Kann mir einer eine gute Hitler-Biografie empfehlen?

Du meinst jetzt Augenzeugeninterviews?

Ich fürchte zumindest, dass sich mancher Historiker schlapp lachen würde, wenn Du Knopps Dokus über Hitler als Quelle anführst. Was anderes ist es wahrscheinlich mit dem Originalbildmaterial, das man u.a. in den Dokus sieht.

Auch bei den Originalbildmaterial muss man sehr aufpassen. Ein Beispiel (ich versuche das mal zu erklären). Da sieht man eine Szene in Frankreich irgenwo auf dem Land im Winter. Titel der Doku - Krieg in Frankreich - Die gleiche Szene sieht man dann eine oder zwei Wochen später mit dem Titel - Krieg in Russland -

Ebenso muss man bei Fotos aufpassen, da wurde schon zu Lebzeiten Hitlers massiv gefälscht und verändert.

Bei den Augenzeugeninterviews bekommt man auch nur Ausschnitte mit, die gerade so mal in die Doku passen. Also auch sehr selektiv.

Wenn man mit Zeitzeugen arbeitet (also Oral History betreibt) dann muss man neben dem, dass man einen soliden Fragekatalog hat, auch den Kontext kennen. Auch hier kommt man nicht darum herum wenigstens ein (mehr ist immer besser) Buch zu lesen.

Wenn man sich aber nur oberflächlich mit Hitler beschäftigen möchte, ohne sich ein grosses Wissen anzueignen, ja dann reichen wohl die Knopp TV-Dokus und die aus den 80er und 90er Jahren (die nicht mehr auf den neusten Stand der aktuellen Forschung sind) sicher aus. Kommt halt immer auf den Anspruch an.

Wenn man aber eine wissenschaftliche Arbeit über Hitler schreibt und dann sein Wissen nur auf TV-Dokus beschränkt - na ja dann sollte man diese wohl nicht abgeben.
 
Zuletzt bearbeitet:
Auch bei den Originalbildmaterial muss man sehr aufpassen. Ein Beispiel (ich versuche das mal zu erklären). Da sieht man eine Szene in Frankreich irgenwo auf dem Land im Winter. Titel der Doku - Krieg in Frankreich - Die gleiche Szene sieht man dann eine oder zwei Wochen später mit dem Titel - Krieg in Russland -
Ist ja genauso wie bei Gemäldezuschreibungen in Büchern.

Also würdest Du Filmmaterial nur nach eingehender Prüfung heranziehen? Ich denke mal, wenn man es von der Bildstelle, welche die Originale hat, erfährt in welchem Zusammenhang ein Originalfilm entstand, kann man dem halbwegs trauen.

(Wobei hier bei Film eine Filmaufnahme von einem Parteitag oder sowas gemeint ist.)

Tut mir leid, wenn es OT ist.
 
Also ich finde TV-Berichte jedenfalls klasse und würde sie im Zweifelsfall einem Buch immer vorziehen. Sie sind aber unpraktisch zu zitieren, weil man sie ja erst digitalisieren muss und dann mit einem Zählwerk die Minuten dazu schreiben. ... Der Vorteil ist aber, dass man dann ganz genau weiß, dass jemand etwas WIRKLICH gesagt hat - wenn man nun nicht eine riesige Verschwörung unterstellt, die mit einem Budget, das dem von Jurassic Park ähnlich ist, diese Berichte fälscht.

Das würde ich aber noch mal überdenken. Du beschäftigst dich ja in deinem Studium mit dem Dritten Reich. Bekanntermaßen gab es ja da eine große Diskrepanz, zwischen dem, was öffentlich (und somit in die Filmkameras) gesagt wurde und dem, was im innersten Zirkel um Hitler und den Granden des Reiches entschieden wurde.
Ein schönes Beispiel dafür ist, wenn man mal die (oft auch als Tonaufnahme überlieferten) Reden Hitlers im Reichstag 1939 internen Beratunsprotokollen oder Memoirenberichten wie den Prozessakten aus Nürnberg gegenüberstellt - die bereits im Dritten Reich öffentlichen Quellen ergeben ein völlig gegensätzliches Bild zu den internen.

Das wird vielleicht jetzt schön langsam ein Thema, aber ein TV-Bericht z.B. aus den 80er oder 90er Jahren kann allein aus finanziellen Gründen noch nicht gefälscht sein.

Ansonsten habe ich dem nichts mehr hinzuzufügen.

