweiligen Offiziere, nicht an die Namen der übergeordneten Einheit.

Eine Hilfstruppenkohorte mit dieser Kennzeichnung ist mir nicht bekannt und bei einem schnellen Überblick über die RE Listung finde ich auch keine solche.

Ich spielte eher auf Legionsgegenstempel an, die in der Tat mitunter existieren bzw. als solche interpretiert werden. Vor allem eben die der Legio X Fretensis haben auf dem numismatischen Markt eine gewisse, nicht unwidersprochene Berühmtheit.
Als nachvollziebare Beispiele seien an der Stelle die Münzen aus dem Legionslager Vindonissa genannt, die Grünwald publizierte.
 
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Cherusker und Cato gehen mit ihrer Forderung davon aus, dass wohlgeordnete Truppen vor Ort einen Feind bemerkten und sich zur Schlacht stellten, die Bogenschützen spannten (oder sogar bereits gespannt hatten) und dann hätten feuern müssen.

Na, Du unterstellst uns etwas, das wir so garnicht geschrieben haben. Der Varuszug war ungeordnet, da Varus sich noch auf "befreundetem" Gebiet wähnte. MAELONN beschreibt hier die geordneten Reihen. Also verwechsel das nicht....

Da bei der Varusschlacht das Gefecht schon vorher begann, wäre ein germanischer Wall für die Römer ein lohnendes Ziel gewesen. Dort hätten sich die Germanen zentriert. Aber genau das wird nicht in den Quellen beschrieben. Siehe Cassius Dio (20): "Während sich die Römer in einer so hilflosen Lage befanden, umstellten die Feinde sie plötzlich zugleich von allen Seiten, indem sie, der Fußpfade kundig, selbst durch die dichtesten Waldungen drangen. Anfangs schleuderten sie von weitem Geschosse, dann aber, als keiner sich wehrte und viel verwundet wurden,rückten sie nahe heran."
Diese Beschreibung trifft nun überhaupt nicht auf einen Wall zu. Auch werden hier keine Hudewälder (wie sie damals in Kalkriese existierten) beschrieben, sondern dicht mit Unterholz bewachsene Baumbestände. Die Römer konnten somit keine Gegenangriffe starten, weil sie nicht wußten, wieviele Gegner sich in den Gebüschen aufhielten und weil sie die Germanen nicht auf den schmalen Fußpfaden verfolgen konnten. Wäre jetzt so ein Wall aufgetaucht, so hätten die Römer ein zentrales Angriffsziel gehabt. Sie wären mit Sicherheit nicht an diesem Wall ohne Gegenwehr langmarschiert. Oder siehst DU das grundlegend anders?
Da der Weg auch noch ca. 50m vom Wall entfernt war, hätten die Römer mit Sicherheit auch diesen unter Beschuß genommen.

Beim Angrivarierwall gab es eine andere Situation. Dort versperrte der Wall den Zugang, weil es eine Grenze zwischen Cheruskern und Angrivariern war. In Kalkriese dagegen führte er in Schlangenlinien am Weg entlang.
Und ich erinnere nochmals daran, daß ich die Römer auf dem römischen Wall sehe und diesen nicht als germanisch einordne.
Somit erwarte ich auch keine römischen Pfeilspitzen und Schleuderbleie im Wall!
 
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