Technisch ist es vielleicht kaum möglich, heute einen Film zu drehen und dann zu behaupten, es sei eine Dokumentaraufnahme aus dem Dritten Reich oder den 1950er Jahren.
Aber das Medium Film bietet gleichwohl vielfache Möglichkeiten zur Manipulation - sei es durch Retusche und nachträgliche Bearbeitung des Materials (besonders im digitalen Zeitalter), einen Schnitt, der Aussagen aus dem Zusammenhang reißt und so verfälscht, oder durch den Einsatz von Gesprächspartnern, die vorgeben, etwas zu sein, was sie nicht sind.

Auch aus jüngster Zeit gibt es da bekannte Beispiele von Manipulation.
Hier zum Beispiel ein sehr berühmter Fall aus dem Vorfeld des Zweiten Golfkriegs 1990:
Zweiter Golfkrieg: Wie eine bezahlte PR-Aktion die Stimmung in der Bevölkerung drehen sollte… « Wo Verschwörungstheorien Realität werden…


In Deutschland wurde der Filmer Michael Born berühmt-berüchtigt, der reißerische Dokumentationen über Drogensüchtige oder den Ku-Klux-Klan mit Hilfe von Komparsen zusammenstellte:
Michael Born – Wikipedia
 
Also würdest Du Filmmaterial nur nach eingehender Prüfung heranziehen? Ich denke mal, wenn man es von der Bildstelle, welche die Originale hat, erfährt in welchem Zusammenhang ein Originalfilm entstand, kann man dem halbwegs trauen.

(Wobei hier bei Film eine Filmaufnahme von einem Parteitag oder sowas gemeint ist.)

Tut mir leid, wenn es OT ist.

Ja ich würde Filmmaterial nur nach eingehender Prüfung als Quelle heranziehen. Auch die Filmaufnahmen von Parteitagen sind keine "jetzt" Aufnahmen. Also da hat nicht einer gefilmt was man sah, sondern das waren geziehlte Aufnahmen.

Es gibt Aufnahmen von Privatpersonen, die sind ganz interessant. Die zeigen dann den Alltag und keine Parteiveranstaltungen.

Zum Beispiel. Die berühmten Filmaufnahmen durch das Brandenburgertor nach der Machtergreifung wurden erst später gedreht. Die sind gestellt. Denn an dem Tag als Hitler Kanzler wurde hat es geregnet und das wollte man nicht auf den Aufnahmen haben.
 
Zuletzt bearbeitet:
Wenn ich deine Professorin wäre und du mir in einer historischen Arbeit einen TV-Bericht einem Buch vor ziehst. Also lieber ein Film schaust als ein Buch liest, würdest du bei mir ganz klar durchfallen.
Du bist aber nicht meine Professorin. Derjenige, bei dem ich die Arbeit schreiben werde, hat jedenfalls kein Problem mit neuen Medien. Ganz davon abgesehen missfällt mir das autoritäre Denken, dass so eine Aussage ausdrückt.

Es geht hier auch nicht darum, dass ich lesefaul wäre. Das bin ich nicht. Aber wenn ich die Wahl habe zwischen einem Zitat eines Zeitzeugen, das ich in einem Buch finde, und einem TV-Interview mit eben diesem Zeitzeugen, dann ziehe ich auf alle Fälle den Fernsehbericht vor! Und ich halte es auch nicht für seriös, das anders zu handhaben. Wer sagt mir denn, dass derjenige, der das Buch geschrieben hat, den Zeitzeugen auch richtig zitiert hat?

Ja ich weiß schon, dass man auch mit dem Fernsehen sehr vorsichtig sein muss. Man muss schon mitdenken bei dem, was man sieht. Aber warum ich hier immer wieder so das Fernsehen verteidige: Also wenn ich jetzt - um beim Beispiel zu bleiben - im Fernsehen in einem original Schwarzweißfilm von damals sehe, wie Hitler irgendetwas sagt, dann kann ich relativ sicher sein, dass er das wirklich gesagt hat. Wie sollte man das denn fälschen? Da bräuchte man einen Stimmkünstler und einen Bildkünstler, der so ein fleckiges Schwarzweißvideo hinkriegt. Ich denke, was das Budget einer solchen Fälschung angeht, dürfte es sich in einem ähnlichen Rahmen bewegen wie das von Jurassic Park oder Avatar oder etwas dieser Art.

Ein historischer Bericht über das 3. Reich ist für mich ein Patchwork von unkommentierten Originalbildern von damals, z.B. Stadtansichten, dann je nach Bericht Aussagen von Zeitzeugen oder von NS-Funktionären, und das alles mit einem mehr oder weniger schlauen Kommentar eines Sprechers unterlegt. Ich würde doch nicht den Sprecher zitieren! (Warum sollte ich?) Wenn, dann würde ich entweder den Zeitzeugen oder den Nazi zitieren.
 
Zuletzt bearbeitet:
Wer sagt mir denn, dass derjenige, der das Buch geschrieben hat, den Zeitzeugen auch richtig zitiert hat?

Das weißt Du bei einem Fernsehbericht auch nicht 100%. :pfeif:

Egal, welches Medium: ich würde mich fragen: was will ich?

- mir einen ersten Eindruck verschaffen?
- bereits bestehendes Wissen vertiefen?
- einen anderen Blickwinkel betrachten?
* diesen Blickwinkel aus Sicht der damaligen Zeit?
* als Nachbetrachtung mit dem Wissen von heute?
* von innen oder von aussen?
- welche Vorkenntnisse hat der Autor/der Produzent (ich erinnere nur an die gefälschten Hitler-Tagebücher)

Bücher haben den Vorteil der detaillierteren Quellenangaben. Auch weiterführendere Literatur wird meistens ausführlicher behandelt.

Bei TV-Sendungen oder Reportagen stellt sich die Frage: wie läßt sich Bildmaterial verwerten? Und auch wichtig: wenn man aus den Filmsequenzen etwas verwendet, wie sieht es mit den Urheberrechten aus?

Ich tendiere auch eher zu Büchern als Material, weil einfacher zu handhaben.

zu den Biografien: die von Fest, Kershaw und Heffner wurden schon genannt
 
Derjenige, bei dem ich die Arbeit schreiben werde, hat jedenfalls kein Problem mit neuen Medien.

Film und Fernsehen fallen mittlerweile nicht mehr unter die Bezeichnung 'neue Medien'.

Es geht hier auch nicht darum, dass ich lesefaul wäre. Das bin ich nicht.
Es ist ja Vieles relativ. An der Durchschnittsbevölkerung ausgerichtet, bist du möglicherweise nicht lesefaul. Für eine Studierende ist es blamabel, Lektüre auf Bücher bis maximal 300 Seiten zu begrenzen und bezüglich deren Anspruchsniveau ein 'Zwei-Tassen-Kaffee'-Limit zu setzen.

Wenn du zudem noch Generalisierungen wie diese in den Thread setzt:
Also ich finde TV-Berichte jedenfalls klasse und würde sie im Zweifelsfall einem Buch immer vorziehen.
[Hervorhebungen von mir]
solltest du dich über Gegenwind nicht wundern. Etwas 'klasse finden' ist nun nicht gerade eine wissenschaftliche Klassifizierung (auch nicht, wenn beide Male was von Klasse vorkommt). Und wie du selbst schriebst, ziehst du TV-Berichte *immer* vor, dh ohne die nun vorgenommene Einschränkung bezüglich Interviews und Zeitzeugen. Du hast dann offenbar - wie im Fall des Begriffs 'weltanschaulich' - unpräzise formuliert -- in einer Geisteswissenschaft eine unverzeihliche Kardinalsünde.

Wer dir im übrigen sagt, daß der Autor eines Buches Aussagen von Zeitzeugen richtig wiedergibt? ZB der Ruf und die Seriosität des Autors als Wissenschaftler, die Rezeption seiner Werke bei FachkollegInnen. Dafür müssen aber wieder Bücher gelesen werden.


Außerdem missfällt mir das autoritäre Denken hier in diesem Thread sehr!!! "Ich würde dich durchfallen lassen, weil du deine Arbeit nicht so schreibst, wie ICH das für richtig halte." :hmpf: Damit kann ich gar nichts anfangen.
Wie viele Semester hast du denn hinter dir? Es geht nicht um autoritäres Denken, sondern um allgemeine Gepflogenheiten wissenschaftlichen Arbeitens. Die sollte man als Studierende kennen, anwenden und umsetzen können.
 
Für mich spricht neben den oben genannten Punkten noch ein weiterer für das Nutzen von wissenschaftlicher Literatur: Die Nachvollziehbarkeit.

Eine wissenschaftliche Arbeit sollte ja nicht nur deine Sicht der Dinge, deine Überlegungen und den Überblick über die Materie bieten, sie soll vor allem auch für andere Wissenschaftler/Personen nachvollziehbar sein. Das heißt deine Schlüße und Aussagen müssen überprüfbar sein. Ich weiß nun nicht wie es um die Lagerung, Sammlung und die Zugänglichkeit von Film- und Fernsehaufnahmen gestellt ist, aber den weitaus einfacheren Zugang bietet auch hier die Literatur. Wichtige Werke sind fast überall vor Ort zugänglich, exotische Schriftstücke lassen sich recht einfach beschaffen.
 
Bekannte Beispiele für problematisches Bild und Film-Material:

Schon Scheidemanns Rede, als er die Republik ausrief, ist nicht Authentisch.

die 1. Wehrmachts-Ausstellung des Hannes Heer hat die Probleme mit dem Bildmaterial sehr verdeutlicht.

Das Bild, das Kolomann Wallisch zeigt wie er auf seine Hinrichtung wartet, so eindringlich es wirkt, es ist ebenfalls "gefälscht".


Ganz profan und ohne jeden technischen Aufwand:
wer schon öfter ein Ferienhaus aus dem Prospekt angemietet hat, weiß was man alles "wegfotografieren" kann.


Fazit:
Bild und Filmdokumente sind nur mit großer Vorsicht zu gebrauchen.
 
Du meinst jetzt Augenzeugeninterviews?

Ich fürchte zumindest, dass sich mancher Historiker schlapp lachen würde, wenn Du Knopps Dokus über Hitler als Quelle anführst. Was anderes ist es wahrscheinlich mit dem Originalbildmaterial, das man u.a. in den Dokus sieht.

Vielleicht gibt es ja eine Sendung mit der Maus zum Thema. Kanzlerin Angela Merkel hat sich jedenfalls schon 2008 in der Frankfurter Sonntagszeit einmal eine Sendung gewünscht, die dem gemeinen Volk in schlichten Worten das Finanzsystem erklärt. Ist nur die Frage, ob das "weltanschaulich" unbedenklich ist.

....."Das, liebe Kinder ist der Adolf. Dem Adolf gehört das Dritte Reich......
 
Ja ich weiß schon, dass man auch mit dem Fernsehen sehr vorsichtig sein muss. Man muss schon mitdenken bei dem, was man sieht. Aber warum ich hier immer wieder so das Fernsehen verteidige: Also wenn ich jetzt - um beim Beispiel zu bleiben - im Fernsehen in einem original Schwarzweißfilm von damals sehe, wie Hitler irgendetwas sagt, dann kann ich relativ sicher sein, dass er das wirklich gesagt hat. Wie sollte man das denn fälschen? Da bräuchte man einen Stimmkünstler und einen Bildkünstler, der so ein fleckiges Schwarzweißvideo hinkriegt. Ich denke, was das Budget einer solchen Fälschung angeht, dürfte es sich in einem ähnlichen Rahmen bewegen wie das von Jurassic Park oder Avatar oder etwas dieser Art.

Also nein tut mir Leid. Einen solchen Film könnte ich mit 2 Programmen erstellen - windows movie maker (hat fast jeder pc) und einem x-beliebigen Stimmverzerrer. Sowas beläuft sich auf höchstens ein paar Euro.
Viele Leute unterschätzen wie leicht Bild & Ton zu fälschen sind ;) Hab diesen Sommer ein Praktikum bei einem hiesigen Radiosender aus München gemacht, und sollte dafür am Stachus Umfragen durchführen - diese wurden dann im nachhinein geschnitten und bearbeitet...wenn du wüsstest wie leicht sich alles bearbeiten lässt...da brauchts nichtmal groß Budget.

Aber bitte beantworte mir noch meine Frage, oder ist das schon gefallen und ich habs tatsächlich übersehen? Was studierst du denn, wenn ich fragen darf?

Cheers.
 
IamNex schrieb:
Aber bitte beantworte mir noch meine Frage, oder ist das schon gefallen und ich habs tatsächlich übersehen? Was studierst du denn, wenn ich fragen darf?

Es dürfte sich doch wohl um die Geisteswissenschaft Geschichte handeln. Deswegen ist hier in diesem Thread auch so ei lebhafter Betrieb.
 
Vielleicht mag ich deine Frage nicht beantworten, Homer Simpson, weil ich mich vielleicht hier langsam fühle wie in einem Verhör.

Niemand hier hat das Recht, mich derart zu kritisieren! Ich bleibe jedenfalls bei meiner Meinung, dass Bücher einfach zu lesen sein sollen, und englische Fachbücher sind das auch in den meisten Fällen. Da gehört es nämlich zu einem guten Buch, dass es einfach zu lesen ist.

Es gefällt mir nicht, wie ihr hier mit mir umgeht.

Aber was soll's. Deutschland gefällt mir überhaupt nicht. Aber das ist ein anderes Thema.
 
Zu einem gutem wissenschaftlichen Werk gehört es vor allem, dass es gut recheriert ist. Wenn es dann auch noch gut zu lesen ist, dann ist es wunderbar. Aber was nutzt ein gut zu lesendes Buch, wenn es schlecht recheriert ist?
 
Deswegen braucht man mich hier aber nicht auf die "Sendung mit der Maus" verweisen! So geht man nicht miteinander um. Ich bin enttäuscht.
 
Niemand hier hat das Recht, mich derart zu kritisieren! Ich bleibe jedenfalls bei meiner Meinung, dass Bücher einfach zu lesen sein sollen, und englische Fachbücher sind das auch in den meisten Fällen. Da gehört es nämlich zu einem guten Buch, dass es einfach zu lesen ist.

Die Fachbücher über das Dritte Reich sind auch auf Deutsch einfach zu lesen.

Kershaw ist zum Beispiel Engländer, seine Hitlerbiographie erschien zuerst in seiner Muttersprache. Auch die liest sich sehr gut. Es sind halt einfach viele Seiten. Aber das bringt die Person Hitler mit sich.

Fest, Hilberg, Friedländer, Benz usw. schreiben alles sehr verständliche Bücher. Die sehr genau recherchiert sind, gute Quellenangaben haben und die man in jeder wissenschafltichen Arbeit zitieren kann.

Welche Autoren liest du denn?
 
@Zeitzeugenproblematik

Natürlich ist jede Auswahl von Quellen in irgendeiner Form Manipulation (bitte vergesst an dieser Stelle mal den pejorativen Charakter dieses Wortes). Es geht gar nicht anders. Das wird erst dann zum Problem, wenn dies beabsichtigt oder unbeabsichtigt dazu führt, dass die historische Wahrheit verfälscht wird.
Ich gehe nicht davon aus, dass es im Regelfall so aussieht, dass ein Filmemacher absichtlich verfälscht, wie hier nun mehrfach vermutet. Nichtdestotrotz ist für mich als Historiker etwas nicht unbedingt legitim, was für den Filmemacher durch aus legitim sein kann, man nehme hier das Beispiel vom Winterkrieg in Frankreich und in Russland. Für den Filmemacher steht hier nicht in erster Linie die Quelle im Vordergrund, sondern das Anschauungsmaterial, sein Publikum sind nicht die Historiker, sondern die Laien für die es völlig egal ist, ob die Szene nun aus einem in Russland oder in Frankreich entstandenem Filmdokument stammt. Insofern kann man schon verstehen, wenn Filmemacher so arbeiten, auch wenn ich persönlich diese Arbeitsweise ablehne! Aber ich bin ja auch kein Filmemacher...

So, nun zu den Zeitzeugen. Ich habe es schon häufiger im Forum geschrieben. Zeitzeugen sind eine äußerst zweifelhafte Quelle. Sie unterliegen der Suggestion des allgemeinen Geschichtsbewusstseins. Ihr Bericht ist nicht frei von dem, was sie anderweitig erfahren haben, sei es durch Propaganda oder auch später, durch historische Sendungen in Film, Funk und Fernsehen. Dabei sind Zeitzeugen sehr suggestiv - schließlich haben sie ja erlebt, was sie berichten - meint der Zuschauer. Und wer will z.B. einem Dresdner, der die Bombenangriffe auf die Stadt erlebt hat, ausreden, dass Tiefflieger Jagd auf Zivilisten gemacht hätten? Dies ist fest in der Erinnerung der Menschen verankert, obwohl sie dieses Detail nicht erlebt haben. Ein reales Beispiel für die Wirkmacht der Suggestion: Es gab da diesen Auschwitzhäftling, der in Monowitz war. Dieser hat aber aus seinen Erinnerungen das Lagertor von Birkenau gemalt, obwohl er dieses realiter nie gesehen hatte. Doch die berühmten Photos vom Lagertor von Birkenau von Stanislaw Mucha* haben so suggestiv gewirkt, dass der ehem. Häftling sich an das Tor von Birkenau erinnerte und dieses malte.
Es gibt ja nicht umsonst das Bonmot, der Zeitzeuge sei der größte Feind des Historikers.


*Gemeint ist der 1895 geborene Photograph, nicht der 1970 geborene Regisseur!
 
Zuletzt bearbeitet:
Die Zeitzeugenproblematik der Historiker hat ein uralte Analogie in der Rechtsprechung, speziell in Strafprozessen.

Gegenteilige Aussagen verschiedener Zeugen, Widersprüche, Veränderungen der Aussagen sind an der Tagesordnung.

Siehe zB hier:
Stephan Barton: Redlich aber falsch - Die Fragwürdigkeit des Zeugenbeweises
Susanne Lepsius von Klostermann: Von Zweifeln zur Überzeugung - Der Zeugenbeweis im gelehrten Recht ausgehend von der Abhandlung des Bartolus von Sassoferrato
 
Zurück
Oben